Allgemeines Verwaltungsrecht

Karteikarten zur VL Verwaltungsrecht AT.

Karteikarten zur VL Verwaltungsrecht AT.


Kartei Details

Karten 256
Sprache Deutsch
Kategorie Recht
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 16.01.2025 / 29.05.2025
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Was bedeutet Bestandskraft von VAen?

Bestandskraft eines VA ist gegeben, wenn die Regelung des VA (grundsätzlich) endgültig gilt.
 

Beachte:
Behörde kann bestandskräftige (belastende oder begünstigende) VAe unter bestimmten Umständen aufheben.

Behörde kann bestandskräftige (belastende oder begünstigende) VAe unter bestimmten Umständen aufheben... unter welchen?

  • Rücknahme
  • Widerruf
  • Wiederaufgreifen

§§ 48-51 VwVfG

Wann wird ein anfechtbarer VA bestandskräftig?

 

  • Widerspruchs- oder Klagefrist abgelaufen und Widerspruch/Klage wurde nicht erhoben
  • Rechtsbehelfe wurden erfolglos ausgeschöpft.

Wann wird ein ausschließlich begünstigender VA bestandskräftig?

mit Bekanntgabe

Nenne die Nichtigkeitsgründe von Verwaltungsakten und die Rechtsfolge

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen
 

Nichtigkeitsgründe (§44 VwVfG)

  • Abs. 2: absolute Nichtigkeitsgründe
  • Abs. 3: Fehler, die für sich allein nie Nichtigkeit begründen
  • Abs. 1: Generalklausel. VA ist nichtig, wenn Rechtswidrigkeit 1. besonders schwerwiegend und 2. offensichtlich 

Nichtige VA sind von vornherein unwirksam (§43 III VwVfG)

Ein VA ist nichtig, wenn Rechtswidrigkeit besonders schwerwiegend und offensichtlich ist.

In welchem Fall ist das gegeben?

Kein vernünftiger Mensch könnte so einen VA für verbindlich halten. (Faustformel)

Prüfung der Folgen eines Form- und Verfahrensfehlers

1. Ist der VA nichtig? (§44 VwVfG)

falls (+): VA unwirksam, Heilung des Fehlers oder Unbeachtlichlkeit scheiden aus.

falls (-):

2. Wurde der Fehler durch Nachholung geheilt (§45 VwVfG)

falls (+): VA formell rechtmäßig

falls (-):

3. Ist der Fehler nach §46 VwVfG unbeachtlich?

falls (+) VA formell rechtswidrig, wird aber trotzdem nicht aufgehoben

falls (-): Auf Widerspruch / Klage ist VA aufzuheben

Welche Form- und Verfahrensfehler können nachgeholt und damit geheilt werden?

Nenne die einschlägigen Normen

Heilung von Form- und Verfahrensfehlern ( §45 VwVfG )

Nachgeholt werden können ( §45 I VwVfG )

  • ein für den Erlass des VA erforderlicher Antrag
  • die Mitwirkung eines Ausschusses oder einer anderen Behörde
  • Die Begründung des VA
  • Die Anhörung eines Beteiligten

Zeitliche Grenze der Nachholung: Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens

Warum ist die Adressatentheorie bei einer Verpflichtungsklage wenig hilfreich,

und wie wäre dann das Vorgehen?

  • Die Adressatentheorie ist nur dann hilfreich, wenn der VA belastend ist oder zumindest belastende Komponenten enthält.
    • Beispiel: Führerschein mit belastenden Nebenbestimmungen erteilt.
  • Stattdessen sollte im Falle einer Verpflichtungsklage danach gesucht werden, wo ein Anspruch besteht.

Was versteht man unter der Rücknahme eines VA?

Nenne die einschlägige Norm

  • Aufhebung eines rechtswidrigen VA
  • VA muss schon bei seinem Erlass rechtswidrig gewesen sein
  • §48 VwVfG

Wie prüft man die Rechtmäßigkeit der Rücknahme eines VA?

Nenne die einschlägigen Normen

I. Ermächtigungsgrundlage für die Rücknahme (spezielle Regelungen? sonst §48 VwVfG)
II. Formelle Rechtmäßigkeit der Rücknahme (nicht des Ausgangs-VA)
III. Materielle Rechtmäßigkeit der Rücknahme 
1. Rechtswidrigkeit des zurückgenommenen VA (§48 I 1 VwVfG)
- hier inzident die formelle und materielle Rechtmäßigkeit des zurückgenommenen VA prüfen
2. War der zurückgenommene VA begünstigend (§48 I 2, II-IV VwVfG)
- bei "Leistungsbescheid" mit Geld- oder Sachleistungen: §48 II VwVfG (Vertrauensschutz)
- bei allen begünstigenden VA: Rücknahmefrist §48 IV VwVfG
3. Rücknahmeermessen

Was versteht man unter dem Widerruf eines VA?

Nenne die einschlägige Norm

  • (Grds.) Aufhebung eines rechtmäßigen VA
  • dazu zählen auch VA, die bei Erlass noch rechtmäßig waren und deren Voraussetzungen später weggefallen sind (§49 II 1 Nr. 3, 4 VwVfG)
  • §49 VwVfG

Wonach richtet sich, wer die/der richtige Beklagte ist?

Nenne die einschlägige Norm

Im Land Bremen richtet sich die richtige Beklagte nach dem Rechtsträgerprinzip

Rechtsgrundlage: §78 I VWGO

Wie ist die sachliche Zuständigkeit geregelt?

  • Die sachliche Zuständigkeit wird in Fachgesetzen geregelt
  • Im Landesrecht werden die zuständigen Behörden konkret benannt (z.B. §1 BremAufenthGZVO), daher sollte hier immer ein Blick ins Landesrecht erfolgen
  • Grund: Art. 84 I GG (Länder regeln Einrichtung der Behörden)

Wie ist die örtliche Zuständigkeit geregelt?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Geregelt in §3 VwVfG, Aufzählung in §3 I Nr. 1-3 VwVfG
  • Alle anderen Fälle: §3 I Nr. 4 VwVfG verortet die Zuständigkeit, wo der Anlass für die Amtshandlung hervortritt
  • Bei Zuständigkeitskonkurrenzen gilt nach §3 II VwVfG das Prioritätsprinzip
  • Bei Änderung der örtlichen Zuständigkeit während des Verfahrens kann nach §3 III VwVfG die Ursprungsbehörde das Verfahren mit Zustimmung der neuen Behörde fortführen

Wie ist das Verwaltungsverfahren geregelt?

Bei welchem Prüfpunkt könnte dies ggf. relevant werden?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Legaldefinition des Verwaltungsverfahrens findet sich in §9 VwVfG
  • Der Grundsatz der Nichtförmlichkeit gemäß §10 VwVfG bestimmt, dass das Verwaltungsverfahren an bestimmte Formen nicht gebunden ist, aber einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen ist (soweit das Fachrecht keine detaillierten Vorschriften enthält)
  • In der Prüfung: ggf. bei Begründetheit | Formelle Rechtmäßigkeit | Verfahren interessant

Wann ist eine Anhörung erforderlich, wann nicht?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Erforderlich, bevor ein belastender VA erlassen wird
  • Erforderlichkeit ist umstritten, wenn ein Antrag auf Erlass eines begünstigenden VA abgelehnt wird. Nach dem BVwerG: nicht erforderlich
  • Entbehrlich nach §28 II VwVfG, wenn "nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten". Der wichtigste Beispielfall: Gefahr im Verzug, Eilbedürftigkeit (§28 II Nr. 1 VwVfG)
  • Entbehrlich ebenfalls, wenn zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht, was bei manchen polizeilichen Maßnahmen in Betracht kommt (§28 III VwVfG)

Der wichtigste Beispielfall, Gefahr im Verzug, nach §28 II Nr. 1 VwVfG erhielt den Vermerk "gerne für Klausuren genommen"

Wie läuft eine Anhörung?

  • Vom Einzelfall abhängig
  • Grundsätzlich kann eine Anhörung nach §28 VwVfG sowohl mündlich, als auch schriftlich erfolgen
  • Der Beteiligte muss zu den entscheidungserheblichen Tatsachen eines belastenden VA Stellung nehmen können
  • Die Behörde muss deutlich machen, welche Maßnahme sie plant und auf welche Gründe sie sich stützt 
  • Ob der Beteiligte diese Gelegenheit nutzt oder nicht, ist seine Entscheidung. Trägt er aber vor, muss die Begründung des VA (§39 I VwVfG) erkennen lassen, dass die Behörde seinen Vortrag wahrgenommen und sich damit auseinandergesetzt hat.

An welche Formvorschriften ist der Verwaltungsakt gebunden?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Grundsatz der Formfreiheit gemäß §37 II 1 VwVfG
    • Ausnahmen: (Fach)Gesetz schreibt für bestimmte VA eine bestimmte Form vor (z.B. Beamtenernennung durch Urkunde)
  • VA kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder "in anderer Weise" erlassen werden
  • Nach §37 II 2 VwVfG ist ein mündlicher VA auf Verlangen des Betroffenen schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse, wie z.B. die Prüfung von Rechtsmitteln, besteht
  • "In anderer Weise"? z.B. wenn ein Polizist durch Haltekelle oder Handzeichen zum Anhalten auffordert, auch: Verkehrsampeln, Verkehrszeichen

Welchen Anforderungen unterliegt der schriftliche Verwaltungsakt?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • §37 III 1 VwVfG: erlassende Behörde muss erkennbar sein
  • Der verfügende Teil, auch Tenor genannt, muss nach §37 I VwVfG hinreichend bestimmt sein, d.h. die Absicht der Behörde muss für den Adressaten daraus hervorgehen, ggf. unter Zuhilfenahme der Begründung
  • Unter der Begründung gemäß §39 I VwVfG versteht man die Angabe der wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen, aus denen die Behörde so entschieden hat, ggf. ergänzt um die Angabe der wesentlichen Gründe für die Ermessensausübung
  • Ausnahmen für die Begründungserfordernis sind in §39 II VwVfG geregelt (insbesondere Massen-VA und volle Antragsstattgabe)
  • Außerdem: Rechtsbehelfsbelehrung nach §37 VI VwVfG; bei Fehlern oder Fehlen §58, 70 II VwGO
  • Unterschrift bzw. Namenswiedergabe des Bearbeiters nach §37 III 1 VwVfG

Ordne die Anforderungen an den schriftlichen Verwaltungsakt in das Prüfungsschema ein

  • Fehlt dem schriftlichen VA etwas, oder liegt ein Fehler vor, ist der VA formell rechtswidrig
  • Ausnahme: Rechtsbehelfsbelehrung
  • kann im Gutachten unter Begründetheit | Formelle Rechtmäßigkeit | Form wichtig werden

Wem muss ein Verwaltungsakt bekanntgegeben werden?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • VA muss dem, ggf. jedem Adressaten bekannt gemacht werden
  • Erst mit seiner Bekanntgabe wird ein VA dem, ggf. jeweiligen Adressaten gegenüber wirksam (§41 I, §43 I VwVfG)
    • Hat der Adressat einen Bevollmächtigten, kann ein VA diesem nach §41 I 2 VwVfG bekannt gegeben werden - und sollte es nach §14 III VwVfG auch
    • Bei schriftlicher Vollmacht und förmlicher Zustellung muss dem Bevollmächtigten zugestellt werden (§1 BremVwZG i.V.m. §7 I 2 VwZG)
  • Bei schriftlichem VA entscheidet der Zugang über die Bekanntgabe i.S.d. §130 BGB

Nenne die verschiedenen Formen der Bekanntgabe

und die einschlägigen Rechtsnormen

  • Einfache Bekanntgabe (§41 I-IV VwVfG)
    • Bei Versendung mit der Post: Drei-Tages-Fiktion gemäß §41 II VwVfG beachten
  • Zustellung durch Postzustellungsurkunde, Einschreiben oder Empfangsbekenntnis (§41 V VwVfG, §1 BremVwZG i.V.m. VwZG)
    • Zugang und Zeitpunkt rechtssicher beweisbar
    • Nach Ermessen oder gesetzlicher Vorschrift (z.B. §73 III VwGO für Widerspruchsbescheide)
    • Wenn zugestellt wird, muss ordnungsgemäß zugestellt werden. Eine Zustellung mit Formfehlern kann nicht eine Bekanntgabe umgedeutet werden

 

"Beliebte Klausurfalle"

Wann ist die öffentliche Bekanntgabe zulässig und was versteht man darunter?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • geregelt in §41 III, IV VwVfG
  • zulässig bei spezialgesetzlicher Regelung oder Allgemeinverfügungen
  • Tenor des VA wird ortsüblich bekanntgemacht (§41 IV VwVfG)
    • Im Land Bremen regelt das bremische Bekanntmachungsgesetz, was ortsüblich ist (Internet, Weser-Kurier, Nordsee-Zeitung)
  • Bekanntgabe gilt zwei Wochen nach Bekanntmachung als erfolgt

Öffentliche Zustellung (§1 BremVwZG i.V.m. §10 VwZG): vor allem dann, wenn der Aufennthalt des Adressaten des VA unbekannt ist.

Wann dürfen VA mit Nebenbestimmungen versehen werden?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Falls fachgesetzlich geregelt (z.B. §12 AufenthG): wenn die dort geregelten Voraussetzungen erfüllt sind
  • Falls fachgesetzlich nicht geregelt:
    • bei gebundenen VA (auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht): nur dann zulässig, wenn die Nebenbestimmung die Erfüllung der Anspruchsvoraussetungen sicherstellen soll (§36 I VwVfG)
  • Bei VA, deren Erlass im Ermessen der Behörde steht: nach pflichtgemäßem Ermessen (§36 II VwVfG)
    • also: nicht willkürlich, sondern verhältnismäßig und sachgerecht
  • Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des VA nicht entgegenstehen (§36 III VwVfG)

Klausurrelevant: belastende Nebenbestimmungen zu begünstigendem VA

Nenne fünf verschiedene Formen von Nebenbestimmungen

und die Rechtsnorm, in der sich ihre Legaldefinition findet

  1. Befristung
  2. Bedingung
  3. Auflage
  4. Widerrufsvorbehalt
  5. Auflagenvorbehalt

in §36 II VwVfG

Wie sind Bedingungen bzw. Auflagen von der Hauptregelung abzugrenzen?

  • Beschreibungen, Eingrenzungen und Einschränkungen können notwendig sein, damit die Hauptregelung des VA hinreichend bestimmt ist
  • Diese sind keine Auflagen oder Bedingungen, sondern untrennbarer Teil der Hauptregelung

Beispiel: Bei der Genehmigung der Errichtung eines eingeschossigen Wohngebäudes sind "eingeschossig" und "Wohngebäude" keine Nebenbestimmungen, sondern beschreiben, was genehmigt wurde.

Was versteht man unter einer Befristung (Nebenbestimmungen)?

  • Eine Befristung begrenzt den Geltungszeitraum des VA
  • VA gilt erst ab oder nur bis zu einem bestimmten Termin
  • "Termin" kann ein Datum, der Ablauf einer Frist oder jedes andere Ereignis sein, dessen Eintritt feststeht (auch dann, wenn der Zeitpunkt noch ungewiss ist - z.B. der Tod des Adressaten)
  • Legaldefinition §36 II Nr. 1 VwVfG

Was versteht man unter einer Bedingung (Nebenbestimmungen)?

  • Eine Bedingung knüpft die Geltung des VA an den Eintritt eines ungewissenen Ereignisses
  • Aufschiebende Bedingung: VA gilt erst ab dem Eintritt des Ereignisses (z.B. Bau eines Notausgangs vor dem Betrieb der Gaststätte)
  • Auflösende Bedingung: VA erlischt mit dem Eintritt des Ereignisses (z.B. Aufenthaltserlaubnis wird mit der Bedingung erteilt, dass ein Studium fortgeführt wird)
  • Vielleicht treten die Ereignisse hier auch niemals ein
  • Legaldefinition in §36 II Nr. 2 VwVfG

Was versteht man unter einer Auflage (Nebenbestimmungen)?

  • Eine Auflage verpflichtet den Adressaten eines (begünstigenden) VA, etwas zu tun oder zu unterlassen (z.B. Baugenehmigung wird mit der Auflage erteilt, das Grundstück einzuzäunen)
  • Die Begünstigung ist hierbei auch wirksam, wenn die Auflage nicht erfüllt ist (z.B. baut der Bauherr ohne Zaun, aber nicht ohne Genehmigung)
  • Behörde kann bei Nichterfüllung die Auflage mit Zwang durchsetzen oder den VA ggf. widerrufen (§49 II Nr. 2 VwVfG)
  • Legaldefinition in §36 II Nr. 4 VwVfG

Was ist der wesentliche Unterschied zwischen

einer Auflage und einer aufschiebenden Bedingung?

  • Eine mit einer Auflage erteilte Genehmigung ist trotzdem wirksam
  • Bei einer aufschiebenden Bedingung ist die Genehmigung bis zum Eintritt des Ereignisses nicht wirksam, sondern stellt oft eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit dar
  • Die Abgrenzung erfolgt durch die Auslegung der Nebenbestimmungen
    • Faustregel: wie wichtig ist die Nebenbestimmung? Ist sie sehr wichtig, ist sie im Zweifel eher Bedingung als Auflage

Was versteht man unter Widerrufs-/Auflagenvorbehalt (Nebenbestimmungen)?

  • Die Behörde behält sich bei einem Widerrufsvorbehalt vor, den VA bei späterer Änderung der Sach- oder Rechtslage zu widerrufen (§36 II Nr. 3 VwVfG)
  • bzw. bei einem Auflagenvorbehalt, den VA nachträglich mit einer Auflage zu versehen (§36 II Nr. 5 VwVfG)
  • Hierdurch soll verhindert werden, dass der Adressat sich auf Vertrauensschutz berufen kann, wenn der VA später widerrufen oder eine neue Auflage erlassen wird.

Wann sind Form- und Verfahrensfehler unbeachtlich?

  • Ein Form- oder Verfahrensfehler darf die im VA getroffene Regelung "offensichtlich nicht beeinflusst" haben (§46 VwVfG)
  • d.h. nach den Umständen des Einzelfalls besteht keine konkrete Möglichkeit, dass die Behörde ohne den Fehler anders entschieden hätte
    • kann bei Ermessens-VA ausnahmsweise bejaht werden
    • wird bei materiell-rechtmäßigen "gebundenen" VA in der Regel gegeben sein

Wäre inzwischen nach §3 VwVfG eine andere Behörde für den Erlass des betroffenen VA örtlich zuständig,

welche Behörde ist für die Rücknahme oder den Widerruf des betroffenen VA zuständig?

  • Diejenige Behörde, die inzwischen örtlich zuständig ist
  • Nicht die Behörde, die den VA seinerzeit erlassen hat (§48 V, §49 V VwVfG)

Inwiefern können Rücknahme und Widerruf beschränkt sein?

  • Sachlich: auf einen bestimmten Teil des VA (z.B. BaföG-Bescheid über 600 Euro wird aufgehoben, soweit mehr als 400€ bewilligt wurden)
  • Zeitlich:
    • rückwirkende Aufhebung (ex tunc)
      • ggf. Erstattungspflicht des Bürgers §49a VwVfG
    • Aufhebung für die Zukunft (ex nunc)
    • Aufhebung zu anderen vergangenen oder zukünftigen Zeitpunkten denkbar

Was ist bei der Rücknahme eines belastenden VA zu beachten?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Nach §48 I 1 VwVfG steht die Rücknahme eines rechtswidrigen belastenden VA im Ermessen der Behörde
  • Die Behörde kann ihn also zurücknehmen, muss es aber nicht
  • In der Regel ist es ermessensfehlerfrei, eine Rücknahme unter Hinweis auf die Bestandskraft eines VA abzulehnen
  • Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme
  • Ausnahme: Berufung auf Bestandskraft ist im Einzelfall schlechthin unerträglich (z.B. Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz durch Rücknahme in anderen Fällen)

Was verlangt Art 19 IV GG im Zusammenhang mit einstweiligem Rechtsschutz?

Art 19 IV GG verlangt einen effektiven Rechtsschutz gegen staatliche Eingriffe, einschließlich rechtzeitigem Schutz vor irreversiblen Rechtsverletzungen.

Was ist bei der Rücknahme begünstigender VA

bei den sog. Leistungsbescheiden zu beachten?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • stützt sich auf §48 II VwVfG, z.B. Stipendien oder Subventionen
  • Abwägung zwischen Vertrauen des Adressaten in den Fortbestand des VA und des öffentlichen Interesses an seiner Aufhebung (§48 II 1 VwVfG)
  • Fälle, in denen regelmäßig das Vertrauen überwiegt: §48 II 2 VwVfG
  • Fälle, in denen der Adressat nicht schutzwürdig ist: §48 II 3 VwVfG
  • Dazwischen gilt es, im Einzelfall abzuwägen
  • Rücknahmefrist: ein Jahr ab der Kenntnisnahme der Tatsachen, die die Rücknahme rechtfertigen (§48 IV VwVfG, Ausnahme §48 II 3 Nr. 1 VwVfG)

Was ist bei der Rücknahme sonstiger begünstigender VA zu beachten?

Nenne die einschlägigen Rechtsnormen

  • Rücknahme nach Ermessen gemäß §48 I 1 VwVfG
  • Der Vertrauensschutz des Adressaten ist in die Ermessensausübung einzubeziehen
    • §48 II VwVfG kann dabei entsprechend berücksichtigt werden
  • §48 III VwVfG ist keine Rücknahmevoraussetzung
  • Rücknahmefrist nach §48 IV VwVfG

Erläutere kurz die Rücknahmefrist i.S.d. §48 I 2, IV VwVfG

  • Dauer: ein Jahr
  • Anwendungsbereich: Tatsachenirrtümer und Rechtsanwendungsfehler der Behörde
  • Die Frist beginnt erst, wenn
    • der zuständige Behördenmitarbeiter
    • Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des VA und
    • Kenntnis von den übrigen Umständen, die für die Entscheidung über die Rücknahme maßgeblich sind (v.a. Vertrauensschutz des Adressaten) hat
  • d.h. in der Regel erst nach der Anhörung des Adressaten zur beabsichtigten Rücknahme