Humangeographie I, Teil 1, Einführung, HS 2013

Begriffe für die Abschlussprüfung GEO 112 Humangeographie I an der Uni Zürich

Begriffe für die Abschlussprüfung GEO 112 Humangeographie I an der Uni Zürich

Andri Zehnder

Andri Zehnder

Kartei Details

Karten 45
Lernende 23
Sprache Deutsch
Kategorie Geographie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 28.10.2013 / 14.04.2023
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Was ist Geographie?

Spurensuche im Lichthof

„Die Geographie untersucht Natur und Gesellschaft mit dem Ziel, räumliche Systeme und Prozesse zu erklären“ 

Was ist Geographie? (2)

MaturandInneninformation der MNF (2013)

„One Earth – Many Worlds”

• Die Menschen werden immer mobiler. Ihre Lebenswelten verbinden weit entfernte Orte und gestalten die Verhältnisse aufunserer Erde neu. Globaler Wandel, Neoliberalisierung, virtuelle Welten, Umweltveränderungen, Urbanisierung – die Geographie eröffnet einen umfassenden Blick auf die Chancen und die Grenzen der Globalisierung.

Was ist Geographie?

Uni Zürich

  • ... stellt die Menschen in der heutigen globalisierten Welt in den Mittelpunkt und untersucht die Auswirkungen ihres Handeln auf die natürliche wie soziale Umwelt. Sie analysiert, wie verschiedene Bevölkerungs- gruppen Veränderungsprozesse und Entwicklung beeinflussen, und wie dabei entstehende Interessenkonflikte nachhaltig gelöst werden können. 

Was ist Geograpie?

Andri Zehnder

Geographie ist die Wissenschaft der ganzheitlichen "Erde". Sie untersucht die Zusammenhänge und Unterschiede in der physischen und humanen Umwelt.

Warum studiere ich (Andri Zehnder) Geographie?

Ich sehe mich als Weltenbürger. Ich habe mich schon immer für meine Umwelt und deren Prozesse, vor allem in der Natur interessiert. Ich möchte diese besser verstehen lernen.

Raum / space

eine Ausdehnung oder ein Ausschnitt der Erdoberfläche („objektive Struktur“) 

Lage / Standort / location (2)

  • von Punkten (Individuen, Bauten, Städten und anderen Merkmalen) auf der Erdoberfläche (bzw. im Raum) lässt sich durch Koordinaten oder Gradzahlen angeben und auf der Karte festhalten

  • die relative Lage eines Merkmals zu einem anderen (günstiger oder ungünstiger, Industrie-, Dienstleistungs- .... Standort)

 

Ort / Örtlichkeit / place

ein Standort wird zum Ort, wenn ihm bestimmte Werte und Eigenschaften zugeschrieben werden 

Absolute Lage

Ermittlung der genauen Lage

(z.B. Angabe durch Koordinaten)

Relative Lage (3)

– zu was oder zu wem?
1) Forschungsfrage (z.B. nach welchen Regeln wählen Menschen ihren Lagerplatz am Strand aus?) ⇒ Theorie

2) Basierend auf einer Theorie (nach welchen Regeln Menschen ihren Lagerplatz am Strand auswählen) wird eine Annahme (Hypothese) formuliert

3) Hypothese wird durch den empirischen Beweis verifiziert oder falsifiziert (empirischer Beweis).

 

Veränderungen in Raum und Zeit (5)

  • Photographie ist eine Momentaufnahme

  • Karten zeigen nur einen Moment, eine Situation

  • Sie sind statisch, das wirkliche “Strandleben” jedoch ist dynamisch

  • Wiederholungsaufnahme zu einer anderen Zeit, ergibt ein anderes Bild

⇒ Geographische Forschung hat einen Zeitbezug!

 

Räumliche Diffusion

Ausbreitungs- oder Verteilungsprozess über ein Gebiet der Erdoberfläche

Käfig von Raum und Zeit (2)

  • Raum und Zeit
    bilden das Rahmenwerk eines Käfigs, innerhalb dessen sich menschliches Leben und Handeln abspielt

  • Aus diesem
    Raum-Zeitrahmen kommt niemand heraus!

 

Arbeitsdefinition Umwelt: 

 

Summe aller Faktoren, die eine Person an einem beliebigen Punkt der Erdoberfläche umgeben

 

Räumliche Korrelation

  • Untersuchungen von zwei oder mehreren geographischen Verteilungen über ein und dasselbe Gebiet

z.B. hohe Werte der Bevölkerungsdichte in einem Gebiet entsprechen hohen Werten der Umweltqualität oder umgekehrt 

positive Korrelation

Die Faktoren verhalten sich gleich

z.B. hat es dichtere Bevölkerung, da dort auch grössere Lebensqualität

negative Korrelation

Die Faktoren verhalten sich entgegengesetzt.

z.B. Besucherdichte ⧧Umweltqualität

keine Korrelation

Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Faktoren.

z.B. hat Besucherdichte nichts mit Lebensqualität zu tun.

Scheinkorrelation!

Es ist notwendig, ein plausibles, logisches Konzept – eine Theorie – als Ausgangsbasis zu haben, denn räumliche Korrelation ist ein Indiz, aber kein Beweis für einen Kausalzusammenhang

Die zwei Seiten der „Beziehung“ zwischen Mensch und physisch materielle Realität (2)

  • Wie wirken sich physisch-materielle Gegebenheiten auf die Menschen aus?
  • Auf welche Weise und mit welchen Ergebnissen beeinflussen Menschen die physisch-materielle Realität?

 

 

Place (Cresswell 2004:7)

a meaningful location

Sense of place: 

subjektive, emotionale Beziehung zu einer Örtlichkeit

 

Wie ist Raum/space produziert/konstruiert?

sozial, ökonomisch, politisch

Räumliche Ordnung oder Regionalisierung (3)

  • Lässt sich der von uns untersuchte Raum gliedern, d.h. regionalisieren?

  • Lassen sich bestimmte Regionen bestimmen, und zwar aufgrund bestimmter, wesentlicher Eigenschaften?

  • Zur Regionsbildung gehört die Ziehung von Grenzen, der Abgrenzung nach aussen und der Konstruktion einer inneren Homogenität

Regionalisierung (4)  

  • Wissenschaftliches Verfahren zur räumlichen Gliederung

  • Klassifikation räumlicher Einheiten

  • Regionen sind die Ergebnisse dieser Klassifikationen

aber auch

eine räumliche Gliederung, die aus dem alltäglichem Handeln von Menschen entseht

Räumliche Gliederung, die aus dem alltäglichem Handeln von Menschen entsteht

Beispiel: Konsumation von Wohnraum (Werlen 1997)

(3)

 

  • Wohnung und Wohnort als Ausdruck eines Lebensstils

  • Zugang zu Wohnraum geregelt über Verhältnis von Marktsituation sowie Ressourcen und Präferenzen von Individuen

  • Räumliche Ordnung von Wohnstandorten nach Einkommens- und Sozialstatus ihrer BewohnerInnen

 

Massstab - Betrachtungsebenen (4)

  • Mikroebene (z.B. Haushalt, lokal)

  • Mesoebene (z.B. Stadt, Staat, regional)

  • Makroebene (z.B. globales Städtesystem, global)

  • Multiskalige Ansätze 

 

Ziel von Wissenschaft (allgemein) (3)

  • Neues Wissen, neue Erkenntnisse generieren

  • Belegen (Evidenz) dieser Erkenntnisse

  • Aussagen treffen, die in ihrer Gültigkeit über den Einzelfall hinausgehen (=generalisieren)

 

Ausgangspunkt wissenschaftlicher Erkenntnis (4)

  • Was ist Wirklichkeit?

  • Was können wir erkennen, wissen?

  • Mit welchen Mitteln kommen wir zu Erkenntnis? (Methode)

  • Diese erkenntnistheoretischen Grundpositionen bestimmen den Zugang zum Forschungsgegenstand, die Theorie und Methodik (versch. Konzepte)

 

Weche Diskussion verbirgt sich hinter der Formel der Wissenschaft?

Welche konkreten Methoden und Techniken werden bei ihren Untersuchungen von Natur und Gesellschaft verwendet.

Wie definiert Schwemmer (1981) Wissenschaft? (4)

1. Erklären

2. Beschreiben

3. Verstehen

4. Begreifen

Was ist Wirklichkeit? (3)

Realismus (Aristoteles)

• Es existiert eine (sinnlich) erfahrbare Wirklichkeit –> empirische Erkenntnisse tragen zum besseren Verständnis der Wirklichkeit bei.

Idealismus (Platon)

• Ideen existieren unabhängig vom denkenden Subjekt. Sie werden nicht durch das Denken geschaffen, sondern im Denken erkannt.

Konstruktivismus

• Die Wirklichkeit wird ganz (= radikaler Konstruktivismus) oder teilweise durch kognitive Prozesse geschaffen.

• Gemässigte Formen des Konstruktivismus gehen davon aus, dass die für uns relevante Wirklichkeit erst im Wahrnehmen, Denken, Sprechen und durch menschliche Interaktionen geschaffen wird, aber in systematischer Art und Weise mit einer vom Subjekt unabhängigen Welt korrespondiert.

 

Was können wir wissen?

Sinneserfahrung oder Reflexion?

 

Sinneserfahrung: Empirie

Erkenntnisse durch sinnliche Wahrnehmungen (z.B. systematische Beobachtungen, verallgemeinert)

Reflexion: Rationale Erkenntnis

Erkenntnisse durch vertieftes Nachdenken und logisches Schliessen (z.B. Relativitätstheorie)

Kants „Kritik der reinen Vernunft“: Überwindung des Gegensatzes

- Wahrnehmung und Verstand bedingen und durchdringen sich gegenseitig

- Sinneserfahrung und Reflexion

 

Wissenschaftliche Theorie (2)

  • Versucht, bestimmte Sachverhalte oder Erscheinungen zu erklären und die ihnen zugrunde liegenden Gesetzmässigkeiten zu erfassen

  • Erklären heisst, eine kausale und logische Begründung für ein Phänomen finden, einen empirischen Nachweis zu erbringen

 

Modell (4)

  • Muster, Vorbild (Modellschule, Modell sitzen)

  • Entwurf, Nachbildung im kleinen Massstab (Modelleisenbahn)

  • Typ (Automodell)

  • Mannequin

 

Wissenschaftliches Modell (5)

  • Idealisierte Abbildung der (meist sehr komplexen) Realität

  • Formales Abbild des Verknüpfungssystems zwischen Sachverhalten

  • Kann Basis für Hypothesen sein

  • Kann dazu dienen, bestimmte Sachverhalte, Ergebnisse einer Untersuchung, vereinfacht und anschaulich darzustellen

⇒Beispiel: Topographische Karten sind Modelle der Erdoberfläche, die einen Erdausschnitt verkleinern

  • Modellbildung ist nicht zwangsläufig mit “Verkleinerung” verknüpft

 

Modellbau im Dreistufensystem zunehmender Abstraktion (6)

Siehe Bild

Methodik (3)

  • quantitativ – standardisierte Datenerhebungsmethoden und mathematisch-statistische Analysen

  • qualitativ – Interview, Beobachtung, partizipative Methoden und Text-/ Diskursanalyse

  • Kombination

 

Paradigma

Wissenschaftliche Denkweise (2)

 

  • “Ein Paradigma ist das, was den Mitgliedern einer wissenschaftlichen Gemeinschaft gemeinsam ist, und umgekehrt besteht eine wissenschaftliche Gemeinschaft aus Menschen, die ein Paradigma teilen" (Kuhn 1962).

  • Paradigmenwechsel: die Ablösung eines Paradigmas durch ein neues durch grundlegende, sprunghafte Veränderungen in der Sichtweise darüber, wie wissenschaftliche Erkenntnis im Forschungsprozess herbeigeführt wird. (z.B. Klimawandel)

 

In der Geographie: Paradigmenpluralismus...(2)

• ...einerseits aufgrund ihres Wesens als Brückenwissenschaft zwischen Natur- und Geisteswissenschaften, andererseits durch die historische Entwicklung von unterschiedlichen „paradigmatischen Strömungen“ in der Sozialgeographie

• Paradigmen sind nicht Konkurrenten sondern vielmehr Komplementatoren, was den Paradigmenpluralismus zu einerStärke der Geographie macht (Weichhart 1999)