Die Inseltheorie

Die Inseltheorie nach Max Arthur und Wilson: Hintergrund, Kernbegriffe, Gleichgewichtsmodell, Einflussfaktoren und Kritik.

Die Inseltheorie nach Max Arthur und Wilson: Hintergrund, Kernbegriffe, Gleichgewichtsmodell, Einflussfaktoren und Kritik.


Kartei Details

Karten 27
Sprache Deutsch
Kategorie Geographie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 11.10.2016 / 06.05.2021
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Erläutere Näheres zum Historischen Hintergrund der Inseltheorie von Mac Arthur und Wilson.

  • Für eine Revolution innerhalb der Biogeographie sorgten Mac Arthur und Wilson Gleichgewichtstheorie der Inselbiogeographie
  • Vor der Theorie war bereits klar:
    • Die Tendenz, dass eine Anzahl von Arten mit der Fläche einer Insel ansteigt
    • Die Tendenz, dass die Anzahl von Arten mit der Isolation der Insel abnimmt
  • Größte Inspiration für die Gleichgewichtstheorie:
    • Wilsons Arbeit mit den melanesischen Ameisen à Immigration und Extinktion sind relativ beständig
      • Arbeit zeigte auf, wie sich Ameisenarten von Asien über Neu Guinea auf die Melanesischen Inseln ausbreiteten, sie änderten den Standort scheinbar wettbewerbsorientiert, in dem sie andere ausschlossen von ehemaligen Herrschaftsgebieten (turnover)
  • Erster Schritt in die Richtung der Gleichgewichtstheorie
    • Mit Hilfe der Arten-Flächen-Kurve à generelle, gut dokumentiertes Naturmodell
  • Erstellung einer mathematischen Formel durch Mac Arthur und Wilson, die die Artenzahl von Inseln in Beziehung zur Fläche darstellt
    • S=CA^z
    • S= Anzahl der Arten, A = Flächeninhalt, C= Populationsdichte, z = ein weiterer Parameter

Welche Schlüsse lassen sich auf der Basis der Arten-Flächen-Kurve ziehen?

Es besteht ein Zusammenhang zwischen Artenzahl und der Fläche auf Inseln

  • Die Fläche einer Insel
    • Gibt die Auswahl an Habitaten an
    • Umso größer die Fläche, desto mehr Habitate gibt es
      • Große Inseln werden leichter von Tieren erreicht (target area effect), sie haben eine größere Vielfalt an Habitaten, die Populationen sind krisenfester (rescue effect) als auf kleineren Inseln
    • Bei einer höheren Anzahl von Habitaten, haben mehr Arten die Möglichkeit sich einzunisten àGrad der Artenvielfalt wird bestimmt
    • --> ein lineares Wachstum bei zunehmender Fläche kann festgestellt werden
    • Bei kleineren Inseln ist das Unterschreiten von Mindestpopulationen innerhalb einer Art wahrscheinlicher
    • Auswirkung: Mit Hilfe der Größe der Fläche lassen sich Rückschlüsse auf die Aussterberate machen

Was kennzeichnet die Arten-Isolation-Beziehung?

  • Der Faktor Distanz
    • Seit den 1800ern ist bekannt, dass Inseln, die sich näher an Kontinenten befinden, über mehr Arten verfügen, als weiter entferntere
    • Umso weiter eine Insel vom ursprünglichen Herkunftsort einer Art entfernt ist, desto weniger wird sie besiedelt
    • à weniger Arten immigrieren auf Inseln, die eine höhere Distanz zum Herkunftsgebiet aufweisen à Hängt mit der Immigrationsrate zusammen

Welche unmittelbaren Probleme ergeben sich bei der Arten-Isolation-Beziehung?

  • Probleme der Isolationstheorie (problematischer als Arten-Flächen-Kurve)
  • Ist Isolation im Zusammenhang mit der Distanz zur dem Festland zu betrachten, der nächsten größeren Insel oder einfach nur die nächste Insel egal welcher Größe?  
  • Einflussfaktoren: Meeresströmung, Windströme, Vogelwanderungsrouten à Mac Arthur und Wilson waren die Probleme der Isolationstheorie klar, aber waren überzeugt von dem allgemeinen Modell, dass weit entferntere Inseln weniger Inseln beherbergen als welche die näher am Kontinent liegen

Was ist der Arten turnover/ Artenwechsel?

  • Arten turnover
    • = der Wandel der Zusammensetzung einer Lebensgemeinschaft eines abgegrenzten Habitats durch hinzukommende Arten
    •  Bislang wenig vertretene (chancenlose) oder einwandernde Arten, die sich in einem Habitat durchsetzen, können vorhandene und bislang dominant auftretende Arten (vor allem durch Konkurrenz) zurückdrängen oder verdrängen, so dass diese seltener auftreten und lokal oder regional aussterben.
    • Artenwechsel umfasst auch rein zufällige, stochastische Verschiebungen des Artenbestandes – im Gegensatz zur Sukzession (die auf natürlichen Faktoren beruhende zeitliche Abfolge von Pflanzen-, Tier- oder Pilzgesellschaften  an einem Standort; setzt gerichtete Veränderungen voraus).

Wieso ist das Gleichgewichtsmodell dynamisch?

  • Mac Arthur und Wilson entwickelten eine einzige Theorie, in der sie die Arten-Flächen-Beziehung, die Arten-Isolations-Beziehung und den Arten turnover berücksichtigten
  • Diese Theorie sagt aus, dass die Anzahl der Arten einer Insel ein dynamisches Gleichgewicht zwischen Immigration und Extinktion aufzeigen
  • Dieses Gleichgewicht ist dynamisch, da Immigration und Extinktion gleichermaßen als gegensätzliche Prozesse stattfindet, sodass schließlich eine stabile Anzahl von Arten, die sich stets verändert, zusammensetzt:
  • Die Immigrations- und Aussterberate schwankt mit der Anzahl der vorhandenen Arten
  • Der Gleichgewichtspunkt variiert auf jeder Insel, denn neben der Größe ist dieser auch abhängig zur Distanz einer Insel zum Kontinent: Jede Insel hat unterschiedlich viele immigrierende und aussterbende  Arten

Was versteht man unter einer "Kolonisation"

  • die relative Dauer der Beständigkeit einer immigrierenden Art auf einer Insel. Insbesondere wo Fortpflanzung und Populationswachstum geleistet werden können

Extinktion?

  • Das komplette Verschwinden einer Art auf einer Insel

Immigration?

  • Der Prozess des Ankommens einer „propagule “, auf der noch keine Vertreter der Art leben

 

Propagule?

- eine minimale Anzahl von Individuen einer Art, durch diese die Möglichkeit hat erfolgreich auf einer Insel zu immigrieren (Anzahl abhängig von der Art) (min. ein schwangeres Weibchen, ein Weibchen und ein Männchen

Erläutere Mac Arthur und Wilsons Gedankenexperiment.

  • Sie gehen von einer leeren Insel aus
  • Verschiedene Arten kommen nach und nach auf eine Insel, am Anfang: schnelle Verbreitung, da weniger Wettbewerb um Habitate bestehtà sie können eine größere Vielfalt an ökologischen Nischen besetzen als auf dem Festland, da sie eine geringere Anzahl konkurrierender Arten haben
    •  Die Immigrationsrate muss auf ihren maximalen Wert ansteigen.
  • Sobald immer mehr Habitate von Arten besetzt werden, können sich immer weniger Einwanderer neuer Arten ansiedeln --> Die Populationsgröße der Arten sinkt, manche Arten sterben wieder aus, denn der Wettbewerb steigtà Immigrationskurve  fällt, Extinktionskurve steigt an
  • Auf dem P-Punkt sind die beiden Kurse exakt gleich, auch der Arten-Turnover ist gleich --> stabiles Gleichgewicht, denn wenn die Anzahl der Spezien über oder unter diesem Wert liegt
  • sollte es bald wieder das Gleichgewicht einstellen (Punkt S‘ und S‘‘); dies könnte beispielsweise durch einen Hurrikan passieren

Was sind die zentralen Erkenntnisse der Inseltheorie?

  • (1) die Anzahl der Spezien steigt mit der Fläche
  • (2) die Anzahl der Arten sinkt mit dem Grad der Isolation
  • (3) Es besteht ein kontinuierlicher Turnover von Arten
  • Eine nähere Insel sollte schneller zurück ins Gleichgewicht gelangen als eine entferntere einer gleichgroßen Insel, denn sie hat eine höhere Immigrations-, aber die gleiche Extinktionsrate
  • unterschiedlichen Gleichgewichtsreichtum und Turnoverkombinationen als Funktionen von variierender Isolation  und Fläche der Inseln  à Unterschiedliche Kurven für unterschiedliche Inseln

Was ist der Target Area Effect?

  • Inselgröße kann außerdem die Immigrationsrate beeinflussen
  • Arten wählen größere Inseln aufgrund der größeren Anzahl von Ressourcen und Nischen eher aus, größere Inseln eignen sich für mehr Spezien zum verweilen, allein aufgrund ihrer Größe.
  • Vögel können größere Inseln leichter sehen und gezielter ansteuern à Immigrationsrate wird  durch die Flächengröße beeinflusst,

Was versteht man unter dem Rescue Effect?

  • Bei Arten, deren Populationen abnehmen, können die Individuen auf Inseln, die näher zum Kontinent stehen, besser nachkommen à Die Wahrscheinlichkeit des Überlebens dieser Art wird dadurch erhöht
    • Durch Trittsteine oder Trittsteinbiotope kann die Distanz, die beispielswiese ein Vogel bis zu einer Insel zurücklegen muss, verkürzt werden (Pause, Stärkung) à verkürzte zu bestreitende Distanz zur Insel à Einwanderungsrate einer Insel steigt an,
    • Besiedlungswahrscheinlichkeit in Archipelen höher

 

Was ist der Small Island Effect?

  • „Small Island Effect“: Bei sehr kleinen Inseln lässt sich keine enge Beziehung der Artenzahl zur Flächengröße feststellen, Artenreichtum ist unabhängig von der Fläche, der „Turnover“ (der Wechsel der Arten) wirkt sich bei kleinen Inseln besonders stark aus à Aussterberate verliert ihre Flächenabhängigkeit; größere Inseln: mehr Arten im Gleichgewicht

Durch welche Umstände wird die Extinktionsrate darüber hinaus beeinflusst?

  • Bei heftigeren Umständen, z.B. bei einem niedriger werdenden Meeresspiegel oder bei einer Veränderung der Wetterbedingungen oder einer temporären Wetter-/ Klimaveränderung (Wind- und Meeresstrom/ El Nino) oder durch das à ^S überschreitet den vorgesehen Punkt von S‘‘, dann wird die Extinktionsrate größer

Von welchen weiteren Faktoren ist die Anzahl der Arten auf Inseln noch abhängig?

  • Anzahl der Arten auf Inseln auch abhängig von Topographie, Habitatenvielfalt, Nährstoffreichtum, Salztoleranz (wenig Süßwasserfische, wenn eher auf kontinentalen Inseln)à verschiedene qualitativ hochwertige Habitate bieten für mehr Tiere und Pflanzen die Möglichkeit sich anzusiedeln
    • Feuchtes Klima/ Regenwald: Menge an Biotopen steigt an
      • Z.B. tropisches Trinidad: Neben dem feuchten Klima gibt es auch einige Berge à sehr unterschiedliche Habitate ermöglichen verschiedenen Lebewesen eine Einnistung
    • Frostgebiete: Verteilung von Flora und Fauna wird stark beeinflusst

Warum sind die interspezifische Differenzen und Interaktionen zwischen Spezien ein wichtiger Faktor, der bei der Inseltheorie nicht beachtet wurde?

  • Bei dem Modell wird angenommen, dass sich die Charakteristiken der verschiedenen Arten ignorieren lassen: Immigration, Extinktion und turnover werden aufgezeigt als große Einflussfaktoren, einige immigrieren und einige sterben aus und nur eine bestimmte Zahl von Arten bleibt bestehen  à Es handelt sich um ein makroökologisches Modell, welches sich auf die statistischen Werte des Systems beruft. Es wird jedoch nicht aufgezeigt, welche Spezien auf einer bestimmten Insel mit anderen koexistieren können, die interspezifischen Interaktionen werden nicht beachtet. Das Gleichgewichtsmodell zeigt also das Artenreichtum an und nicht die Artenkomposition
  • Alle Arten werden unter gleichen Voraussetzungen betrachtet, mögliche biologische Interaktionen und evolutionäre Effekte werden ignoriert

Warum eignet sich die "Unabhängigkeit von Immigration und Extinktion" als Kritikpunkt der Theorie?

  • 2. Unabhängigkeit von Immigration und Extinktion
  • In der Gleichgewichtstheorie werden Immigration und Extinktion als unabhängige Prozesse behandelt. In diesem Kontext ist Immigration definiert als die Ankunft von Propagulen neuer Spezien. In der Anhäufung des Gleichgewichts ist viel turnover möglich, mit neuen Rekruten, die die Aussterberate antreiben, was auf ein Habitat turnover hinausläuft.  Inseln, die nah an Quelleninseln liegen, sollten eine hohe Anzahl an Propagulen aufweisen, die von immigrierenden neuen Arten und von denen die bereits auf der Insel sind, diese retten kleiner werdende Populationen vor dem Aussterben.

Warum sind die biogeographisch bedeutungsvollen Messgrößen der Isolation und Fläche genauer zu untersuchen?

  • Arten, die auf Inseln immigrieren, gelangen dort auf unterschiedlichste Weise hin: ehemalige Verbindungen zu Landmassen, Verbreitung durch Wind etc.
  • In der Regel vergrößert sich die Anzahl der Habitate mit der Inselfläche, was auch für die Diversität der Habitate gilt. Größere Inseln tendieren dazu höhere Berge und mehr Wasserlandschaften zu haben etc.
  • Einiges der Steigerung der Artenvielfalt mit der Inselgröße hängt möglicherweise damit zusammen, dass bestimmte Arten sich nur in Habitaten etablieren können, die auf größeren Inseln bestehen
  • Ein sorgfältig ausgearbeitetes Modell, in dem auch spezifische Habitatenvariablen einfließen, sollte die Artendiversität auf Inseln in Abhängigkeit zur Größe mit einbeziehen.

Was bemerken Mac Arthur und Wilson bezüglich der Artbildung selbst  an?

  • dass Artenbildung eine steigernde Bedeutung auf sehr großen und isolierten Inseln hat, auf welchen die Immigrationsrate zu klein ist um das Potenzial der Nischenplätze zu füllen

Warum können viele Inselökosysteme nicht im Gleichgewicht zwischen gegensätzlichen Prozessen von Immigration und Extinktion sein?

 

  • Weitere Einflussfaktoren im Laufe der Evolution und Hurrikans sowie vulkanische Eruptionen wirken sich auf die Anzahl der Spezien aus

Warum kann ein Immigrations- und Extinktionsgleichgewicht in Bezug auf Waldbäumen nicht bestehen?

  • Immigration von Waldbäumen verhältnismäßig langsam, ein Aussterbe- und Immigrationsgleichgewicht kann nicht entstehen, da Bäume eine lange Lebensdauerhaben --> Gleichgewichtsmodell kann viele Pflanzengemeinschaften nur verallgemeinert darstellen; es gibt viele Unregelmäßigkeiten im Immigrations- und Aussterbegraph

Was ist wenn anstelle eines Propagules ein einziges Individuum immigriert; wird es in das Modell aufgenommen, auch wenn es keinen Geschlechtspartner hat?

Ein einzelnes Individuum (ohne Geschlechtspartner auf der Insel) wird nicht ins Gleichgewichtsmodell aufgenommen – ein einziges Individuum einer Art kann sich zwar einleben, stirbt aber längerfristig aus

Sind Mac Arthur und Wilson überzeugt davon, dass ein perfektes Gleichgewicht bestehen kann?

  • Eine perfekte Balance zwischen Immigration und Extinktion kann niemals erreicht werden, aber bis zum Ausmaß, dass die Balance uns Prognosen ermöglicht, zeichnet das Gleichgewichtsmodell als sinnvoll aus.

Welches Alternatives Modell gibt es, in dem eine andere Vorstellung von Dynamik besteht?

Im Gegensatz zum Gleichgewichtsmodell, in welchem ein Klimaxzustand als Endzustand angestrebt wird (eigentlich nicht sonderlich dynamisch), gibt es eine dynamischere Auffassung von Biozönosen, welche mit Hilfe der Mosaik-Zyklus-Theorie von Remmert und Scherzinger beschrieben wird.

Erläutere die Mosaik-Zyklus-Theorie von Remmert und Scherzinger.

  • Untersuchung von (Ur-)Waldökosystemen
  • Es gibt keinen Endzustand eines natürlichen Urwalds
    • Nach dem Zusammenbrechen der alten Bäume entwickeln sich Lichtungen, dort entstehen unter Konkurrenz zunächst Gesellschaften von Pionierbaumarten, die ihrerseits nach einiger Zeit wieder zusammenbrechen.
    • Dann: Konkurrenz, ursprüngliche Baumarten kehren zurück
  • In großen Waldökosystemen laufen diese Prozesse ständig auf kleinen Flächen nebeneinander ab à viele verschiedene Entwicklungsstadien liegen mosaikartig nebeneinander
  • Zyklen können in Wäldern (auf Inseln) bis zu Jahrhunderte/ Jahrtausende dauern
    • Können durch Vulkanausbrüche aber auch durch epedemieartig auftretende Krankheiten an dominierenden Baumarten ganz neue Zyklen einleiten