Lesekurs
Set of flashcards Details
Flashcards | 48 |
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Language | Deutsch |
Category | Educational Science |
Level | University |
Created / Updated | 20.01.2015 / 08.03.2018 |
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Rössel leitet den Begriff der Sozialstruktur aus der Theorie des rationalen Handelns und der Handlungstheorie von Parsons ab.
Bestimmen Sie die Bedeutung der Begriffe ‚Handlungsmittel’, ‚Handlungsbedingungen’ und ‚Handlungsziele’ und geben sie jeweils Beispiele dafür.
Menschliche Akteure verfolgen in bestimmten Situationen bestimmte Handlungsziele. Die Zielwahl ist nach Parsons durch die kulturellen Werte einer Gesellschaft beeinflusst.
Handlungsmittel sind die Ressourcen einer Person, welche ökonomisches Kapital, sowie erworbenes Wissen, Abschlüsse, Zertifikate oder auch erworbene Fähigkeiten sein können. Akteure sind mit kontrollierbaren Handlungsmitteln ausgestattet und können mit deren Hilfe Ziele erreichen, z.B. entscheiden sie, ob sie ihr Flugticket und ihren Reisepass mitführen.
Handlungsbedingungen sind unkontrollierbare Rahmenbedingungen auch Restriktionen (Begrenzungen, Beschränkungen) genannt, welche eine Person ausgesetzt ist und den Handlungsspielraum einschränken können. Ein Beispiel hierfür sind vorgegebene Preise. Möchte sich jemand ein Motorrad kaufen, reicht allein der Wunsch danach nicht aus, sondern der vorgegebene Preis muss auch bezahlt werden können. Damit ist der Preis die Handlungsbedingung oder Restriktion. Noch ein Beispiel: ein Akteur möchte am Flughafen einchecken, er hat sein Ticket und den Reisepass dabei. Der Flug wurde jedoch aufgrund der Wetterlage storniert.
Handlungsziele sind die Ziele, die eine Person durch ihr Handeln zu erreichen versucht. "Ich möchte einen Motorrad besitzen", wäre hier z.B. ein Handlungsziel. Auf dieses Ziel arbeitet der Mensch hin. Je nach Ressourcenausstattung kann er es nach längerer oder kürzerer Zeit erreichen.
Parsons geht in seinem handlungstheoretischen Bezugsrahmen davon aus, dass Menschen in der Wahl ihrer Handlungsziele nicht völlig frei sind. Kulturellen Werte ihrer Gesellschaft prägen sie.
Leiten Sie aus den Begriffen ‚Handlungsmittel’, ‚Handlungsbedingungen’ und ‚Handlungsziele' die Definition von ‚Sozialstruktur’ und ‚sozialer Ungleichheit’ ab.
Sozialstruktur gibt an wie Handlungsmittel, Bedingungen und Ziele in der Bevölkerung verteilt sind. Soz. Ungleichheit entsteht durch die unterschiedliche Verteilung von Ressourcen und Restriktionen
Definition Sozialstruktur: Unter Sozialstruktur ist die Verteilung der vier zentralen Handlungsdeterminanten (Handlungsziele, Handlungsressourcen, Handlungsrestriktionen und Handlungspartner) auf die Bevölkerung der zu untersuchenden Einheit zu verstehen.
Sozialstruktur gibt also an, wie Handlungsziele, Handlungsmittel, Handlungsbedingungen und Handlungspartner innerhalb der untersuchten Bevölkerungseinheit verteilt sind. Die Sozialstrukturanalyse und die Ungleichheitsforschung (sowie die Soziologie generell) hat es mit Kollektiven (und nicht mit Einzelpersonen) zu tun. Hier steht meist die Bevölkerung eines oder mehrerer Länder im Zentrum der Analyse. Die Sozialstruktur einer Gesellschaft setzt sich also aus Menschen zusammen, die hinsichtlich ihrer Handlungsmittel und Handlungsbedingungen ungleich sind und die somit ungleiche Anstrengungen zur Erreichung ihrer Handlungsziele aufwenden müssen. Manche Handlungsziele sind gar für bestimmte Menschen unerreichbar.
Soziale Ungleichheiten stellen die sozial erzeugte Verteilung von Handlungsmittel und Handlungsbedingungen in der untersuchten Bevölkerungseinheit dar. Menschen sind ungleich ausgestattet mit Ressourcen und unterliegen individuellen Handlungsrestriktionen. Handlungsziele setzen sich aus der Kombination von Ressourcen und Restriktionen zusammen, daher fallen auch diese individuell aus. Manchmal ist es einem Menschen unmöglich ein Handlungsziel zu erreichen, weil ihm Ressourcen fehlen oder er von einer Restriktion betroffen ist. Einer anderen Person ist es aber möglich. Von sozialer Ungleichheit wird dann gesprochen, wenn zwei Kinder mit der gleichen Ausstattung an Auffassungsgabe, Konzentration und Lerneifer nicht dieselben Möglichkeiten haben, ihr Handlungsziel (einen bestimmten Schulabschluss) zu erreichen, weil eines von ihnen aus einem reichen Elternhaus oder eine bildungsnahen Familie stammt, das andere jedoch nicht.
Bestimmen Sie die Bedeutung der Begriffe ‚Macht’ und ‚Prestige’. In welchem Verhältnis stehen Sie zur Ressourcenverteilung in einer Gesellschaft?
Macht und Prestige stellen Merkmale der Beziehungen zwischen Akteuren dar, die von der zugrundeliegenden Struktur der Ressourcenverteilung abgeleitet sind. Diese Begriffe basieren auf der Verteilung von Ressourcen, es sind relationale Merkmale der Beziehung zwischen den Akteuren, keine in der Bevölkerung verteilten Merkmale der Akteure. Damit kann soziale Ungleichheit einerseits und menschliche Beziehungen und Interaktionen andererseits theoretisch miteinander verknüpft werden. Prestige und Macht sind Folgen sozialer Ungleichheit aber nicht Bestandteile sozialer Ungleichheit.
Prestige ist das Resultat der Wahrnehmung und Bewertung einer Person bzw. Personengruppe mit ihrer jeweiligen Ressourcenausstattung durch andere Akteure. Es stellt keine Ressource, die in der Gesellschaft verteilt werden kann bzw. die im Besitz von Personen ist und ausgetauscht werden kann, dar, sondern ein relationales Merkmal, das von der Beziehung zwischen Personen bzw. Personengruppen abhängig ist.
Prestigeskalen finden ihre Verwendung überwiegend für Berufe. Sie korrelieren stark mit dem sozioökonomischen Status der Berufe (der jeweiligen Ressourcenausstattung der jeweiligen Berufsgruppe). Eine zentrale Rolle bei der Bewertung spielen Bildungsvoraussetzungen und monetäre (finanzielle) Vergütung (Ressourcen).
Macht ist ein von der Verteilung von Ressourcen, also der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft, abgeleitetes Phänomen. Das Machtverhältnis zwischen zwei Personen ist durch ihre jeweilige Ausstattung an Ressourcen bestimmt, damit beruht Macht von Personen in sozialen Beziehungen auf ihrer relativen Ausstattung mit Ressourcen, die sie für die Belohnung oder Bestrafung der Interaktionspartner in Beziehungen einsetzen können.
Bourdieu stellt eine ‚alternative’ Konzeptualisierung von Ressourcen vor. Im Vordergrund stehen dabei die verschiedenen Kapitalsorten (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital, vgl. dazu auch Kurs ‚Theorien sozialer Ungleichheit’, Kapitel 6)
Auf welche Weise lassen sich die Kapitalsorten ineinander konvertieren und welche Risiken können dabei auftreten? TEIL 1 von 2
Ökonomisches Kapital: Geld oder ähnliche Werte, die in Geld umgewandelt werden können. Ist in hohem Maße konvertierbar: Ressourcen (wirtschaftliche Möglichkeiten wie Wertpapiere, Unternehmen) können gekauft werden (jedoch nicht Schulabschlüsse, künstliche Anerkennung oder wissenschaftlichen Ruf). Ökonomisches Kapital schafft in anderen sozialen Feldern günstige Bedingungen für eine Karriere (man kann Zeit und Geld in eine Laufbahn stecken). Risiken sind Fehlinvestition (Falsche Wertpapiere) oder auch Inflation (Wertverlust).
Soziales Kapital: Beziehungen, Gruppenzugehörigkeiten, Netzwerke, bietet breite Möglichkeiten der Konversion (Übertritt) und Investition, gute Netzwerke sind dabei eine wichtige Bedingung in vielen sozialen Feldern. Stellt eine wichtige Bedingung für Karriere dar (Wissenschaft: Ko-Autorenschaften, Zitationswerke, Wirtschaft: „Old Boys- Netzwerke“, Mentoren in Unternehmen). Hohes Risiko: Hierbei ist die Wahl der richtigen Beziehungen (auswählen und pflegen) wesentlich, da sonst die Gefahr der Beziehungsfalle (Undankbarkeit) oder Freundschaftsfalle (Verpflichtung zur Unterstützung auch wenn eigener Schaden entsteht) droht. Wo soziale Beziehungen in andere Ressourcen umgemünzt werden, kann der Geruch der Korruption entstehen (wenn Freunde Verwandte in Leitungspositionen gehoben werden, Aufträge zugeschanzt werden, (Geruch der Korruption).
Auf welche Weise lassen sich die Kapitalsorten ineinander konvertieren und welche Risiken können dabei auftreten? TEIL 2
Kulturelles Kapital: a) Inkorporiertes kulturelles Kapital (=erlernte Fähigkeiten und Dispositionen, die durch investierte Zeit und Geld dem Körper einverleibt werden können) ist nicht direkt konvertierbar, aber eine wichtige Voraussetzung für den Erwerb von Bildungstiteln und ökonomischen Gratifikationen (Entschädigungen). Voraussetzung: Vorhandensein von Bildungszertifikaten! Risiko dabei ist: Wissen ist veraltet, Wertverlust durch Migration, Fehlinvestition (Computerspiel-Fachmann hat nur wenige Möglichkeiten, dieses am Arbeitsmarkt einzusetzen). Die Problematik ist, dass das Wissen Teil der eigenen Identität ist und damit die Gefahr von Identitätsverlust bei Entwertung droht.
b) Objektiviertes kulturelles Kapital (Musikinstrumente, Gemälde, Bücher) kann gut auf Märkten getauscht und konvertiert werden, jedoch besteht ein höheres Risiko für Fehlinvestitionen als beim ökonomischen Kapital! (Unsicherheit über zukünftige Wertentwicklung ist bei Kulturgütern viel größer).
c) Institutionalisiertes kulturelles Kapital (Bildungstitel, Zertifikate, Schulabschlüsse) hat relativ breite Möglichkeiten der Konversion und Investition, sofern Bildungszertifikate am Arbeitsmarkt nachgefragt werden (Gefahr der Bildungsinflation: bei zu viele Bildungszertifikaten nimmt die Nachfrage und Bildungsrendite ab, womit Einkommen und höhere Berufspositionen nicht mehr garantiert sind).
Symbolisches Kapital: ergibt sich aus der Ausstattung einer Person mit den anderen Kapitalformen oder auch aus der wahrgenommenen Ausstattung, womit es insofern eine hohe Ähnlichkeit mit dem Begriff Prestige hat.
Welches sind die wichtigsten (institutionellen) Bereiche, in denen die Ressourcen ‚Bildung/Wissen’ und ‚Einkommen’ in modernen Gesellschaften verteilt werden?
Das wichtigste institutionelle Feld der Allokation, also der Verteilung der Ressource ‚Bildung/Wissen‘ ist das Bildungssystem, aber der Einfluss der Familien und sozialen Beziehungen der Akteure sind nicht zu vernachlässigen.
Wichtig für die Verteilung der Ressource ‚Geld/Einkommen‘ sind verschiedene wirtschaftliche Märkte, wie der Arbeitsmarkt, der freie Markt (Einkommen aus selbständiger Arbeit) und der Kapital- und Immobilienmarkt (Einkünfte aus schon bestehendem Vermögen), aber auch der Wohlfahrtsstaat (Transferleistungen wie Renten, Pensionen, Arbeitslosengeld).
Einkommen werden nicht nur auf verschiedenen Märkten erzielt oder von staatlicher Seite bezogen, sondern auch in den Privathaushalten verteilt. Nicht Erwerbstätige werden meist durch den Partner unterstützt, genauso wie noch im Haushalt lebende Kinder.
Es gibt zentrale institutionelle Felder für die Verteilung (Allokation) von Ressourcen:
- wirtschaftliche Märkte (Leistungsprinzip, funktionalistische Ungleichheitstheorie, Theorie des rationalen Handelns)
- Bildungssystem (Kindergarten, Schule, Universität...)
- private Haushalte (wer hat Kontrolle über monetäre Ressourcen?, Art der gemeinsamen Ressourcen)
- Wohlfahrtsstaat (Art der Einnahmequellen)
Die Verteilung erfolgt nach unterschiedlichen Prinzipien und Mechanismen.
Humankapitaltheorie
Erläutern Sie den Begriff des Humankapitals.
Das Humankapital besteht aus dem erworbenen Wissen und den Fähigkeiten eines Arbeitnehmers und ist von zentraler Bedeutung für die Humankapitaltheorie. Diese geht davon aus, dass Arbeitnehmer sich in ihrer Produktivität unterscheiden. Damit basiert soziale Ungleichheit auf unterschiedlicher Leistung bzw. Produktivität und entsprechender Entlohnung.
Im Zentrum der Humankapitaltheorie steht die Bedeutung von erworbenem Wissen und Fähigkeiten = Humankapital.
In welcher Weise wird durch das Humankapital die „neoklassische Arbeitsmarkttheorie“ erweitert?
Der Markt ist in der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie (Produktivität aller Arbeitnehmer werden als gleich angenommen) die zentrale Arena, in der die Verteilung von Dienstleistungen, Gütern und anderen Ressourcen stattfindet. Soziale Ungleichheit entsteht durch unterschiedlich hohe Arbeitslöhne, welche auf unterschiedlicher Leistung bzw. Produktivität basieren und führt zu einer Ungleichheit der Arbeitslöhne.
Die Ergänzung ist darin zu sehen, dass die Humankapitaltheorie eine Erklärung für ungleiche Belohnung gibt. Diese liegt darin begründet, dass Unternehmen ein Interesse an Gewinnmaximierung haben und sich daher um möglichst produktive Arbeitnehmer bemühen, womit durch die Konkurrenz der Unternehmen die Belohnung der produktiven Arbeitnehmer steigt.
In Welcher Beziehung steht das Humankapital zur Produktion sozialer Ungleichheit?
Die Humankapitaltheorie erklärt, wie es zu unterschiedlichen Belohnungen kommt. Arbeitnehmer unterscheiden sich in ihrer Produktivität, was zu unterschiedlicher Entlohnung und in der Konsequenz zu sozialer Ungleichheit führt.
Soziale Ungleichheit entsteht durch die unterschiedlichen Möglichkeiten Humankapital zu generieren und damit Produktivität, an welche die Entlohnung geknüpft ist. Hohes Humankapital ermöglicht hohe Produktivität und damit höheres Einkommen. Dazu sind Investitionen in Form von monetären und temporalen Ressourcen notwendig. Sind diese Ressourcen nicht oder nur teilweise vorhanden, kann kein hohes Humankapital und in Folge keine höhere Produktivität und damit auch kein höheres Einkommen erzielt werden.
Bedeutend für die Humankapitaltheorie sind erworbenes Wissen und Fähigkeiten, dem Humankapital. Je höher das Humankapital desto höher die Produktivität sowie das Einkommen. Das Einkommen stellt den Faktor für soziale Ungleichheit dar. Dies ist gemäß dem Leistungsprinzip gewollt. Die Gesellschaft belohnt leistungsstärkere Mitglieder, womit die Humankapitaltheorie Ähnlichkeit mit der funktionalistischen Schichtungstheorie hat.
Als Unternehmensinteresse kann die Gewinnmaximierung im vorherrschenden Konkurrenzkampf mit anderen Unternehmen gesehen werden. Deshalb wollen sie möglichst produktive Arbeitnehmer beschäftigen, die sie nach dem Gleichgewichtslohn (Lohn, bei dem Angebot und Nachfrage gleich ist) entsprechend ihrer Produktivität entlohnen. So erklärt die Humankapitaltheorie warum es zu Lohndifferenzen für Arbeitnehmer mit unterschiedlichem Wissen und Fähigkeiten kommt.
Definieren Sie (möglichst knapp und präzise) die Begriffe ‚Soziale Schließung’, ‚Diskriminierung’ und ‚Ausbeutung’
Soziale Schließung bedeutet, dass Chancen und Ressourcen monopolisiert werden. Diese steht nur eine eingeschränkten Gruppe von Beteiligten offen und führt damit zu einer besseren Ressourcenausstattung. Hiermit wird laut Weber eine geschlossene soziale Beziehung erzeugt (im Gegensatz zu einer offenen Beziehung). Prozesse sozialer Schließung bewirken soziale Ungleichheit, da Personen oder Gruppen von bestimmten Handlungsmöglichkeiten und/oder Ressourcen ausgeschlossen werden.
Werden Personen bei gleicher Leistung auf der Grundlage askriptiver Merkmale (= unabhängig von erworbenen Merkmalen und stellen Charakteristika wie z.B. soziale Herkunft, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht, Beeinträchtigung, dar) durch entsprechendes Verhalten benachteiligt, liegt Diskriminierung vor. Diese basiert häufig auf gesellschaftlich etablierten und individuell gelernten Stereotypen (generalisierte Überzeugungen) und Vorurteilen (Bewertungen, affektive Haltungen).
Ausbeutung ist dann gegeben,
- wenn eine Gruppe sich auf Kosten einer anderen bereichert,
- wenn diese Gruppe auch die Kontrolle über zentrale Produktionsmittel in einer Gesellschaft besitzt und die andere davon ausschließt und
- wenn diese Gruppe sich die Arbeitserträge der anderen Gruppe aneignet (E. Wright, 1997).
Hoher Wohlstand einer Gruppe hängt vom geringeren Wohlstand einer anderen ab. Diese Gruppe wird von der Kontrolle über die zentralen Produktionsmittel innerhalb einer Gesellschaft ausgeschlossen. Ihre Arbeitserträge eignet sich eine andere Gruppe an, was als Ausbeutung bezeichnet wird. Ausbeutung ist ein Spezialfall sozialer Schließung. Personen ohne Eigentum an zentralen Produktionsmitteln sind davon ausgeschlossen. Die Arbeitserträge der Ausgeschlossenen werden von den Produktionsmitteleigentümern angeeignet.
Das Klassenschema von Goldthorpe kommt in einer Vielzahl empirischer Studien zum Einsatz.
Nach welchen vier Kriterien werden die Klassen differenziert?
oldthorpe klassifiziert in seinem Modell Berufsgruppen derart, dass diese möglichst homogen im Hinblick auf die Marktchancen und ihre Arbeitsbedingungen sind.
1. Grad der Selbständigkeit der Arbeit: unterscheidet sich anhand des Besitzes von Produktionsmitteln (Trennung von Selbständigen und Nicht-Selbständigen, mit und ohne Angestellte)
Anschließend erfolgt die Aufteilung nach den weiteren drei Kriterien
2. Arbeitsbeziehung (Dienstvertrag, Stundenlohn), hierbei wird differenziert zwischen:
Am einfachsten zu kontrollieren und überwachen ist die Arbeit von Arbeitern. Die Dienstklasse ist schwieriger zu kontrollieren und es sind spezifische Qualifikation erforderlich. Auch die Leistung von Routineangestellten ist schwierig zu kontrollieren, wobei keine spezifische Qualifikation erforderlich sind. Meister und Vorarbeiter können leichter kontrolliert werden, jedoch sind spezifische Qualifikationen erforderlich
3. hierarchische Gliederung nach Qualifikation und Autorität innerhalb der Arbeitsbeziehung. Gliederung nach Dienstklasse, Routineangestellte und Arbeiter in eine jeweils höhere und niedrigere Gruppe (Unterscheidung z.B. in eine Obere Dienstklasse und Untere Dienstklasse, höhere Routineangestellte, untere Routineangestellte, Vorarbeiter/Meister/Techniker und Facharbeiter und Ungelernte).
4. Sektorale (oder auch horizontale) Klassifizierung (wobei Landwirtschaftliche Berufsgruppen separat klassifiziert werden)
In Bezug auf welche Merkmale unterscheidet sich die Dienstklasse von den Routineangestellten und beide von den Arbeitern?
Dienstklasse
- Dienstverträge, meist hoher Kündigungsschutz
- Entsprechend höhere Vergütung
- Hohe Selbständigkeit in der Arbeit
- hoher Autoritätsgrad in der Arbeitsbeziehung
- Schwierige Kontrolle der Leistung
- Spezifische Qualifikationen notwendig
Routineangestellte
- Mischtyp bei Vertrag, Entlohnung, Selbständigkeit, Autorität (breit gefächert)
- Schwierig in der Leistungskontrolle
- weniger spezielle Qualifikationen notwendig
Arbeiter
- Auch hier Mischtypen (Meister besser entlohnt, spezifische Qualifikationen notwendig, ungelernte Arbeiter und Arbeiter)
- Gute Leistungskontrolle
- Autoritätsgrad ist nur bei Gruppenleitern gegeben, sonst eher gering
- Leichtere Austauschbarkeit für den Arbeitgeber
- Geringere Entlohnung
- Stundenverträge oder Leistungslohn
Durch welches Merkmal werden im Goldthorpe Klassenschema die Dienstklasse, die Routineangestellten und die Arbeiter intern differenziert und welche Unterklassen ergeben sich daraus?
Goldthorpe differenziert die Klassen in Unterklassen mittels der Merkmale der Leistungskontrolle und die Erforderlichkeit von spezifischen Qualifikationen. So werden vor allem innerhalb der Klasse der Arbeiter und der Routineangestellten Unterschiede deutlich:
Dienstklasse
I Obere Dienstklasse
höhere und mittlere Ränge von :akademischen Berufen, Verwaltungsberufen, Managementberufen oder Großunternehmern.
II Untere Dienstklasse
untere Ränge von: akademischen Berufen, Verwaltungsberufen, Managementberufen.
Routineangestellte
IIIa Höhere Routineangestellte
höhere und mittlere Ränge der Büroberufe und Verkaufsberufe.
IIIb Untere Routineangestellte
niedrige Ränge der Büroberufe und Verkaufsberufe
[IVa Selbstständige mit Angestellten (Selbstständige mit 2-49 Mitarbeitern)
IVb Kleine Selbstständige ohne Angestellte (Selbständige mit 0-1 Mitarbeitern)
IVc Landwirte]
Arbeiter
V Vorarbiter, Meister, Techniker
VI höherere Arbeiter
Facharbeiter
VII niedrigere Arbeiter
VIIa Un- und angelernte Arbeiter
VIIb Un- und angelernte Arbeiter in der Landwirschaft
Was versteht man in der Sozialstrukturforschung unter dem Begriffspaar der ‚Statuskonsistenz - Statusinkonsistenz’?
Personen werden nach bestimmten Kriterien, wie Bildung, Einkommen & Beruf, einer Schicht zugeordnet. Sie erhalten dadurch einen Status. Statuskonsistent bedeutet, dass alle Kriterien entweder gleich hoch oder niedrig sind, also auf einer Ebene. z.b. Hohe Bildung – hohes Einkommen. Statusinkonsistenz bedeutet dass die Kriterien auf verschiedenen Ebenen liegen, sprich hoch und niedrig gemischt. z.b. geringe Bildung – hohes Einkommen.
In multidimensionalen Schichtmodellen werden Personen auf der Grundlage verschiedener Aspekte, wie Beruf, Bildung, Einkommen, Schichten zugeordnet, wobei sich je nach Einordnung der Status der Person ergibt.
Unter Statuskonsistenz versteht man in der Sozialstrukturforschung Personen auf verschiedenen Dimensionen ähnliche Positionen einnehmen, z.B. hohe Bildung, hohe berufliche Stellung und hohes Einkommen oder niedrige Bildung, niedrige berufliche Stellung und niedriges Einkommen hat.
Von Statusinkonsistenz spricht man, wenn z.B. eine Person eine hohe Bildung, aber eine niedrige berufliche Position und ein mittleres Einkommen hat und sich somit die jeweiligen Positionen auf den verschiedenen Dimensionen unterscheiden.
Beispiele für Statusinkonsistenzen wären einmal der als Taxifahrer arbeitende Studienabsolvent, der bei hohem Bildungsniveau auf den beiden anderen Dimensionen, Beruf und Einkommen, keine entsprechende Position einnimmt. Oder ein Grundbesitzer, der aus der Verpachtung ein hohes Einkommen erzielt, dessen Bildungsniveau sowie seine berufliche Position jedoch eher niedriger ist.
Statuskonsistenz ist laut statistischen Modellen in wohlhabenden Gesellschaften höher ist als in ärmeren Gesellschaften. In Deutschland hat die Statuskonsistenz eher zugenommen.
Wodurch zeichnet sich das Konzept der ‚sozialen Lage’ bei Hradil aus. Um welche Aspekte wird es gegenüber einem einseitig ökonomisch definierten Modell sozialer Ungleichheit erweitert
Hradl versteht unter sozialen Lagen „typische Kontexte von Handlungsbedingungen, die vergleichsweise gute oder schlechte Chancen zur Befriedigung allgemein anerkannter Bedürfnisse gewähren“ (Hradil 1987: 153).
1. Das Modell der sozialen Lage von Hradl ist mehrdimensional. Er bezieht neben ökonomischen Ungleichheiten auch wohlfahrsstaatlich erzeugte und soziale Ungleichheiten mit ein. Damit erweitern sich die Zielvorstellungen, die bislang ökonomisch orientiert waren, um vor allem wohlfahrtsstaatliche Ziele (Sicherheit, Entlastung, Gesundheit, Partizipation) und soziale Bedürfnisse (Ausgrenzung/Integration von Ausländern, Selbstverwirklichung, Emanzipation).
2. Die Dimensionen sind nicht additiv miteinander verbunden. Hradil unterscheidet zwischen primären oder dominierenden Ressourcen (z.B. Verfügbarkeit von sehr viel oder sehr wenig Geld, was ein wichtiger Hinweis auf die Dominanz dieses Merkmals ist) und weniger wichtigen Dimensionen für jeweils bestimmte Lagen.
3. In den Begriff der sozialen Lage berücksichtigt er nur die objektive Seite der sozialen Ungleichheit, nicht deren subjektive Seite (die subjektive Wahrnehmung der objektiven Ausstattung klammert er aus).
4. Aus der Konstruktion der Lagen ergibt sich, dass diese nicht notwendig hierarchisch übereinander angeordnet sein müssen.
Was versteht man unter dem Begriff der Bildungsexpansion? Wie ist die Bildungsexpansion nach dem zweiten Weltkrieg verlaufen?
Unter Bildungsexpansion versteht man die Steigerung des aus öffentlichen und privaten Mitteln finanzierten Angebots von Positionen im Bildungssystem einerseits und der Nachfrage nach diesen Positionen von Familien, Jugendlichen und Kindern andererseits.
Geschichte: Nach dem 2. WK erfolgte die Bildungsexpansion, die zu einer Erweiterung und Öffnung der weiterführenden Sekundarschulen (Gymnasium, Realschule, Gesamt- und Waldorfschule) und der Hochschulen führte. Der durchschnittliche Bildungsstand der Bevölkerung ist deutlich angestiegen. Daher erhöhte sich der Konkurrenzdruck auf Personen mit Hauptschulabschluss und ohne allgemeinbildenden Schulabschluss.
Welche Ungleichheiten hinsichtlich formaler Bildungsabschlüsse und Bildungsbeteiligung bestehen in Bezug auf folgende Merkmale von Personen:
a.) Geschlecht
Weibliche Personen erwerben allgemein höhere allgemeinbildende Schulabschlüsse als männliche Personen und haben bessere Noten. Lehrer tendieren eher dazu geschlechtsspezifisch zu Urteilen und Mädchen zu bevorzugen. Ferner erwerben deutlich mehr junge Frauen die Fachhochschule- bzw. Hochschulreife. Junge Männer absolvieren sehr viel häufiger nur den Hauptschulabschluss oder bleiben ohne allgemeinbildenden Abschluss. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Bildungschancen von Frauen und Männern angeglichen (im Vergleich zum „kathol. Arbeitermädchen vom Lande“). Frauen haben Männer im Bildungserwerb in manchen Bereichen überholt und trotzdem zeigt sich auf den höchsten akademischen Stufen weiterhin ein Vorsprung der Männer (Weibl. Promotionen 39,5%, weibl. Habilitationen 23%, weibl. Professuren 14,3% (Daten aus dem Jahr 2005). Studien können allerdings keine Benachteiligung von Frauen an Universitäten nachweisen.)
Eine deutliche Benachteiligung von Frauen ist jedoch im Bereich des Übergangs in eine Berufsausbildung erkennbar. Ausbildungsberufe im Dualen System und Studienfächer an den Hochschulen zeigen eine deutlich geschlechtsspezifische Segregation, es gibt typische Frauen- und Männerberufe. Daher wählen Frauen viel häufiger vollschulische Ausbildungsgänge und nehmen Nachteile in Kauf (späterer Einstieg in den Arbeitsmarkt, keine Entlohnung, Schul- und Ausbildungskosten etc.).
Geschlechtsspezifische Unterschiede (Segregation) sind auch bei der Wahl der Studienfächer und Ausbildungsberufe sichtbar. Während Frauen Berufe im Dienstleistungssektor, dem Gesundheits- und Verkaufsbereich und den sozialen Diensten bevorzugen, wählen Männer eher handwerkliche und gewerbliche Berufe. Damit konzentrieren sich Frauen in der Mehrheit (72,4%) auf lediglich 20 der wichtigsten Ausbildungen, während 52,6% der Männer auf die 20 wichtigsten männlichen Ausbildungen entfallen. In der Studienfachwahl zeigt sich eine ähnliche Entwicklung: Frauen studieren eher Sozialwissenschaften, Geistes- und Kulturwissenschaften und Medizin, Männer eher Wirtschaftswissenschaften, Naturwissenschaften und den Ingenieurwissenschaften. Dies bringt auf dem Arbeitsmarkt erhebliche Nachteile für Frauen.
Definition v. Segregation: Ausmaß, in dem eine von der Gleichverteilung abweichende Verteilung von sozialen Gruppen über Merkmalsausprägungen existiert.
Welche Ungleichheiten hinsichtlich formaler Bildungsabschlüsse und Bildungsbeteiligung bestehen in Bezug auf folgende Merkmale von Personen:
b.) Ethnie
Im Bildungsbereich in Deutschland sind es deutliche Hinweise auf ethnische Ungleichheit bei der Betrachtung von Bildungsstruktur und Bildungschancen nach Migrationshintergrund und der Verteilung der SchülerInnen auf verschiedene Schulforme.
Besonders ausgeprägt ist die ethnische Ungleichheit bei Einwanderern aus der Türkei und anderen Anwerbestaaten. Diese haben seltener Hochschulreife und bleiben häufiger ohne Hauptschulabschluss bzw. ohne Berufsausbildung trotz einer Gegenentwicklung. AussiedlerInnen und SpätaussiedlerInnen haben bessere Bildungschancen als andere MigrantInnen aufgrund besserer Deutschkenntnisse und den Erhalt staatlicher Förderung. Männliche Jugendliche ausländischer Herkunft scheinen besonders benachteiligt in Hinblick auf die Verteilung der SchülerInnen auf Schulformen.
Wichtigste Ursache laut Forschung stellt die Position der Elternhaushalte auf der vertikalen Struktur sozialer Ungleichheit dar. So finden sich Personen mit Migrationshintergrund eher auf niedrigen Klassenlagen. Damit ist erkennbar, dass die Ungleichheit der Bildungschancen in Wahrheit keine ethnische, sondern eine statusspezifische ist! Sprachkenntnisse haben ebenfalls einen signifikanten Einfluss.
Schulsysteme mit Förderbedarf von SchülerInnen mit Migrationshintergrund zeigen geringere Kompetenzunterschiede zw. MigrantInnen und Nicht-MigrantInnen. Ein Beispiel ist Schweden, das den Zusammenhang zwischen sozialer Lage und Kompetenzerwerb erfolgreich verringert.
Welche Ungleichheiten hinsichtlich formaler Bildungsabschlüsse und Bildungsbeteiligung bestehen in Bezug auf folgende Merkmale von Personen:
c.) Soziale Herkunft
Trotz der Angleichung der Bildungschancen zwischen 1950 und 1989 gibt es noch immer eine klare Hierarchie nach sozialer Herkunft (laut einer Untersuchungen im Zusammenhang mit sozialer Herkunft und Bildungschancen aus dem Jahr 2000).
Wählt man die Berufsposition des Familienvorstands (meist des Vaters) als bestimmenden Faktor, sind Kinder von Arbeitern und Landwirten klar benachteiligt, während Kinder aus der Dienstklasse privilegierte Bildungschancen haben. Chancen zum Besuch einer weiterführenden Schule haben sich zwar erhöht, jedoch hat sich die Chancenungleichheit bei der Aufnahme eines Studiums leicht erhöht.
Bildungsabschlüsse der Eltern spielen betreffend der Bildungschancen der Kinder laut Studien eine tendenziell wichtigere Rolle als die berufliche Lage des Elternhauses oder die Einkommenssituation.
Die Höhe der Bildungsabschlüsse sind vom jeweiligen Staat und dessen Bildungssystem abhängig und ob die Bildungschancen klassenspezifisch geprägt sind. Das Bildungssystem ist trotz einer Angleichung klassenspezifischer Bildungschancen in Deutschland „geschlossen“ (Bildungsungleichheiten werden reproduziert).
Dass sich die Ungleichheit im Bildungssystem hartnäckig hält, ist eine Folge der primären und sekundären Effekte sozialer Herkunft (Boudon, 1974).
R. Boudon nennt als Ursache für die Ungleichheit in Bezug auf die Bildungschancen von Kindern unterschiedlicher Herkunft ‚primäre’ und ‚sekundäre’ Effekte.
Was versteht man unter primärem und sekundärem Effekt?
BOUDON unterscheidet zwischen primären und sekundären Effekten sozialer Herkunft, um die Entstehung von Bildungsungleichheit je nach sozialer Herkunft systematisch zu erklären. Primären Effekten: Kinder aus Familien mit unterschiedlichen Klassenlagen zeigen im Bildungssystem unterschiedlich gute Leistungen. Damit nimmt der Sozialisation der Kinder im Elternhaus mit unterschiedlicher Ressourcenausstattung eine wesentliche Rolle für deren Lernerfolg ein. Im Speziellen sind materielle Bedingungen im Elternhaus (Erwerb von Lehrmitteln, Arbeitsplatz, Nachhilfe) gemeint, um Leistungsanforderungen zu ermöglichen/bewältigen. Sprachliche Fähigkeiten, die im Haushalt vermittelt werden, sollen auf das gesprochene und gelesene Wort (und das Verstehen dieser) in der Schule vorbereiten. Zudem sind auch Einstellungen und Werte, die in unterschiedlichen Klassenlagen unterschiedlich vermittelt werden und somit in unterschiedlich hohem Ausmaß zu den kulturellen Standards passen, gemeint. BOURDIEU spricht hier von inkorporiertem Kulturkapital, welches früh in der Familie durch Sozialisationsbedingungen geprägt wird und damit schulische Leistungen beeinflusst. Die Fülle spezifischer Bedingungen der sozialen Lage des Elternhauses beeinflusst die Schulleistungen der Kinder und stellt damit den primären Herkunftseffekt her. Der sekundäre Effekt zeigt sich darin, dass bei gleicher schulischer Leistung Kinder aus höheren Klassenlagen häufiger zu weiterführenden Schulen als Kinder unterer Klassenlagen gehen. (1) Eltern aus verschiedenen sozialen Klassen treffen trotz gleicher Leistungsfähigkeit ihrer Kinder unterschiedliche Bildungsentscheidungen. Unteren Klassenlage entscheiden sich eher gegen ein Gymnasium (obwohl eine höhere Punktzahl als Entscheidungsgrundlage dient), gehobenen Klassenlagen entscheiden sich trotz niedriger Punktzahl für ein Gymnasium. (2) Lehrer treffen bei gleicher Leistungsfähigkeit der Kinder unterschiedliche Empfehlungen. Kindern höherer Klassenlagen geben Lehrer eher eine Gymnasialempfehlung als Kindern aus Arbeiterschichten. Lehrer gehen davon aus, dass hier nicht adäquat unterstützt werden kann. Damit wird das Leistungspotenzial der Kinder klassenspezifisch eingeschätzt und in Bezug auf folgende Bildungsinstitutionen klassenspezifisch entschieden.
Wie erklärt Rössel den Effekt, dass Eltern aus Haushalten mit geringerem Einkommen ihre Kinder mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit auf höhere Schulen schicken, auch wenn die schulische Leistung dies zulassen würde?
Hier können Kosten und Opportunitätskosten (Zweckmäßigkeit) genannt werden, welche bei der Finanzierung einer Ausbildung entstehen können und die für zu hoch eingeschätzt werden. Zudem könnte in der Zeit bereits ein Verdienst erzielt werden. Andererseits bildet ein Realschulabschluss einen positven Ausblick auf eine kaufmännische Lehre und bedeutet für den Akteur der Arbeiterklasse bereits ein Aufstieg. Dieselbe Bildungslaufbahn würde für ein Kind aus der Dienstklasse bereits sozialen Abstieg bedeutet.
Danach sind Bildungserträge immer relativ zum Status des Herkunftshaushaltes zu sehen.
Was versteht man unter dem Begriff der Bildungsinflation?
Da immer mehr Menschen höhere Bildungsabschlüsse erwerben, verlieren diese ihren elitären (auserlesenen) Wert, was als Bildungsinflation bezeichnet wird. Sie gelten immer noch als eine notwendige Voraussetzung für höhergestellte Berufe, sind aber gleichzeitig kein Garant dafür.
Bei vielen Bewerbern für eine bestimmte Position, wobei alle gute Abschlüsse vorweisen können, wird es für den Einzelnen schwerer, diese Position zu bekommen. Inkorporiertes sowie institutionalisiertes kulturelles Kapitals in ökonomisches Kapital umzuwandeln stellt keine Garantie mehr dar, sondern wird mit dem Erwerb von Wissen und Zertifikaten lediglich wahrscheinlicher. Es findet eine Abwertung der Abschlüsse und Zertifikate bei gleichzeitiger Notwendigkeit derselben statt.
Wie hat sich die Struktur der Erwerbstätigen im Hinblick auf berufliche Stellung seit 1950 entwickelt?
Selbständige:
Die Zahl der Selbständigen (von 15,6% auf 11,0%) und der mithelfenden Familienangehörigen (1950: 14,9%; 2004: 1,3%) hat seit 1950 ist, vor allem im Bereich Handwerk und Landwirtschaft, abgenommen. Seit den 90er Jahren steigt diese aber wieder an. Erwerbstätige der Landwirtschaft haben generell abgenommen (sektoraler Strukturwandel).
Arbeiter:
Die Arbeiterschaft nahm aufgrund von Deindustrialisierungsprozessen stark ab (48,9% auf 29,9%).
Angestellte:
Diese haben im Zuge des Wandels zur Dienstleistungsgesellschaft stark zugenommen (16,5% auf 51,2%).
Beamte:
Haben etwas zugenommen (4,1% auf 6,6%).
Einkommensverteilung
Was versteht man unter dem ‚äquivalenzgewichtetem Nettohaushaltseinkommen’?
Beim äquivalenzgewichteten Nettohaushaltseinkommen geht man von einer reinen Pro-Kopfverteilung der Einkünfte aus, welche jedoch ein Ungleichgewicht hervorrufen würde.
Daher werden Einspareffekte einkalkuliert, welche entstehen, wenn mehrere Personen gemeinsam leben und wirtschaften. So ist es z.B. günstiger für 5 Personen zu kochen als nur für eine. Man verbraucht nur 1 x Strom, Miete wird nur 1x gezahlt, Wäsche wird gemeinsam gewaschen, usw.
Bei der Äquivalenzgewichtung wird am häufigsten die OECD-Skala verwendet, die das Einsparpotential je nach Haushaltsgröße angibt und die Personen "gewichtet" und Zahlen zuordnet. Anschließend werden die Gewichte summiert und das Haushaltseinkommen durch die Summe dividiert. Ergebnis ist das Pro-Kopf-Einkommen.
Haushaltsvorstand bzw. Hauptverdiener : 1
Weitere Familienmitglieder über 15 Jahren : 0,5
Weitere Familienmitglieder unter 15 Jahren : 0,3
Eine 5-köpfige Familie mit dem Vater als Hauptverdienerin würde daher so gewichtet:
Vater 1
Mutter 0,5
Kind 17 Jahre 0,5
Kind 14 Jahre 0,3
Kind 7 Jahre 0,3
Zusammen 2,6
Bezug: Verteilung der Markteinkommen, Tabelle 3.17, S. 159. Die Markteinkommen im zweiten Quintil liegen bei 10,2% im Jahre 1993 und bei 7,0% im Jahre 2005.
Beschreiben Sie in Worten, wie man diese Zahlen interpretieren kann?
Quintile sind 5 Gruppen eines Ganzen.
Das bedeutet, dass sich im 1. Quintil die 20 Prozent einkommensärmsten Haushalte befinden und im 5. Quintil die 20 Prozent der einkommensstärksten Haushalte. Hierbei ist das 2. Quintil von Bedeutung, welches 20 Prozent der Haushalte mit der zweitniedrigsten Stufe der Einkommen erzielen.
In den Jahren 1993 und 2005 wurden die Einkommen der Haushalte nach ihrer Höhe gereiht und in 5 Gruppen (Quintile) hierarchisch eingeteilt. Die niedrigste Einkommensgruppe (20%) findet sich daher im 1. Quintil. Im 2. Qintil ist erkennbar, dass im Jahr 1993 20% der Bevölkerung 10,2% des Markteinkommens bezogen haben, im Jahr 2005 hatte dieselbe Einkommensgruppe nur mehr 7% des Markteinkommens zur Verfügung. Es gab also eine Zunahme der Ungleichheit betreffend dem Markteinkommen (dabei sind Steuern und staatliche Transfer nicht berücksichtigt).
Das Markteinkommen hat sich in dem Zeitabschnitt verringert.
1. die Zahl der Arbeitslosen oder Sozialhilfeempfänger hat sich erhöht, womit die Einkommensschwächeren noch weniger Markteinkommen erhielten.
2. die Einkommensreichsten haben zugelegt.
Somit hat sich die Ungleichheit der Vermögen vergrößert.
Betrachtet man statt dem Markteinkommen das Nettoeinkommen, so ergibt sich für das zweite Quintil ein Wert von 14,3% im Jahre 1993 und 13% im Jahre 2005. Wodurch lässt sich die Verschiebung gegenüber dem Markteinkommen erklären?
Hierbei wird einfach der Unterschied zwischen Markteinkommen und Nettoeinkommen deutlich. Das Markteinkommen bezieht sich auf Löhne und Gehälter aus Erwerbsarbeit. Nicht alle Personen sind erwerbstätig und daher werden auch nicht alle Personen hierbei berücksichtigt. Da bei der Berechnung des Netto-Einkommens staatliche Transfereinkommen und Steuern berücksichtigt werden, kommt eine Verschiebung zustande. Dies führte zu einer Umverteilung und zu einer Reduzierung der Ungleichheit, somit haben staatliche Transferleistungen und Steuern eine regulative Wirkung. Es bleibt jedoch die Tatsache bestehen, dass seit 1993 bis 2005 bei den Markt- und den Netto-Einkommen eine Zunahme der Ungleichheit zu verzeichnen ist.
Was bezeichnet der Gini-Koeffizient, zwischen welchen Werten variiert er?
Der Gini-Koeffizient basiert auf der Lorenzkurve und ist eine Maßzahl für die Messung der Ungleichheit. Er variiert zwischen 0 und 1. Hätte man in einer Gesellschaft eine absolute Gleichverteilung der Einkommen, wären die Lorenzkurve und die Winkelhalbierende gleich. Je mehr die Lorenzkurve durchhängt, umso stärker ist die Ungleichverteilung. Der Ginikoeffizient ergibt sich aus der Berechnung dieser Fläche.
In der Lorenzkurve ergibt sich der Giniindex auf der Grundlage der Fläche zwischen Gleichverteilungslinie und empirischen Lorenzkurve (s. Grafik 3.3 S. 162).
Die Lorenzkurve:
x-Achse: Anteil der Haushalte oder Personen
y-Achse: Höhe der Einkommen oder andere Merkmale
0 = absolute Gleichverteilung
1 = wenn ein einziger Haushalt das gesamte Einkommen eines Landes erzielt
Was bedeutet es, wenn eine Gesellschaft einen hohen bzw. niedrigen Gini-Koeffizient aufweist?
Gini-Koeffizient = 0 bedeutet, dass die Einkommen absolut gleichverteilt sind. Je näher der empirische Gini-Koeffizient dem Wert 0 kommt, umso weniger Ungleichverteilung liegt vor.
Gini-Koeffizient = 1 bedeutet, dass ein Haushalt das gesamte Einkommen eines Landes erzielt. Je näher der empirische Wert dem Wert 1 kommt, desto höher ist die Ungleichverteilung.
Ein hoher Gini-Koeffizient zeigt auf eine große Ungleichheit der Einkommensverteilung, wobei die Einkommen hierbei weit auseinanderliegen und die Einkommensunterschiede groß sind.
Ein niedriger Gini-Koeffizient weist auf eine niedrige Ungleichheit der Einkommensverteilung hin. Bei einem niedrigen Wert sind die Einkommensunterschiede geringer.
Welche Hauptursachen lassen sich für die Unterschiede im Einkommen zwischen Männern und Frauen ausmachen?
- Männer konzentrieren sich nach Familiengründung stärker auf Erwerbsarbeit und Karriere, während Frauen eher in die Erziehung der Kinder eingebunden sind und die Hausarbeit leisten.
- Bei Frauen kommt es häufiger zu Erwerbsunterbrechungen bei als Männer in ihrer Karriere (durch Kindererziehung und die Organisation rund um die Familie). Diese zusätzlichen Verpflichtungen sind Frauen weniger flexibel und können weniger Überstunden machen. Zudem weisen sie häufiger Teilzeitbeschäftigungen auf als Männer.
- Ein weiterer Punkt ist die geschlechtsspezifische Segregation der Berufsausbildung. Frauen wählen eher bestimmte Berufsausbildungen und Studienrichtungen. Frauen sind mehrheitlich in anderen Berufsfeldern tätig und haben dadurch auch andere Einkommen. Sie besetzen seltener obere Klassenpositionen.
- Einen weiterer Fakt ist der Hinweis auf Stereotypen, die eine Einkommensdiskriminierung von Frauen stützen und weiblichen Tätigkeiten einen niedrigeren ökonomischen Status zuweisen als männlichen. Sowohl Männer als auch Frauen sprechen Frauen ein niedrigeres Einkommen zu. Bei Gehaltsverhandlungen vertreten Frauen ihre Forderungen zaghafter als Männer.
Was versteht man unter „absoluter Armut“ und was unter „relativer Armut“?
Absolute Armut: orientiert sich am physischen Existenzminimum, d.h. was braucht ein Mensch, um zu überleben? "Ein Dollar pro Tag“-Regel der Weltbank besagt, dass, wer weniger als ein Dollar pro Tag zur Verfügung hat, als absolut arm gilt, da er seine lebensnotwendigen Grundbedürfnisse nicht mehr befriedigen kann (Essen, Trinken, Dach über dem Kopf, etc.).
Relative Armut: orientiert sich an den soziokulturellen Standards einer Gesellschaft.
Unter Armut versteht man das Unterschreiten von bestimmten Mindeststandards, welche sich am jeweiligen sozioökonomischen und kulturellen Entwicklungsniveau einer Gesellschaft bemessen.
Modulbetreuer: Während absolute Armut also immer das Unterschreiten des physischen Existenzminimums bezeichnet, kann relative Armut sich in unterschiedlicher Form manifestieren. Stets ist mit relativer Armut jedoch das Unterschreiten eines sozio-kulturellen Standards gemeint, welcher sich an der jeweiligen Gesellschaft orientiert. So kann jemand z.B. relativ arm sein, im Sinne der Einkommensarmut, sofern sein Einkommen unterhalb des Durchschnitts der jeweiligen Gesellschaft liegt. Auch eine relative Armut im Sinne von z.B. Lebenslagenarmut oder Deprivationsarmut ist denkbar, sofern hier sozio-kulturelle Standards unterschritten werden (SB 33159: S. 175-177).
Wie ist der Begriff der Einkommensarmut definiert?
Einkommensarmut ist in der Forschung der am häufigsten verwendete Indikator zur Bestimmung relativer Armut. Er wird nach Ausstattung mit monetären Ressourcen der Haushalte bemessen und mit dem gesellschaftlichen Standard (= Mittelwert oder Median der Einkommensverteilung) verglichen. Eine Person gilt als arm, wenn ihr bedarfsgewichtetes Pro-Kopfeinkommen einen bestimmten Prozentsatz des Durchschnittseinkommens (Meridian oder arithmetisches Mittel) in einem Land unterschreitet.
Wenn in einer Gesellschaft das durchschnittliche äquivalenzgewichtete Nettohaushaltseinkommen bei ca. 1.500 Euro pro Monat liegt. Welche Beträge bezeichnen dann die Grenzen für den Niedrigeinkommensbereich (bzw. Armutsgefährdungsbereich), für den Bereich der Armut und den Bereich strenger Armut?
Das Niedrigeinkommen liegt bei 60 Prozent, also im oben genannten Fall bei 900 €.
Neuere Studien der EU bezeichnen Armutsgefährdung, wenn dieser Betrag unterschritten wird .
Armut wird bei einem Wert von 50 Prozent genannt, was im oben genannten Fall bei 750 € liegt.
Strenge Armut liegt bei einem Wert von 40 Prozent und darunter vor, also bei 600 € oder weniger.
Wie hat sich die Armut in der BRD seit den 70er Jahren entwickelt?
1973-2003:
- Deutliche Zunahme der Einkommensarmut
- Anteil der Armen niedriger, wenn Durchschnittseinkommen über den Median gemessen wird statt mit dem Mittelwert
- Armutsquote ist in Ostdeutschland höher als in Westdeutschland, wenn das Durchschnittseinkommen für Ost und West gemeinsam berechnet werden. Bei getrennter Berechnung ist Armutsquote in Westdeutschland höher.
Welche gesellschaftlichen Teilgruppen sind in besonderem Maße von Einkommensarmut in Deutschland betroffen?
- Niedrig qualifizierte Arbeitnehmer, z.B. Personen ohne HS-Abschluss, welche ein 5fach höheres Armutsrisiko haben, des Weiteren umfasst dies auch un- und angelernte Arbeiter...
- Frauen haben 1,6% höheres Einkommensarmutsrisiko als Männer
- Ausländer haben um 150% höheres Armutsrisiko als Deutsche
- Alleinerziehende und Familien mit minderjährigen Kindern
- Kinder und Jugendliche in Deutschland
- Arbeitslose Personen
Was versteht man unter ‚sozialer Mobilität’?
Soziale Mobilität ist die Bewegungen zwischen Positionen in der Sozialstruktur hinsichtlich auf die verschiedenen Dimensionen und Ressourcen der Struktur sozialer Ungleichheit. Man unterscheidet vertikale, horizontale, intergenerationale und intragenerationale Mobilität. Es ist vor allem der Wechsel auf vertikaler Ebene gemeint, also die Erforschung von Bewegungen entlang der vertikalen Dimension der Struktur sozialer Ungleichheit in Form von Klassen-, Schichten- und Statusmobilität. Es wird auch zunehmend die Einkommensmobilität berücksichtigt (vor allem mit dem Fokus "raus aus der Armut" bzw "rein in die Armut"). Bewegungen zwischen unterschiedlichen Lebensstilen und sozialen Milieus wurde bislang kaum untersucht. Mobilität lässt sich generell nur für erworbene und nicht für zugeschriebene (askriptive) Merkmale sinnvoll untersuchen, womit das Geschlecht oder die ethnische Zugehörigkeit kaum Gegenstand der Mobilitätsforschung sind.
Was bezeichnen die Begriffe ‚intergenerationale’ und ‚intragenerationale’ Mobilität?
Intergenerationale Mobilität betrifft die Mobilität zwischen Generationen, dabei wird die soziale Position des Elternhauses mit der sozialen Position der Kinder verglichen.
Gerade die ältere Mobilitätsforschung nimmt dabei fast ausschließlich auf den Vergleich der Berufs- oder Klassenpositionen von Vätern und Söhnen her (z.T. wegen Datenrestriktionen).
Intragenerationale Mobilität ist die Mobilität, die eine Person innerhalb ihres Lebenslaufs zwischen den verschiedenen sozialen Positionen einnimmt. Hier spricht man auch häufig von Karrieremobilität oder Jobmobilität gesprochen, da sich ein erheblicher Teil dieser Forschung mit Wechseln auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt.
Stellen Sie an einem Beispiel den Unterschied zwischen Zirkulations- und struktureller (intergenerationaler) Mobilität dar.
Strukturelle Mobilität sind Positionswechsel, die aufgrund struktureller Veränderungen einer Sozialstruktur notwendig sind: z.B. durch Schrumpfung eines Wirtschaftssektors oder veränderte Geburtsraten.
Austausch-/Zirkulationsmobilität ist eine relative Mobilität; Positionswechsel, die aufgrund der Durchlässigkeit der Gesellschaft möglich sind.
Die Kinder von Kindergärtnern(innen) können inspiriert vom sozialen Beruf ihrer Eltern auch wieder einen solchen Weg einschlagen. Einige von ihnen möchten den Bildungssektor verändern und entschließen sich zu einer politischen Karriere. Andere entscheiden sich gegen das soziale Engagement ihrer Eltern und schlagen eine ganz anderen Berufsrichtung/Klasse/Schicht ein. Gleichzeitig erfolgt ein gewisser Zustrom von Kindern aus Familien mit anderem beruflichen/klassenspezifischem/schichtspezifischem Hintergrund, womit sich beides die Waage hält. Hier findet Zirkulationsmobilität statt.
Aufgrund einer neuen Kita-Gesetzgebung wird allen Kindern unter 3 Jahren ein Kita-Platz/Kiga-Platz garantiert. Damit eröffnen Landesweit neue Kitas und Kindergärten. Da es jedoch plötzlich nicht mehr genügend pädagogisches Personal gibt, wird der Erzieherberuf aufgrund seiner Einstellungsgarantie attraktiver. Kinder aus anderen familiären Umfeld/Klassenlage/Schichtzugehörigkeit interessieren sich nun auch verstärkt für diesen Beruf. Des Weiteren schult der Staat Lagerarbeiterinnen und Verkäuferinnen gezielt zu Erzieherinnen um, da er sie so aus der Arbeitslosigkeit in ein Beschäftigungsverhältnis integrieren möchte. Hier findet strukturelle Mobilität statt, die veränderten strukturellen Umstände nehmen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Mobilitätsrate.
Illustrieren Sie an einem Beispiel, was man im Rahmen der intergenerationalen Mobilität unter der ‚Selbstrekrutierungsquote’ einer Berufsklasse versteht.
Wenn Kinder den Beruf eines Elternteils ergreifen, spricht man von Selbstrekrutierung. Besonders ausgeprägt ist dies ist in der Landwirtschaft und bei den Arbeitern, jedoch auch bei den Facharbeitern und Selbständigen, z.B. ein junger Mann wird so wie sein Vater Bahnarbeiter. Der Bedarf dieser Berufsgruppe an Neuzugängen wird quasi aus dieser Berufsgruppe selbst rekrutiert.
Aus Tabelle 4.3. geht hervor, dass Kinder deren Väter bereits der oberen Dienstklasse angehörten, eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit haben, der gleichen Berufsklasse anzugehören (tau=4,22). Das gleiche – aber in noch höherem Maße – gilt für Kinder, deren Väter Landwirte waren (tau=12,33).
Wie lassen sich die hohen Reproduktionsraten der jeweiligen Berufsklassen erklären?
Landwirte besitzen Grund und Boden, welche sie in direkter Linie an ihre Kinder vererben.
Wer einen kompletten Bauernhof erbt und auf einem solchen aufgewachsen ist, der kann aufgrund seiner entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten, welche er in seinem Elternhaus erworben hat, diesen landwirtschaftlichen Betrieb weiterzuführen, zudem er gesamt Hof, Maschinen und Viehbestand erbt. Damit erfolgt die Reproduktion dieser Berufsklasse in 1. Linie über die direkte Vererbung durch Grund und Boden. Die Landwirtschaft ist ein schrumpfender Sektor und deckt seinen Personalbedarf komplett aus den eigenen Reihen. Es kann sogar zu einem Personalüberschuss (weitere Geschwister des Hoferben) kommen, dann müssen diese in andere Bereiche abwandern.
In der oberen Dienstklasse ist der Bildungserwerb die zentrale Bedingung für die Reproduktion dieser Berufsklasse, welche sich aus hochqualifizierten Arbeitskräften zusammensetzt. Sie tragen Obsorge, dass ihre Kinder eine gute schulische Ausbildung erhalten. Durch ihr Know-how können sie ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bei der Notwendigkeit von Nachhilfe kann diese problemlos finanziert werden. So erlangen diese Kinder eine gute Bildung, was sie wiederum in die Lage versetzt, ebenfalls Positionen im oberen Dienstklassensektor einnehmen zu können. Die Dienstklasse vergrößert sich, womit ein Zustrom aus anderen Klassen notwendig wird.
Aus Tabelle 4.3. geht hervor, dass Kinder deren Väter bereits der oberen Dienstklasse angehörten, eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit haben, der gleichen Berufsklasse anzugehören (tau=4,22). Das gleiche – aber in noch höherem Maße – gilt für Kinder, deren Väter Landwirte waren (tau=12,33).
Welche Ressourcen sind im einen, welche im anderen Fall entscheidend? Berücksichtigen Sie bei der Beantwortung der Frage an das Kapitalmodell von Pierre Bourdieu.
Im Fall der Kinder von Landwirte, wird vor allem das ökonomische Kapital in Form von Grund und Boden, Tierbestand, Saatgut, Maschinen, Gebäuden etc. weitergegeben. Zudem erhalten die Kinder auch kulturelles Kapital in Form von Fachkenntnissen, die durch den frühen Kontakt der Kinder mit dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern entstehen, also inkorporiertes kulturelles Kapital. Den größeren Teil wird hier jedoch das ökonomische Kapital ausmachen. Kinder bekommen dagegen weniger an kulturellem und sozialem Kapital mit. Höhere Bildungslaufbahnen werden vor allem in Haushalten mit wenig kulturellem Kapital eher als Risiko (Gefahr des Scheiterns) gesehen. Mobilitätschancen werden also häufig aus klassenspezifischer Wahrnehmung nicht ergriffen.
Kinder aus der oberen Dienstklasse, wird vorrangig kulturelles Kapital in Form von Wissen (inkorporiertes kulturelles Kapital) wie auch in Form von Bildungsabschlüssen, deren Erwerb durch die häuslichen Umstände deutlich vereinfacht wird (institutionelles kulturelles Kapital) weiter gegeben. Ferner sind die sozialen Kontakte der Eltern vorteilhaft für die Kinder. Sie ermöglichen einen einfacheren Berufseinstieg bzw. -wechsel in eine andere Position. Damit nimmt neben dem kulturellen auch das soziale Kapital eine wichtige Position ein. Aus den sozialen Netzwerken der Eltern ergeben sich dann neue interessante soziale Kontakte für die Kinder.