Finanzwissenschaft

3. Steuertechnik und Tariflehre

3. Steuertechnik und Tariflehre


Kartei Details

Karten 23
Sprache Deutsch
Kategorie Finanzen
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 20.05.2015 / 15.01.2020
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Mengensteuer (unit tax)

- Bemessungsgrundlage: Stück, Liter, Kilogramm etc. 

- EUR pro Stück, pro Liter, pro Kilogramm

Wertsteuer (ad valorem tax)

- Bemessungsgrundlage: Umsatz, Einkommen, Zollwert etc.

- Prozentuale Aufschläge auf Umsatz, Einkommen, Zollwert etc.

-> Wahrnehmungsschwäche begünstigt Wertsteuern

Menschliche Wahrnehmung auf Änderungen konzentriert

Bsp: Aufkommen proportionaler Wertsteuer steigt automtisch um 5%. Um Aufkommen von Mengensteuer auch um 5% steigen zu lassen, ist aktive Erhöhung der Mengensteuer um 5% notwendig, was jedoch als Steuererhöhungspolitik wahrgenommen werden würde

--> Immer mehr Wert-, immer weniger Mengensteuer

Kalte Progression

- Überproportionaler Anstieg des Steueraufkommens bei Anstieg des Nominaleinkommens im Falle der progressiven ESt (Wertsteuer)

- Steuermehrbelastung ohne Realeinkommensanstieg

- "Steuersenkungen" können regelmäßig angekündigt werden, die lediglich durch "kalte Progression" erzielte Mehreinnahmen nachlassen

Bruttowertsteuern vs. Nettowertsteuern

Bruttowertsteuer: Steuer von Bemessungsgrundlage abgezogen (Bsp. ESt)

p = q(1-r)

Nettowertsteuer: Steuer zu Bemessungsgrundlage hinzugerechnet

q = p(1+µ)

q : Bruttobetrag; r : Steuersatz der Bruttowertsteuer

p : Nettobetrag; µ : Steuersatz der Nettowertsteuer

q - p : Steuerbetrag

Umrechnungsformel:

µ = r / (1-r)            r = µ / (1+µ)

Effektivsteuersatz

Verhältnis von Steuerbetrag und Bruttobetrag, also

(q - p) / q

-> Anteil des Werts, der dem Steuerpflichtigen entzogen wird

Effektivsteuersatz einer Bruttowertsteuer:

(q - p) / q = [ q - q (1 - r)] / q = r

Effektivsteuersatz einer Nettowertsteuer:

(q - p) / q = [ p (1 + µ) - p] / p(1 + µ)

Tarif

Steuerschuld als Funktion der Bemessungsgrundlage T(y)

Grenzsteuersatz

Verhältnis von zusätzlicher Steuer und einem Zuwachs der Bemessungsgrundlage

T'(y) = dT(y) / dy 

Durchschnittssteuersatz

Verhältnis von Steuerbetrag und Bemessungsgrundlage

t(y) = T(y) / y

Proportionaler Tarif

Grenz- und Durchschnittssteuersatz sind kosntant

T(y) = ty

--> T '(y) = t(y) = t

Linearer Tarif

Durchschnittssteuersatz steigt mit steigender Bemessungsgrundlage, wenn b > 0

T(y) = ty - b

T '(y) = t ; t(y) = t - b/y

Linearer Tarif mit Freibetrag

T(y) = max { ty - b, 0}

Linearer Tarif mit Freigrenze

T(y) = ty   falls y > b

T(y) = 0    falls sonst

Über Freigrenze gesamte (!) Bemessungsgrundlage besteuert

T '(y) = t    falls y > b

T '(y) = 0   falls y (kleinergleich) b

Progression

Steuertarif ist progressiv (Proportional/regressiv) wenn der Durchschnittssteuersatz mit steigendem Einkommen wächst (konstant bleibt/ fällt)

t '(y) > 0

--> Tarif ist progressiv, wenn Grenzsteuersatz über Durchschnittssteuersatz liegt

Direkte Progression

Steigender Grenzsteuersatz T ''(y) > 0

Wenn Steuertarif konvex ist, ist er progressiv

indirekte Progression

Steigender Durchschnittssteuersatz bei nicht zunehmendem Grenzsteuersatz

zB beim linearen Tarif (mit und ohne Freibetrag)

T(y) = ty - b;  T(y) = max { ty - b,0 }

Konvexitätsgrad

Zunahme des Grenzsteuersatzes

T ''(y)

Progressionsgrad

Zunahme des Durchschnittssteuersatzes

t '(y)

Aufkommenselastizität

a(y) = (dT/T) / (dy/y) = (dT/dy) * (y/T)

Wie seigt das Steueraufkommen (in %) an, wenn die Bemessungsgrundlage um 1% steigt?

--> Aufkommenselastisch, wenn a(y) > 1

--> Aufkommensunelastisch, wenn a(y) < 1

 - Progressive Tarife sind aufkommenselastisch, wegen

     T '(y) [y/T(y)] > 1 ⇔ T '(y) > [T(y)/y]

- Aufkommenselastizität variiert i.d.R. mit y (lokale Eigenschaft

--> Ausnahme: Iso-aufkommenselastischer Tarif

   a(y) = µ  für alle y ; nur Tarife der Form T(y) = ty^µ

Residualelastizität

Gibt an, um wie viel Prozent das Nettoeinkommen steigt, wenn das Bruttoeinkommen um % ansteigt

p(y) = (dx/x) / (dy/y) = (dx/dy) * (y/x)

mit Residuum x(y) = y - T(y) [bei ESt ist x Nettoeinkommen]

--> bei progressivem Tarif: p(y) < 1

--> bei proportionalem Tarif: p(y) = 1

--> bei regressivem Tarif: p(y) > 1

- Iso-residualelastischer Tarif:

p(y) = p für alle y ; nur Tarife der Form T(y) = y - ty^p

Lorenzkurve

Sei x = (x^1, x^2, ... , x^H) eine geordnete Einkommensverteilung, die jedem Konsumenten h =1, ... ,H ein Nettoeinkommen x^h zuordnet. Dann heißt die durch

L ( i/H) = (i summe h=1 x^h) / (H summe h=1 x^h) für i = 1,...,H

definierte Funktion Lorenzkurve.

Sie gibt an, welchen Prozentsatz des gesamten Nettoeinkommens die ärmsten 100 i/H Prozent der Einkommensbezieher erhalten.

--> Gilt für zwei geordnete Einkommensverteilungen x1, x2 und die zugehörigen Lorenzkurven L1,L2 überall L1 (größer-gleich) L2 , dann heißt die Einkommensverteilung x1 lorenz-dominant gegenüber der Einkommensverteilung x2

Satz von Jakobson

Gegeben sei eine Verteilung y der Bruttoeinkommen und zwei Steuertarife T1, T2 mit x1, x2 als den zugehörigen Verteilungen der Nettoeinkommen. Hat der erste Tarif überall eine geringere Reidualelastizität als der zweite, dann ist die Nettoeinkommensverteilung x1 lorenz-dominant gegenüber x2

Implikation:

Will Gesetzgeber größere Gleichheit der Nettoeinkommensverteilung erreichen, dann sollte er einen Tarif mit geringer Residualelastizität wählen, nicht einen Tarif mit höherer Auskommenselastizität oder mit steileren Anstieg des Grenz- oder Durchschnittssteuersatzes

Gini - Koeffizient

G = (Fläche zwischen Lorenzkurve und Diagonale) /  (Fläche unterhalb der Diagonalen)

G = 0 --> Völlige Gleichheit der Einkommen

G = 1 --> Völlige Ungleichheit der Einkommen (1 Individuum bezieht gesamtes Einkommen, alle anderen nichts)

 

 

Effektive Progression

Effektive Progression als globales Progressionsmaß, das die Umverteilungswirkung des Tarifs in Abhängigkeit von der Einkommensverteilung abbildet :

               Effektive Progression = (1-Gx) / (1-Gy)

--> Effektive Progression > 1 bei Progressivsteuer (Gx < Gy)

--> Effektive Progression < 1 bei Regressivsteuer