M4 Einführung in die Sozialpsychologie 1

Einführung in die Sozialpsychologie 1

Einführung in die Sozialpsychologie 1


Kartei Details

Karten 223
Lernende 11
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 29.07.2014 / 31.07.2023
Weblink
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Helfen

Verhaltensweisen, die in der Absicht ausgeführt werden, das Wohlergehen anderer zu verbessern. Entscheidend ist die Verhaltensabsicht des Helfers

 

Prosoziales Verhalten, Helfen und Altruismus:
 

Klassifikationssystem nach Pearce und Amato

a)Planungsgrad: spontanes oder geplantes Handeln?
b) Schweregrad: kleineres Problem oder Notfall?
c) Art des Kontakts: Persönlich oder indirekt?
à qualitative Unterschiede; Hilfeverhalten können Hilfeempfänger unterschiedlich bewerten (auch negativ, z. B. ich werde als unselbstständig wahrgenommen)

 

Altruismus

Hilfeverhalten, um Wohlergehen einer anderen Person zu erhöhen, ein persönlicher Nutzen ist nur ein Nebenprodukt (beim egoistischen Helfen geht es um die Verbesserung des eigenen Wohlergehens)

Warum helfen Menschen einander?
biologische und genetische Wurzeln: Verwandtenselektion
 

natürliche Selektion fördert prosoziales Verhalten gegenüber genetisch Verwandten um den indirekten Fortpflanzungserfolg zu erhöhen
-> Gesamtfitness erhöhen (=Fortpflanzung eines Individuums ergibt sich aus de direkten Fitness, d.h. Anzahl der Gene die durch eigene Reproduktion weiter gegeben werden, und der indirekten Fitness, der Anzahl der eigenen Gene, die über Verwandte an die nächste Generation gegeben werden)
-> ist in lebensgefährlichen Situationen belegt, wo indirekte Fitness gefährdet ist


 

Warum helfen Menschen einander?: Reziproker Altruismus

Unterstützung bringt Fitnesskosten mit sich, doch wenn man Unterstützung erfährt, die die eigenen Kosten übersteigt gibt es einen Fitnessvorteil; Wechselseitigkeit
Reziprozitätsnorm:
a) Menschen sollen denen helfen, die ihnen geholfen haben
b) sie sollten die nicht verletzen, die ihnen geholfen haben
à ist in hochspezialisierten neuronalen Einheiten im limbischen System verankert


 

Warum helfen Menschen einander: Kosten-Nutzen-Analyse

wahrgenommener Nutzen müssen wahrgenommene Kosten übersteigen (sozialer Austausch); größtmöglicher Nutzen und wenigsten Kosten ist die Verhaltensweise der Wahl
à Wahrung/Ausbau des eigenen Wohlergehens nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung (materielle, körperliche, soziale und psychische Konsequenzen werden abgewogen)
-Konsequenzen des Nicht-Helfens sind Motivation zum Helfen, z. B. Angst vor Sanktionen, schlechtem Gewissen, etc.


 

Warum helfen Menschen: Abbau negativer Gefühlszustände:

-emotionale Erregung auf Notlage anderer (Verhaltensreaktion =biologische Ursache)

 

Negative-State-Relief Modell (Cialdini)

negative Gefühlszustände lösen Motivation aus diese zu reduzieren und Wohlbefinden wiederherzustellen
->Hilfeverhalten ist eine von vielen, wodurch vorm helfen durch anderes die Motivation schon sinken kann durch andere Verhaltensweisen die Gefühle minimieren

 

Empathie-Altruismus Hypothese (Batson):

-Empathie empfinden begünstigt altruistisches Verhalten gegenüber Notleiden
-Empathie: auf andere Personen gerichtete Emotionale Reaktion die Gefühle wie Mitgefühl umfasst, begünstigt durch Verbundenheitsgefühl und durch Übernahme der Perspektive der notleidenden Person
àhohe Ähnlichkeit mit einer Peron = hohe Empathie helfen unabhängig von den Kosten des Nicht-Helfens, bei niedriger Empathie  nur bei hohen Kosten bei Nicht-Helfen

prosoziales Verhalten wird durch zwei unabhängige Motivationssysteme reguliert:

hedonistisch-egoistisch und empathisch-altruistisches

 

Interindividuelle Unterschiede
-prosoziale Persönlichkeit lässt sich durch hohe individuelle Ausprägungen auf zwei Merkmalsdimensionen charakterisieren (nach Penner):

 

a) Empathische Veranlagung: Tendenz einer Person in Notlagen mit Empathie zu reagieren und die Neigung sich für das Wohlergehen anderer verantwortlich zu fühlen; korreliert mit Verträglichkeit, dispositionelle Empathie, soziale Verantwortung
b) Dispositionelle Hilfsbereitschaft: Selbsteinschätzung einer Person als hilfsbereit (wesentliches Merkmal Selbstkonzept) und Wahrnehmung dass man selbst kompetent genug ist Hilfe zu leisten; korreliert mit internalen Kontrollüberzeugungen
à hängen mit Vielzahl von prosozialen Verhaltensweisen zusammen z. B. ehrenamtliches Engagement ; Einfluss der Persönlichkeit ist  nicht immer gleich stark (starke situative Einflüsse verhindern Entfaltung der Persönlichkeit)


 

Bystander-Effekt:

Je größer die Anzahl der Zeugen, die einen Notfall beobachten, desto geringer die Wahrscheinlichkeit das einer hilft.
->5 Schritte, die überwunden werden müssen:
a) Ereignis bemerken
b) Ereignis als Notfall interpretieren: Notfallsituationen bieten mehrere Interpretationsmöglichkeiten; Menschen orientieren sich wenn sie unsicher sind am Verhalten anderer (pluralistische Ignoranz: Auf informativen sozialem Einfluss beruhende kollektive Fehlinterpretation eines Notfalls als harmloses Ereignis. Alle Zeugen sind unsicher und orientieren sich an den anderen, weshalb niemand einschreitet.); fehlende Routine für Notfallsituationen
c)Verantwortung übernehmen: Je mehr Zeugen umso mehr sinkt das Gefühl verantwortlich zu sein (->Verantwortungsdiffusion: Abnahme der Verantwortung aufgrund der Anwesenheit anderer handlungsfähiger Personen)
d) Passende Hilfeleistung wählen: Mangelndes Wissen oder das Gefühl nicht kompetent zu sein verhindert einschreiten  oft
d)Entscheidung umsetzen: Motivationsprozesse, angst sich zu blamieren
->Förderung von Helfen: deutliche Rufe damit Notsituation bemerkt wird, deutlich artikulieren („ich brauche Hilfe“), Personen direkt ansprechen, selber Hilfeleistung vorschlagen
à Aktive Aufklärung hilft Hilfeverhalten zu steigern und Blockaden zu überwinden
 

-Aggression

 Intendiertes Verhalten mit dem Ziel, einem anderen zu schaden oder zu verletzen, wobei diese Lebewesen motiviert sind die Behandlung zu vermeiden
->Kontextabhängige Bewertung (z. B. Heldentat wenn jmd. geholfen wird)
-Körperliche, verbale, offene, verdeckte Aggression; Aggression zwischen Individuen und zwischen Gruppen
-Feindselige (heiße oder affektive) Aggression: resultiert aus der Empfindung negativer Emotionen, Ziel: Schädigung anderer
-Instrumentelle (kalte oder strategische) Aggression: geht mit tatsächlicher oder angedrohter körperlicher Schädigung einher

Warum verhalten sich Menschen aggressiv?
-Biologischer Ansätze

a) Vergleichende Verhaltensforschung (Ethologie): durch Primatenforschung,
aggressives Verhalten ist eher selten, kooperatives Verhalten wie Fellpflege ist vielfach häufiger, kontextabhängiges Sozialverhalten (aggressiv gegen untergeordnetes Tier, Flucht vor höherem anstatt auch aggressiv zu sein)
b) Verhaltensgenetik: signifikanter Einfluss genetischer Faktoren für aggressives Verhalten (Zwillingsstudien), hochgradig durch Sozialisationserfahrungen beeinflusst
c) Neurotransmitter –Serotonin und Testosteron: impulsive Gewalt geht oft mit niedrigem Serotoninspiegel einher, Testosteron verstärkt Aggressionsverhalten, jedoch keine klaren Belege ob dieses hinreichende Bedingungen für Entstehung von Aggressionen sind


 

Warum verhalten sich Menschen aggressiv?

Psychologische Ansätze: Frustrations-Aggressions-Hypothese (Dollard):

eine der ersten  psychologischen Ansätze zur Erklärung von aggressiven Verhalten; kausale Antezedenz;  Frustration resultiert, wenn Menschen daran gehindert werden  ein angestrebtes Ziel zu erreichen bzw. die erwartete Befriedigung ausbleibt -> Frustration erhöht Wahrscheinlichkeit für das Auftreten aggressiven Verhaltens (eine von mehreren Ursachen); Frustration ist größer, wenn man näher am erreichen des Ziels ist, wenn ein Mensch mit niedrigerem sozialen Status „zwischenfunkt“, gegen Männer
Aggressionsverschiebung: Tendenz Aggression gegenüber unbeteiligte dritte zu richten, wenn sie nicht gegenüber der ursprünglichen Quelle zum Ausdruck gebracht werden kann  (z. B. auf weniger mächtige Personen, da Sanktionsmöglichkeiten kleiner sind)

 

Warum verhalten sich Menschen aggressiv?

Psychologische Ansätze: Kognitiv-neoassoziationistische Perspektive (Berkowitz)

hier ist Frustration nur eine von vielfältigen Ursachen; negativer Affekt ist entscheidend für Auftreten von Aggression :

 

Warum verhalten sich Menschen aggressiv?

Psychologische Ansätze: Lernen

Ausgangspunkt für Erklärung des Erwerbs aggressiven Verhaltens; durch operante Konditionierung und Modellernen (Beobachtung von Personen, die aggressives Verhalten zeigen und dieses belohnt wird kann die Auftretenswahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten erhöhen)

Feindseliger Attributionsstil

Relative zeitstabile  Tendenz einer Person, die einen Schaden verursacht hat, eine feindselige oder aggressive Verhaltensabsicht zu unterstellen, auch wenn unklar ist ob diese den Schaden beabsichtigt herbeigeführt hat
->begünstigt Auftreten von aggressiven Verhalten

 

Geschlechterunterschiede Aggression

Jungen und Männer tendieren eher zu offener Aggression, Frauen und Mädchen zu verdeckter; wenn Provokation ins Spiel kommt verringern sich die Unterschiede, jedoch interpretieren Männer schneller persönliche Provokation in mehrdeutige Verhaltensweisen

Wann verhalten sich Menschen aggressiv?

 

-hohe Temperaturen und räumliche Enge erhöhen das Auftreten aggressiven Verhaltens
-Hinweisreize, die aggressives Verhalten begünstigen: Stimuli oder Objekte  die mit aggressiven Verhalten assoziiert werden z. B. Waffen, da sie die Interpretation negativen Affekts im Sinne von Ärger/Aggression begünstigen, selbst als „Prime“ für aggressionsbezogene oder motorische Schemata fungieren und als Info über vorherrschende soziale Norm interpretiert werden können
-Medien: Konsum von Gewaltdarstellungen erhöht Wahrscheinlichkeit, sowohl kurz- als auch langfristig; größere Auswirkungen auf Personen die von vornerein zu aggressivem Verhalten neigen, wirkt sich mehr auf Jungen als auf Mädchen aus
a) Modellernen: Großteil der Aggressionen der Medien bleibt unbestraft
b) Verfügbarkeit: chronische Verfügbarkeit aggressiver Gedanken
c) soziale Normen: Medien vermitteln, das Aggression und Gewalt gesellschaftlich akzeptiert wird, soziale Normen verändern sich
d) Abstumpfung: Verprügeln wirkt wie Bagatelle bei den Bildern der Gewalt der Medien
e) Feindseliger Attributionsstil: überproportional häufige Darstellung führt zur Sichtweise, dass die Welt ein gefährlicher Ort ist

Prävention und Reduktion von Aggression: Ebenen

Individuum, soziales System, organisatorischer und gesellschaftlicher Kontext

 

Prävention und Reduktion von Aggression

-Entschuldigungen um Umwandlung von Frustration in Aggression vorzubeugen: müssen ernst gemeint sein und je schwerwiegender die Frustration, desto umfangreicher muss die Entschuldigung sein

-nachhaltige Bestrafung (zur Reduktion der Aftretenswahrscheinlichtkeit): Strafe muss hinreichend unangenehm sein, auf das Verhalten folgen, unmittelbar nachvollziehbar sein, Zielperson muss alternative und soziale akzeptierte Handlung sehen, die nicht zur Bestrafung geführt hätte
à das Unterlassen sollte nicht nur auf die Strafe (externale Gründe) attribuiert werden sondern auch auf innere Faktoren um die zukünftige Attraktivität der Handlung zu reduzieren („das Verhalten macht mir gar keinen Spaß“)


 

Kompetenzen zur effektiven Ärgerregulation

a) Erkennen von situativen Auslösern für Ärger
b) Einüben von Selbstverbalisationen um die Situation neu zu bewerten
c) Erwerb der Kompetenz mit Kritik und Wut umzugehen und Kompromisse zu schließen
d) gezielter Einsatz von alternativen Verhaltensreaktionen
à Grundlage hierfür ist die Einsicht, dass aggressives Verhalten mit mangelnder Impulskontrolle einhergeht