M5 - 3404 - Bindungstheorie

M 5 - 3404 Bindungstheorie - Vorlesung

M 5 - 3404 Bindungstheorie - Vorlesung


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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 22.01.2016 / 25.10.2020
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1. John Bowlby: beruflicher Hintergrund

John Bowlby (1907-1990) gilt als "Vater" der Bindungstheorie, er war Englänger und Mediziner (Kinderpsychiatrie). Er hospitierte an 2 Schulen für Problemkinder-u. Jugendliche
Er arbeitete mit James Robertson zusammen und mit Mary Ainsworth.

1. John Bowlby: Forschungsinteressen

Welche Folgen resultieren für Kinder (und ihre weitere Entwicklung) aus einer Trennung von den Hauptbezugspersonen (v.a. Müttern)


 

2. Bindungstheorie:

a. Theoretische Einbettung:

eine psychologische Theorie, zentrale Rolle von Beziehungen für die lebenslange Entwicklung => eine soziogenetische Theorie

2. Bindungstheorie:

b. Zentraler Aspekt:

psychische Funktionen "Selbst" sind sozialen Ursprungs

 

2. Bindungstheorie:

c. Definition „Bindung":

ein sich in der frühen Entwicklung etabliertes emotionales Band zwischen dem Kind und einer Bezugsperson/Bindungsperson (v.a. Mutter)

 

2. Bindungstheorie:

d. Begriffsverständnis bzw. -unterscheidung: 
Bindungssystem / Bindungsverhalten / Explorationsverhalten

Bindungssystem: physische Nähe und psychologische Verfügbarkeit einer Bindungsperson aktiviert und reguliert entsprechendes Bindungsverhalten,


Bindungsverhalten: Das wird nur bei wahrgenommener Bedrohung aktiviert und sichtbar (Kind weint und sucht die Mutter),

Explorationsverhalten: Erkundungsverhalten, möglich wenn die Bindungsperson da ist "sichereBindung

2. Bindungstheorie:

e. Funktion des Bindungssystems:

angeboren, in kritischen Momenten Schutz und Sicherheit zu suchen, je nachdem wie die Bezugsperson sich dann verhält, gibt es interindividuelle Unterschiede.  Kinder sind maximal auf Fürsorge angewiesen

--> Überleben der Art sichern 

3. Beschreibung des Regelkreisprinzips von Explorations- und Bindungssystem

Exploration- und Bindungssystem sind komplementär
Unter Stressbedingungen wird das Explorationsverhalten unterbrochen und das Bindungsverhalten aktiviert (Regelkreis-Prinzip)

4. Beziehung zwischen Fürsorgesystem und Bindungssystem, Herkunft, Sinn

Das Bindungssystem des Kindes korrespondiert mit dem Fürsorgesystem der Bezugsperson.

Beide sind aus der Evolution hervorgegangen

Beide sind da um die Bedürfnisse des Kindes nach Nähe und Sicherheit zu befriedigen.

5. Was ist mit der Aussage gemeint: „Das Bindungssystem ist umweltstabil"?

Das Bindungssystem ist genetisch gegeben. Jedes Kind entwickelt im 1. Lebensjahr eine personenspezifische Bindung.

5. Was ist mit der Aussage gemeint: Die Bindungsqualität ist umweltlabil

Qwualität hängt von Umweltbedingungen ab; konkret von Interaktionserfahrungen zwischen Mutter und Kind

wird von Generation zur Generation weitergegeben

6. Phasen der Bindungsentwicklung

0-3 Monate: keine, nicht personenspezifisch, Trennung nicht schlimm

3-6 Monate: Ab dem 4. Monat personenspezifisch

6 Monate bis 3 Jahre: spezifische Bindung an wenige Bezugspersonen, Bindungsverhaltenssystem zielorientiert auf Bähe zur Bindungsperson

ab 3. Jahr:
- Ziel-korrigierte Partnerschaft
- wachsende kongnitive Fähigkeit des Erkennens von Emotionen und Motiven der Bindungsperson
- Berücksichtigung für eigene Pläne: „internale Arbeitsmodelle“

7. Fremde-Situation-Test (Strange Situation Test, SST) von Mary Ainsworth

a) Versuchsaufbau

Mutter und Kleinkind (z.B. ein Jahr alt) betreten einen Beobachtungsraum mit einer Einwegscheibe (mit anderen Worten: man kann von draußen sehen, was drinnen geschieht, aber nicht umgekehrt). In diesem Raum mit Spielzeug und zwei Stühlen finden nacheinander die folgenden acht dreiminütigen Episoden statt

7. Fremde-Situation-Test (Strange Situation Test, SST) von Mary Ainsworth

b) Einzelne Schritte

1) Mutter und Kind werden vom Beobachter in den Raum geführt. Mutter setzt Kind auf den Boden.

2) Mutter und Kind sind allein. Mutter liest Zeitschrift. Kind kann die Umgebung und das Spielzeug erkunden.

3) Eine Fremde tritt ein, unterhält sich mit der Mutter und beschäftigt sich auch mit dem Kind.

4) Mutter verlässt unauffällig den Raum, Fremde bleibt mit dem Kind allein, beschäftigt sich mit ihm und tröstet es gegebenenfalls.

5) Mutter kommt wieder, Fremde geht. Mutter und Kind sind allein, Mutter beschäftigt sich mit dem Kind und versucht, es wieder für das Spielzeug zu interessieren.

6) Mutter verlässt mit Abschiedsgruß den Raum und lässt Baby allein.

7) Fremde tritt ein und versucht ggf. Kind zu trösten.

8) Mutter kommt wieder und Fremde verlässt den Raum.

7. Fremde-Situation-Test (Strange Situation Test, SST) von Mary Ainsworth

c). Klassifizierung der Bindungsmuster (Interaktionsstil der Mütter)

d) prozentuale Verteilung

e) Relevante Beobachtungssequenzen für die Klassifizierung des Bindungsstils

entscheidend ist Verhalten bei Schritt 5) und 8):

- sichere Bindung, 67%, Kinder suchen Nähe, Mütter: „feinfühlig“:
Reaktion richtig, prompt, angemessen

- unsicher-vermeidend, 21%, kein Bindungsverhalten, Mütter: Vermeidung von Körperkontakt

- unsicher.-ambivalent, 12%, ambivalentes Bindungsverhalten (komm her geh weg), nicght tröstbar, Mütter: unzuverlässiges Verhalten

8. Stabilität der Bindungsklassifikation im Kleinkindalter im weiteren Entwicklungsverlauf

Die Stabilität bleibt bei Kindern von 12-18 Monaten bis zum 6. Lebensjahr

9. Was sind „Internale Arbeitsmodelle" (Internal Working Models of „Self" and „Other”)?

-dynamische Repräsentation des eigenen "Selbsts" und der Bindungsperson: sie steuern, regulieren, sagen vorher --> sind aktiv

- internale Arbeitsmodelle: Arbeitsmodelle der eigenen Person und der Bindungsperson sind komplementär:

"Andere" ist emotional verfügbar, unterstützt Exploration 
<---->
"Selbst" Person fühlt sich wertgeschätzt/kompetent

Internale Arbeitsmodelle gelten als

- entwicklungspsychologische Vorraussetzung (Objektpermanenz, theory of mind etc.)
- Veränderung und Resistenz gegenüber Veränderungen (Assimilation, Akkommodation)
Solche innere Arbeitsmodelle bleiben das ganze Leben lang stabil.

10. Möglichkeiten zur Erfassung von Bindungsqualitäten bei älteren Kindern

Methode  und Auswertung

Kinder: Das Kind (4-5 Jahre alt) muss ein Puppenspiel zu Ende spielen. 
Kinder: Es wird analysiert, wie die Kinder die Geschichte zu Ende spielen -> daraus wird auf das Bindungsmuster geschlossen.

10. Möglichkeiten zur Erfassung von Bindungsqualitäten bei Erwachsenen 

Methode  und Auswertung

Erwachsene: Adult Attachment Interview von George, Kaplan und Main (1985) AAI
Erwachsene: richtet sich auf die Formaspekte der Schilderung der Beziehung, nicht auf die Inhalte

11. Klassifikation der 4 Bindungsstile im Adult Attachment Interview von George, Kaplan und Main (1985) AAI

1) sicher-autonom (Wertschätzung der Beziehung)
2) unsicher-distanziert (etwas stimmt nicht - es ist zu verschönert)
3) unsicher-verwickelt (ärgerlich, verstrickt, Vorwürfe)
4) unverarbeitet-traumatisiert (traumatische Erlebnisse)