M7 Diagnostische Verfahren: Beobachtung

Zu Kurs M7, 03420, Kurseinheit 2 der FernUni Hagen WS 2012/13

Zu Kurs M7, 03420, Kurseinheit 2 der FernUni Hagen WS 2012/13

Nadine Petty

Nadine Petty

Kartei Details

Karten 68
Lernende 17
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 05.03.2013 / 29.02.2020
Weblink
https://card2brain.ch/box/m7_diagnostische_verfahren_beobachtung_
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/m7_diagnostische_verfahren_beobachtung_/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

Definition von Verhalten im weiteren Sinn nach Pawlik

Verhalten bezeichnet jede Zustandsänderung, die der direkten Fremdbeobachtung zugänglich ist und schließt ERLEBEN mit ein (da dies als sprachlicher Bericht für andere zugänglich ist).

Spezifisches Verständnis von Verhalten im Kontext wissenschaftlicher Beobachtung

Alle akkustisch und visuell wahrnehmbaren Verhaltensweisen, einschließlich peripherer Änderungen, die mit mediizinischen Geräten gemessen werden können.

Was kennzeichnet die wissenschaftliche Beobachtung?

Sie ist zielgerichtet und absichtlich: Methodische Kontrolle, Systematisierung, Beachtung von Gütekriterien, gefolgt von quantitativ-statistischer Analyse

Verhaltensstrom: - auf wen geht der Ausdruck zurück?

                               - als Analogie zu was?

                               - was bedeutet der Begriff konkret?

Ausdruck von Kurt Lewin, in Analogie zu Willam James' stream of consciousness. der Begriff impliziert, dass Verhalten kontinuierlich stattfindet und so methodische Probleme birgt, da der Beobachter so mit schnell wechselnden Ereignissen und unterschiedlichen beteiligten Organsystemen multivariat ist.

Vor- und Nachteile der Beobachtung

Vorteile: - unabdingbar, um das Ziel der Verhaltensvorhersage zu verfolgen

- "the only consequence is what we do" (John Ruskin)

- nur so kann Wissen über Zusammenhänge zwischen Verhalten und Persönlichkeit geschaffen werden

Nachteil: großer Aufwand

unsystematische Beobachtung

- folgt keinem bestimmten Beobachtungssystem

- eignet sich zur Exploration eines noch nicht gut erforschten Feldes

systematische Beobachtung

- ihr liegt ein Beobachtungssytem zugrunde

- dient zur Hypothesenüberprüfung

Laborbeobachtung

bessere Kontrolle situativer Bedingungen

Übertragbarkeit auf "natürliche Umgebung" kann aber muss nicht eingeschränkt sein -> Zimbardos Laborversuch Wärter und Gefangene als Beispiel

Feldbeobachtung

hat den Nachteil der mangelnden Situationskontrolle

teilnehmende Beobachtung:

aktiv-teilnehmend vs passiv-teilnehmend

aktiv-teilnehmend: Registrierung des Beobachteten findet erst nach der Situation statt; in der Soziologie und Ethnologie; wenig in der Psychologie (Ausnahme:  Studie über religiöse Sekten von Festinger, Rieken und Schachter, das ein Bsp verdeckter, teilnehmender, unsystematischer Beobachtung ist)

passiv-teilnehmend: Beobachter ist Teil der Situation, interagiert aber nicht

verdeckte vs offene Beobachtung

verdeckt: Beobachteter weiß nichts von der Beobachtung

offen: Vpn ist informiert

nicht-teilnehmende Beobachtung

Beobachter ist weder sichtbar noch nimmt er aktiv an der Situation teil

"Der Weltuntergang findet nicht statt" von Schachter, Riecken, Festinger (1956): Beispiel einer verdeckten aktiv teilnehmenden Beobachtung

- Marian Keechs Anzeige im 'Salt Lake City Herold', in der sie behauptete Guardians würden beim nahenden Weltuntergang die Mitglieder einer Sekte retten

-  Teil der Gruppe war Dr Armstrong, der mit einer Gruppe Studenten- den Seekers - kosmologische Probleme diskutierte

- diese beiden Gruppen wurden jeweils ein verdeckter Beobachter eingeschleust, die Infos über Mitgliederzahl, Überzeugungsstärke und Häufigkeit der Treffen sammelten. Kurz vor dem Weltuntergang wurden sie in die beiden Häuser der Gruppenführer einquartiert

-annähernd 1000 Seiten Beobachtungsprotoholl

Vermittelte Beobachtung

Situation wird aufgezeichnet und dann beobachtet. Vorteile: Mikroaspekte des Verhaltens erfassbar

 

Unvermittelte Beobachtung

erfolgt zeitgleich zur Situation

Selbstbeobachtung

Trend der Introspektion(= Bewusstseinsvorgänge)Anfang des 20. Jhd. (Würzburger Schule!). Moderne Varianten stützt sich auf vorgegebene Beobachtungseinheiten und tragbare technische Hilfsmittel. Nach Pawlik und Buse "Selbstprotokollierung

Isomorphe Deskription

Versuch, wahrnehmbares Verhalten möglichst genau und vollständig zu erfassen. Bsp: "one boy's day" by Barker und Wright

Reales Beispiel partiell isomorpher Deskription: Sounds of Life, einer Studie von Pennebaker und Mehl, bei der 52 Studierende für 2 Tage einen Audiorekorder bei sich trugen, der sich alle 12 Min für 20 s anschaltete.

Die Weiterverarbeitung isomorpher Abbildung ist entscheidend.

reduktive Deskription

Beobachtung ist auf Einheiten beschränkt, die zusammenfassend charakterisieren

Zeichensystem bzw. Indexsystem

- definierte Beobachtungseinheiten, die während eines Abschnitts dokumentiert werden

- definierte Verhaltensweisen können gleichzeitig auftreten

Kategoriesystem

-jede Verhaltensweise innerhalb eines Abschnitts wird in eine Kategorie zugeordnet

-nur eine Kategorie trifft für ein Verhalten zu (disjunkte Kategorien)

- definieren, welche Verhaltensaspekte von Interesse sind

Auftretensformen, die bei der Beobachtung registriert werden können

- Häufigkeit

-Dauer

-Intensität

-> reduktive Einschätzungen, die auf einer verankerten Ratinskala abgeschätzt werden können

Reduktive Einschätzungen

sind VerhaltensbeURTEILUNGEN; subjektiv - was durch genaue Kategoriedefinition minimiert werden kann

Fremdeinschätzung von Eigenschaften

schlussfolgernde Einschätzung eines Persönlichkeitsmerkmals. Persönlichkeitspsychologische Studien untersuchen welche konkreten Verhaltensweisen mit Eigenschaftseinschätzungen durch Laien kovariieren. (Vgl NEO-PI-R Form S in Korrelation mit Form F)

Studie von Borkenau und Liebler zur Bezeiung zwischen Eigenschaftseinschätzung und Verhalten

Die Verhaltensbeurteilung des 90 s videografierten Verhaltens einer Nullbekanntschaft hat eine überzufällige Übereinstimmung mit der selbsteingeschätzten Extraversion dieser "Zero-Aquaintance"

cue utilization

Hinweisreiz wird zur Eigenschaftseinschätzung/Situationseinschätzung etc. genutzt

 

cue validity

der Hinweisreiz ist mit dem Kriterium assoziiert (erlaubt eine korrekte Kriteriumseinschätzung

Welche Eigenschaften können gut welche nach einer Studie von Borkenau und Liebler schlecht beobachtet werden?

gut: Extraversion, Intelligenz, Gewissenhaftigkeit

schlecht: Neurotizismus, Offenheit für Erfahrungen

Verhaltensspuren

- nicht reaktiv

- Spuren, die soziales Verhalten hinterlässt

-Studie Gosling, Ko, Morris (2002): Büroräume von Nullbekanntschaften wurden von Fremdbeurteilern im Hinblick auf Offenheit, Extraversion und Gewissenhaftigkeit ähnlich eingeschätzt wie im Selbsturteil

Nach welchen Kriterien kann der Verhaltensstrom bei derm Beobachtung segmentiert werden?

- nach Inhalt

-nach Zeiteinheiten

-nach Anzahl der Beobachtungsobjekte

Arten der inhaltlichen Segmentierung nach Pawlik

Morphologische Segmentierung: Verhalten wird nach den daran beteiligten Körperabschnitten gegliedert (Bsp. FACS- action units)

Semantische Segmentierung: Abgrenzung nach sozialer Bedeutung (Bsp. Kategoriesystem nach Bales)

Verhaltenspsychologische Segmentierung: basiert auf dem lerntheoretsch fundiertem funktionalem Bedingungsmodell. Situative Bedingungen, Anschließendes Verhalten und Konsequenzen werden unterschieden

Differentiell-psychologische Segmentierung: Beobachtungseinheiten werden nach Faktorenladung geordnet bzw. die Merkmale hypothetischer Konstrukte sind

Ereignisstichprobenplan (event sampling)

 

Verhalten wird innerhalb eines Zeitraums jedes Mal protokolliert, wenn es auftritt. Geeignet bei seltenen und kurzen Verhaltensweisen

Zeitstichprobenplan (time sampling)

Beobachtung der inhaltlich definierten Einheiten erfolgt zu bestimmten Zeitpunkten(Protokollterminen) bzw innerhalb von Beobachtungsfenstern

Formale Regeln bei der Definition von Beobachtungseinheiten

Beobachtungseinheiten müssen

- konkret

-eindeutig

-verhaltensnah expliziert sein

Je mehr Mikroaspekte beachtet werden sollen, desto mehr Beobachtungseinheiten resultieren -> abstrakte Kateogorie

- disjunkt

-vollständig (saturiert)

- hierarchisches Kategoriesystem kann sinnvoll sein

- bei unmittelbarer Beobachtung nicht mehr als 10 Einheiten

- Registrierung von Beurteilung trennen

Das Kategoriesystem von Bales (1950)

Interaktions-Prozess-Analyse (IPA). Ziel.

Ziel: Aus sozialem und emotionalem Verhalten in Kleingruppen wollte Bales auf Gruppenprozesse schließen

 

IPA: zwei Bereiche bei der Interaktion in Gruppen

Es lassen sich die Interaktionen der Gruppe in 2 große Bereiche teilen:

-Problemorientierte Interaktion (aufgabenorientiert)

-Sozial-emotionale Interaktion (sozial-emotional orientiert)

 

IPA: Funktionselemente der Aufgabenorientierung

Betreffen Probleme der Orientierung, Bewertung und Kontrolle

IPA: Funktionselemente der sozial-emotionalen Orientierung

- Entscheidungen

- Spannungsbewältigungn

-Integration

Bales Untersuchungsgegenstand

Konferenzgruppen 2-10 Teilnehmer, die sich vorher nicht kannten (also noch keine etablierte Rollenverteilung hatten)

IPA: Sechs Funktionen sozialer Systeme

Probleme der Orientierung

Probleme der Bewertung

Probleme der Kontrolle

Probleme der Entscheidung

Probleme der Spannungsbewältigung

Probeme der Integration

Wie definiert Bales eine Beobachtungseinheit?

"Kleinste erkennbare Einheit des Verhaltens, die der Definition irgendeiner Kategorie genügt."

Anders: "die kleinste Einheit, die ihrem Sinn nach so vollständig ist, dass sie von Beobachter gedeutet werden kann oder im Gespräch eine Reaktion hervorruft"