Modul 3

Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Bewusstsein

Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Bewusstsein


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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 22.08.2016 / 09.09.2023
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Im Kontext der automatisierten Verarbeitung stellt sich die Frage, ob es einen weiteren bottleneck, nach der Wahrnehmung gibt. Und wenn ja, wo ist er? Diese Frage hat auch damit zu tun, ob man paralleler oder serieller Verarbeitung ausgeht -> bei paralleler, automatischer Verarbeitung gibt es den bottleneck evtl. gar nicht oder er ist zumindest nicht so dramatisch, wohingegen er bei serieller Verarbeitung relevant ist).

Wie wurde diese Frage untersucht bzw. versucht zu erklären?

- es spielt die psychologische Refraktärperiode (PRP) eine Rolle
-> sie ist die Verlangsamung der Reaktion auf Stimuli, wenn diese simultan oder dicht aneinander präsentiert werden

-> bei einer Präsentation von zwei Stimuli, wobei der zweite kurz versetzt nach dem ersten präsentiert wird, gibt es einer Verzögerung der Verarbeitung der zweiten Aufgabe -> kogntives System ist noch nicht wieder ansprechbar (befindet sich in der Refräktarperiode), weil es noch mit der Verarbeitung der 1. Aufgabe beschäftigt ist

-> ein bottleneck verhindert, dass mehr als ein zentraler Entscheidungsprozesse zu einem Zeitpunkt ausgeführt wird

Welche Befunde zum PRP Effekt gibt es?

- Übung reduziert den PRP Effekt und dual-task Intererferenz substanziell
- PRP-Effekt und dual task Interferenz verschwinden aber selten komplett
-> Erkärungsmöglichkeiten
- es gibt einen bottleneck bei der Auswahl von Reaktionen (es wird selektiert, welche Reaktion zuerst gegeben werden soll)
- oder Personen wählen eine serielle Verarbeitungsstrategie

-> es ist nicht eindeutig, ob es diesen späteren bottleneck gibt
-> es gibt einige Evidenz dafür, dass parallel verarbeitet wird (insb. wenn beide Aufgaben einfach sind)
-> Befund, dass PRP-Effekt auch nach sehr langem Training zweier Aufgaben, die unterschiedliche Ressourcen nutzen, spricht gegen die Annahme der vollständigen Unabhängigkeit von Ressourcen in Strang-Kongnitions-Theorieund Multiple Ressoucen Theorie

Welche zwei Betrachtungsweisen zu der Frage "was ist Bewusstsein" gibt es?

1. Was sind die Inhalte von Bewusstsein?
- Infos, die uns an einem gegebenen Zeitpunkt bewusst und gegenwärtig sind
-> "Charakterisiert durch die Erfahrung von Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen, bewusste Wahrnehmung der externen Welt und der eigenen Person" (Colman)

2. Welche Ebenen /Level von Bewusstsein gibt es?
- Status des Bewusstseins
-> von Koma bis Wachheit

Welche zwei verschiedenen Arten von Bewusstsein werden in der Vorlesung voneinander abgegrenzt und was beinhalten sie?

- Zugangs-Bewusstsein:
-> Infos, die berichtet und von kognitiven Prozessen (z.B. Gedächtnis) als solche verarbeitet werden können

- Phänomenologisches Bewusstsein:
-> pure, persönliche Erfahrungen und Erleben des Bewussten (subjektiv)
 

Welche zentralen Fragen tauchen auf, wenn man über Bewusstsein nachdenkt?

- Wie und warum entsteht Bewusstsein? Warum ist eine so reichhaltige Form des inneren Denkens notwendig?
-> beschreibt ein eher schwieriges Problem

- Wie verarbeiten wir bewusst Infos? (einfacheres Problem)

Welche Funktionen hat Bewusstsein? Wozu ist es da?

- wir benötigen es um Umwelt und die eigene Person wahrzunehmen
- es ist zentral für sozialle Kommunikation und beim Verständnis des Denkens von anderen Personen (Reflexion über die Dinge, die eine andere Person sieht -> man kann sich über Dinge, denen man sich bewusst ist austauschen)
- es ist wichtig für die Kontrolle und Überwachung von Handlungen -> Rekursivität (Selbstbezug von kognitiven Prozessen auf die eigene Person) oder Selbstreferenzialität als Möglichkeit / Grundlage des Bewusstseins (wir können über Denken nachdenken)
- es ermöglicht uns über Themen und Ereignisse nachzudenken, die weit von der Gegenwart entfernt sind / mentale Simulation -> wir können über Zukunft nachdenken, über gegenteilige Situationen, etc.
- zahlreiche Arten von Teil-Infos werden integriert und kombiniert (Bewusstsein hilft komplexe, viele Infos zusammenzubringen und zu verstehen)
-> kann eine Vielzahl anderer möglicher Erfahrungen ausschließen

Was beinhaltet das solzialperzeptuelle Modell des Bewusstseins von Graziano & Kastner?

- es beinhaltet eine Theorie über die Frage, wie Bewusstsein entstanden sein könnte

- Annahme: es wurden zuerst Mechanismen für die soziale Wahrnehmung entwickelt (Wahrnehmung einer anderen Person, die etwas wahrnimmt), welche dann auch auf sich selbst angewendet wurden (-> so entstand Bewusstsein)

- Stützung dieser Theorie durch assoziierte Hirnareale (temporal-parietale Kreuzungsareale sind aktiviert)
-> Vertauschen der Quelle: Außerhalb-des-Körpers-Erfahrung -> Loslösen des persönlichen Bewusstseins vom eigenen Körper und dessen Betrachtung von Außen (ist durch TMS der genannten Hirnareal hervorrufbar)

Eine Funktion des Bewusstseins ist die Kontrolle von Handlungen. Dabei stellt sich die Frage, ob wir einen freien Willen besitzen. Was wird in der Vorlesung zum freien Willen gesagt?

- freier Wille ist "die Fähigkeit eine Wahl zu treffen, frei von Einschränkungen" (Aarts & van den Bos)

- Wegner geht von der Illusion des freien Willens aus
-> unbewusste Prozesse verursachen unsere Entscheidungen
-> es ist nur eine Fehlwahrnehmung, dass wir denken, dass wir diese bewusst getroffen haben

- Rolle des Bewusstsein beim freien Willen
-> Annahme, dass es eine Rechtfertigungsfunktion hat (aber warum hat es sich dann entwickelt)
-> Annahme, dass es zur Kontrolle und Optimierung von Denkprozessen / Entscheidungen dient

- Annahme, dass das Gehirn entscheidet, bevor wir das wahrnehmen
-> freier Wille und bewusste freie Entscheidung ist komplette Illusion vs.
-> Bildung zusammenhängender Interpretationen die Handlungen oft / teilweise leiten, können noch durch Bewusstsein beeinflusst werden

Welche Ansätze zur Messung von Bewusstsein gibt es und welche Probleme treten dabei auf?

Messung anahnd von Verhaltensmaßen:
- freier Bericht des Gewahrseins/ der Bewusstheit von Stimuli
- Anzeige, wann habe ich entschieden (freier Wille)
- forcierte Wahl, Generierung von Assoziation (Bild wird gezeigt VP sagt, sie hat nichts bewusst wahrgenommen, wird dann vor die Wahl gestellt, welches von zwei präsentierten Objekten eher auf dem Bild war)

Messung anhand von neuronalen Korrelaten des Bewusstseins (oft in Kombination mit Verhaltensmaßen)

-> Verhaltensmaße sind oft widersprüchlich (z.B. freier Selbstbericht vs forcierte Entscheidung)

Welche Studie zur Testung vom freien Willen (gibt es eine bewusste Kontrolle von Handlungen durch den freien Willen) wurde von Libett et al. entworfen und was sind die Befunde?

- man sollte seine Hand zu einem Zeitpunkt der eigenen Wahl bewegen und anzeigen, wann man sich dazu entschieden hat, die Hand zu bewegen
-> dabei wurde die Hirnaktivation gemessen

Ergebnis:
- die Hirnreaktion enstand 350 msec vor der bewussten Entscheidung

-> in der Determinismus-Debatte werden solche Ergebnisse als Evidenz dafür interpretiert, dass das Gehirn vor bewusster Wahrnehmung entscheidet

Welche weitere Studie gibt es zur Testung einer Vorab-Hirnaktivation bei freier Wahl von Bode et al. und was sind die Befunde?

- man sollte linken oder rechten Finger bewegen
- es wurden für die Messung einer vorab Aktivation präfrontale Bereiche fokussiert

Ergebnisse:
- die Vorhersage der Entscheidung war durch die Messung einige sekunden vor der bewussten Entscheidung möglich
- aber sehr ungenau (liegt nur leicht über der Zufallsquote)

Interpretation und Diskussion dieser Ergebnisse in der Determinismus-Debatte:
- Hirnaktivation kann später gefällte Entscheidungen vorhersagen
- aber es bleibt Spielraum für spätere Veränderungen (man könnte sich nochmal umentscheiden -> freier Wille)
- die Bedeutung der vorherigen Hirnaktivation für den freien Willen ist umstritten (auch andere Maße wie z.B. Blickbewegung oder Persönlichkeit können eine Entscheidung vorhersagen)

Lamme geht davon aus, dass unsere tatsächliche Bewusstseinserfahrung viel reichhaltiger und umfassender ist, als unser Bericht. Welches Problem taucht bei dieser Anname auf und welche Studien und Befunde dazu gibt es?

Problem:
- um Inhalte des Bewusstseins auszulesen werden Aufmerksamkeit, Gedächtnis und andere kognitiven Funktionen benötigt, was die Messung sehr schwer macht

Studie:
- VP wurden 4 Buchstaben in je 3 Zeilen für 50 msec präsentiert
-> Teilnehmer können i.d.R. ca 4-5 Buchstaben berichten (also ca. 1 Zeile)
-> sie geben aber an, auch die anderen Zeilen wahrgenommen zu haben, können sie aber nicht wiedergeben

- mit der Aufforderung teilweiser Wiedergabe wurde getestet, ob sie die anderen Zeilen wirklich wahrgenommen haben
-> kurz nach der Präsentation wurde ein Hinweisreiz gezeigt, welcher Buchstabe in welcher Zeile wiedergegeben werden sollte
-> kurz nach der Präsentation war die Info noch vorhanden -> die Fähigkeit zur teilweisen Wiedergabe war sehr hoch

-> dies spricht für einen schnellen Zerfall der Infos im Bewusstsein -> sie können nicht rechtzeitig ausgelesen werden
-> es kann eine Unterschätzung durch den direkten/ freien Bericht des Gesehenen nachgewiesen werden
-> es kann aber auch eine Überschätzung der Fähigkeit des Bewusstseins geben (Veränderungsblindheit, Wahrnehmung wird von Top-down Prozessen ergänzt)
 

Was beinhaltet die Theorie Bewusstsein und Rückwärts-Aktivation nach Lamme?

- Bewusstsein entsteht als Begleiterscheinung von Rückwärts-Aktivation

- zunächst gibt es einen Durchlauf von Vorwärts-Aktivation der visuellen Wahrnehmung
-> fragmentarische/ seperate Verarbeitung verschiedener Aspekte eines Stimulus (z.B. Farbe, Form)
-> die Verarbeitung im visuellen Kortex ist schnell und nach 150 msec abgeschlossen
-> diese Verarbeitung ist einem nicht bewusst

- danach setzt die Rückwärtsaktivation ein
-> höhere Wissenstrukturen aktivieren top-down
-> Integration einer Vielzahl von Infos zu komplexen Einheiten
-> Bildung einer kohärenten Interpretation aus widersprüchlichen Infos -> Neuronen feuern großflächig und synchron
- das führt nach der Theorie zur Generierung von Bewusstsein

Welche Studien haben Koivisto et al. zur Testung der Rückwärts-Aktivations-Theorie entwickelt und was sind die Befunde?

1.Studie: Störung rekurrenter Aktivation durch TMS
- Anwendung von TMS nach der Vorwärts-Aktivation
- Ergebnis: durch TMS konnte das Bewusstsein behindert werden -> weniger bewusste Wahrnehmung
Konklusion: Rückwärts-Aktivation ist für die Bildung von Bewusstsein zentral

2. Studie: Störung rekurrenter Aktivation durch Maskierung
- Es wurden Fotos präsentiert, entweder mit machgeschalteter Maske ( Präsentation eines zweiten Stimulus kurz nach dem Zielreiz)
-> Maske soll die bewussten Prozesse, die nach der Vorwärts-Aktivation eintreten, stören
Aufgabe:
- entscheiden, ob es sich bei dem Zielreiz um ein Tier oder um kein Tier handelt und
- Berichten, was auf dem Bild des Zielreizes zu sehen war
Ergebnisse:
- Maskierung hat keinen Effekt auf die Korrektheit der Kategorisierung (zentrale Infoverarbeitung wird nicht gestört)
- aber Effekt auf das bewusste Berichten -> bei Unmaskierung war dieses besser
Konklusion: Bewusstsein ist abhängig von späterer/ rekurrenter Verarbeitung
 

Welche Stärken und Schwächen hat die Rückwärts-Aktivations-Theorie?

Stärken:
- Evidenz, dass bewusste visuelle Wahrnehmung mit rekurrenter Aktivation verbunden ist
- einfach Vorwärtsverarbeitung führt üblicherweise nicht zu bewusster Wahrnehmung

Schwächen:
- Fokussierung auf Untersuchung des visuellen Bewusstseins
- Abhängig von Komplexität des Stimulus - rekurrente Aktivation ist ggf. nicht notwendig für die Generierung von Bewusstsein bei einfachen Stimuli
- es gibt auch rekurrente Verarbeitung ohne Bewusstsein -> keine hinreichende Bedingung

Was beinhaltet die Global Workspace Theorie nach Barrs und Franklin? (4 Annahmen)

- sehen Gehirn als globalen Arbeistbereich, auf den verschieden zugegriffen wird
- durch diese verschiedenen Zugriffarten entsteht Bewusstsein

Annahme 1:
- Verarbeitung geschieht durch spezialisierte Verarbeitungseinheiten
-> diese sind über verschiedene Hirnregionen verteilt
-> und sie arbeiten unbewusst und parallel
-> dieses frühe Verarbeitungsstadium ist für unbewusste und bewusste Prozesse gleich

Annahme 2:
- Bewusstsein ist assoziiert mit der Integration von Infos aus den verschiedenen Prozessoren in der späteren Verarbeitung (die Infos aus der frühen Verarbeitung werden zusammengeführt)
-> Top down / bottom up Aktivierung (Bildung kohärenter Infos, die vorhandene Infos integrieren)
-> die Neuronen aus breit verteilten Hirnregionen feuern dann synchron was Inhalte global zugänglich macht = Erfahrung von Bewusstsein

Annahme 3:
- Hirnareale des Bewusstseins variieren stark mit den Bewusstseininhalten
-> aber es gibt Hirnregionen die generell bei Bewusstsein ein Rolle spielen und aktiviert sind (anteriorer cingulärer Kortex ACC, dorsolateraler präfrontaler Kortex DLPFC)
- >die Aktivation dieser Hirnregionen sorgen dafür, dass großflächige Aktivation entsteht
- >die Aktivationen dauern länger an (z.B. im Gegensatz zur Aktivation von Wahrnehmung)

Annahme 4:
- Aufmerksamkeit ist eng mit Bewusstsein verknüpft
-> Aufmerksamkeit: Wahl des Fernsehkanals (Steuerung, was im Bewusstsein landet)
-> Bewusstsein: Fernsehbild (Inhalt)
-> Vorhersage: Bewusstsein setzt Aufmerksamkeit voraus

Lamy et al. haben eine Studie zur Testung von Hirnaktivation bei Bewusstsein entwickelt, was beinhaltet sie, was sind die Befunde und was tragen diese zur Globael Workspace Theory bei?

Methode:
- kurze Präsentation von Stimuli
- forcierte Entscheidung: Wo war der Stimulus - da oder da?
- Haben sie diesen bewusst wahrgenommen/ gesehen?

Ergebnisse:
- es gab eine frühe Verarbeitung, die unabhängig vom Bewusstsein war
- spätere ERPs waren mit dem Bewusstsein assoziiert
-> postive Aktivation P3 400-600 msec
-> großflächige Aktivation bei Bewusstsein

-> Stützt die Annahme der Global Workspace Theory, dass die frühe Verarbeitung unabhängig von Bewusstsein abläuft und die Annahme der großflächigen Hirnaktivation

Mellonie et al. haben eine Studie zur Testung von vernetzter/ synchroner Hirnaktivation bei Bewusstsein entwickelt. Was beinhaltet sie, was sind die Befunde und was bedeuten sie für die Annahmen der G.W.T?

Methode:
- Präsentation von schwer lesbaren vs. nicht lesbaren Wörtern
- Messung synchroner Hirnaktiviät mit ERP

Ergebnisse:
- synchrone Aktivation in frontalen, parietalen und okzipitalen Bereichen nur bei Bewusstsein -> nicht bei der frühen Verarbeitung (Wahrnehmung der Stimuli)

-> Sützt die Annahme der G.W.T, dass Bewusstsein mit integrierter/ synchroner Aktivation assoziiert ist (es gibt bei Bewusstsein Aktivation über weit verstreute Hirnareale)

Gaillard et al. haben eine Studie zur Testung der Hirnaktivation bei bewusster Wahrnehmung entwickelt. Was beinhaltet sie, was sind die Befunde und was bedeuten sie für die G.W.T?

Methode:
- Präsentation von Stimuli
- Maskierung vs. nicht

Ergebnisse:
- starke frontale Aktivation bei bewusster Wahrnehmung
- relativ späte und langanhaltende Aktivierung

-> Stützt die Annahme, dass bei bewusster Wahrnehmung Aktivation lange anhält und sie erst später auftritt und dass vorwiegend ACC und DLPFC aktiviert sind

Was ist zum Verhältnis von Aufmerksamkeit und Bewusstsein zu sagen?

- kontrovers diskutiert und noch nicht abschließend geklärt
- mögliche Interpretation: Aufmerksamkeit ist nicht notwendig, aber hinreichend für Bewusstsein

Was sind die Stärken und Schwächen der G.W.T?

Stärken:
- die 4 Hauptannahmen sind empirisch gut gestützt (siehe Studien)

Schwächen:
- Fokussierung auf visuelle Verarbeitung und Bewusstsein
- integrierte Hirnfunktionen sind nicht notwendigerweise das neuronale Substrat des Bewusstseins (könnten auch Voraussetzung für oder Konsequenz von Bewusstsein sein)
- starker Fokus auf Hirnaktivation - psychologische Prozesse werden vernachlässigt

Ist Bewusstsein einheitlich? Welche Informationen über diese Frage liefert das s.g. split brain? (gibt es nur ein Bewusstsein)

- theoretisch und praktisch eine relevante Frage
-> ist Bewusstsein angesiedelt in/ dominiert durch eine Hemisphäre? Wichtig für die Funktion von Bewusstsein und wie es entsteht (theoretischer Aspekt)
-> es gibt Personen mit durchtrennten Corpus Callosum (split-brain Patienten) (praktischer Aspekt) - haben diese Menschen zwei Bewusstseins? Die sich sogar miteinander unterhalten können?

- auch bei kompletter Durchtrennung des CC bleibt eine Koordination zwischen den Gehirnhälften teilweise bestehen
-> sie werden dann durch subkortikale Mechanismen koordiniert
- bei Personen die keinen CC haben gibt es normal funktionierende Netzwerke in beiden Hemisphären
- oft haben Menschen, die einen geschädigten CC keine größeren Einschränkungen im Alltag -> durch Kompensationsmechansimen
-> außer bei komplexen Sequenzen z.B. Kochen
 

Welche verschiedenen Positionen zur Frage, ob es ein einheitliches oder ein duales Bewusstsein bei Split-brain Patienten gibt, werden vertreten?

- Annahme eines dualen Bewusstsein (Sperry)
-> es gibt zwei Einheiten, aber die linke Hemisphäre dominiert die rechte, da diese fähig zur Sprache ist

- Annahme eines einheitlichen Bewusstsein (Gazzaniga)
-> linke Hemisphäre als Interpret, sie generiert kohärente Interpretationen und versucht aus den vorliegenden lückenhaften und widersprüchlichen Infos einen Sinn zu machen
-> es gibt aber auch eine für das Bewusstsein bedeutsame Verarbeitung der rechten Hemisphäre
 

Befunde stützen eher die Annahme, dass es ein einheitliches Bewusstsein gibt. Welche Befunde gibt es?

- es gibt keine Berichte von split-brain Patienten über subjektive Erfahrung von Persönlichkeitsänderungen/ Gefühl von zwei unabhängigen Bewusstseinseinheiten

- Studie von Gazzaniga: Auswahl passender Bilder
-> es wurde eine Hühnerklaue der rechten Hemisphäre und eine Schneeszene der linken Hemisphäre präsentiert und der Patient sollte nach einem passenden Gegenstand zu diesen Bildern mit der ggüliegenden Hand greifen
-> der Patient greift nach Hühnerbild mit linker und und nach der Schaufel mit der rechten Hand
-> ABER: die Erklärung der Personen ist, sie haben die Schaufel gewählt, um den Hühnerstall auszumisten (auch passend zur Hühnerklaue -> Uminterpretation in linker Hemisphäre spricht für Interpret in der linken Hälfte)

- Studie von Verleger et al.: Präsentation von Stimuli und ERP
-> Patient mit durchtrennten CC (und anarchistischem-Hand-Syndrom) -> eine Hand handelt nicht, wie man es möchte und manchmal gegen die andere Hand (Person legt Geld auf den Tisch und andere Hand nimmt es wieder weg)
-> Präsentation von Stimuli auf der rechten und der linken Hemisphäre
-> bei der Präsentation auf die rechte Hemisphäre gab es einer schlechtere Leistung mit der linken Hand und eine schwächere positive Hirnaktivation nach 300msec

-> es gibt eine dominierende Rolle der linken Hemisphäre bei der Generierung von Bewusstsein