FUH SS15
Fichier Détails
Cartes-fiches | 58 |
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Utilisateurs | 10 |
Langue | Deutsch |
Catégorie | Psychologie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 20.07.2015 / 13.02.2022 |
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Die Untersuchungssituation: „Das enttäuschende Geschenk“
Ergebnisse
Indikatoren für negative Indikatoren/Gefühle/Emotionen/Spannungen:
Ausdruckskontrolle
Es wurden sechs Geschichten konstruiert, die aus jeweils zwei Bildern bestanden.
In drei Geschichten erlebte der Protagonist/ die Protagonistin (für die Mädchen:
Hannah; für die Jungen: Timo) eine positive Emotion (Freude), in drei eine nega-
tive Emotion (Traurigkeit). Im jeweils ersten Bild war das Gesicht des Protagonis-
ten/ der Protagonistin abgewandt, im jeweils zweiten Bild "leer", also nicht aus-
gemalt. Jede Geschichte war in drei Versionen konzipiert. In der nicht-
diskrepanten Version gab es für den Protagonisten/ die Protagonisten keinen
Grund, seine/ ihre Gefühle nicht offen zu zeigen. In der prosozialen Version
wollte der Protagonist/ die Protagonistin seine/ ihre Gefühle nicht zeigen, um
Gefühle anderer zu schützen, in der selbstzentrierten Version hingegen, um daraus
selbst einen Vorteil zu ziehen oder einen Nachteil zu vermeiden. Insgesamt gab es
also 6 X 3 Versionen. Ein einzelnes Kind bearbeitete dabei nicht alle 18 Versio-
nen. Drei Sets der sechs Geschichten wurden so entworfen, dass in jedem Set die
jeweilige Motivation, Gefühle zu zeigen oder nicht zu zeigen zweimal vorkam
und über die Sets hinweg jede Motivationsbedingung mit jeder Geschichte kom-
biniert wurde. Jedes Kind bearbeitete ein Set.
Ich möchte hier nicht auf die Details der Auswertung zu sprechen kommen. Die
meisten Kinder hatten unabhängig vom Alter keine Probleme bei der Benennung
des "wahren" Gefühls. Allerdings ergab sich ein deutlicher Altersunterschied im
Hinblick auf die korrekte Wahl des Gesichtsausdrucks in den Geschichten, in
denen wahres Gefühl und Ausdruck diskrepant sein sollten ("prosoziale" und
"selbstzentrierte" Motivation). Mädchen waren zudem in den Geschichten mit
prosozialer Motivation besser als Jungen, bei den positiven Geschichten vor allem
die älteren Mädchen.
10. Was unterscheidet den nomothetischen vom idiographischen wissenschaftlichen Ansatz?
Nomothetisch bezeichnet eine Forschungsrichtung, bei der das Ziel wissenschaftlicher Arbeit allgemeingültige Gesetze sind. Ihre Methoden sind experimentell, oft reduktionistisch, die erhobenen Daten quantitativ. Nomothetische Theorien abstrahieren von den Phänomenen. Diese Denkweise ist typisch für die Naturwissenschaften.
(Der Naturwissenschaftliche Teil der Psychologie, experimentelles Vorgehen ect)
Idiographisch ist eine Forschungsrichtung, bei der das Ziel wissenschaftlicher Arbeit die umfassende Analyse konkreter, also zeitlich und räumlich einzigartiger Gegenstände ist. Ihr Hauptanwendungsbereich sind die Geisteswissenschaften.
In der Psychologie findet sich diese Forschungsrichtung z.B. im Rahmen von Einzelfallanalysen.
Der nomothetische Wissenschaftsansatz ist eine Forschungsrichtung mit dem Ziel
allgemeingültiger Gesetze.
(Nomothetisch = nach Gesetzen suchend)
- Typische Denkweise für NatWi
- In der Psychologie: naturwissenschaftlicher Teil der Psychologie, z. B. experimentelle
Forschung.
Der idiografische Ansatz ist eine Forschungsrichtung mit dem Ziel einer umfassenden
Analyse konkreter, einzigartiger Gegenstände.
(idiographisch = das Einzelne, Ideelle hervorhebend)
- Typisch für Geisteswissenschaften
- In der Psychologie z.B. Einzelfallanalysen
Psychologie als biologisch-experimentelle Wissenschaft
- Eine heute in der Psychologie dominante Form des Experimentierens bedient sich des ran-
domisierten Kontrollgruppen-Experiments mit interenzstatistischen Nullhypothesenprüfung
- Statistische Inferenz gilt dabei als Synonym für die wissenschaftliche Methode, ja als Garant
für die „Verwissenschaftlichung“ einer ansonsten „vor-“wissenschaftlichen Psychologie
- Dabei wird kritisiert, dass die statistische Inferenz mittels Nullhypothesen-Tests zum unre-
flektierten, institutionalisierten und sachlogisch falsch ausgeführtem Ritual gemacht wurde
(Prozess der „Inferenz-Revolution“) (Gigerenzer, Murray, 1987)
Psychologie als sozial- und kulturwissenschaftlich orientierte Wissenschaft
- Ausgangspunkt: verortet Psychologie in der Überlegung, dass die menschliche Psyche intrin-
sisch mit der sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Welt verbunden ist
- Soziales, Gesellschaftliches, Kultur haben keinen „Einfluss“ auf psychische Funktionen, son-
dern wird im Laufe der Entwicklung zum Bestandteil dieser
- Andererseits ist Person nicht Abbild der sie umgebenden Welt (Behaviorismus, Sozialer Kon-
struktivismus (definiert Mensch ausschließlich durch sein soziales Beziehungsgeflecht)
- Soziogenetische Ansätze: betonen sozialen Ursprung, die soziale Genese (Entstehung) psy-
chischer Funktionen, postulieren jedoch mitnichten eine soziale Determiniertheit:
Der Mensch setzt sich aktiv und selektiv mit seiner Welt (und sich selbst) auseinander und „schafft“
in dieser Auseinandersetzung sich selbst und seine Welt
11. Was kennzeichnet den „soziogenetischen“ Ansatz und welche Vertreter kann man ihm zuordnen?
Soziogenetische Ansätze in der Psychologie betonen den sozialen Ursprung, die
soziale Genese (Genese hat nichts mit Genetik zu tun, sondern bedeutet Entste-
hung!) psychischer Funktionen, postulieren jedoch mitnichten eine soziale Deter-
miniertheit. Der Mensch setzt sich aktiv und selektiv mit seiner Welt (und sich
selbst) auseinander und "schafft" in dieser Auseinandersetzung sich selbst und
seine Welt.
Mit den soziogenetischen Ansätzen sind wir mitten im Feld der Entwicklungspsy-
chologie. Folgend möchte ich – selektiv – drei Baumeister soziogenetischen Den-
kens vorstellen. George Herbert Mead, Georg Simmel und Lev Vygotsky bemü-
hen sich dabei auf unterschiedliche Weise aufzuzeigen, wie das "Soziale" oder
auch "Kulturelle" zum Bestandteil menschlicher psychischer Funktionen wird.
Diese Ansätze erheben einen Anspruch auf generelle, ja universelle Gültigkeit.
Sie implizieren allgemeine Entwicklungsgesetze, die aber dennoch dazu in der
Lage sind, Heterogenität des menschlichen Verhaltens und Erlebens zu erklären.
Ein eindeutiges und von allen psychologischen Forschern und Forscherinnen
geteiltes Verständnis "der" Psychologie als Wissenschaft gibt es nicht
Dennoch
wird die Psychologie mehrheitlich als empirische und damit als "Erfahrungswis-
senschaft" verstanden. Aus Theorien abgeleitete Hypothesen werden unter Zuhil-
fenahme entsprechender Methoden anhand von Daten getestet oder überprüft, um
auf diesem Wege zu gesicherten Aussagen über das menschliche Verhalten 1 und
Erleben zu gelangen. Das hört sich einfach an, ist es aber ganz und gar nicht.
George Herbert Mead und die Soziogenese des Selbst
- George Herbert Mead wurde am 27. Februar 1863 in Massachusetts geboren.
- Obwohl er interessanterweise nicht bei William James studierte, war
er in Harvard Tutor dessen Kinder. 1888 entschloss er sich zum Studium der
physiologischen Psychologie in Leipzig bei Wilhelm Wundt. 1889 wechselte er
auf Empfehlung von G. Stanley Hall an die Universität Berlin
Die psychologischen Rezeption von Meads Werk zentriert sich hauptsächlich auf
dessen soziogenetische Gedanken zum Selbst (z.B. 1934; aber auch in Originalar-
beiten). Das Selbst ist ganz allgemein betrachtet ein maximal komplexes Kon-
strukt, das sich in der psychologischen Forschung aber trotzdem großer Beliebt-
heit erfreut. Nach Mead entsteht das Selbst in und durch soziale
Austauschprozesse, doch wird es gleichzeitig personseitig konstruiert. In die
Psychologie eingegangen ist Meads Unterscheidung zwischen I und ME als unter-
scheidbare, jedoch aufeinander bezogene Phasen des Selbst.
Ausdruckkontrolle
Man kann Ausdruckkontrolle auf ganz unterschiedlichen Wegen operationa-
lisieren. Immer rücken dabei andere Schwerpunkte in den Vordergrund: So ging
es in der ersten Anordnung um maximal willentlich – also auf Instruktion – ge-
steuertes Verhalten, im zweiten um das Unterdrücken einer "positiven" Emotion
und im dritten um den "natürlichen" Ausdruck beim Lügen in einer sozialen Si-
tuation. Eine einzige Form der Operationalisierung kann also nie die ganze Band-
breite aller Aspekte eines Konstruktes einfangen.
12. Was bedeuten „I“ und ME“ bei George Herbert Mead?
Beides ist Unterscheidbar, aber aufeinander bezogen.
Me: ich, Susanna, MTA, Studentin, Lebensgefährtin, Spanische Wurzeln
ursprünglich, konventionell, symbolische Struktur die das „I“ möglich machen
Es repräsentiert die internalisierten Haltungen „sozialer Anderer“
Relativ Stabil über die Zeit, entsteht durch Rollenübernahme und Kommunikation mit anderen
Es repräsentiert die Vergangenheit
Das "ME" stellt die konventionelle, strukturelle und über die Zeit vergleichsweise stabile
Komponente des "Selbst" dar.
Das "ME" repräsentiert als generalized other letztendlich Gesellschaft an sich.
Das „ME“ kann als „Selbstkonzept“ verstanden werden
I: Wir reagieren immer wieder auf unsere eigenen Rollen und verändern uns dadurch → Susanna
MTA – Wechsel zu Susanna Studentin
Diese dynamische Komponente ist das „I“, die wechselnde Perspektive auf mich selbst (Me)
und die Welt, ohne das es mir gleich bewusst wird
Generiert Neuheit, durchbricht Strukturen und verändert sie
Es repräsentiert die Rekonstruktion des Me in der Zukunft
Das „I“ ist reflexiv nicht unmittelbar zugänglich.
Das „I“ ist empirisch nicht erfassbar.
beschreibende und
schließende Statistik
ie Varianzanalyse ist ein inferenzstatistisches, also von der Stichprobe auf die
Grundgesamtheit "schließendes" Verfahren, während die beschreibende Statistik
lediglich Aussagen über die Stichprobe macht (zum Beispiel: Mittelwert oder
Varianz: durchschnittliche [quadrierte] Abweichung vom Mittelwert). Wir kennen
das Vorgehen der schließenden Statistik von Wähler- oder sonstigen systemati-
schen Befragungen, bei denen man ja auch über die aktuelle Stichprobe hinausge-
hende Erkenntnisse gewinnen will.
13. Was ist das Kultivationsprinzip?
Simmel beschäftigte sich intensiv mit der Frage, wie Individuelles Kulturelles und
Kulturelles Individuelles hervorbringen kann
- wie Mead konzipierte er die Bezogenheit von Individuum und Welt in
nicht reduktionistischer Form; allerdings bezieht er in sein Denken weit
mehr als Mead die Rolle der materiellen Welt mit ein
- er unterscheidet zwischen objektiver und subjektiver Kultur (1908):
bild
- Kultivation: wechselseitiger Prozess
über die Kultivation der Welt (unsere Umgebung, unsere Wohnung, unser Aussehen), der
Dinge (Lieblingsbuch, Plüschtier, Kleidung etc.) kultivieren wir uns selbst
bestimmte geliebte Objekte können so „Teil unseres Selbst“ werden und als solches vielerlei
Funktionen übernehmen (z.B. verliert ein Zwilling seinen Zwilling ist es, als würde er einen
Teil von sich selbst verlieren, verliere ich mein Lieblingsbuch, würde mir ein „Teil von mir“
fehlen)
Ohne Kultur bleibt der Mensch in seiner Entwicklung „stecken“. Im Kultivationsprozess kann der
Mensch mehr werden als er ohne Kultur wäre. Wir gestalten unsere Umwelt (Haus, Garten, Arbeit)
und komplettieren uns somit selbst – es ist eine persönliche Anbindung/ Entwicklung. Gutes
Beispiel sind persönliche materielle Objekte wie Fotobuch, Ring etc. die uns ans Herz wachsen.
Purer Konsum zählt nicht dazu!
Fragt danach, wie über den Umweg der "objektiven Kultur" die "subjektive Kultur" entsteht.
Ist ein wichtiges Prinzip gerade der „kulturpsychologischen“ Forschung (vs. Kulturver-
gleichenden Forschung).
Lev S. Vygotsky: Vom Intermentalen zum Intramentalen und das Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“
Lev Vigotsky → kulturhistorische Perspektive der Entwicklungspsychologie
Entwicklungsprozesse werden sozial „geleitet“, sind dabei aber kein Abbild der sozialen
Welt, sondern werden personseitig konstruiert. Diese Leitidee wird besonders deutlich in
Vygotskys Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“. Nach Vigotskys spielt sich
Entwicklung in einer Zone zwischen Gegenwart ( ) und der Zone der aktuellen Entwicklung
Zukunft ( ) ab. In dieser Zone der nächsten Entwicklung Zone der nächsten Entwicklung
sind potentielle Entwicklungspfade nur rudimentär angelegt.
14. Was bedeutet das Konzept der „Zone der nächsten Entwicklung“ von Lev Vygotsky?
- solche Prozesse in der potentiellen Entwicklung, die aktuell noch voll entwickelt
sind, sich bereits entwickeln und schon morgen Früchte tragen werden.
- die Zone der nächsten Entwicklung wird schon morgen die Zone der aktuellen
Entwicklung überschreiten
D.h. es gibt eine Zone der aktuellen Entwicklung, die alle Leistungen des Kindes umfasst,
die es selbständig ohne Hilfe erbringen kann.
Die Zone der nächsten Entwicklung umfasst die Leistungen, die ein Kind mit Hilfe der
Anleitung(Unterstützung von kompetenteren Erwachsenen bewältigen kann.
Die Zone der nächsten Entwicklung ist zukunftsorientiert, da das Kind „schon morgen“ in
der Lage sein wird, diese Leistungen ohne Hilfe zu erbringen, der exakte Weg einer
psychischen Funktion offen ist.
Die Differenz zwischen den Aufgaben, die ein Kind bereits selbständig lösen kann und
den Aufgaben, die ein Kind mit Anleitung bewältigen kann, lässt sich die Zone der
nächsten Entwicklung bestimmen.
Die Realisierung der neuen Entwicklungspfade, also die Komplementierung der
Entwicklung psychischer Funktionen kann sich auf zwei Wegen vollziehen:
1. durch individuelle Aktivität (Spiel im Kindesalter, Phantasie im Jugend- und
Erwachsenenalter) → obglitatorische Prämisse
2. durch soziale Leitung (als Kanalisierung, Anweisung, Unterdrückung)
Die Komplexität Meadscher Annahmen ließ sich bis heute nur schlecht in die
psychologische Forschung umsetzen
Es fehlen Methoden, um Strukturen in ihrer
sie gleichzeitig verändernden Dynamik zu beschreiben. Als Konsequenz hat sich
die psychologische Forschung weitgehend auf die "Erfassung" des ME – verstan-
den als Selbstkonzept – gerichtet und blieb damit hinter Meads theoretischen
Ansprüchen weit zurück.
Mead und die Bindungstheorie
Im übrigen weist eine in der aktuellen Entwicklungspsychologie prominente
Theorie, die Bindungstheorie 7 , eine hohe konzeptuelle Nähe zu Meads Gedanken
auf, ohne dass sich diese Theorie explizit auf Mead bezieht. Auch in der Bin-
dungstheorie, die auf John Bowlby (1907 -1990) zurückgeht, geht man davon aus,
dass das kindliche Selbst aus sozialen Erfahrungen hervorgeht. Wird das Kind
prompt, zuverlässig und liebevoll versorgt, entwickelt es ein inneres Arbeitsmo-
dell (dies ist ein bindungstheoretischer Terminus) von sich selbst als positiv wert-
geschätzter Person. Mit anderen Worten: Durch die fürsorgliche Haltung anderer
(hier ist in erster Linie die Mutter gemeint) dem Kind gegenüber lernt und weiß
das Kind, dass es ein liebenswerter Mensch ist.
m Vergleich zu Mead jedoch betont die Bindungstheorie die strukturelle/ stati-
sche Seite des Selbst weit mehr als die dynamische Komponente. Ist das kindliche
Selbst einmal entstanden, wird es als weitgehend stabil erachtet. Es gibt also nicht
die Konzeption des I als Metapher für die Aktivität der Person, immer wieder "auf
sich selbst" zu wirken, sich zu restrukturieren und damit zu verändern.
Georg Simmel und das Kultivationsprinzip
Am 1. März 1858 wurde Georg Simmel in Berlin als Kind jüdischer, jedoch kon-
vertierter Eltern geboren. Zwischen 1876 und 1881 studierte er an der Berliner
Universität Geschichte und Philosophie.
1914 erhielt Simmel einen Lehrstuhl an der Straßburger Universität. Am 26. September 1918 starb er in Straß-
burg.
Georg Simmel hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, wie Individuelles Kul-
turelles und Kulturelles wiederum Individuelles hervorbringen kann. Auch Sim-
mel konzipiert dabei die Bezogenheit von Individuum und Welt in nicht reduktio-
nistischer Form. Dabei bezieht er allerdings in sein Denken weit mehr als Mead
die Rolle der materiellen Welt mit ein.
objektive und subjektive Kultur
Simmel unterscheidet zwischen objektiver und subjektiver Kultur (1908), und
diese Unterscheidung ist essentiell. Die objektive Kultur ist für den sich entwi-
ckelnden Menschen nur insofern förderlich, als er sie in subjektive Kultur umset-
zen kann. Nur dann trägt Kultur zur Vervollständigung der Entwicklung des
Menschen bei, wird zu subjektiver Kultur. Ohne Kultur bleibt menschliche Ent-
wicklung "stecken", kann niemals ihre Potenziale voll ausschöpfen. In einem
Prozess der Kultivation jedoch – und Simmel zeigt dies an der Kultivierung eines
Obstbaumes – kann der Mensch zu etwas werden, was er allein nicht zu werden
vermag. Freilich tragen nicht alle Formen objektiver Kultur zu Kultivation bei: So
zum Beispiel ist sensu Simmel die Fertigung eines Segelmasts aus dem Holz des
Baumes kein Akt, der das Wesen des Obstbaumes kultiviert, da nichts "Segel-
mastartiges" im Baum angelegt ist.