Völkerrecht
- Grundlagen und historische Entwicklung des Völkerrechts - Quellen des Völkerrechts - Völkerrechtssubjekte (Staat, andere Völkerrechtssubjekte, Völkerrechtssubjektivität, Anerkennung) - Souveränität - Friedenssicherung, Selbstverteidigung, Interv.verbot
- Grundlagen und historische Entwicklung des Völkerrechts - Quellen des Völkerrechts - Völkerrechtssubjekte (Staat, andere Völkerrechtssubjekte, Völkerrechtssubjektivität, Anerkennung) - Souveränität - Friedenssicherung, Selbstverteidigung, Interv.verbot
Kartei Details
Karten | 431 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 09.01.2016 / 24.04.2021 |
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Wann kann es zu sog. Jurisdiktionskonflikten kommen?
Befinden sich Staatsangehörige in einem anderen Staat, kann es aufgrund der konkurrierenden Gebietshoheit zu Jurisdiktionskonflikten (auch Zuständigkeitskonflikten) kommen.
Wann bezeichnet man einen Staat als failed state?
Als failed state bezeichnet man gescheiterte Staaten, also solche, in denen die Staatsgewalt praktisch nicht mehr existiert (z.B. wegen Bürgerkriegen, Völkermord, abrupte Regimewechsel).
Wann kann der UN-Sicherheitsrat, bei vorliegen eines failed state, militärgestützte humanitäre Operationen genehmigen.
Stellt die, aus dem failed state, hervorgegangene humanitäre Tragödie eine "Friedensbedrohung" i.S.v. Art. 39 UN-Charta dar, sind die Staaten durch den Sicherheitsrat ermächtigt auch militärgestützte humanitäre Operationen (sog. "Restore Hope") durchzuführen.
Was sind Staatenbünde?
Staatenbünde sind Einheiten auf der Grundlage eines völkerrechtlichen Vertrags. Ihre Mitglieder sind (im Gegensatz zu den Gliedstaaten des Bundesstaates) souveräne Staaten.
Welche zwei Formen der Souveränität unterscheidet man?
Man unterscheidet zwischen der Souveränität nach innen und nach aussen, welche aufgrund des Ineinandergreifens von Völkerrecht und staatlichem Recht miteinander verflochten sind.
Welches sind die Elemente der inneren Souveränität der Staatsgewalt?
- einzige und höchste Gewalt im Staat
- Unabhängigkeit und Unableitbarkeit
- einheitliche Gewalt
- ausschliessliche Befugnis Rechtsakte zu erlassen und Rechte durchzusetzen bzw. zu vollstrecken
Wie lässt sich die äussere Souveränität definieren?
Äussere Souveränität bedeutet, dass jeder Staat nur dem Völkerrecht unterworfen ist und nicht auch den anderen Staaten. Somit bedeutetd die äussere Souveränität Völkerrechtsunmittelbarkeit und Unabhängigkeit von anderen Staaten.
Welche Handlungsmasstäbe kann die Souveränität vermitteln und wie sind diese jeweils zu verstehen?
Die Souveränität kann eine rechtlich-formelle Befugnis und ein faktisch-materielles Können beinhalte.
Rechtlich-formelle Souveränität bedeutet, dass ein Staat nur mit seiner Zustimmung an Völkerrechtsnormen gebunden sein kann, wodurch er nur dem eigenen Willen unterworfen und souverän sein kann.
Faktisch-materielle Souveränität bedeutet, dass ein Staat dann souverän ist, wenn er eine gewisse tatsächliche Machtvollkommenheit besitzt und nicht nur fomal, sondern auch faktisch, unabhängig ist. Die Souveränität der Staaten hängt somit von der Menge der vom Staat allein geregelten Materie und der Durchsetzbarkeit seiner politischen Vorstellungen ab.
Was bedeutet der Begriff Souveränität im Rahmen der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit?
Souveränität beinhaltet die Verantwortung, die Bevölkerung (auf dem Staatsgebiet) vor schwersten Verbrechen, insbesondere Völkermord (ius cogens), zu schützen.
Wie lautet die Definition der völkerrechtlichen Anerkennung?
Die völkerrechtliche Anerkennung ist eine einseitige Willenserklärung (ausdrücklich oder konkludent) dahingehend, dass der anerkennende Staat im Sinne des Völkerrecht, also als Völkerrechtssubjekt, behandelt wird. Sie steht im Ermessen des anerkennenden Staates und wird auf Grundlage der Einschätzung einer bestimmten Faktenlage und politshcer Erwägungen ausgesprochen.
Welche sind die Voraussetzungen für die (völkerrechtliche) Anerkennung eines Staates?
Die Anerkennung eines Staates knüpft an die Drei-Elemente-Lehre an. Demnach sind die Voruassetzungen das Vorliegen von:
- Staatsgebiet
- Staatsvolk
- Staatsgewalt (hinreichend gefestigt, Effektivitätsprinzip)
Wann liegt eine vorzeitige Anerkennung eines Staates vor und wie ist diese völkerrechtlich zu beurteilen?
Eine vorzeitige Anerkennung liegt vor, wenn der Anerkennungstatbestand in Wirklichkeit nicht gegeben ist. Sie stellt somit eine völkerrechtswidrige Einmischung (Intervention) in die Angelegenheiten des Mutterstaates (nach einer Sezession, soweit noch vorhanden) dar (z.B. Anerkennung der sahramischen Republik als Einmischung in inner Angelegenheiten Marokkos).
Welche sind die Rechtswirkungen der Anerkennung?
- Vertrauensschutz/Estopel durch die/den anerkennenden Staat/en
- Anerkennung wirkt deklaratorisch (h.L. und überwiegende Staatenpraxis)
- Anerkennung könnte konstitutiv wirken (Mindermeinung)
Was stellt ein Staat nach der deklaratorischen Ansicht im Rahme der Staatenanerkennung dar? Wie ist dies in der Schweiz verwirklicht?
Nach der deklaratorischen Auffassung ist ein (politisches) Gebilde, das die Staatsmerkmale ausweist (Drei-Elemente-Lehre), ein Staat im Sinne des Völkerrechts (Völkerrechtssubjekt). Dies auch dann, wenn dieses Gebilde nur von wenigen Staaten oder gar nicht anerkannt wurde. Dies ist ganz im Sinne der Ordnungs- und Friedensfunktion des Völkerrechts, wodurch Interventionen verhindert und völkerrechtswidrige Handlungen vermieden bzw. sanktioniert werden können.
In der Schweiz folgt man dieser Auffassung, wobei der Bundesrat ausführt: "Die Schweiz erkennt einen Staat an, wenn er die drei Kriterien des Völkerrechts erfüllt". Darüberhinaus werden keine zusätzlichen Kriterien gestellt.
Was ist die Anerkennung von Regierungen zu verstehen und was sind ihre Voraussetzungen?
Die Anerkennung einer Regierung ist die Erklärung, dass die Regierung vom Anerkennenden als völkerrechtlich relevante Vertreterin des Staates behandelt wird und verpflichtet den Anerkennenden dazu sich nicht selbst zu einer Erklärung in Widerspruch zu setzen (Vertrauensschutz). Die Anerkennung erfolgt nur nach einem Regierungswechsel, der nach internem Verfassungsrecht illegal war (Revolution). Sie wirkt, wie bei der Anerkennung von Staaten, deklaratorisch. Der Staat bleibt dabei erhalten und bedarf keiner erneuten Anerkennung durch die Staatenwelt.
Wie wird die Anerkennung von Regierungen heute praktiziert?
In der heutigen Staatenpraxis erfogt oft keine Anerkennung von (revolutions) Regierungen, um den Eindruck der Billigung oder Wertung zu vermeiden.
Welche Formen der Anerkennung von Regierungen unterschied man früher?
Man unterschied früher die Anerkennung "de iure" und "de facto" (vorläufig unter dem Kriterium der Effektivität oder Legitimität).
Welches sind die historischen, heute nicht mehr vertretenen, Gebietserwerbstitel?
- Okkupation
- Annexion
- Zession
Was wird unter der Okkupation (als Gebietserwerbstitel) verstanden?
Die Okkupation war die Bestzung von terra nullis (Niemandsland)und konnte sogar durch Handelskampanien für deren Heimatstaat realisiert werden.
Was wird unter der Annexion (als Gebietserwerbstitel) verstanden?
Die Annexion war die Einverleibung von Gebiet unter Anwendung militärischer Gewalt. Heute fällt diese Form des Gebietserwerbs unter Art. 2 Abs. 4 UN-Charta (Gewaltverbot) und ist somit unzulässig. Gebietswechsel die auf Gewaltanwendung beruhen, dürfen von den Mitgliedstaaten der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt werden (Nichtanerkennungspflicht).
Was ist unter der Zession (als Gebietserwerbtstitel) zu verstehen?
Unter Zession ist die Abtretung von Staatsgebiet zu verstehen. Sie fand insbesondere aufgrund von Regelungen in Friedensverträgen statt und unter umständen würde Gebiet gegen Zahlung von Geld oder als Tausch abgetreten. Heute ist ein Gebietsabtretungsvertrag, der unter Drohung oder Anwendung von militärischer Gewalt zustande kommt gemäss Art. 52 und 53 WVK (Gewaltandrohung oder -anwendung) und somit ius congens verletzt, nichtig.
Was wird unter der Ersitzung (als Gebietserwerbstitel) verstanden?
Die Ersitzung (prescription) kann ausdrücklich oder konkludent (widerspruchsfrei) anerkannt werden. Der Gebietserwerb findet unter folgenden vier Voraussetzungen (kumulativ) statt:
- effektive Herrschaftsausübung (auf Grundlage hoheitlicher Akte)
- friedliche Herrschaftsausübung
- ablauf gewisser (unbestimmter) Zeit (spätestens ab Zeitpunkt der Etablierung in der Staatenwelt)
- Unangefochtenheit der Herrschaftsausübung
Was ist unter der Sezession (als Gebietserwerbstitel) zu verstehen?
Die Sezession ist die einseitige Ablösung (Losreissung) eines Teils des Staatsgebiets auf Betreiben eines Volks, von Volksteilen oder von einer Minderheit. Ihre Rechtmässigkeit ist sehr umstritten, sowie unter welchen Voraussetzungen eine Sezession nach heutigem Völkerrecht überhaupt noch zulässig (rechtmässig) ist. Zu diesem Zweck wurde das Konzept der "abhelfenden Sezession" entwickelt, wonach eine solche nur als "ultima ratio" geduldet werden kann. Dies dann, wenn einem Volk das interne Selbstbestimmungsrecht (Autonomie, Nicht-Diskriminierung und Partizipation an der Willensbildung im Staat) dauerhaft verweigert wird und es somit keine andere Möglichkeit gibt, um die Selbstbestimmung zu ralisieren.
Was verstehen Sie unter der Adjudikation?
Die Adjudikation (Erwerb von Gebiet durch Urteil) liegt vor, wennein interantionales (Schieds-) Gerichtsurteil mit dieser Gestaltungswirkung ergeht. Dies ist dann der Fall, wenn das Gericht nicht nur dach dem Völkerrecht, sondern "ex aequo et somo" entscheiden soll. Dies Form der Gebietszuordung wird heute üblicherweise nicht mehr vereinbart.
Wie wird der Gebietserwerb durch Anwendung militärischer Gewalt, welche im Tatzeitpunkt noch als rechtmässig galt, heute gewertet?
Gebietszuordungen aufgrund militärischer Gewalt, welche zum Tatzeitpunkt noch rechtmässig war, wird heute akzeptiert (keine Rückwirkung völkerrechtlicher Verträge), weshalb sich diesfalls die Frage, nach einer Heilung von völkerrechtswidrigem Gebietserwerb, nicht erst stellt.
Wie ist die Heilung völkerrechtswidrigem Gebietserwerbs heute geregelt?
Die Verletzung des Gewaltverbots und des Selbstbestimmungsrechts (Völkerrechtsprinzipien mit ius cogens Rang) können nicht geheilt werden, dies weder durch Zeitablauf, noch durch Effektivität.
Worauf bezieht sich die Stimson-Doktrin im Rahmen der völkerrechtlichen Grundprinzipien?
Die Stimson-Doktrin bezieht sich auf die Verletzung des Gewaltverbots und besagt, dass andere Staaten verpflichtet sind, den gewaltsamen Gebietserwerb nicht anzuerkennen (Nichtanerkennungspflicht). Heute geniesst sie in Erklärungen der UN Rechtsgeltung, denn die Nichtanerkennungspflicht ist das Korrelat zum allgemeinen Gewaltverbot (Art. 2 Abs. 4 UN-Charta).
Wie ist ein Gebietserwerb unter Verletzung des Selbstbestimmungsrechts zu beurteilen?
Bei einem Gebietserwerb, der eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts der Völker darstellt (z.B. Annexion), besteht aufgrund der Völkerrechtswidrigkeit eine Nichtanerkennungspflicht der Drittstaaten, welche auch auf Art. 41 Abs. 2 ILC-Artikel beruht.
Was verstehen Sie unter Entkolonisierung?
Unter Entkolonisierung (Dekolonisierung) ist die Verselbständigung von Gebieten zu selbständigen Staaten, die sich vorher in rechtlicher abhängigkeit zu souveränen Staaten befanden (z.B. GB-Indien), zu verstehen.
Welches sind die Gebietsrelvanten Prinzipien?
- Effektivitätsprinzip
- Uti-possidetis-Prinzip (Ausformung des Effektivitätsgrundsatzes)
Was besagt das Effektivitätsprinzip?
Das Effektivitätsprinzip besagt allgemein, dass der tatsächliche Zustand (z.B. tatsächliche Gewaltinhaberschaft) bereits als Tatbestandsmerkmal einer Völkerrechtsnorm/eines Völkerrechtsinstituts berücksichtigt wird. Es ist wichtig, weil im Völkerrecht eine zentrale Zwangsgewalt weitgehend fehlt. Die Anerkennung eines Staates und seiner Regierung hängen u.a. von der Effektivität ab.
Inwiefern spielen das Legitimitäts- und das Effektivitätsprinzip bei der Anerkennung von Staaten eine tragende Rolle?
Im Bereich des Instituts der Anerkennung spielen sowohl das Legitimitäts- (inhaltliche Gerechtigkeit) als auch das Effektivitätsprinzip eine tragende Rolle. Ein Staat darf, gestützt auf das Legitimitäts- und Effektivitätsprinzip, nicht unter Verletzung des Gewaltverbots oder des Selbstbestimmungsrechts der Völker gegündet und anerkannt werden.
Um was handelt es sich bei dem uti-possidetis Prinzip?
Das uti-possidetis Prinzip ist eine Ausprägung des Effektivitätsgrundsatzes und besagt, dass eine faktische Gebietsherrschaft grundsätzlich vom Völkerrecht anerkannt wird. Es handelt sich somit um eine territoriale Besitzstandsgarantie und gilt Kraft Völkergewohnheitsrechts. Sein Sinn besteht in der Sicherung einer stabilen territorialen Ordung und damit in der Rechtssicherheit und dem Frieden.
Wann liegt eine Verwaltungszession vor?
Eine Verwaltungszession liegt vor, wenn ein Staat einem anderen Staat die Regierung und Verwaltung eines Gebiets auf der Basis eines zwischenstaatlichen (bilateralen) Vertrags überlässt.
Was ist unter einem völkerrechtlichen Pachtvertrag zu verstehen?
Ein völkerrechtlicher Pachtvertrag ist ein Gebrauchsüberlassungsvertrag besonderer Art, welcher von den Staaten als Träger der territorialen Souveränität geschlossen wird (nicht-privatrechtlich).
Was ist unter dem Begriff Servituten zu verstehen?
Unter dem Begriff Servituten wird die Einräumung von Einzelrechten auf fremden Gebiet (z.B. militärische Hoheitsrechte, wirtschaftsliche Hoheitsrecht, Verkehrsservitute) verstanden, welche Heute vor allem in multilateralen Verträgen geregelt werden.
Was verstehen Sie unter dem Begriff Sukzession?
Unter der Sukzession (Staatennachfolge) wird der Übergang der Gebietshoheit von einem Staat (als Völkerrechtssubjekt) auf einen anderen Staat bezeichnet. Die Rechtsfolge ist der Übergang von völkerrechtlichen Rechten und Pflichten auf das neue Völkerrechtssubjekt. Allerdings werden nicht alle Rechte und Pflichten pauschal übernommen (keine Universalsukzession), sondern es findet eine Einzelrechtsnachfolge statt.
Welche Arten der Einzelrechtsnachfolge im Rahmen der Sukzession gibt es und wie sind diese jeweils ausgestaltet?
Man unterscheidet bei der Einzelrechtsnachfolge zwischen der vollständigen Sukzession und der Teilzukzession.
Vollständige Sukzession: Dies findet bei vollständigem Untergang des alten Staats statt (Fusion oder Dismembration).
Teilsukzession: Diese liegt vor, wenn nur ein Teil des Staatsgebiet des alten Staats untergeht und ein neuer Staat entsteht. Auf dem Rest des Staatsgebiets bleibt der alte Staat mit verkleinertem Gebiet bestehen (Lösung einer Kolonie/Dekolonisierung, Sezession).
Was unterscheidet die Staatenidentität von der Staatesukzession?
Bei der Staatenidentität (Kontinuität) bleibt der wiederbelebte oder fortbestehende (Rest-) Staat oder Rumpfstaat automatisch Inhaber sämtlicher Rechte und Pflichten. Im Gegensatz dazu braucht es beim, durch Sezession, entstandenen Staat die Anerkennung der Staatenwelt auf Grundlage der Grundprinzipien des Gebietserwerbs.
In welchem völkerrechtlichen Erlass ist die Staatenfolge geregelt und was ist deren Geltungsbereich?
Die Staatennachfolge ist in der WVK normiert. Sie enthält ein Tabula-rasa-Prinzip zugunsten von sog. newly-independet states. Die neuen Staaten haben ein Optionsrecht zur Fortführung von multilateralen Verträgen (bei Dekolonisierung) des Ursprungsstaates, ansonsten findet gemäss Konvention eine automatische Übernahme der vertraglichen Rechte und Pflichten statt (wird überwiegend abgelehnt).