Deutsche Grammatik im Sprachvergleich

Lernkartei zu einer universitären Vorlesung

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Langue Deutsch
Catégorie Allemand
Niveau Université
Crée / Actualisé 04.07.2015 / 30.09.2020
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Periodisierung des Deutschen: Germanisch.

Periodisierung des Deutschen: Althochdeutsch

Periodisierung des Deutschen: Mittelhochdeutsch.

Periodisierung des Deutschen: Frühneuhochdeutsch.

Skizziere kurz die Herkunft des Wortes "deutsch"

Selbstbezeichnung anfangs nur in lateinischen Quellen. lat. theodiscus = zum Volke zugehörig

Erster Beleg auf Deutsch: Notker von St. Gallen (10. Jahrhundert)

Erst im Annolied (1100) wird das Wort "deutsch" auch auf Land und Leute angewandt (nicht nur auf die Sprache)

Sprachfamilie Indoeuropäisch: Was fällt darunter?

  • Germanische Sprachen (Deutsch, Englisch, Isländisch, Norwegisch, Schwedisch, Dänisch, Niederländisch ...)
  • Baltische Sprachen
  • Slawische Sprachen
  • Griechisch
  • Indoiranische Sprachen
  • Keltische Sprachen
  • Romanische Sprachen

Welche Sprachen gehören zur indoeuropäischen Sprachfamilie?

Wodurch zeichnet sich das (rekonstruierte) Indoeuropäische aus?

Wie wird die indoeuropäische Sprache und Kultur rekonstruiert?

Namenkundliche Belege (geographische Namen ...), sowie Tierbezeichnungen verweisen auf eine gemeinsame Sprachbasis (linguistische Paläontologie). Das berühmte Lachs- und Buchenargument verweist auf eine Urheimat zwischen Skandinavien und Indien, wahrscheinlich nördlich des Schwarzen Meeres. Außerdem gibt es archäologische Befunde (Schnurkeramiker, Streitaxtleute). Sehr wahrscheinlich handelte es sich um eine vaterrechtlich organisierte, polytheistische Hirtengemeinschaft.

Welche der folgenden Aussagen stimmen?

Nach welchen Kriterien funktioniert die relationale Typologie? Nenne Typen.

Die relationale Typologie ordnet Sprachen danach ein, in welcher Beziehung die Argumente (Satzteile) zum Verb stehen.

  • Nominativ-Akkusativ-Sprachen: Diese Sprachen (z. B. Deutsch) kodieren Subjekt und Agens mit dem gleichen Kasus.
    • Der Junge (S) singt. (S = Subjekt)
    • Die Frau (A) wirft das Buch (P). (A = Agens, P = Patiens)
  • Aktiv-Inaktiv-Sprachen: Das Subjekt wird als Agens, bzw. Patiens kodiert.

Schildern Sie die Merkmale der Wortstellungstypologie (nach Joseph Greenberg). Welche Neuerungen bringt Lehmann?

Sprachen werden in Bezug auf ihre Wortstellung (Satzgliedstellung) untersucht. Beachte: Es wird die Grundwortstellung betrachtet (normaler Aussagesatz). Verglichen wird die Anordnung von Subjekt, Objekt und der finiten Verbform. Theoretisch sind 6 Kombinationen aus S, O oder V, möglich, tatsächlich aber kommen vor allem diese Haupttypen vor:

  • SOV
  • SVO
  • VSO

Greenberg erweitert die Typologie, indem er auch die Stellung der Adjektive (vor oder nach dem Nomen), Genitiv-Attributs (vor oder nach dem Bezugsnomen), sowie die Stellung der Adpositionen (Prä- oder Postpositionen) untersucht.

Erkenntnisse: in 96% aller Sprachen weltweit steht das Subjekt vor dem Objekt. Erklärung: Subjekt ist Initiator der Aktion und damit salienter. Verb und Objekt stehen häufig nebeneinander (91%).

Neuerungen durch Lehmann: Stellung des Subjekts sei irrelevant: Unterscheidung zwischen OV-/VO-Sprachen. Außerdem: Ausweitung auf weitere Konstituenten, z. B.:

  • Stellung beim Relativsatz
  • Stellung des Frageworts
  • Stellung der Verneinung
  • ...

Beschreibe die Begriffe Operand und Operator nach Vennemann (generative Grammatik).

Der Operand in einem Satz wird auch als Kopf bezeichnet. Der Operator ist ein Adjunkt. Mit diesen Begriffen werden verschiedene Relationen bezeichnet, z. B.: 

  • Ich nehme (Verb = Operand) ein Buch (Objekt = Operator).
  • Ein schöner (Adjektiv = Operator) Garten (Nomen = Operand)

Es geht also darum, dass ein Operator von einem Operanden abhängig ist, bzw. ihn näher bestimmt.

Morphologische Sprachtypen nach Wilhelm von Humboldt:

Welche Eigenschaften treffen auf flektierende Sprachen zu?

Wie unterscheiden sich flektierende Sprachen untereinander?

  • Unterschiedliche Genusmarkierung (1, 2 oder 3 Genera)
  • Unterschiede in der Kasusmarkierung (0-9 Kasus)
  • Markierung von Un-/Bestimmtheit von Artikeln
  • Markierung von Aspekt

Wie werden flektierende Sprachen noch genannt und warum?

Flektierende Sprachen werden auch fusionierende Sprachen genannt, weil die einzelnen Flektionen oft mehrere grammatische Eigenschaften ausdrücken ("die grammatischen Kategorien fusionieren").

Morphologische Sprachtypen nach Wilhelm von Humboldt:

Welche Eigenschaften treffen auf agglutinierende Sprachen zu?

Welche Besonderheit findet sich häufig bei den agglutinierenden Sprachen?

Die sogenannte Vokalharmonie = Angleichung von Vokalen an den Artikulationsort und die Artikulationsart eines anderen Vokals = Assimilationsvorgang.

  • Große Vokalharmonie: Unterscheidung zwischen tiefen, mittleren, hohen und gerundeten Vokalen
  • Kleine Vokalharmonie: Unterscheidung zwischen hellen und dunklen Vokalen

Welche Sprachen gehören zum agglutinierenden Typ? Nenne mindestens 5 Beispiele.

  • Baskisch, Georgisch, Türkisch
  • Uralische Sprachen (Finnisch, Estnisch, Ungarisch)
  • Esperanto
  • Japanisch

Morphologische Sprachtypen nach Wilhelm von Humboldt:

Welche Eigenschaften treffen auf isolierende Sprachen zu?

Wie werden isolierende Sprachen noch genannt? (Zwei Synonyme)

Analytische oder Wurzelsprachen.

Morphologische Sprachtypen nach Wilhelm von Humboldt:

Welche Eigenschaften treffen auf polysynthetische Sprachen zu?

Wie werden polysynthetische Sprachen noch genannt und warum?

Inkorporierende Sprachen. Sie verwenden häufig das Prinzip der Inkorporation (Komposition mehrerer Wörter zu einem). Was bei uns als Satz übersetzt wird, ist in der polysynthetischen Sprache häufig nur ein Wort. Der Übergang zwischen Phrase und Wort ist fließend.

Wo treten polysynthetische Sprachen auf?

Indigene Sprachen in Nordamerika, in Sibirien und im Kaukasus

Warum ist eine strenge Unterteilung der Sprachen in morphologische Typen idealistisch?

In den meisten Sprachen sind Elemente mehrerer Sprachtypen vorhanden, z. B. Englisch:

  • The boy will ask the girl. The girl will ask the boy. (Isolierend: Satzstellung bestimmt Kasus)
  • The biggest boys have been asking. (Flektierend: Pluralmarkierung, Steigerung des Adjektivs ...)
  • Antidisestablishmentarianism. (Agglutinierend: Zusammenfügen mehrerer Affixe)

Womit beschäfigt sich die Arealtypologie?

Die Arealtypologie ist eine von mehreren Möglichkeiten des Sprachvergleichs. Sie untersucht Sprachen eines begrenzten geographischen Raumes daraufhin, wie sie sich aufgrund langwährenden Kontakts gegenseitig in ihren typologischen (grammatischen) Eigenschaften beeinflussen. Kann eine solche Beeinflussung nachgewiesen werden, nennt man solche Gruppen von Sprachen Sprachbund. Bekannt ist zum Beispiel der Balkansprachbund. Dort sind die typologischen Ähnlichkeiten durch den intensiven Sprachkontakt größer, als es aufgrund des genetischen Verwandtschaftsgrades zu erwarten wäre.

Balkansprachbund = Albanisch, Griechisch, Bulgarisch, Mazedonisch, Rumänisch

Was versteht man unter SAE? Wodurch zeichnet er sich aus?

Der Standard Average European ist ein Sprachbund europäischer Sprachen. Das heißt, es gibt gemeinsame Eigenschaften von europäischen Sprachen, obwohl nicht alle zur indoeuropäischen Sprachfamilie gezählt werden. Zu den weltweit außergewöhnlichsten Eigenschaften gehören:

  • Unterscheidung zwischen definiten/indefiniten Artikeln (Ausnahme: slawische/baltische Sprachen, sowie Finnisch)
  • Bildung von Relativsätzen mit Relativpronomen (z. B. Der Freund, der aufgeregt wirkte)
  • Perfektbildung mit einer Possessivkonstruktion (z. B. ich habe gelacht)
  • Pronomina als Subjektmarkierung (z. B. ich gehe. Ausnahmen: einige romanische Sprachen)
  • Passivkonstruktion, die mit einem Partizip II gebildet wird (z. B. Der Wein wird getrunken).

Wie verläuft die Nominalflexion im modernen Deutsch?

Die Nominalflexion (=Deklination) läuft nach folgendem Schema ab:

Grundmorphem + Flexionsendung

Manche Nomen behelfen sich am Umlaut (vgl.: Haus - Häuser). Dann spricht man von zwei unterschiedlichen Stammformen (Haus- und Häus-).

Außerdem werden Nomen in starke unds schwache Nomen eingeteilt. Die Unterscheidung erfolgt über das Verhalten im Genitiv Singular:

des Tages, des Hundes, des Jahres (stark) - des Menschen, des Affen, des Hasen (schwach)

Wie entwickelt sich das Kasussystem im Deutschen?

Ursprünglich orientierte sich das Deutsche an der hochflexivischen Sprache Latein. Es entwickelte sich jedoch weg vom klassischen Modell der Deklinationsklassen über das Modell der Kasusprofilierung (Wie in den romanischen Sprachen wird der Kasus nicht mehr über das Nomen, sondern eher über Präposition oder Pronomen transportiert) hin zum Modell der Numerusprofilierung. Im Deutschen zeigt zunehmend der Artikel den Kasus an:

die Bären - der Bären - den Bären - die Bären

Beschreibe das Deklinationssystem des Germanischen.

Deklination läuft nach folgendem Schema ab:

Grundmorphem + Stammbildungselemente + Flexionsmorphem

Je nach Stammbildungselement wird das Nomen einer Deklinationsklasse zugeteilt

  • a-/o-/u-Deklination (starke Deklination)
  • konsonantische Deklination (schwache Deklination)

 

Welche Neuerungen treten ab dem Althochdeutschen im Deklinationssystem auf?

Althochdeutsch

Die Stammbildungselemente fusionieren mit den Flexionsmorphemen. Jetzt läuft die Deklination nach dem modernen Schema ab:

Grundmorphem + Flexionsendung

Die Flexionsklassen richten sich noch am Germanischen: Je nachdem, ob ein Nomen vokalische oder konsonantische Stammbildungselemente aufwies, wird es der starken/schwachen Klasse zugeteilt. 

Mittelhochdeutsch

Starke und schwache Substantivklassen fallen zusammen. Unterscheidung ist nur noch rudimentär zu erkennen (z. B. Genitiv Singular, Dativ Plural).

Das Umlaut wird zum Pluralsignal.

Es entsteht die Gruppenflexion (Zusammenspiel aus Artikel, Adjektiv und Substantiv):

ein guot man - ein guoter man

Beschreibe die historische Entwicklung der Adjektivflexion im Deutschen.

Im Althochdeutschen unterscheidet man die starke/nominale und die schwache/pronominale Form eines Adjektivs:

  • starke, nominale Form: Artikel nicht obligatorisch. Adjektiv bezeichnet eine bestimmte Person oder Sache. Trägt die Bedeutung des bestimmten Artikels mit!
  • schwache, pronominale Form: Adjektiv steht beim Substantiv und bezeichnet eine noch nicht näher bestimmte Person oder Sache. Entspricht dem unbestimmten Artikel.

Unbestimmter/bestimmter Artikel werden über das Adjektiv vermittelt. Wegen unzureichender Genus-/Kausmarkierung beim Substantiv übernimmt diese Rolle zunehmend das Adjektiv.

Prinzip der Monoflexion: nur ein Glied trägt das ausdrucksstarke Flexiv:

ein schöner Mann - der schöne Mann

Im 18. Jahrhundert gibt es nur noch einige Restformen, wie z. B. ein redlich Ding (statt ein redliches Ding)

Beschreibe die historische Entwicklung der Verbflexion im Deutschen. Was sind Pro-Drop-Sprachen?

Im Indoeuropäischen bilden die starken Verben praktisch die Regel. Sie bilden Partizip und Präteritum mit dem Ablaut (Änderung des Stammvokals bei der Konjugation).

Schwache Verben sind eine Neubildung des Germanischen. Sie enthalten meist einen Konsonanten im Wortstamm/in der Flexionsendung)

Im modernen Deutsch werden Verben in zwei Gruppen eingeteilt:

  • starke Verben, z. B. gehen (ging)
  • schwache Verben, z. B. machen (machte)

Romanische Sprachen wie Italienisch und Spanisch und viele slawische Sprachen werden Pro-Drop-Sprachen genannt. Das heißt, sie verwenden das Subjektpronomen in der Regel nicht. Die Person wird in der Endung des Verbs mittransportiert.

Was kann eine Wortbildung bewirken? (semantisch, 4 Möglichkeiten)

  1. Kategoriale Veränderung lexikalischer Ausdrücke (Wortartwechsel)
  2. Erweiterung lexikalischer Ausdrücke
  3. Kombination lexikalischer Ausdrücke
  4. Reduktion lexikalischer Ausdrücke

Definiere das Morphem.

Kleinste bedeutungstragende Einheit.

Wie unterscheiden sich "Wurzel" und "Stamm"?

Eine Wurzel ist ein Minimal-Grundmorphem (zentrales Kern-Morphem), bei "versprechend" = "-sprech-"

Ein Stamm ist ein Wort ohne Flexionsendung, bei "versprechend" = "versprech-"

Welche Typen der Wortbildung gibt es? Beschreibe kurz.

  • Konversion: Wortartwechsel ohne Veränderung der Form.
  • Derivation: Hinzufügen eines Affix
  • Komposition: Zusammensetzung und Kombination

Welche Unterarten der Komposition (Wortbildungsart) gibt es? Wie läuft sie ab?

Die Komposition ist eine Schnittstelle zwischen Wort und Phrase. Im Deutschen gibt es viele Mehrfachkomposita und nominalisierte Phrasen. Problem der Abgrenzung: Wo fängt das Satzwort an, wo hört es auf?

Man unterscheidet:

  • Exozentrische Komposita: teilweise unverständliche Einzelbestandteile, z. B. Rotkehlchen ("was ist ein ,Kehlchen'?")
  • Endozentrische Komposita: verständliche Einzelbestandteile, Paraphrasierung (= Umschreibung) möglich, z. B. Haustür

Außerdem gibt es folgende Typen:

  • Ko-Komposita: Teile des Kompositums bezeichnen einen semantisch übergeordneten Begriff (z. B. "papa-mama" = Eltern)
  • Determinativkomposita: Determinans (Adjunkt) + Determinatum (Kopf)
    • Zentrifugal: Kopf + Adjunkt (z. B. franz. café filtre)
    • Zentripetal: Adjunkt + Kopf (dt.: Esszimmer)
  • Kopulativkomposita: gleichberechtigte Bestandteile, z. B. süß-sauer, schwarz-weiß

Außerdem kann man Komposita nach ihrer Kompositionsform eingeteilt werden: Eigentliche Komposita bestehen aus Gliedern, die ohne Flexion aufeinandertreffen (z. B. engl.: daylight). Uneigentliche Komposita sind eigentlich zusammengefasste deklinierte (Genitiv-) Verbindungen, z. B. Frauenkirche, Tageslicht

Vergleiche die Kompositabildung im Deutschen mit der in den romanischen Sprachen (Pluralbildung)

Deutsche Komposita laufen meist nach folgendem Schema ab:

Kompositum + Verbstamm + Suffix

(z. B. Flecken-entfern-er)

Die Pluralbildung ist kein Problem: Sie richtet sich nach dem Nomina actionis (=Verbalsubstantiv).

In den romanischen Sprachen werden Komposita nach folgendem Schema gebildet:

Verb in 3. Person Singular + Kompositum

(z. B. franz. tire-bouchon = Korkenzieher)

Der Plural in den romanischen Sprachen wird ausschließlich am Artikel markiert (z. B. les tire-bouchon)

Welche zwei entgegengesetzte Ansichten über das Verhältnis von Sprache und Welt gibt es?

  • Sprache formt das Weltbild: Sapir-Whorf-Hypothese (Hypothese der linguistischen Relativität)
  • Sprache kann alles ausdrücken, was in der Welt vorhanden ist