Arbeitsrecht 6 - Besondere Fragen

Studer/Sigerist, Übungsbuch Arbeitsrecht, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2013 vertragliches Konkurrenzverbot, Immaterialgüterrechte im Arbeitsverhältnis, Unverzichtbarkeit und Verjährung, Zivilrechtspflege bei Arbeitsstreitigkeiten

Studer/Sigerist, Übungsbuch Arbeitsrecht, 2. Aufl., Orell Füssli, Zürich 2013 vertragliches Konkurrenzverbot, Immaterialgüterrechte im Arbeitsverhältnis, Unverzichtbarkeit und Verjährung, Zivilrechtspflege bei Arbeitsstreitigkeiten


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Langue Deutsch
Catégorie Droit
Niveau Université
Crée / Actualisé 19.04.2016 / 01.03.2024
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1. Wodurch unterscheidet sich das gesetzliche Konkurrenzvervot von der Geheimhaltungspflicht?

Das gesetzliche Konkurrenzverbot (OR 321a III) erlischt mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Gemheimhaltungsverpflichtung (OR 321a IV besteht über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus.

2. Wodurch unterscheidet sich das gesetzliche vom vertraglichen Konkurrenzverbot?

Das gesetzliche Konkurrenzverbot (OR 321a III) besteht während der Dauer des Arbeitsverhältnisses von Gesetzes wegen. Mit dessen Beendigung fällt es dahin.

Das vertragliche Konkurrenzverbot (OR 340 I) besteht aufgrund vertraglicher Vereinbarung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

3. Welches ist der Inhalt des vertraglichen Konkurrenzverbots?

Die Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeder konkurrenzierenden Tätigkeit zu enthalten.

Insbesondere weder auf eigene Rechnung ein Geschäft zu betreiben, das mit dem des Arbeitgebers in Wettbewerb steht, noch in einem solchen Geschäft tätig zu sein oder sich daran zu beteiligen (OR 340 I).

4. Betrifft das vertragliche Konkurrenzverbot sowohl den Anbieter- als auch den Nachfragemarkt?

BGer: nur Konkurrenz auf der Anbieterseite. Die Konkurrenz bei der Nachfrage gleicher Güter zur Weiterverarbeitung wird nicht erfasst.

5. Kann mit dem Erwerb von Aktien einer Konkurrenzunternehmung das vertragliche Konkurrenzverbot verletzt werden?

Erst wenn dadurch eine direkte Einflussnahme auf die Geschäftsleitung ermöglicht wird.

6. Weshalb sind Konkurrenzverbotsklauseln einschränkend auszulegen?

Weil sie die wirtschaftliche Entfaltungsfreiheit (BV 27) beschränken und andererseits das Persönlichkeitsrecht (ZGB 27 II) beschlagen.

7. Welche Bedeutung kommt einer Entschädigung des Arbeitgebers für das dem Arbeitnehmer auferlegte Konkurrenzverbot zu?

Eine Entschädigung (sog. Karenzentschädigung) kann vertraglich vereinbart werden und ist diesfalls im Rahmen der Beurteilung der Übermässigkeit des Konkurrenzverbots durch den Richter zu berücksichtigen (OR 340a II).

Insbesondere kann eine trotz Beschränkung des Konkurrenzverbots nach Ort, Zeit und Gegenstand allenfalls bestehende unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Arbeitnehmers durch angemessene Entschädigung kompensiert werden.

8. An welche Voraussetzungen ist eine Konkurrenzverbotsklausel geknüpft?

  • Handlungsfähigkeit des Arbeitnehmers (OR 340 I)
  • Schriftlichkeit der Klausel (OR 340 I)
  • Einsicht in den Kondenkreis oder Fabrikations-/Geschäftsgeheimnisse (OR 340 II)
  • Möglichkeit einer erhbelichen Schädigung (OR 340 II)

9. In welchem Zeitpunkt müssen die Voraussetzungen für ein gültiges Konkurrenzverbot gegeben sein?

Handlungsfähigkeit und Schriftlichkeit im Zeitpunkt des Abschlusses der Konkurrenzverbotsvereinbarung.

Einsicht in den Kundenkreis/Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnisse und Möglichkeit der erheblichen Schädigung im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses/Inkrafttreten des vertraglichen Konkurrenzverbotes.

10. Sind die Voraussetzungen für eine gültige Konkurrenzverbotsklausel abänderbar?

Die Voraussetzungen einer Konkurrenzverbotsklausel sind einseitig zwingend (OR 362)

Sie können durch Einzel-, Normal- oder Gesamtarbeitsvertrag nur zugunsten des Arbeitnehmers abgeändert werden.

11. Sind Konkurrenzverbote inhaltlich unbeschränkt zulässig?

Nein, zur Verhinderung einer unbilligung des wirtschaftlichen Fortkommens des Arbeitnehmers ist das Konkurrenzverbot nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen zu begrenzen (OR 340a I).

12. In welchem Umfang sind Konkurrenzverbote örtlich zulässig?

Höchstens im Umfang des räumlichen Arbeitsgebietes des alten Arbeitgebers.

Einschränkung auf den räumlichen Wirkungsbereich des Arbeitnehmers.

13. In welchem Umfang sind Konkurrenzverbote zeitlich zulässig?

Grundsatz: max. 3 Jahre

Ausnahme: besondere, durch den Arbeitgeber nachzuweisende Umstände (OR 340a I)

14. In welchem Umfang sind Konkurrenzverbote sachlich zulässig?

Beschränkt auf Tätigkeiten, von welchen der Arbeitnehmer beim früheren Arbeitgeber konkret Kenntnis erwarb und mit welchen er befasste.

15. Ist ein übermässiges Konkurrenzverbot gültig?

Es ist nicht nichtig, sondern durch den Richter auf ein zulässiges Mass zu reduzieren.

Eine allfällige Entschädigung/Gegenleistung des Arbeitgebers ist zu berücksichtigen (OR 340a II).

16. Welche Rechtsfolgen bewirkt die Verletzung des vertraglichen Konkurrenzverbotes?

  • Schadenersatzpflicht (OR 340a I)
  • ev. Bezahlung einer Konventionalstrafe (OR 340b II)
  • ev. Realerfüllung (nur bei ausdrücklicher schriftlicher Vereinbarung & bei besonders gewichtigen Interessen des Arbeitgebers/besonders treuwidrigem Verhalten des Arbeitnehmers)

17. Welches ist die Bedeutung der Bezahlung der Konventionalstrafe?

Mangels anderer Abrede, kann sich der Arbeitnehmer durch Bezahlung der Konventionalstrafe im Sinne einer Wandelpön befreien (OR 340b II).

18. Kann die Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz wegen Verletzung eines Konkurrenzverbotes wegbedungen werden?

Nein, OR 340b I ist beidseitig zwingend (OR 361).

19. Welche Tatbestände führen zum Wegfall des Konkurrenzverbotes?

  • Wegfall des Interesses des Arbeitgebers (OR 340c I)
  • Kündigung durch den Arbeitgeber ohne begründeten Anlass durch den Arbeitnehmer (OR 340c II)
  • Kündigung durch den Arbeitnehmer mit begründetem Anlass durch den Arbeitgeber (OR 340c II)

pro memoria:

Der begründete Anlass ist nicht mit dem wichtigen Grund nach OR nach OR 337 zu verwechseln. Darunter
fällt jedes der anderen Partei zuzurechnende Ereignis, das bei vernünftiger kaufmännischer Erwägung einen erheblichen Anlass zur Kündigung geben kann 

Kein Wegfall des Konkurrenzverbotes:

  • Kündigung wegen unverschuldeter dauernder Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers (AGVE 2005, 513 E 4c).
  • Kündigung wegen Vorbereitung der späteren Tätigkeit in Konkurrenzunternehmen (BGE 4A_33/2011 E 4.2; 130 III 353 E 2.2.3)
  • Pflicht zur Annahme einer zumutbaren Arbeit nach AVIG 16 f. (aber Berücksichtigung bei Bemessung der Konventionalstrafe; AppGer BS, BJM 1996, 17 E 4 f.)

Wegfall des Konkurrenzverbotes:

  • Kündigung wegen vorübergehende unverschuldete Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers (GSGer BS, JAR 2010, 453)

20. Fällt mit dem Wegfall oder mit dem Verzicht der Einhaltung des Konkurrenzverbots auch die vereinbarte Karenzentschädigung dahin?

Fällt das Konkurrenzverbot aufgrund von Art. 340c Abs. 1 oder 2 OR dahin, könnte analog zu OR 119 II (bei zweiseitigen Verträgen haftet der der freigewordene Schuldner für das bereits Empfangene) auch die Abrede auf Leistung einer Karenzentschädigung dahinfallen.

Die Meinungen sind dazu nicht einheitlich und es wird auch in solchen Fällen gefordert, dass ein Arbeitgebender seine Zahlungsverpflichtung kündigt.

M.E. überzeugend ist, dass mangels gesetzlicher Regelung auf die (allenfalls hypothetische) Parteivereinbarung abzustellen ist.

21. Kann beim Personalverleih dem Leiharbeitnehmer im Arbeitsvertrag mit dem Verleiher der Übertritt in den Einsatzbetrieb verhindert werden?

Nein. Solche Abreden sind nichtig (AVG 19 V b).

Zulässig sind Vereinbarungen über eine Entschädigung des Verleihers unter den Voraussetzungen von AVG 22 III.

22. Gelten im Immaterialgüter- und im Arbeitsrecht dieselben Prinzipien hinsichtlich des Erwerbs der geschaffenen Immaterialgüterrecht?

Nein, im Immaterialgüterrecht gilt das sog. Schöpferprinzip, wonach das geschaffene Immaterialgut dem individuellen Schöpfer gehört.

Im Arbeitsrecht gilt dagegen, dass der Arbeitgeber Anspruch auf das Resultat der Arbeitsleistung seines Arbeitnehmers hat (OR 321b II).

23. Was versteht man unter einer sog. Aufgabenerfindung bzw. Diensterfingung oder einem Aufgabendesign?

Erfindung/Design, die der Arbeitnehmer

  • bei Ausübung seiner Arbeitstätigkeit
  • in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung geschaffen hat

24. Was versteht man unter einer sog. Gelegenheitserfindung bzw. Vorbehaltserfindung oder einem Gelegenheitsdesign?

Erfindung/Design, die der Arbeitnehmer 

  • bei Ausübung seiner Arbeitstätigkeit
  • aber nicht in Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Verpflichtung geschaffen hat

25. Was versteht man unter einer sog. arbeitsfremden Erfindung und einem arbeitsfremden Design?

Erfindung/Design, die der Arbeitnehmer nicht bei Ausübung seiner Arbeitstätigkeit geschaffen hat.

26. Wonach richtet sich der Rechtserwerb an urheberrechtlich geschützten Werken im Arbeitsrecht?

Es fehlt eine gesetzliche Regelung im Arbeitsrecht.

h.L.: nach den im (aufgehobenen) OR 323a formulierten Grundsätzen:

  • Originärer Rechtserwerb des Arbeitnehmers
  • Erlangung der Nutzungsrechte des Arbeitgebers im Umfang, wie es das Arbeitsverhältnis erfordert

27. Wer erlangt die Immaterialgüterrechte an einer Aufgabenerfindung/Diensterfindung/Aufgabendesign?

Arbeitgeber erwirbt originär die Immaterialgüterrecht (OR 322 I)

27a. Wer erlangt die Immaterialgüterrechte an einer Gelegenheitserfindung/Vorbehaltserfindung/Gelegenheitsdesign?

Arbeitnehmer erwirbt originär die Immaterialgüterrecht (OR 322 II).

28. Kann der Arbeitnehmer für eine Aufgabenerfindung/Diensterfindung/Aufgabendesign eine Entschädigung verlangen?

Nein, der Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf besondere Vergütung, eine solche ist mit dem Arbeitslohn abgegolten.

29. Kann der Arbeitgeber an einer Gelegenheitserfindung/Vorbehaltserfindung/Gelegenheitsdesign die Immaterialgüterrechte erwerben?

Ja, der Arbeitgeber kann sich mittels vorgängiger schriftlicher Abrede (Erfinder-/Designerklausel) den derivaten Rechtserwerb vorbehalten (OR 332 II; sog. gebundene Gelegenheitserfindung/-design).

30. Welche Ansprüche stehen dem Arbeitnehmer zu, wenn der Arbeitgeber die gebundene Gelegenheits-/Vorbehaltserfindung/Gelegenheitsdesign derivativ erwirbt?

Anspruch auf angemessene Vergütung

angemessen: Abwägung des wirtschaftlichen Werts der Erfindung/des Designs, Mitwirkung des Arbeitgebers, Inanspruchnahme der Hilfspersonen/Betriebseinrichtungen des Arbeitgebers, Aufwendungen und Stellung (im Betrieb) des Arbeitnehmers

31. Wer erlangt die Immaterialgüterrechte an einer arbeitsfremden Erfindung/arbeitsfremden Design?

Der Arbeitnehmer originär.

32. In welchem Umfang gehen die Nutzungsrechte an den vom Arbeitnehmer während dem Arbeitsverhältnis geschaffenen Urheberrechte auf den Arbeitgeber über?

Nutzungsrechte an von Werken der Kunst und Literatur gehären dem Arbeitgeber,

  • falls deren Schaffung in den Aufgabenbereich des Arbeitnehmers fällt,
  • im Umfang, als der Arbeitgeber nach seinem Betriebszweck dafür Verwendung hat.

Ist die Schaffung solcher Werke nicht Teil des Aufgabenbereichs des Arbeitnehmers oder hat der Arbeitgeber dafür keine betriebliche Verwendung, erwirbt der Arbeitgeber keine Nutzungsrechte.

33. Was versteht man unter dem arbeitsrechtlichen Verzichtsverbot?

Dass der arbeitnehmer während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und während eines Monats nach Beendigung nicht auf Forderungen, die sich aus unabdingbaren Vorschriften des Gesetzes/Gesamtarbeitsvertrags ergeben verzichten kann.

34. Ist die Berufung auf das Verzichtsverbot missbräuchlich?

Grundsatz: Nein

BGer: bei Hinzutreten besonderer Umstände, z.B. wenn der Arbeitnehmer die Verzichtsvereinbarung im eigenen Interesse und in Kenntnis der Unzulässigkeit selbst vorgeschlagen hat, wenn die geschützten Interessen entfallen oder anderweitig gewahrt sind.

35. Inwiefern unterscheidet sich das arbeitsrechtliche Verzichtsverbot von OR 361 f.?

Verzichtsverbot (OR 341 I): bezieht sich auf bereits entstandene Forderungen

einseitig/zweiseitig zwingende Normen (OR 361f.): garantieren die Entstehung zukünftiger Ansprüche

36. Inwiefern unterscheidet sich der Aufhebungsvertrag vom Forderungsverzicht?

Aufhebungsvertrag: das Arbeitsverhältnis wird gesamthaft für die Zukunft aufgehoben

Forderungsverzicht: Verzicht auf einzelne bereits entstandene Ansprüche

37. Wann verjähren die Lohnforderung und die Forderung des Arbeitnehmers auf Auslagenersatz oder auf Erfinder- und Designvergütung?

OR 341 II:

auf Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis sind die allgemeinen Vorschriften der Verjährung anwendbar (OR 127 ff.)

  • Lohnforderungen: 5 Jahre seit Fälligkeit (OR 128 Ziff. 3)
  • Auslagenersatz/ERfinder-/Designvergütung: 10 Jahre nach Fälligkeit (OR 127)

38. Welches Gericht ist innerstaatlich zur Beurteilung arbeitsrechtlicher Streitigkeiten örtlich zuständig?

Gerichtsstand (ZPO 34):

  • Wohnsitz/Sitz des Beklagten
  • oder Arbeitsort
  • Ort der Geschäftsniederlassung (Stellensuchende, Klagen gestützt auf Arbeitsvermittlungsgesetz [AVG])

38a. Welches Gericht ist Kanton Zürich zur Beurteilung innerstaatlicher arbeitsrechtlicher Streitigkeiten sachlich zuständig?

  • vorab Schlichtungsbehörde (ZPO 197)
  • Bezirksgericht
    • als Einzelgericht (Summarverfahren GOG 24 lit c; bis Streitwert Fr. 30'000.-, GOG 25)
    • als Kollegialgericht (Klagen nach GOG 20ab Streitwert Fr. 30'000.- oder auf Verlangen einer Partei, GOG 25 e contrario)