Fallbeispiele Recht
Aus der Vorlesung "Recht" genannte Fallbeispiele
Aus der Vorlesung "Recht" genannte Fallbeispiele
Kartei Details
Karten | 13 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 09.09.2014 / 25.11.2024 |
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Im Jahre 2002 fand im Bundesrat die Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz statt. Das Land Brandenburg gab seine Stimmen uneinheitlich ab. Der Ministerpräsident erklärte daraufhin, dass er für sein Land einheitlich mit „Ja“ stimme. Die Stimmen des Landes Brandenburg wurden im Folgenden sämtlich als „Ja“-Stimme gewertet. Nach h.M. führt die uneinheitliche Stimmabgabe allerdings zur Ungültigkeit aller Stimmen des Landes.
Darf der Bundespräsident das Zuwanderungsgesetz ausfertigen?
Johannes Rau hatte das Gesetz mit der Begründung ausgefertigt, er sehe keinen evidenten Verfassungsverstoß. Die Frage ob ein Verstoß offensichtlich ist, betrifft aber nur das materielle Prüfungsrecht. Hier dürfte es jedoch (nur) um die formelle Verfassungsmäßigkeit gehen.
Der Bundeskanzler hat dem Ministerpräsident die zu ernennenden Minister vorgeschlagen. Zur Ernennung als Umweltminister schlägt der Bundeskanzler den erst 16-jährigen Bodo Bader vor, der sich trotz seines geringen Alters in der Politik bereits sehr verdient gemacht hat.
Nach § 15 Bundeswahlgesetz ist wählbar, wer am Wahltage Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des GG ist und das 18. Lebensjahr vollendet hat. Der Bundespräsident verweigert infolge dessen die Ernennung von Bodo Bader.
Darf der Bundespräsident die Ernennung des Ministers verweigern, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Ernennung nicht vorliegen?
Erfüllt die vorgeschlagene Person nicht die rechtlichen Voraussetzungen für die Ministerernennung, ist der Bundespräsident berechtigt, die Ernennung zu verweigern. Zur Begründung ist letztlich auf das zu verweisen, was bereits im Rahmen der Frage des materiellen Prüfungsrechts des Bundespräsidenten bei der Ausfertigung von Gesetzen gesagt wurde. In einem Rechtsstaat ist dem Staatsoberhaupt nicht zuzumuten, rechtswidrige Ministerernennungen vorzunehmen.
Der Bundeskanzler ist der Auffassung, dass ein eigenes Ministerium für den Artenschutz errichtet werden soll. Als Artenschutzminister schlägt er Hugo Hauser vor. Der Bundespräsident ist der Auffassung, dass ein eigenes Artenschutzministerium überflüssig ist.
Ist der Bundespräsident berechtigt, die Ernennung des Ministers aus diesem Grunde zu verweigern?
Der dem Bundeskanzler aus Artikel 64 Abs. 1 GG zustehende Entscheidungsraum ist sehr weit, so dass nur ausnahmsweise eine Überschreitung der Grenzen des Kabinettsbildungsrechts angenommen werden kann.
Allein die Neuschaffung eines Ministeriums fällt nicht hierunter. Solange das Kabinettbildungsrecht nicht überschritten wird, wird der Bundespräsident eine Ernennung eines Ministers nicht verweigern dürfen.
Das Kabinettbildungsrecht findet aber seine Grenzen in der Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundesregierung. Wird die Anzahl der Ministerien unüberschaubar und verfügen die Ministerien jeweils nur noch über einen sehr engen Geschäftsbereich, kann wegen der damit verbundenen Gefahr von Abstimmungsproblemen und der Schwerfälligkeit der Willensbildung eine Überschreitung des Kabinettsbildungsrechts angenommen werden.
In einem solchen Fall wäre der Bundespräsident berechtigt, die Ernennung eines Ministers zu verweigern. Die Ernennung des Ministers würde dann ebenfalls aufgrund des rechtlichen Prüfungsrechts verweigert.
Trude Schmidt lebt seit einigen Jahren im Altenheim. Seit kurzem ist sie bettlägerig und kann auch einen Stift selbst nicht mehr führen. Die Leitung des Altenheims hat ihr daher einen Wahlhelfer an die Seite gestellt, der nach Vorgabe der Trude Schmitt den Wahlzettel im Rahmen der Briefwahl ausfüllt.
Ist dies mit dem Grundsatz der Geheimheit der Wahl vereinbar?
- Grundsätzlich ist ein Verzicht auf dem Grundsatz der Geheimhalt der Wahl nicht möglich
- Recht und Pflicht die Stimme geheim abzugeben
- Begründung: Mittelbar könnte sonst doch wieder Druck ausgeübt werden
- Hier: Besonderheit, dass eine Wahl für Trude Schmidt ohne Wahlhelfer gar nicht möglich wäre
- Hier wird dem Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl der Vorrang gegenüber der Geheimhaltung der Wahl gegeben
Art. 8 GG – Versammlungsfreiheit
- Die P GmbH veranstaltet jährlich in Berlin die Love Parade. Sie findet statt auf der Straße des 17. Juni entlang des Tiergartens.
- Die Anmeldung der Veranstaltung als Versammlung durch die P GmbH wurde seitens des zuständigen Polizeipräsidenten in Berlin nicht entgegen genommen
- Begründung: Die Love Parade sei eine reine Musikveranstaltung und weise nicht den für eine Versammlung maßgeblichen verbindenden Zweck der Meinungsbildung und -äußerung auf
Was passiert beim:
Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beim Verwaltungsgericht?
Und wie geht es dann weiter? ...
Zurückweisung:
Begründung: Es fehle der Love Parade für die Qualifizierung als Versammlung am Element der Meinungskundgabe. Musik und Tanz könnten zwar nonverbale Kommunikation darstellen, sie seien aber vorliegend für sich genommen nicht auf eine Meinungskundgabe gerichtet.
Zudem sei die Versammlungseigenschaft auch des halb zu verneinen, weil es sich bei der Love Parade um eine kommerzielle Veranstaltung handele. Es sei nicht gerechtfertigt, rein wirtschaftlich motivierte Zusammenkünfte von Menschen verfassungsrechtlich zu privilegieren.
Oberverwaltungsgericht: Antrag auf Zulassung der Beschwerde wird abgelehnt
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Dem Verwaltungsgericht sei daran zuzustimmen, dass der Love Parade das für die Erfüllung des Versammlungsbegriffs konstituierende Element eine nach außen sichtbar werdenden gemeinsamen Meinungsbildung und Meinungsäußerung fehle
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Es könne offen bleiben, ob daneben auch der kommerzielle Charakter der Love Parade der Eigenschaft einer öffentlichen Versammlung entgegenstehe
Eilantrag nach § 2 BVerfGG beim Bundesverfassungsgericht:
Begründung des Eilantrages:
- In den Gerichtsentscheidungen seien Reichweite und Bedeutung der Versammlungsfreiheit verkannt worden
- Die Gerichte seien von einem zu engen Versammlungsbegriff ausgegangen
- Für eine Versammlung sei es ausreichend, wenn mehrere Personen zusammentreffen und ihr Zusammensein von einem dahingehenden gemeinsamen Willen getragen sei
Bundesverfassungsgericht: Antrag auf Erlass einstweiliger Anordnung hat keinen Erfolg
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Es sei nicht zu beanstanden, das Grundrecht auf Veranstaltungen zu begrenzen, die durch eine gemeinschaftliche, auf Kommunikation angelegte Entfaltung mehrerer Personen gekennzeichnet sei
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Für die Eröffnung des Schutzbereichs des Art. 8 GG reiche es nicht aus, dass die Teilnehmer bei ihrem gemeinschaftlichen Verhalten durch irgendeinen Zweck miteinander verbunden seien
Art. 14 GG – Eigentumsgrundrecht
- Pflichtexemplar- Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 14. Juli 1981
- Das hessische Gesetz über Freiheit und Recht der Presse ordnete die Pflicht zur Ablieferung eines Belegstücks (Pflichtexemplar) von jedem im Geltungsbereich des Gesetzes erscheinenden Druckwerk aus nahmslos ohne Kostenerstattung an
- Ein Verleger, der hochwertige Druckwerke in kleiner Auflage herausgab, wandte sich hiergegen und berief sich auf Art. 14 GG
- Bundesverfassungsgericht: Unvereinbarkeit mit Art. 14 GG
- Inhalts- und Schrankenbestimmung, da in allgemeiner Form der Inhalt des Eigentums bestimmt werde
- Regelung ist verfassungswidrig
- die allgemeine Ablieferungspflicht erfasst bei unterschiedlosem Ausschluss einer Kostenerstattung auch Druckwerke, die mit großem Aufwand und zugleich nur in kleiner Auflage hergestellt werden.
- Die Pflicht zur unentgeltlichen Abgabe von Belegstücken solcher Druckwerke stellt im Gegensatz zu Billig- und Massenproduktionen eine ins Gewicht fallende Belastung dar
Art. 14 GG – Eigentumsgrundrecht
Beispiel für Enteignungen:
- Ein Bebauungsplan setzt für ein Grundstück eine öffentliche Einrichtung (z.B. Schule) fest. Auf der Grundlage des Bebauungsplans erfolgt zu Gunsten der Gemeinde eine Enteignung der im Privateigentum stehenden Grundstücksflächen nach den § 85 ff. BauGB.
Wieso geht das?
Aufgrund einer straßenrechtlichen Planfeststellung erfolgt eine Enteignung zu Gunsten des Trägers der Straßenbaulast.
Beispiel: Die Gemeinde will eine Fläche für Verkehrszwecke (Straße) erwerben.
Was sind die Voraussetzungen? Was ist das Rechtsmittel?
- Voraussetzungen: Aufstellung eines Bebauungsplanes, der die Fläche als Verkehrsfläche festsetzt
- Rechtsmittel: Normenkontrolle gegen den Bebauungsplan
Allgemeiner Gleichheitssatz, Art. 3 Abs. 1 GG
In Baden-Württemberg und Bayern beschränkt sich die Feuerwehrdienstpflicht und die hieran anknüpfende Abgabepflicht auf Männer.
Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG?
Ja.
"Die Beschränkung einer Feuerwehrdienstpflicht und einer hieran anknüpfenden Abgabepflicht auf Männer verstößt gegen das Diskriminierungsverbot des Artikel 3 Absatz 3 Grundgesetz."
Allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 Abs. 1 GG
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Der angeklagte Anton Abel wurde am 17. August 2001 von Polizeibeamten kontrolliert. Dabei wurde in seiner Hosentasche ein Cannabis-Tabak-Gemisch mit einem Bruttogewicht von 1,5 g und ein Stück Cannabis mit einem Nettogewicht von 3,6 g aufgefunden.
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Das Amtsgericht (Strafgericht) setzte das Verfahren zur Prüfung der Frage aus, ob die Strafvorschriften des Betäubungsmittelgesetzes, soweit sie verschiedene Formen des unerlaubten Umgangs mit Cannabisprodukten verbieten und mit Strafe bedrohen, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
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Gewährt Art. 2 Abs. 1 GG das „Recht auf Rausch“?
Bundesverfassungsgericht: Ein Recht auf Rausch gibt es nicht.
- Das Betäubungsmittelgesetz, das die allgemeine Handlungsfreiheit einschränkt, ist mit der Verfassung, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar.
- Verhältnismäßigkeitsprüfung: Legitimer Zweck, Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit
- Die Verhältnismäßigkeit des Betäubungsmittelgesetzes ist zu bejahen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil für geringfügige Verstöße auch nur eine geringe Strafe oder auch gar keine Strafe in Betracht kommt.
- Eine abweichende Meinung hat der Richter Sommer vertreten. Das Betäubungsmittelgesetz genüge nicht den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsprinzips. Es sei qualitativ und graduell zu weit gefasst
Nach Bundesverfassungsgericht 1 BvG 21/11 – Rauchverbot
Die Klägerin betreibt eine Gaststätte auf einem in Hamburg an der A7 gelegenen Autohof. Neben einer Gaststube mit einer Fläche von 70 m² umfasst die Gaststätte noch einen 33 m² großen Clubraum. Für diese Gaststätte ist die Klägerin im Besitz einer gaststättenrechtlichen Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft mit dem Ausschank von Getränken aller Art und der Abgabe von Speisen. Im Juni 2010 beantragte die Klägerin eine Ausnahmegenehmigung vom Rauchverbot, um den Clubraum als Raucherraum auszuweisen. 80% ihrer Gäste seien Lkw-Fahrer. Diese seien fast alle Raucher. Schon bei Einführung der ursprünglichen Fassung des hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes sei es für ihre Gaststätte zu Umsatzeinbußen von bis zu 20 % gekommen. Das nun eingeführte komplette Rauchverbot in Speisewirtschaften bedrohe ihre wirtschaftliche Existenz. Es seien Umsatzeinbußen von etwa 60 % zu erwarten. Die Kundschaft der Lkw-Fahrer würde fast komplett wegbrechen. Dies werde dadurch begünstigt, dass die umliegenden Länder die Einrichtung von Raucherräumen erlaubten und die Lkw-Fahrer sehr mobil seien.
§ 2 des Hamburgischen Passivraucherschutzgesetzes verbietet das Rauchen unter anderem in Gaststätten. In § 2 Abs. 4 Hamburgisches Passivraucherschutzgesetz findet sich folgende Vorschrift:
„In Gaststätten, die keine zubereiteten Speisen anbieten, können abgeschlossene Räume eingerichtet werden, in denen das Rauchen gestattet ist.“
Zum Übungsfall:
- Während es für reine Schankwirtschaften eine Ausnahmemöglichkeit gibt, gibt es eine Ausnahme für Speisewirtschaften nicht.
- Berufsausübungsfreiheit der Gaststättenbetreibenden einschlägig (Art. 12 GG)
- Das Rauchverbot beeinträchtigt die freie Berufsausübung derjenigen, die Gaststätten betreiben. Ihnen wird die Möglichkeit genommen, selbst darüber zu bestimmen, ob in ihren Lokalen den Gästen das Rauchen gestattet oder untersagt ist.
- Berufsausübungsregelungen müssen selbst verfassungsgemäß sein, sich selbst auch an Art. 3 Abs. 1 GG messen lassen
- Die Ungleichbehandlung zwischen Schank- und Speisewirtschaften ist sachlich nicht gerechtfertigt. Es fehlt an einem hinreichend gewichtigen Grund für die Differenzierung
Während einer Geschäftsreise wurde Rudi Reisegern (R) in der Nähe des Hauptbahnhofs in München von einem Mitarbeiter der Firma „Sprachen lernen Schnell und Bequem“ (SLSB) angesprochen und ließ sich von diesem zum Abschluss eines Vertrages über einen Kompaktfernkurs Französisch überreden. Kurz darauf bereute R seine Entscheidung. Schließlich sei sein bevorzugtes Reiseziel ohnehin Spanien. Daraufhin teilte er der Firma SLSB schriftlich mit, dass er seine Bestellung widerrufe. Diese bestand auf Vertragserfüllung. Es kam zu einem gerichtlichen Verfahren.
Was geschah dort?
In dem gerichtlichen Verfahren berief sich R auf die Richtlinie 85/577 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Art. 5 der Richtlinie spricht dem Verbraucher das Recht zu, innerhalb einer Frist von mindestens 7 Tagen von derartigen Verträgen zurückzutreten mit der Folge, dass er von sämtlichen Vertragsverpflichtungen entbunden ist. Die nähere Ausgestaltung des Rücktrittsrechts überlässt die Richtlinie den Mitgliedstaaten. So bestimmt Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie, dass das Rücktrittsrecht auszuüben ist entsprechend dem Verfahren und unter Beachtung der Bedingungen, die im einzelstaatlichen Recht festgelegt sind. Die Richtlinie hätte bis Ende 1987 umgesetzt werden müssen. Deutschland ist seiner Umsetzungspflicht jedoch erst im Jahre 1992 nachgekommen. Kann sich R gegenüber der SLSB auf Art. 5 der Richtlinie berufen?
B) Haftung der Mitgliedstaaten gegenüber den Bürgern für nicht umgesetzte Richtlinien. Die nicht fristgerechte Umsetzung von Richtlinien beeinträchtigt die Einheitlichkeit des Gemeinschaftsrechts. Aus diesem Grund hat der EuGH neben der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen die Haftung eines Mitgliedstaates bei nicht fristgerechter Umsetzung einer Richtlinie entwickelt.
- Kann der vierjährige Max sein Dreirad verkaufen?
- Kann der vierjährige Max sich für sein Taschengeld von 1 Euro, das er pro Woche erhält, eine Tüte Bonbons kaufen?
- Max ist geschäftsunfähig, § 104 BGB
- Die Verwendung seine Taschengeldes steht ihm frei zu, außerdem kann er mit vorheriger Einwilligung oder nachträglicher Genehmigung ein Rechtsgeschäft abschließen.