Rechtsbewusstes Handeln
Arbeitsrecht
Arbeitsrecht
Set of flashcards Details
Flashcards | 47 |
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Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | Other |
Created / Updated | 17.04.2019 / 01.06.2025 |
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Arbeitsvertrag Inhalt
Anschrift AG
Anschrift AN
Beginn des Arbeitsverhältnisses, Arbeitsort, Direktionsrecht
Probezeit, Kündigungsfristen, Ende des Arbeitsverhältnisses
Vergütung
Arbeitszeit/ Arbeitszeitkonto
Urlaub, Betriebsferien
Gesundheitliche Beeinträchtigungen, Erkrankung, Arbeitsverhinderung
Nebenbeschäftigung
Betriebliche Altersversorgung
Geheimhaltungspflicht, Rückgabepflicht
Sicherheitsüberprüfung
persönliche Daten (Datenschutzverordnung)
Elektronische Kommunikation (zB Mail nur für berufliche Zwecke)
Verfallfristen
Bereiche des Arbeitsrechts
individuelles Arbeitsrecht (regelt die Vertragsbeziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer)
kollektives Arbeitsrecht (Rechtsgestaltung erfolgt durch Tarifvertragspartner oder auf Betriebsebene, z. B. Arbeitgeberverband – Gewerkschaft oder Arbeitgeber – Betriebsrat)
Arbeitsschutzrecht (Regelungen zum Schutz aller Arbeitnehmer; z. B. Arbeitszeitgesetz etc.)
Rechtsquellen des Arbeitsrechts - Rangfolge
Die unterschiedlichen Normen, aus denen sich das Arbeitsrecht ergibt, haben folgende Rangordnung:
GG
Bundes- /Landesgesetze (KSchG, ASiG,)
RechtsVO/ Satzungen (z. B. Satzungen der BG)
Tarifverträge (z. B. MTV Metallbau)
Betriebsvereinbarungen
Arbeitsvertrag
individuelle Arbeitsanweisung
Es gilt die Regel, dass die ranghöhere Norm der rangniedrigeren Norm vorgeht!
Günstigkeitsprinzip
Abweichend von der Regel, dass die ranghöhere Norm der rangniedrigeren Norm vorgeht, besteht die Besonderheiten des Arbeitsrechts darin, dass dennoch die rangniedrigere Norm gilt, wenn sie für den Arbeitnehmer günstiger ist!
Beispiel:
Im Tarifvertrag ist mehr Urlaub vorgesehen als im Bundesurlaubsgesetz: Es gilt der Tarifvertrag!
Ist im Arbeitsvertrag dagegen noch mehr Urlaub vereinbart worden als der Tarifvertrag vorsieht, gilt das, was im Arbeitsvertrag vereinbart wurde!
Rangfolge INNERHALB einer Rangstufe: Spezialitätsprinzip
Die speziellere Regelung geht der allgemeinen Regelung vor
Beispiel:
Der Urlaub ist für alle Arbeitnehmer im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Für Jugendliche ist der Urlaub aber gesondert im Jugendarbeitsschutzgesetz geregelt. Die dortigen Regelungen sind für Jugendliche spezieller als die allgemeinen Urlaubsregelungen im Bundesurlaubsgesetz, so dass für Jugendliche bzgl. des Urlaubs das Jugendarbeitsschutzgesetz vorgeht.
Rangfolge INNERHALB einer Rangstufe: Ablösungsprinzip
Von zwei zeitlich aufeinander folgenden Regelungen gilt jeweils die aktuellere! (z.B. bei Tarifverträgen)
Arbeitnehmerbegriff
Charakteristisch für Arbeitnehmer sind folgende Eigenschaften:
- weisungsgebunden
(meist) existentiell abhängig beschäftigt (persönliche Abhängigkeit)
eingegliedert in betriebliche Organisation des Arbeitgebers
unselbständig beschäftigt
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner:
Organmitglieder (= gesetzliche Vertreter von juristischen Personen) sind keine Arbeitnehmer! Beispiel: Geschäftsführer einer GmbH; Vorstand einer Aktiengesellschaft
leitende Angestellte übernehmen wesentliche Arbeitgeberfunktionen (z. B Betriebsleitung), der Kündigungsschutz für die leitenden Angestellten ist im Vergleich zu den normalen Arbeitnehmern eingeschränkt
die früher geltende Aufteilung von Arbeitnehmern in „Arbeiter“ und„Angestellte“ ist aufgehoben worden (z. B. gelten heute für alle Arbeitnehmer, gleichgültig ob sie Arbeiter oder Angestellte sind, dieselben Kündigungsfristen)
auch Jugendliche (ab 15 Jahren) können Arbeitnehmer sein, wenn die Einwilligung der gesetzlichen Vertreter (Eltern) vorlieg
Begriff des Arbeitsvertrages
Arbeitsvertrag = Dienstvertrag
Der Arbeitsvertrag ist keine rechtliche selbständige Konstruktion, sondern er gehört zu einer der im Bürgerlichen Gesetzbuch beschriebenen Vertragsarten: Er ist ein Dienstvertrag!
Der Arbeitnehmer schuldet nicht einen bestimmten „Erfolg“ (sonst wäre es ein Werkvertrag),sondern nur die Vornahme einer bestimmten Dienstleistung.
Abschluss des Arbeitsvertrages - Form
Ein Arbeitsvertrag kommt - wie jeder andere Vertrag auch - zustande, wenn zwei übereinstimmende Willenserklärungen (Angebot und Annahme) vorliegen. Die Parteien des Arbeitsvertrages (Arbeitnehmer und Arbeitgeber) müssen sich über die wesentlichen Vertragsinhalte (welche Arbeit soll in welchem Umfang für wie viel Entgelt getan werden?) einigen.
Ein Arbeitsvertrag ist auch dann wirksam abgeschlossen, wenn er nur mündlich vereinbart wird. Der Arbeitgeber ist aber aufgrund des Nachweisgesetzes verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen schriftlichen Arbeitsvertrag auszuhändigen!
Abschluss des Arbeitsvertrages - ggf. Beteiligung des Betriebsrates bei der Einstellung
ACHTUNG! Klausurrelevant!!!
Ist in einem Betrieb mit mehr als 20 Arbeitnehmern (die alle zur Wahl des Betriebsrates zugelassen sein müssen, also wahlberechtigt sind) ein Betriebsrat gebildet worden, so muss der Arbeitgeber vor der Einstellung eines neuen Arbeitnehmers den Betriebsrat über die geplante Einstellung informieren (unter Angabe aller wesentlichen Daten) und dessen Zustimmung einholen! § 99 Betriebsverfassungsgesetz!!!
Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zur Einstellung nur aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen verweigern
Der Betriebsrat kann seine Zustimmung zur Einstellung nur aus den in § 99 Abs. 2 BetrVG genannten Gründen verweigern!
§ 99 Abs 2 BetrVG
(2) Der Betriebsrat kann die Zustimmung verweigern, wenn
- die personelle Maßnahme gegen ein Gesetz, eine Verordnung, eine Unfallverhütungsvorschrift oder gegen eine Bestimmung in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder gegen eine gerichtliche Entscheidung oder eine behördliche Anordnung verstoßen würde,
- die personelle Maßnahme gegen eine Richtlinie nach § 95 verstoßen würde,
- die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
- der betroffene Arbeitnehmer durch die personelle Maßnahme benachteiligt wird, ohne dass dies aus betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gerechtfertigt ist,
- eine nach § 93 erforderliche Ausschreibung im Betrieb unterblieben ist oder
- die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass der für die personelle Maßnahme in Aussicht genommene Bewerber oder Arbeitnehmer den Betriebsfrieden durch gesetzwidriges Verhalten oder durch grobe Verletzung der in § 75 Abs. 1 enthaltenen Grundsätze, insbesondere durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigung, stören werde.
Fragerecht des neuen Arbeitgebers
es besteht keine Verpflichtung des „alten“ Arbeitgebers Fragen des „neuen“ Arbeitgebers nach dem Arbeitnehmer zu beantworten; zur Bewertung des Arbeitnehmers wird das Zeugnis erstellt
Frage nach einer bestehenden Schwangerschaft ist unzulässig
Frage nach Vorstrafen ist zulässig, wenn es die Art des zu besetzenden Arbeitsplatzes
erfordert (z.B. Frage nach vermögensrechtlichen Vorstrafen zulässig, wenn an der Kasse
gearbeitet wird;
Frage nach verkehrsrechtlichen Vorstrafen zulässig, wenn eine Beschäftigung als
Kraftfahrer erfolgen soll)
Frage nach einer Gewerkschaftszugehörigkeit ist unzulässig
Frage nach einer Schwerbehinderung nur noch zulässig, wenn eine unterschiedliche
Behandlung des behinderten Arbeitnehmers ausnahmsweise zulässig ist
Frage mit wem die die Freizeit verbracht wird, ist unzulässig
Frage, wie oft in der Woche abends ausgegangen wird, ist unzulässig
Frage, wer in der Familie die Entscheidungen trifft, ist unzulässig
Frage, wie viel Prozent des Einkommens gespart wird, ist unzulässig
Beantwortet der Arbeitnehmer eine zulässige Frage falsch, kann Arbeitgeber den Arbeitsvertrag (wegen arglistiger Täuschung oder wegen Irrtums) anfechten!!! Eine unzulässige Frage darf mit einer Lüge beantwortet werden, ohne dass der Arbeitgeber deshalb den Arbeitsvertrag anfechten kann!
Faktisches Arbeitsverhältnis
Ausnahmsweise wirkt die Anfechtung eines Arbeitsvertrages nicht zurück! Der Arbeitsvertrag wird für die Vergangenheit als vollwirksamer Arbeitsvertrag behandelt (= faktischer Arbeitsvertrag, die Arbeitsvertragsparteien haben die Fakten für ein Arbeitsverhältnis bereits geschaffen).
Die Wirkung der Anfechtung greift bei der Anfechtung von Arbeitsverträgen also nur für die Zukunft!!! Dies ist eine arbeitsrechtliche Ausnahme! Normalerweise hebt eine Anfechtung das Vertragsverhältnis rückwirkend auf!
Problem:
Bei einer Anfechtung wird ein Rechtsgeschäft normalerweise rückwirkend unwirksamund die ausgetauschten Leistungen müssen zurückgewährt werden.
Dies ist im Arbeitsverhältnis aber nicht möglich, wenn der Arbeitnehmer schon angefangen hat zu arbeiten. Der Arbeitnehmer könnte zwar den erhaltenen Lohn zurückzahlen, der Arbeitgeber kann aber die erhaltene Arbeitsleistung nicht zurückgeben.
Deshalb hat die Rechtsprechung das sog. faktische Arbeitsverhältnis „erfunden“:
Nichtige Arbeitsverträge
Arbeitsverträge, die gegen das Beschäftigungsverbot von Kindern und Jugendlichen verstoßen
wucherische Arbeitsverträge (Lohnwucher)
Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers = Hauptpflicht
Die Arbeitspflicht ist die Hauptpflicht des Arbeitnehmers. Ihre Rechtsgrundlage ist § 611 BGB (Dienstvertrag) in Verbindung mit dem Arbeitsvertrag, der durch Gesetz, ggf. Tarifvertrag, ggf. Betriebsvereinbarungen und durch Weisungen des Arbeitgebers konkretisiert wird.
Die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers steht im Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Vergütungspflicht als der Hauptpflicht des Arbeitgebers.
Sofern vertraglich nichts anderes vereinbart wurde, ist der Arbeitnehmer vorleistungspflichtig, § 614 BGB ( erst Arbeit, dann Geld).
Die Arbeitsleistung ist höchstpersönlich zu erbringen, der Arbeitnehmer darf sich dabei nicht durch Freunde oder Angehörige vertreten lassen!
Welche Arbeitszeit ist gesetzlich überhaupt erlaubt?
Bei Arbeitnehmern über 18 Jahren ergibt sich die maßgebliche Arbeitszeit aus dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Nach § 3 ArbZG darf die Arbeitszeit werktäglich höchstens 8 und wöchentlich höchstens 48 Stunden nicht überschreiten. Die werktägliche Arbeitszeit darf aber auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden.3 Pausen werden dabei gemäß § 2 ArbZG nicht mitgerechnet.
Besteht eine Verpflichtung zur Leistung von Überstunden?
Das Arbeitszeitgesetz regelt nur die Dauer, der Arbeitszeit, bis zu der ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer (ab 18 Jahren!) sanktionslos beschäftigen darf. Die vom Arbeitnehmer vertraglich geschuldete Arbeitszeit ergibt sich dagegen aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder ggf. einer Betriebsvereinbarung. Die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden (= Überschreitung der vom Arbeitnehmer vertraglich geschuldeten Arbeitszeit) muss im Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung besonders vereinbart werden. Liegt keine solche besondere
Vereinbarung vor, muss der Arbeitnehmer nur in Ausnahmefällen5 Überstunden machen.
ACHTUNG:
Eine vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit, sog. Kurzarbeit, darf der Arbeitgebernicht einseitig anordnen. Die Möglichkeit der Anordnung von Kurzarbeit und die Voraussetzungen dafür müssen vielmehr im Arbeitsvertrag, in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbart worden sein.
Besteht eine Verpflichtung zur Bezahlung von Überstunden?
Eine gesetzliche Regelung für die Vergütung von Überstunden ist im ArbZG nicht vorgesehen, der Gesetzgeber hat diesen Bereich einer Regelung durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung überlassen. Generell ist davon auszugehen, dass Überstunden jedenfalls wie normale Überstunden zu vergüten sind. Etwas anderes gilt für die Zahlung eines Überstundenzuschlags:
Der Überstundenzuschlag kann nur verlangt werden, wenn sich dies aus dem Arbeitsvertrag, aus einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder aus betrieblicher Übung ergibt. Liegt keine solche Regelung vor, sind die Überstunden nur „normal“, d. h. ohne Zuschlag zu vergüten.
Die Überstunden können auch durch Freizeit abgegolten werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung (Arbeitsvertrag, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, betriebliche Übung) getroffen wurde.
ACHTUNG: Eine Pauschalvergütung von Überstunden durch die Zahlung einer Überstundenpauschale oder durch die Zusage eines höheren Gehaltes ist nur dann zulässig, wenn die Zahl der dafür zu leistenden Überstunden festgelegt wird. Der Arbeitnehmer muss bei Vertragsschluss erkennen können, welche Gegenleistung (wie viele normale Stunden + Überstunden) er für die Vergütung zu erbringen hat.
Die Treuepflichten des Arbeitnehmers = Nebenpflichten
Anzeige- und Nachweispflicht im Krankheitsfall - Ergeben sich aus EntgeltfortzahlungsG
Sorgfalts- und Schadenabwendungspflicht
Verbot der Konkurrenztätigkeit/ Wettbewerbsverbot
Verbot der Abwerbung von Mitarbeitern
Verschwiegenheitspflicht
Beachtung des Schmiergeldannahmeverbots
Pflicht zur Einhaltung der betrieblichen Ordnung
Achtung: Normalerweise enden die Treupflichten mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Es gibt aber auch sog. nachwirkende Treuepflichten. Hierbei handelt es sich insbesondere um Verschwiegenheitspflichten, die auch nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbestehen und ggf. um die Beachtung von Wettbewerbsverboten.
Bei einer Wettbewerbsklausel wird dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zeitraum untersagt, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in einem oder mehreren Betrieben, in einer bestimmten Region oder in einer bestimmten Branche tätig zu werden. Da ihn dieses Verbot in seiner Berufsfreiheit (Art. 12 GG) einschränkt, muss der Arbeitgeber für den Zeitraum, in dem das Wettbewerbsverbot gilt, eine Entschädigung zahlen. Diese muss mindestens die Hälfte der zuletzt gezahlten Vergütung betragen, §§ 74 ff. Handelsgesetzbuch (HGB).
Die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers = Hauptpflicht
Die Höhe des zu zahlenden Lohns ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag oder einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Zum Lohn gehören folgende Zahlungen:
- Lohn/ Gehalt Heuer
- Provision, Tantieme, Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld
- Sachbezüge (z. B. Dienstwagen, Verpflegung)
Das Risiko, dass nichts zu tun ist und die Arbeitnehmer trotzdem bezahlt werden müssen, ist das typische Risiko des Arbeitgebers. Dieses Risiko darf er nicht auf die Arbeitnehmer abwälzen.
Die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers = Nebenpflichten
Sorge für Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers - Wahrzunehmen durch Einhaltung der arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften (z.B. ArbeitsstättenVO)
Verpflichtung das Eigentum des Arbeitnehmers zu schützen, wenn er es in den Betrieb einbringt - (Stellung von abschließbaren Spinden etc.)
Anmeldung des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung - (Anmeldung zur Sozialversicherung, Abführung der Beiträge, Anzeige von Arbeitsunfällen)
Informationspflichten bezüglich Arbeitsplatz und Arbeitsablauf
Pflicht zur Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer - Der Arbeitgeber darf keine sachlich unbegründete Differenzierung unter den Arbeitnehmern vornehmen
Pflicht zur Zeugniserteilung, § 109 Gewerbeordnung (GewO)
Pflicht zur Beschäftigung mit vertragsgemäßer Tätigkeit
Pflicht zur Gewährung von Erholungsurlaub
Pflicht zur Zeugniserteilung, § 109 Gewerbeordnung (GewO)
Jeder Arbeitnehmer hat bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Erteilung eines schriftlichen Arbeitszeugnisses gemäß § 109 Gewerbeordnung, dass er sich beim Arbeitgeber abholen muss.
Normalerweise wird ein einfaches Zeugnis erteilt, welches gemäß § 109 Absatz 1 Satz 2 GewO
mindestens Angaben zur Art und Dauer der Tätigkeit enthalten
muss.
Auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, dass sich auch auf die Führung und Leistung erstreckt, § 109 Absatz 1 Satz 3 GewO).
Unterschied Urlaubsentgelt / Urlaubsgeld
Beachte den Unterschied zwischen Urlaubsentgelt (= das „normale Gehalt“, das während des Urlaubs weitergezahlt wird) und Urlaubsgeld (= der Arbeitgeber leistet zusätzlich zum„normalen Gehalt“ noch eine weitere Zahlung anlässlich des Urlaubs)!!!
Gesetzlicher Mindesturlaub
Urlaub ist bezahlte Freizeit, die zur Erholung bestimmt ist
der gesetzliche Mindesturlaub ergibt sich aus § 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)
beträgt 24 Werktage = 4 Wochen bei 6 Tg/W (der Sonnabend zählt mit)
beträgt 20 Werktage = 4 Wochen bei 5 Tg/W (der Samstag und Sonnabend zählt mit)
usw.
Abweichungen von den Bestimmungen des BUrlG zuungunsten des Arbeitnehmers sind unzulässig, nur in Tarifverträgen können für Arbeitnehmer ungünstigere Regelungen getroffen werden (aber auch in Tarifverträgen darf von den § 1 – 3 Abs. 1 BUrlG nicht abgewichen werden)
Nach § 9 BUrlG dürfen nachgewiesene Erkrankungen während der Urlaubszeitauf den Urlaub nicht angerechnet werden (wer krank ist, hat keinen Urlaub!). Dieses Anrechnungsverbot bezieht sich nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub, nicht auf darüber hinausgehende Urlaubsansprüche aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. In der Ausgestaltung des Urlaubs, der den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigt, sind die Vertragspartner frei
Zusatzurlaub für Schwerbehinderte
Schwerbehinderte haben einen Anspruch auf Zusatzurlaub gemäß § 208 SGB IX; dieser verlängert den vertraglichen oder tarifvertraglichen oder im Rahmen einer Betriebsvereinbarung vereinbarten Urlaub und stockt nicht nur den gesetzlichen Urlaubsanspruch auf!
§ 208 SGB IX
(1) 1Schwerbehinderte Menschen haben Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von fünf Arbeitstagen im Urlaubsjahr; verteilt sich die regelmäßige Arbeitszeit des schwerbehinderten Menschen auf mehr oder weniger als fünf Arbeitstage in der Kalenderwoche, erhöht oder vermindert sich der Zusatzurlaub entsprechend. Soweit tarifliche, betriebliche oder sonstige Urlaubsregelungen für schwerbehinderte Menschen einen längeren Zusatzurlaub vorsehen, bleiben sie unberührt.
Gesetzlicher Mindesturlaub Jugentliche
Bei Jugendlichen gilt § 19 JArbSchG, der einen Mindesturlaub zwischen 25 und 30 Werktagen vorsieht
§ 19 JArbSchG
(1) Der Arbeitgeber hat Jugendlichen für jedes Kalenderjahr einen bezahlten Erholungsurlaub zu gewähren.
(2) Der Urlaub beträgt jährlich
- mindestens 30 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 16 Jahre alt ist,
- mindestens 27 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 17 Jahre alt ist,
- mindestens 25 Werktage, wenn der Jugendliche zu Beginn des Kalenderjahrs noch nicht 18 Jahre alt ist.
Voraussetzungen des Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruchs
der Urlaubsanspruch entsteht jeweils für ein Kalenderjahr
der Anspruch auf den vollen Jahresurlaub entsteht erst nach einer sechsmonatigen Beschäftigung (sog. Wartezeit) im Betrieb
der Anspruch auf „Vollurlaub“ kann auch auf einen „Teilurlaubsanspruch“schrumpfen: Gemäß § 5 BUrlG wird der Urlaub gezwölftelt, wenn der Arbeitnehmer die Wartezeit nicht erfüllt hat und/ oder in der ersten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet
scheidet ein Arbeitnehmer in der zweiten Jahreshälfte aus dem Arbeitsverhältnis aus, hat er den vollen Urlaubsanspruch
bei bereits genommenem Urlaub muss weder das Urlaubsentgelt noch etwaig zusätzlich gezahltes Urlaubsgeld zurückgezahlt werden
der Urlaubsanspruch erlischt mit Ablauf der 31.12. des jeweiligen Kalenderjahres, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 BUrlG vor, dann kann der Urlaub in das Folgejahr übertragen und noch bis zum 31.03. des Folgejahres genommen werden. Der Übertragungszeitraum kann durch Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung oder Arbeitsvertrag verlängert werden. Eine Verkürzung des Übertragungszeitraums ist nur durch Tarifvertrag möglich, § 13 BUrlG.
Erholungsurlaub in Form bezahlter Freistellung kann nur während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses beansprucht werden. Ist das nicht möglich, weil das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, ist der Urlaub abzugelten, § 7 Absatz 4 BUrlG. Der Abgeltungsanspruch setzt voraus, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Urlaub bereits entstanden war.
Die Höhe der Urlaubsabgeltung entspricht gemäß § 11 BUrlG der
Höhe der Urlaubsvergütung, einschließlich etwaig geschuldeten Urlaubsgeldes
Weitere Besonderheiten des Urlaubsrechts
Gewährung von Urlaub im Vorgriff auf das Folgejahr ist unzulässig
Verrechnung von zu viel gewährtem Urlaub mit dem Urlaub des Folgejahres ist unzulässig
dem Arbeitnehmer steht kein Selbstbeurlaubungsrecht zu
aus der Erklärung des Arbeitgebers bzgl. des Urlaubs muss sich ergeben, dass die Freistellung von der Arbeitspflicht gerade zum Zwecke der Urlaubsgewährung erfolgt
der Urlaubsanspruch ist höchstpersönlicher Natur, so dass er nicht abtretbar, verpfändbar/ pfändbar oder vererblich ist
der Urlaubsentgeltanspruch steht dagegen dem Arbeitslohn gleich und ist daher abtretbar, verpfändbar, pfändbar und auch vererblich
der Urlaubsabgeltungsanspruch ist nicht vererblich, aber abtretbar und pfändbar.
Urlaubsanspruch, Urlaubsentgeltanspruch und Urlaubsabgeltungsanspruch sind im Umfang des gesetzlichen Mindesturlaub nach §§ 1, 3 BUrlG unab-dingbar und unverzichtbar (= eine entsprechende Vereinbarung ist unwirksam)
der Ausschluss von Doppelurlaubsansprüchen nach § 6 BUrlG erstreckt sich nur auf das neue Arbeitsverhältnis, der alte Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer daher bzgl. Urlaubsansprüchen und Urlaubsabgeltungsansprüchen nicht an den neuen Arbeitgeber verweisen. Der neue Arbeitgeber kann von dem Arbeitnehmer verlangen, von seinem bisherigen Arbeitgeber eine Bescheinigung vorzulegen, aus der sich der im Kalenderjahr bereits gewährte Urlaub ergibt
Ein Anspruch auf Urlaub besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer das ganze Jahr über erkrankt ist
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses - Die einzelnen Beendigungstatbestände
Ein Arbeitsverhältnis wird durch nachfolgende Tatbestände für die Zukunft beendet:
Aufhebungsvertrag (Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren die Beendigung des Arbeitsverhältnisses)7
Anfechtung des Arbeitsvertrages gemäß §§ 119 ff, 123 BGB8
Tod des Arbeitnehmers
Ordentliche Kündigung
Außerordentliche Kündigung
Ablauf der Befristung bei einem befristeten Arbeitsvertrag
Eintritt einer auflösenden Bedingung bei einem bedingten Arbeitsvertrag
bei einer vorläufige Einstellung eines Arbeitnehmers ohne Zustimmung des Betriebsrats endet der Arbeitsvertrag zwei Wochen nach rechtskräftiger Verweigerung der Zustimmungsersetzung durch das Arbeitsgericht, §§ 100, 101 BetrVG
lösende Aussperrung
Das Arbeitsverhältnis endet nicht „automatisch“ bei:
- Tod des Arbeitgebers (das Arbeitsverhältnis geht auf die Erben über)
- Veräußerung des Betriebs (Betriebsübergang nach § 613a BGB)
- Insolvenz des Betriebes/ Stilllegung des Betriebes (der Insolvenzverwalter kann aber aufgrund der Insolvenz betriebsbedingt kündigen)
Ordentliche Kündigung/ außerordentliche Kündigung
Unterschied ordentliche Kündigung / außerordentliche Kündigung
Der wesentliche Unterschied zwischen einer ordentlichen und einer außerordentlichen Kündigung besteht darin, dass bei einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist eingehalten wird.
Bei einer außerordentlichen Kündigung ist das Fehlverhalten des Vertragspartners dagegen so schwerwiegend, dass der Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr abgewartet werden muss, so dass fristlos gekündigt werden kann. Das Arbeitsverhältnis endet mit Übergabe der Kündigung!
Was sollte ich u. a. zur Kündigung wissen?
Die Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, mit der der Wille eines Vertragspartners zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Ausdruck gebracht wird.
Die Kündigung bedarf gemäß § 623 BGB der Schriftform, was gemäß § 126 BGB die eigenhändige Unterschrift voraussetzt. Eine eingescannte Kündigung per Email reicht wegen § 623 BGB nicht aus.
Die Willenserklärung muss dem Empfänger zugehen.
Für die Fristberechnung ist der Zugang beim Empfänger und nicht die Absendung maßgeblich.
Die Kündigung kann nicht unter eine Bedingung gestellt werden.
Ordentliche Kündigung durch den Arbeitnehmer
Für die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer ist kein Kündigungsgrund erforderlich.
Der Arbeitnehmer muss aber die im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung vereinbarte Kündigungsfrist oder, wenn solche Regelungen nicht bestehen, die gesetzliche Kündigungsfrist gemäß § 622 Absatz 1 BGB einhalten.
Nach § 622 Absatz 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer unter Einhaltung einer Frist von 4 Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats gekündigt werden, egal, wie lange das Arbeitsverhältnis bestanden hat!
Die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Absatz 2 BGB gelten nur für Kündigungen durch den Arbeitgeber!
Der Arbeitnehmer kann aber mit dem Arbeitgeber vereinbaren, dass auch für eine Kündigung durch den Arbeitnehmer längere Kündigungsfristen gelten, wenn diese Kündigungsfrist nicht länger ist als die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber (siehe § 622 Absatz 6 BGB).
Vereinbaren die Parteien des Arbeitsvertrages (also der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer) eine kürzere Kündigungsfrist für den Arbeitgeber als die gesetzliche Kündigungsfrist, ist diese kürzere Kündigungsfrist unwirksam! Es gilt dann die gesetzliche Kündigungsfrist.
Aber Achtung!! Ausnahme: siehe § 622 Absatz 4 und Absatz 5 BGB!
§ 622 Abs 1 + 2 BGB ist wie folgt zu lesen:
(1) Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.
- gilt immer für Kündigungen durch den ArbeitNEHMER, es sei denn, er hat vertraglich eine längere Kündigungsfrist vereinbart und diese Vereinbarung verstößt nicht gegen § 622 Absatz 6 BGB
- gilt für Kündigungen durch den ArbeitGEBER, sofern das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als 2 Jahre besteht
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen.....
- 2 Jahre bestanden hat, 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats,
- 5 Jahre bestanden hat, 2 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 8 Jahre bestanden hat, 3 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 10 Jahre bestanden hat, 4 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 12 Jahre bestanden hat, 5 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 15 Jahre bestanden hat, 6 Monate zum Ende eines Kalendermonats,
- 20 Jahre bestanden hat, 7 Monate zum Ende eines Kalendermonats.
- gilt immer für Kündigungen durch den ArbeitGEBER, wenn das Arbeitsverhältnis länger als 2 Jahre bestanden hat
- gilt für Kündigungen durch den ArbeitNEHMER, wenn im Arbeitsvertrag vereinbart wurde, dass die verlängerten Kündigungsfristen für den Arbeitgeber auch für den Arbeitnehmer gelten sollen.
- Achtung: Der Europäische Gerichtshof hat festgestellt, dass bei der Ermittlung der Beschäftigungsdauer auch die Zeiten zu berücksichtigen sind, die vor der Erreichung des 25. Lebensjahres liegen. Die Regelung in § 622 Absatz 2 Satz 2 BGB verstößt gegen das europarechtlich vorgeschriebene Altersdiskriminierungsverbot und ist daher nicht mehr anwendbar!
§ 622 Abs. 3 BGB ist wie folgt zu lesen:
(3) Während einer vereinbarten Probezeit, längstens für die Dauer von sechs Monaten, kann das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden.
- Ist eine Probezeit vereinbart, kann das Arbeitsverhältnis gemäß Absatz 4 mit einer Frist von 2 Wochen gekündigt werden, falls nicht im Arbeitsvertrag eine noch kürzere Frist vorgesehen ist. Achtung: Diese Regelung greift nur ein, wenn eine Probezeit vereinbart wurde und bedeutet nicht, dass für jedes Arbeitsverhältnis automatisch eine Probezeit gilt!
§ 622 Abs. 4 + 5 BGB ist wie folgt zu lesen:
(4) Von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Regelungen können durch Tarifvertrag vereinbart werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags gelten die abweichenden tarifvertraglichen Bestimmungen zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, wenn ihre Anwendung zwischen ihnen vereinbart ist.
- In einem Tarifvertrag können auch Kündigungsfristen vereinbart werden, die kürzer sind, als die gesetzlich vorgesehen Fristen.
(5) Einzelvertraglich kann eine kürzere als die in Absatz 1 genannte Kündigungsfrist nur vereinbart werden,
- wenn ein Arbeitnehmer zur vorübergehenden Aushilfe eingestellt ist; dies gilt nicht, wenn das Arbeitsverhältnis über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird;
- wenn der Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten beschäftigt und die Kündigungsfrist vier Wochen nicht unterschreitet.
- Wenn die Voraussetzungen gemäß Absatz 5 vorliegen, kann auch in diesem Fall eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart werden.
Ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber
Bei den Voraussetzungen für eine wirksame ordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist danach zu unterscheiden, ob das Arbeitsverhältnis unter den allgemeinen Schutz des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) fällt oder nicht.
a) Anwendungsbereich des KSchG ist eröffnet
Das KSchG ist gemäß § 1 KSchG anwendbar, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung länger als 6 Monate bestanden hat und der Betrieb gemäß § 23 Absatz 1 Satz3 KSchG mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.
Die Zweiklassengesellschaft im Kündigungsschutz
Der sog. Schwellenwert von „mehr als 10 Arbeitnehmern“ gilt allerdings nur für dieab dem 01.01.2004 eingestellten Arbeitnehmer.
Die „Altarbeitnehmer“, die am 31.12.2003 in einem Betrieb mit mehr als 5 Arbeitnehmern beschäftigt waren, fallen solange unter den allgemeinen Kündigungsschutz des KSchG wie in dem Betrieb noch mehr als 5 „Altarbeitnehmer“beschäftigt sind.
Sinkt die Zahl der „Altarbeitnehmer“ auf 5 oder weniger, greift das KSchG erst dann ein, wenn insgesamt mehr als 10 Arbeitnehmer im Betrieb beschäftigt sind.
Kündigungsschutzrechtlich besteht also eine „Zweiklassengesellschaft.“
Folgen der Anwendbarkeit des KSchG
Ist das KSchG anwendbar, so ist eine Kündigung gemäß § 1 Absatz 1 KSchG unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
Die in Betracht kommenden Rechtfertigungsgründe sind in § 1 Absatz 2 KSchG aufgeführt, der Arbeitgeber kann also nur dann wirksam kündigen, wenn einer der Rechtfertigungsgründe für die Kündigung vorliegt.
Das Gesetz unterscheidet 3 Rechtfertigungsgründe:
- personenbedingte Kündigung (persönliche Eigenschaften, keine Willenssteuerung)
- verhaltensbedingte Kündigung (Gründe liegen im willensgesteuerten Verhalten)
- betriebsbedingte Kündigung (Grund liegt in betrieblichen Gegebenheiten)
personenbedingte Kündigung (persönliche Eigenschaften, keine Willenssteuerung)
Mit der personenbedingten Kündigung hat der Gesetzgeber dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, dass Arbeitsverhältnis zu beenden, weil der Arbeitnehmer aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften oder Verhältnisse nicht mehr in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung ganz oder teilweise zu erbringen. Ein Verschulden des Arbeitnehmers ist nicht erforderlich. Da der Arbeitnehmer seine persönlichen Eigenschaften und Verhältnisse in der Regel nicht beeinflussen kann, setzt eine personenbedingte Kündigung im Normalfall keine Abmahnung voraus. Als Beispiele für eine personenbedingte Kündigung kommen in Betracht:
häufige Kurzerkrankungen
andauernde Langzeiterkrankungen
dauernde Leistungsunfähigkeit
Alkoholsucht
Verlust der Aufenthaltsgenehmigung
Verlust der Berufserlaubnis (Approbation)
Verlust der Fahrerlaubnis
Haftstrafe
verhaltensbedingte Kündigung (Gründe liegen im willensgesteuerten Verhalten)
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn Umstände im Verhalten des Arbeitnehmers vorliegen, die bei verständiger Würdigung die Kündigung als billigenswert und angemessen erscheinen lassen. Es ist zu fragen, ob ein ruhiger und verständiger Arbeitgeber das Verhalten des Arbeitnehmers zum Anlass für eine Kündigung nehmen würde. Bei Störungen im Leistungsbereich (Unpünktlichkeit, Art der Arbeitsleistung) wird normalerweise zunächst eine Abmahnung erteilt werden müssen, bevor gekündigt werden kann, da anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer dann sein Verhalten ändert. Bei Störungen im Vertrauensbereich (Eigentumsdelikte, Arbeitszeitbetrug) ist eine Abmahnung nicht erforderlich. Als Beispiele für eine verhaltensbedingte Kündigung kommen in Betracht:
- Alkoholgenuss am Arbeitsplatz
- Arbeitsverweigerung
- Beleidigung des Arbeitgebers
- Unpünktliche Arbeitsaufnahme
- sexuelle Belästigung von Kollegen
- Verstoß gegen betriebliches Rauchverbot
- Arbeitszeitbetrug
- Spesenabrechnungsbetrug
- unerlaubte private Internet- und Telefonnutzung
- eigenmächtige Urlaubsnahme