Klinische Psychologie
Vorlesung Klinische Psychologie Uni Fribourg
Vorlesung Klinische Psychologie Uni Fribourg
Set of flashcards Details
Flashcards | 61 |
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Students | 13 |
Language | Deutsch |
Category | Psychology |
Level | University |
Created / Updated | 09.04.2015 / 23.02.2023 |
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Was beinhaltet klinische Psychologie?
Psychopathologie (=Lehre der psychischen Störungen und ihren Erscheinungsbildern)
Psychodiagnostik (=Erfassung psychischer Phänomene, Probleme, Störungen)
Psychologische Intervention und Therapie (=Therapie=Gruppe von Interventionen)
Psychosoziales Gesundheitswesen (Prävention, Reha)
Mit was beschäftigt sich klinische Psychologie?
mit aussergewöhnlichen psychischen Zuständen
mit psychischen Störungen
mit den psychischen Anteilen körperlicher Krankheiten
In der klinischen Psychologie will man Phänomene....
- beschreiben
- erfassen
- erklären
- behandeln
Definition Gesundheit:
Gesundheit ist ein Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.
Vorteile von Klassifikationssystemen:
- Kommunikation (einheitlich)
- Organisation und Reduktion von Infos
- Ökonomische Infoverarbeitung
- Grundlage für Wissenserweiterung (Praxis, Forschung)
- Handlungsanleitung für Diagnostik und Therapie
Nachteile von Klassifikationssystemen:
- Infoverlust durch Etiketten (abstempelung, diagnose wird nicht mehr hinterfragt)
- Gefahr von Verwechslung von Deskription und Erklärung
- Typologien können zugrundeliegende Dimensionen verschleiern (1Störung überschattet andere)
- Gefahr dass Patienten abgestempelt werden und Diagnose nicht revidiert wird, alle weiteren Untersuchungen nur unter "Licht" dieser Störung durchgeführt.
Hauptursachen unreliabler und unvalider Diagnosen:
- Schilderung durch Patient ist ungenau
- Klassifikationssystem
- Erfassung durch Diagnostiker (Bestätigungsdiagnostik, Komorbidität)
Rosenhahn Studie:
Wie lange bleibt gesunder Mensch in Psychiatrie unerkannt?
unterstreicht Relevanz von personenunabhängiger Diagnostik und strukturierten, standardisierten Diagnostik..!
Deskriptive Epidemiologie:
Versucht, die Häufigkeit und den natürlichen Verlauf von Erkrankungen in der Allgemeinbevölkerung (und ihren verschiednen Gruppen) einzuschätzen.
Analytische Epidemiologie:
Will Zusammenhänge zu
- risikoerhöhenden
- auslösenden
- aufrechterhaltenden
- protektiven
Faktoren ermitteln
Pro und Contra Epidemiologischer Forschung:
PRO:
- Vorhersagen wer / wie viel an welcher Störung leidet, Krankheitsverlauf
CONTRA:
- Selektionseffekte der Stichproben
- Golden Standard zwischen Spezifität und Sensibilität
Psychische Störung bei Kindern/Jugendlichen:
- ca 20% in CH
- Angststörungen (ab 11J) am häufigsten, dann ADHS
- Bei mehr als 50% bleiben psychische Störungen mit zunehmendem Alter
Definition Ätiologie:
Theorien und Annahmen zur Entstehung der wichtigsten Formen abweichenden Verhaltens bzw. psychischer Störungen.
Wen betrifft das Erleben psychischer Störungen?
- Psychische Belastung = zentraler Indikator für psychische Gesundheit/Krankheit
- Frauen grössere psychische Belastung
- Grosser Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen und körperlichen Beschwerden
- Vertrauenspersonen sind grosser Schutzfaktor
- Bildung (höheres Einkommen) schützt ebenfalls vor psychischen Belastungen
Geschichte psychischer Störungen:
- Mittelalter: religiös-magische Krankheitsauffassung
- 1 hälfte des 20JH: Psychoanalytische Krankheitskonzeption (Freud) & soziologische Krankheitsmodelle
- 2 hälfte des 20JH: Lerntheoretisch begründete Krankheiten (Mewer), moderne Neurowissenschaften, Biopsychosoziales Krankheitsmodell (drei Kreise ineinander)
Medizinisches Modell:
- Krankheit ist qualitativ verschieden von Gesundheit
- jede Krankheit hat spezifische Ursache, spezifischen Verlauf und spezifischen Endzustand (monokausal)
- "Gleiche Primärsymptome führen zu gleichen Krankheiten"
- keine Eigenverantwortlichkeit des Patienten
- Akzent auf Therapie statt Prävention (negativpunkt)
Risiken des medizinischen Modells:
- monokausal
- Eigenverantwortlichkeit könnte mehr angesprochen werden
- mehr Prävention als Therapie
- Geisteskrank als negativer Begriff
psychische Störung laut DSM:
- Klinisches, auffallendes Verhalten, psychisches Syndrom oder Merkmalmuster einer Person, geht einher mit als unangenehm erlebten Symptomen (Beschwerden) oder Leistungseinbussen.
- Verhaltensmässige, psychische oder biologische Dysfunktion
- nicht ein psychisch Kranker, sondern eine Person mit psychischer Krankheit
Ursachen für den Anstieg psychischer Gesamtmorbidität:
Veränderung der sozialen Rahmenbedingungen und Strukturen:
- Arbeitswelt
- traditionelle Familienstrukturen lösen sich auf
- multikulti Gesellschaftsformen
- demographische Entwicklung: zunehmende Alterung der Bevölkerung
Medizinische Faktioren und Gesundheitsbewusstsein:
- verbesserte Diagnostik: Früherkennung und Therapie
- stärkere Bedeutung der Prävention und Nachsorge
- mehr Infos --> sinkende Stigmatisierung
- Zunahme der Leistungsanbieter (Psychiatrie)
Fehler bei klinischer Urteilsbildung:
- Verzerrung, Selbsttäuschung und empirische Psychologie
- Überschätzung beständiger und Abwertung widersprechender Fakten
- Kliniker erwarten und finden, Erfahrungen spielen grosse Rolle, selbsterfüllende Prophezeihung
- ausgebildete Kliniker haben mehr Vorurteile, sind stärker beeinflussbar
Auswirkungen von Stigmatisierungen:
- Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls
- Soziale Isolation
- Arbeitslosigkeit
- Armut
--> führt zu weiteren psychischen Problemen und Rückfällen.
Klassifikation
Ziele von DSM (Diagnostisches und Statistisches Manaual psychischer Störungen):
- Brauchbar für Therapie und Administration unter verschiedenen klinischen Bedingungen
- hinreichende Reliabilität
- Annehmbar für Praktiker und Forscher
- Brauchbar für Kennzeichnung von Probanden in Forschungsstudien
Merkmale von DSM-III und IDC-10:
- Deskriptiver Ansatz
- klassifikation von Störungen nicht individuuen
- Einführung spezifischer, inhaltlicher und zeitlicher Diagnosekriterien
- Konzept der Multiaxialität (DSM) (5 Achsen - Klinisch relevante Infos werden auf 5 Achsen berücksichtigt)
- 1 Klinische Störungen
- 2 Persönlichkeitsstörungen, geistige Behinderung
- 3 Medizinische Krankheitsfaktoren
- 4 Psychosoz & umgebungsbedingte Probleme
- 5 Globale Beurteilung des Funktionsniveaus
Aufbau der DSM - Diagnosekriterien:
- Kriterium A: Hauptmerkmal der Störung
- Weitere Kriterien zur Störung
- Klinisch bedeutsamer Leidensdruck / Beeinträchtigung
Kategorien des DSM-IV:
- Demenz, andere Kognitive Störungen
- Schizophrenie und andere Psychotische Störungen
- Affektive Störungen
- Angststörungen
- Somatoforme Störungen
- Vorgetäuschte Störungen
- Sexuelle und Geschlechtsidentitätsstörungen
- Esstörungen
- Schlafstörungen
- Anpassungsstörungen
- Persönlichkeitsstörungen (Boarderline)
Wissenschaftsverständnis der modernen Klinischen Psychologie:
- Suche nach Gesetzmässigkeiten
- Beobachtbarkeit
- Operationalisierbarkeit
- Empirische Testbarkeit
- Leitbild = Experiment
Aufgabenbereiche der Forschung zu psychischen Störungen:
- Deskription
- Epidemiologie (Lehre der Verbreitung)
- Ätiologie (Ursachen, Entstehung)
- Therapie und Prävention
Epidemiologie TAKE HOME:
- Nur wenige Menschen mit psychischer Störung erhalten Zugang zu Behandlung
- Zugang meist verzögert (Arbeitsunfähigkeit - imense Kosten)
- Qualität der Behandlung entspricht nicht den aktuellen Kenntnissen und nicht den geforderten Standarts
Wichtigste epidemiologische Messzahlen:
- Morbidität (=Erkrankungsrate)
- Mortalität (=Sterberate)
- Prävalenz(=Bestandsrate): über Leben hinweg oder zu bestimmtem Zeitpunkt
- Inzidenz (=Neuerkrankunsrate)
- Relatives Risiko
- Odds Ratio: Faktor um den bei Exposition Erkrankungswahrscheinlichkeit steigt.
- Absolutes Ratio: Differenz Erkrankungsrisiko von exponierten und nicht exponierten Personen
- Bevölkerungsbezogenes Risiko
Spezifität:
Test erkennt Gesunde als gesund
Sensitivität:
Test erkennt Erkrankte als krank
(Guter Test hat mittlere Sensitivität und Spezifität = am wenigsten falsch identifizierte)
Epidemiologie psychischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen:
- 20% weltweit
- Komorbidität sehr häufig (Angststörungen =Vorboten der Depression)
- hohe Stabilität/Persistenz über alle Altersstufen
- bei 40-60% bleibt Störung bestehen
- Erstmanifestation: 50% aller Lebenszeitdiagnosen haben im Alter von 14J begonnen --> Intervention nötig!!!
Entstehung psychischer Störungen:
Psychoanalytische Theorie (Psychoanalyse)
Grundbegriffe:
- Libido und Triebe
- Psychosexuelle Entwicklung
- Strukturtheorie (Es, ich, über-ich)
- Hypnose, Traumdeutung
Kritik zu Freuds Psychoanalyse:
- Ungenügende Methodik
- mangelnde Überprüfbarkeit
- Willkürlichkeit der Deutung
- übermässige Verallgemeinerung (Freud hatte nur wenig Patienten)
Entstehung psychischer Störungen:
Lerntheoretische Vorstellung
- Es entstehen Konflikte duch Gegensätze zwischen inneren und äusseren Bedingungen
- zb Interessens-, Entscheidungs- oder zwischenmenschlicher Konflikt
- Konflikte entstehen durch gleichzeitige Annäherung und Vermeidung
Konditionierung
- Klassische Konditionierung (Albert)
- Vermeidungsverhalten erhöht Angstintensität
Soziales Lernen:
- Verschiedene Lernmechanismen (kl.Konditionierung, op.Konditionierung. Modelllernen, Lernen sozialer Regeln)
Pro: Überprüfbarkeit, Dimensionalität, effektive Therapieverfahren
Contra: Störungen nur schwer auf konkrete Lernerfahrungen zurückzuführen.
Entstehung psychischer Störungen:
Kognitive Ansätze:
- Mensch = aktives, infoverarbeitendes Wesen
- stetiger Infofluss
- verschiedene Verarbeitungs und Speicherungsstufen
- Störungen der Infoverarbeitung als Ursachen psychischer Störungen
- Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Bewertung, Attribution
Entstehung psychischer Störungen:
Denkfehler:
- Personifizierung
- Selektive Abstraktion
- Wunschdenken
- Schwarz-Weiss-Denken
Entstehung psychischer Störungen:
Kommunikationstheorien:
- Grundschema: Sprecher --> Zuhörer (kodieren, dekodieren)
Modelle zur Äthiologie psychischer Störungen: (ZF)
- Psychoanalytische Theorie (Freud, erste 5 Jahre entscheidend)
- Lerntheorien und kognitive Ansätze
- Kommunikationstheorien
- aktuelle Modellvorstellungen: Drei-Faktoren-Modelle
Definition Prävention:
- Massnahmen zur Vorbeugung und Verhinderung von unerwünschten psychischen und physischen Störungen
- Erhalt von Gesundheit und Wohlbefinden
- setzt vor Störungsbeginn ein
- Ziel: Verminderung der Inzidenz
Präventionsarten:
- Primärprävention: Massnahmen vor Störungsbeginn
- Sekundärprävention: Massnahmen während Störungsbeginn
- Tertiärprävention: Massnahmen nach Störungsbeginn
Bessere Begriffe: Prävention, Frühinterventation, Therapie, Reha