Physio
Kartei Details
Karten | 344 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 24.10.2023 / 01.02.2025 |
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Phänotyp
Gesamtheit der Merkmale eines Organismus
Vom Gen zum Protein (Proteinbiosynthese)
1. Transkription 2. mRNA-Prozessierung 3. Translation
Polymorphismen
Als Polymorphismus bezeichnet man in der Genetik das Auftreten so genannter Sequenzvariationen (häufiger als 1%) im Genom einer Population.
Pharmakogenetik der Dynamik bezieht sich auf Gene, deren Proteine
an der Wechselwirkung des Pharmakons mit der Zielstruktur beteiligt sind und zur Wirkungsverstärkung bzw. Abschwächung führen.
Zielstrukturen ( worauf bezieht sich Pharmakogenetik)
1. Rezeptoren (Stimulation/Blockade) 2. Enzymsysteme (Aktivierung/Hemmung) 3. Spannungsabhängige Ionenkanäle (Öffnung/Blockade) 4. Transportsysteme 5. Biosynthese in Mikroorganismen (Hemmung)
ADRB2-Antagonisten:
Bsp. Betarezeptorblocker
→ Senkung der Herzfrequenz; bei chronischer Herzinsuffizienz/ koronarer Herzkrankheit; → Linderung körperl. Angstsymptomatik bei Angsterkrankungen
ADRB2-Agonisten:
Bsp. Albuterol; Salbutamol, → Entspannung glatter Muskulatur, Erweiterung der Bronchien bei akutem Asthma
Punktmutation Arg16Gly:
Arg/Arg-Allele-Träger Gly/Gly & Arg/Gly-Allele
Was sind stimmungsstabilisatoren
Stimmungsstabilisatoren sind Mittel der Wahl bei der Behandlung von bipolaren Störungen, Diese beseitigen oder dämpfen die starken Stimmungsschwankungen, die mit den Krankheitsepisoden verbunden sind, sowie die Affektlabilität während und zwischen den Episoden. Ein idealer Stimmungsstabilisator wirkt sowohl in manischen, gemischten als auch depressiven Phasen und verhindert deren Wiederauftreten. Stimmungsstabilisatoren sind eine heterogene chemische und pharmakologische Wirkstoffklasse.
Welche Substanzen zählen zu Stimmungsstabilisatoren
Lithiumsalze werden eingesetzt bei bipolarer Störung, therapieresistenter Depression und zur Suizidprophylaxe Antikonvulsiva werden eingesetzt bei Epilepsie und bipolarer Störung Atypische Antipsychotika werden eingesetzt bei schizophrener Psychose, schizoaffektiver Störung, bipolarer Störung und augmentativ auch bei unipolarer Depression breite off-label-Behandlung niedrig dosiert bei Schlafstörung, Unruhe, Impulskontrollstörung, Verhaltensstörung, emotional instabiler Persönlichkeitsstörung, etc.
Zielstrukturen von Psychopharmaka
Die wichtigsten Ziele für klassische Psychopharmaka sind Neurotransmitterrezeptoren und -transporter, z.B. D1- und D2-Rezeptoren = Dopaminrezeptoren 5-HT(5-Hydroxtryptophan)-Rezeptoren = Serotoninrezeptoren Es gibt mindestens 14 verschiedene 5-HT-Rezeptoren beim Menschen, die in 7 Familien zusammengefasst werden: 5-HTR1 bis 5-HTR7 mit noch entsprechenden Subtypen (z.B. 5-HTR1A) 5-HTT = Serotonintransporter NET = Norepinephrin-/Noradrenalintransporter Histaminrezeptoren und Muskarinrezeptoren spielen eher für die unerwünschten Wirkungen eine Rolle Weitere Zielstrukturen: neuronale Ionenkanäle und second-messengerSysteme (z.B. Adenylatcylase: cAMP; Phospholipase C: IP3 )
Lithiumsalze
Erstlinienmedikament zur Phasenprophylaxe in u.a. der deutschen, britischen und USamerikanischen Leitlinie zur Behandlung der bipolaren Störung Augmentationsbehandlung der therapieresistenten unipolaren Depression Verfügbar als retardierte Lithiumsalze, z.B. Lithiumcarbonat retard Eindosierung über 1-2 Wochen, i.d.R. Gabe 2x am Tag, Serumspiegelmessung nach einer Woche im Talspiegel (12 Stunden nach letzter Einnahme)
Lithiumsalze Wirkweise
Beeinflussung von Neurotransmittersystemen: Reduktion der exzitatorischen Aktivität (Glutamat) Erhöhung der inhibitorischen Aktivität (GABA) Verstärkung der serotonergen Neurotransmission: Freisetzung , Abbau Hemmung von Second-messenger-Systemen: Adenylatcyclase Phosphoinositol-System Proteinkinase C Neuroprotektive Wirkungen: Geringere Volumenreduktion in präfrontaler Kortex, Hippocampus und Amygdala Anstieg von N-Acetylaspartat (Marker für neuronale Intaktheit) Beeinflussung der Genexpression
Lithiumsalze, unerwünschte Arzneimittelwirkungen
Sehr geringe therapeutische Breite: 0,6-0,8 mmol/l zur reinen Phasenprophylaxe, bis 1,1 mmol/l bei akuter Manie < 0,6 mmol/l: keine ausreichende Wirksamkeit > 1,2 mmol/l: Intoxikationserscheinungen möglich Primär renale Elimination (Ausscheidung über Niere) Akute UAW: Polyurie(Harbdrang), Polydipsie(Durstempfinden), Händetremor, Durchfall, Übelkeit, Müdigkeit, Muskelschwäche Chronische UAW: Gewichtszunahme, Hypothyreose, Nierenfunktionseinschränkung
Lithiumsalze-Intoxikation
Lithiumspiegel eng gekoppelt an Flüssigkeitshaushalt und Nierenfunktion: Anstieg bei bei Infektionen, Erbrechen, Durchfall, Flüssigkeitsmangel, salzarmer Diät und bestimmten Arzneimitteln (u.a. Diuretika, Antibiotika, NSAR) Mögliche Symptome einer Lithiumvergiftung: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall Starker Tremor Schwindel, Gangstörungen Verwaschene Sprache Kognitive Beeinträchtigungen Nierenversagen Therapie: forcierte Diurese bzw. Hämodialyse, bei leichteren Vergiftungen auch nur Abwarten und symptomatische Therapie
Lithiumsalze-Sicherheit
Reduktion der glomerulären Filtrationsrate (GFR) um 6,2 ml/min GFR > 60 ml/min: kein Handlungsbedarf GFR 30-60 ml/min: 3-monatige Kontrollen GFR < 30 ml/min: nephrologische Mitbeurteilung, Beginn der Therapie kontraindiziert Risiko für Nierenversagen 0,5 % Risikoerhöhung für Hypothyreose: OR 5,8 Risikoerhöhung für Gewichtszunahme: OR 1,9 Nur geringes Risiko für embryonale Fehlbildungen während der Schwangerschaft individuelle Kosten/Nutzen-Abwägung
Lithiumsalze - Therapieresponse
Ca. ⅓ der bipolaren Patienten sind exzellente Responder, ⅓ Partial-Responder, ⅓ Non-Responder Intensive Forschung zur Vorhersage der Therapieresponse Response zum Teil genetisch bedingt
Lithiumsalze-Wirkverlust nach Behandlungsunterbrchung?
1980er/90er Jahre: Mythos „Loss of efficacy after discontinuation“ Fallserien und kleinere Studien (z.B. Maj et al., AmJPsychiatry, 1995): Von 54 bipolar erkrankten Patienten wurden 18,5 % gefunden, die während der Lithiumbehandlung episodenfrei waren und nach dem Wiederbeginn der Behandlung neue Erkrankungsphasen bekamen Wirksamkeitsverlust? Meta-Analyse: „[…] does not provide convincing evidence that lithium is less effective when treatment is discontinued and restarted” p=0,188
Lithiumsalze-Antisuizidaler Effekt
Risiko für Suizide und schwere Suizidversuche: > 30 Studien > 85.000 Patienten RR 4.9, p<0,0001 --> großer Effekt
Antikonvulsiva – Valproinsäure
Blockade spannungsabhängiger Natrium- sowie Calciumkanäle Erhöhung der GABA-Verfügbarkeit (Abbau , Synthese ) Mögliche UAW: Tremor, Übelkeit, Blutbildveränderungen, Gewichtszunahme, erhöhter Appetit, Hyponatriämie, Verwirrtheitszustände (insbesondere ältere Menschen gefährdet) Teratogenität und Fetotoxizität: Kontraindikation bei Frauen im gebärfähigen Alter
Antikonvulsiva – Carbamazepin
Starker Induktor von CYP3A4, daher heutzutage selten im Einsatz Blockade spannungsabhängiger Natriumkanäle Ähnliche UAW wie Valproinsäure, möglich schwere Nebenwirkung: allergische Hautreaktionen Teratogenität: Kontraindikation bei Frauen im gebärfähigen Alter Oxcarbazepin: Abkömmling von Carbamazepin Meist weniger UAW und Interaktionen als Carbamazepin Scheint nicht so stark teratogen zu sein
Antikonvulsiva – Lamotrigin
Wirkmechanismen: Blockade spannungsabhängiger Natrium- und Calciumkanäle Erregbarkeit der Nervenzellen Freisetzung der exzitatorischen Neurotransmitter Aspartat und Glutamat Keine antimanische Wirksamkeit! Geringe Teratogenität: Einsatz in Schwangerschaft möglich, allerdings Anreicherung in der Muttermilch, immer Einzelfallentscheidung mit KostenNutzen-Abwägung In der Regel gute Verträglichkeit, wenige spezifische UAW Langsame Eindosierung notwendig (über mehrere Monate!): Gefahr von allergischen Hautreaktionen
Weitere Antikonvulsiva in der Psychiatrie
Gabapentin: chronische/polyneuropathische Schmerzen Pregabalin: Angststörungen, chronische Schmerzen Topiramat: Alpträume (off-label)
Einige Antikonvulsiva können eine psychische
Erkrankung auch verschlechtern!
Beispiel: depressiogene Wirkung von Levetiracetam
Antipsychotika – Quetiapin Zulassung für
Schizophrenie (primär) Manische Episoden bei bipolaren Störungen Schwere depressive Episoden bei bipolaren Störungen Rückfallprävention von manischen oder depressiven Episoden bei Patienten mit bipolaren Störungen, die zuvor auf eine Quetiapin-Behandlung angesprochen haben
Antipsychotika – Quetiapin Weitere Indikationen (off-label)
Schlafstörung, psychomotorische Anspannung, innere Unruhe, psychotische Symptome bei Parkinson-Erkrankung
Antipsychotika – Quetiapin
Medikament der Wahl in Schwangerschaft und Stillzeit Geringes Risiko für extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen (EPMS)
Antipsychotika – Quetiapin Häufige UAW:
Gewichtszunahme Appetitsteigerung Hypotonie Sedierung EKG-Veränderungen (QTc-Zeit-Verlängerung) Transaminasen Gefühl der Muskelschwäche
Antipsychotika – Olanzapin
Chemische und pharmakologische Ähnlichkeit zu Quetiapin Antipsychotikum mit der statistisch gesehen größten Gewichtszunahme Auch als i.m.-Depotspritze erhältlich
Antipsychotika – Risperidon Einsatzbereiche:
Schizophrenie, manische Episode bei bipolarer Störung (Zulassung) Delir, Verhaltensstörung/Aggression bei geistiger Behinderung, Augmentation bei Depression und Zwangsstörungen (off-label)
Antipsychotika – Risperidon Gängige UAW:
EPMS, Gewichtszunahme, Sedierung, Prolaktinerhöhung ( Libidoverlust, Galaktorrhoe, Gynäkomastie)
Antipsychotika – Risperidon Paliperidon (= 9-Hydroxyrisperidon):
Hauptmetabolit, ebenfalls pharmakologisch wirksam Als i.m.-Depotspritze erhältlich: alle 4 Wochen (Xeplion®), alle 3 Monate (Trevicta®)
Antipsychotika – Risperidon Exkurs – EPMS:
Frühdyskinesien: fokale Dystonien v.a. im Kopf-/Halsbereich (Blickkrämpfe, Torticollis, Zungen-/Mundbodenkrämpfe) Akathisie: Bewegungsunruhe Parkinsonoid: Rigor, Tremor, Akinese Spätdyskinesien: repetitive Bewegungen im Kopfbereich (Grimassieren, Schmatzen, Kauen, Lippenbewegungen), aber auch unwillkürliche Extremitätenbewegungen möglich (Trippeln)
Antipsychotika – Aripiprazol
Zusätzlich zur Dopamin- und 5-HT2A-Blockade: Partialagonist am Dopamin-D2 - Rezeptor Agonist für G-Protein Gαi/o Antagonist für Gβγ Einsatzbereiche: Augmentation bei Depression Manische Episode bei bipolarer Störung, Phasenproylaxe nach Ansprechen während akuter Manie (Zulassung ab 13. Lebensjahr) ADHS mit starker Impulskontrollstörung (off-label) Relativ lange Halbwertszeit von 60-80 Std. UAW: selten metabolische Nebenwirkungen, typisch aber Akathisie und weitere EPMS (dosisabhängig) Auch als i.m.-Depotspritze erhältlich (alle 4 Wochen)
Antipsychotika – Ziprasidon und Cariprazin
Ziprasidon Zulassung bei Schizophrenie, manischen und gemischten Episoden bei bipolarer Störung Relativ kurze HWZ (ca. 6 Std.): Einnahme 2x tgl. notwendig Cariprazin Zulassung nur bei Schizophrenie, in USA auch bei manischen und gemischten Episoden bei bipolarer Störung Ähnlichkeit zu Aripiprazol: Dopamin-Partialagonismus, lange HWZ, UAW
Stimulanzien – Definition
Stimulanzien sind eine Gruppe von psychoaktiven Substanzen, die eine Stimulation des ZNS bewirken (lat. stimulare: anregen) Bei gesunden Menschen: Wachheit , Schlafbedürfnis Antrieb und Ausdauer Gefühl von Hunger und Durst Selbstbewusstsein Bei ADHS: Hyperaktivität und Impulsivität Gedanken , Reizschutzlosigkeit Aufmerksamkeit Zu den Stimulanzien gehören neben den als Medikamente zugelassenen Substanzen u.a. Metamphetamin (Crystal Meth), MDMA (Ecstasy), Kokain
Stimulanzien – Wirkweise
Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt Methylphenidat: Dopamin- und Noradrenalinwiederaufnahme Amphetamin und Prodrug Lisdexamfetamin (L-Lysin + D-Amphetamin): Ausschüttung von Dopamin und Noradrenalin
Stimulanzien – Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW)
Kopfschmerzen Blutdruck- und Pulserhöhungen Appetitlosigkeit, Übelkeit, Gewichtsabnahme Mundtrockenheit Einschlafstörung Bei Kindern Wachstumshemmung Depressive Verstimmung Psychotische Symptome (v.a. bei Prädisposition) Rebound-Effekt nach Abfluten
Stimulanzien – Abhängigkeitspotential
Medikamente: Toleranzentwicklung bei bestimmungsgemäßer Anwendung gering Illegale Substanzen, insbesondere Kokain und Metamphetamin: hohes Suchtpotential durch viel schnelleres Anfluten im Gehirn euphorisierender Effekt Wirkdauer Kokain: Oral/nasal: 45 min Intravenös: 20 min Rauchen: 10 min
Stimulanzien – ADHS-Therapie nach Leitlinie
Immer: Psychoedukation Multimodales Behandlungskonzept, abgestimmt nach Schweregrad: Leicht: psychosoziale Intervention (bei Erwachsenen ggf. auch schon Medikation) Mittel: intensiviert psychosozial oder Medikation oder Kombination Schwer: Pharmakotherapie und parallel ggf. psychosoziale Intervention Bei < 6-Jährigen: primär psychosoziale Interventionen Psychosoziale Interventionen: Eltern-/Erziehertraining, kindzentrierte Interventionen, Ergotherapie, bei Erwachsenen kognitive Verhaltenstherapie