FEP05 4.1.3 Allgemeine Struktur und Ziele von Beratungsgesprächen
4 Beratungsgespräche führen 4.1 Allgemeine Grundlagen von Beratungsgesprächen
4 Beratungsgespräche führen 4.1 Allgemeine Grundlagen von Beratungsgesprächen
Fichier Détails
Cartes-fiches | 11 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Médecine/Pharmacie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 25.04.2014 / 14.01.2016 |
Lien de web |
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Ein Beratungsgespräch besteht aus zwei Phasen
In der ersten Phase versucht die beratende
Person, durch behutsames Fragen das Problem der ratsuchenden Person genau zu erkunden
und zu erkennen. Denn erst wenn das Problem exakt beschrieben und offenkundig ist, kann
sie problembezogen beraten.
Nicht selten ist der ratsuchenden Person das eigene Problem selbst unklar und in den Ursachen
nicht bewusst. Insofern ist die erste Phase der Problemerkundung auch für die ratsuchende
Person unter Umständen ein klärender Prozess. Auch kann es z.B
bei stark personenbezogenen
Beratungssituationen vorkommen, dass ratsuchende Personen bewusst oder
unbewusst vortäuschend ein Problem angeben, dessen eigentliche Ursache in einem ganz
anderen Bereich wurzelt.
Finanzprobleme können durch die Ehe, den Alkohol, durch einen luxuriösen Lebensstil verursacht
sein; das eigentliche Problem zu nennen, schämen sich manchmal ratsuchende Personen;
deshalb muss die beratende Person beim erkundenden Fragen
verständnisvoll vorgehen.
Das aktive Zuhören, mit welchem wir uns bereits in Kapitel 4 beschäftigt haben, könnte
hier leicht einen Zugang zu den tiefer liegenden Problemen ermöglichen.
Damit die Beratung nicht ins Leere läuft, ist in der ersten Phase das Problem mit den Ursachen,
eingebettet und verzahnt in die jeweilige Lebenssituation der ratsuchenden Person,
durch Nachfragen aufzuhellen. Das Nachfragen muss besonders bei personenbezogenen Beratungsgesprächen
behutsam geschehen. Manchmal klärt sich durch die Fragen der beratenden
Person das Problem auch
für den Ratsuchenden von selbst dadurch, dass er die Ursache
erkannt hat, und nun sein Problem selbst lösen kann.
Ist mit der ersten Phase das Ziel nicht erreicht, beginnt die zweite Phase des Beratungsgesprächs.
Die beratende Person, vor allem in den stärker sachbezogenen Beratungsgesprächen,
ist gefordert, die zur Problemlösung und Entscheidungsfindung notwendigen Informationen
der ratsuchenden Person verständlich zu vermitteln. Dabei ist vordringlich darauf
zu achten, dass
die ratsuchende Person die Informationen annimmt und versteht. Das bedeutet,
dass die beratende Person die ratsuchende nicht mit ihren Informationen überfüttert,
„totredet“ und dadurch eher verwirrt, sowie verunsichert. Hilfreich für die gegenseitige Verständigung
in einem Beratungsgespräch ist, eine verständliche Sprache zu wählen, die Menge
der Informationen zu dosieren und sie logisch gegliedert vorzubringen.
Die während der Beratung gegebenen Informationen sollen nur zwei Funktionen erfüllen:
1. Zunächst stecken sie den Spielraum der Entscheidung ab, der sich durch die individuelle
Lebenssituation, durch gesetzliche Bestimmungen oder aus der Natur der Sachlage ergibt.
So ist durch die gegenwärtige Lage auf dem Arbeitsmarkt für einen 55-jährigen
Mitarbeiter, dem seine Arbeit seit der Versetzung in eine andere Abteilung keine Freude
mehr macht, der Spielraum der Entscheidungen deutlich eingeschränkt, denn die Möglichkeit
einer Kündigung und neuer Stellensuche schließt sich aus.
2. Die zweite Funktion, welche die beratende Person der ratsuchenden geben soll, besteht
im Aufzählen der verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten im vorher abgesteckten
Rahmen, die das Problem des Ratsuchenden lösen; dazu gehört auch, die entsprechenden
Konsequenzen aufzuzeigen. Dabei soll die beratende Person sich nicht auf eine Entscheidungsmöglichkeit
beschränken, sondern mehrere nennen und besonders die sich aus der
Entscheidung ergebenden Konsequenzen für die verschiedenen Bereiche des Lebens darlegen.
Das Ziel der Beratung ist es nicht, für den Ratsuchenden zu
entscheiden und für ihn sein Problem
zu lösen. Zentrales Beratungsziel ist es vielmehr, dem Ratsuchenden zu helfen, mit seinem
Problem selbst fertig zu werden.
Die beratende Person soll in keinem Fall der ratsuchenden die Entscheidung abnehmen,
auch nicht, wenn sie massiv dazu gedrängt wird. Dies geschieht oft mit der Aufforderung:
„Was würden Sie tun, wenn Sie in meiner Situation wären?“ Die beratende Person befindet
sich nicht in der Situation der ratsuchenden. Auch wenn sie sich noch so gut in die Lage der
ratsuchenden hineindenken und hineinversetzen kann, sie steht nicht existenziell an deren
Stelle.
Zwei Gründe sprechen dagegen, dass die beratende Person der ratsuchenden die Entscheidung
abnimmt;
ein juristischer und ein psychologischer Grund.
In juristisch nicht einklagbaren Fällen (z.B.
bei der Berufswegplanung) trägt die ratsuchende
Person die volle Verantwortung für die Konsequenzen der Entscheidung.
In den meisten Fällen ist der Beratene für seine Entscheidungen selbst verantwortlich, selbst
wenn er dadurch Nachteile hat. Nur in seltenen Fällen kann der Berater aufgrund einer falschen Beratung haftbar gemacht werden.
Die psychologischen Gründe sind ebenfalls von großer Bedeutung. Die Entscheidungsfähigkeit
eines Menschen ist ein Gradmesser für seine Persönlichkeitsreife; durch eigenständige
Entscheidungen reift der Mensch zur Selbstständigkeit. Werden einem Menschen alle Entscheidungen
abgenommen, bleibt er
unmündig, unselbstständig und unfähig, sein Leben eigenverantwortlich
zu gestalten und in die eigenen Hände zu nehmen.