Psychologie


Kartei Details

Karten 207
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 12.03.2019 / 03.08.2022
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13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Ich kann Dissoziation anhand von Leistungsunterschieden bei expliziten und impliziten Testaufgaben illustrieren.

Leistungsunterschiede bei unterschiedlicher Anforderung der Verarbeitung während der Studierphase

  • Semantisch tiefe Verarbeitung führt bei expliziten Testaufgaben (freies Erinnern, Wiedererkennen) zu besseren Erinnerungsleistungen als oberflächliche, bei impliziten Tests jedoch nicht (wird heute aber hinterfragt).

  • Generierungseffekt (Spezialfall der Verarbeitungstiefe): Wenn in der Studierphase das kritische Material generiert werden muss, führt dies zu besseren expliziten Erinnerungsleistungen. Vergleichbar schlechtere implizite Testleistungen vor allem bei perzeptuellen Anforderungen (negativer Generierungseffekt)
    --> Leistungs-Dissoziationen können also auch zwischen verschiedenen impliziten Testaufgaben auftreten, wenn sie unterschiedliche Verarbeitungsanforderungen stellen (perzeptuell, konzeptuell).

Leistungsunterschiede bei zeitlicher Dauerhaftigkeit expliziter und impliziter Erinnerungsleistungen

  • Zunehmender zeitlicher Abstand zwischen Studierereignis und Test hat bei expliziten Tests eine nicht lineare Reduktion des Erinnerungsvermögens zur Folge, während implizite Priming-Effekte relativ konstant bleiben.

    --> Dauerhaftigkeit impliziter Erfahrungsnachwirkungen wurde aber überschätzt

 

 

 

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Ich kann Dissoziation anhand von verschiedenen impliziten Testaufgaben illustrieren.

Dissoziationen zwischen verschiedenen impliziten Gedächtnistests:

Die Änderung der Stimulusmodalität oder des Präsentationsformates zwischen Lernphase und Testphase hat einen Einfluss auf perzeptuelle implizite Gedächtnistests. Sie hat jedoch weder Einfluss auf konzeptuelle implizite Gedächtnistests, noch auf explizite Gedächtnistests.

 

Modalitätseffekte bei impliziten Leistungen

  • Studierphase: Wörter visuell/ Wörter auditiv/ Bilder -> Vpn mussten „Angenehmheitsurteil“ abgeben

  • Testphase: implizite Tests (Wortfragmente, Wortstämme ergänzen, Anagramme lösen,Wortidentifikation),

    dazu expilziter Test (freie Wiedergabe)

Ergebnisse:

- deutlicher Bildüberlegenheitseffekt beim expliziten free recall

- kein Bildüberlegenheitseffekt bei impliziten Testaufgaben

- Priming für visuelle Bedingung bei impliziten Leistungen

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Ich kenne Befunde, welche Leistungs-Dissoziationen zwischen verschiedenen Personengruppen (vgl. die entsprechende PV und das Überblickskapitel von Morger (2000))  aufzeigen.

Personengruppen (Alter, Gesundheit, Gedächtniskonditionen,...)

Leistungsvergleiche bei verschiedenen klinischen Populationsgruppen und nichtklinischen Personen:

  • Patienten mit Gedächtnisschwächen (Amnesien) zeigten bei expliziten Gedächtnisaufgaben minimale Erinnerungsleistungen, bei impliziter Testanordnung aber vergleichbare Priming-Werte wie die Kontrollgruppe.
  • Befunde dazu: Implizites (und explizites) Gedächtnis bei Amnestikern
    • Graf, Shimamuraund Squire (1985): Experiment 2

      Dieses Experiment ist das Beispiel einer Untersuchung, in der eine konzeptgesteuerte Aufgabe als impliziter Test verwendet wird. Es zeigt ausserdem, dass amnestische Personen, die sich bei expliziten Tests nur sehr schlecht erinnern können, bei impliziten Gedächtnistests normale Leistungen aufweisen.

      Vorgehen:

      Vpn: Personen mit Amnesie, gesunde Kontrollpersonen, und Alkoholiker ohne amnestischesSyndrom.

      Material: Eine Liste von Wörtern (Exemplare von drei Kategorien) wurde in der Studierphase präsentiert mit der Aufgabe, Beliebtheitsurteile abzugeben.

      Tests: Freie Reproduktion der Wörter (explizit) oder Exemplare zu vorgegebenen Kategorien produzieren (implizit).

Ergebnisse:

  • Patienten mit Gedächtnisschwächen (Amnesien) zeigten bei expliziten Gedächtnisaufgaben minimale Erinnerungsleistungen, bei impliziter Testanordnung aber vergleichbare Priming-Werte wie die Kontrollgruppe.

 

Leistungsvergleiche bei entwicklungspsychologisch unterscheidbaren Populationen

  • Explizite Erinnerungsleistungen bei Kindern mit zunehmendem Alter besser, im frühen Erwachsenenalter stabil, im fortgeschrittenen Erwachsenenalter abnehmend
  • Bei impliziten Gedächtnisleistungen gibt es keine entwicklungsbedingten Veränderungen

 

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Ich kenne Befunde, welche Leistungs-Dissoziationen zwischen verschiedenen Verarbeitungsprozessen (vgl. den Artikel von Rajaram & Roediger, 1993)) aufzeigen. --> d.h. Verarbeitungstiefe

Verarbeitungsprozesse (datengesteuert/konzeptgesteuert)

Von einer tiefen Verarbeitung wird gesprochen, wenn durch semantische Anweisungen in der Lernphase die Aufmerksamkeit von Vpn auf die inhaltliche Bedeutung von Stimuli gerichtet wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn Urteile über die Bedeutsamkeit von Stimuli abgegeben werden sollen, oder wenn eingeschätzt werden soll, wie angenehm Stimuli sind. Von einer oberflächlichen Verarbeitung wird gesprochen, wenn durch entsprechende Anweisungen in der Lernphase die Aufmerksamkeit von Probanden auf physische Eigenschaften von Stimuli gerichtet wird.

  • semantisch tiefe Verarbeitung: bewirkt bei traditionellen expliziten Testaufgaben (freies Erinnern, Wiedererkennen) bessere Erinnerungsleistungen als eine oberflächliche Verarbeitung.

  • Bei impliziten Gedächtnistests keine derartige Leistungsunterschiede

Befunde:

Rajaramund Roediger(1993)

Vorgehen:

  • In der Studierphase gab es drei Präsentationsbedingungen: Stimuli wurden entweder als Wörter visuell (2 Schrifttypen), als Wörter auditiv, oder als Bilder präsentiert.
  • Die Versuchspersonen mussten ein «Angenehmheitsurteil» über die Stimuli abgeben.
  • In der Testphase wurden vier verschiedene Aufgaben als implizite Tests verwendet: Wortfragment Ergänzung, Wortstamm Ergänzung, Anagramme lösen, oder Wortidentifikation(dazu freie Wiedergabe als expliziter Test).
  • Die Ergebnisse stellen relative Priming-Werte dar (Relativiert zu den unterschiedlichen Basisraten bei den verschiedenen Tests):
    • semantisch tiefe Verarbeitung: bewirkt bei traditionellen expliziten Testaufgaben (freies Erinnern, Wiedererkennen) bessere Erinnerungsleistungen als eine oberflächliche Verarbeitung.
    • Bei impliziten Gedächtnistests keine derartige Leistungsunterschiede

 

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Ich kenne Befunde, welche Leistungs-Dissoziationen zwischen der verschiedenen Verarbeitungsmodalität (vgl. den Artikel von Rajaram & Roediger, 1993)) aufzeigen.

Verarbeitungsmodalität (auditiv, visuell Wort, Bild)

Befunde aus Morger:

  • Studierphase auditiv -> datengesteuerte, visuelle Tests mit Priming-Einbussen

  • Studierphase auditiv -> kein Einfluss auf implizite Testleistungen bei konzeptuellen Aufgaben

  • Studierphase bildlich -> verbaler Test: Bildüberlegenheitseffekt

    ->à der Bildüberlegenheitseffekt wendet sich bei impliziten perzeptuellen Tests ins Gegenteil

  • Veränderte Typographie -> datengesteuerte Tests mit Priming-Einbussen

Befunde aus Rajaram und Roediger:

  • Grösste Priming-Effekte bei visuellen Aufgaben, weniger bei auditiven Konditionen und sehr wenig bei bildlichen Konditionen

  • Relativ grosser Priming-Effekt bei auditiver Präsentation und Anagramm-Test (ungewöhnlich)

  • Die grössten Priming-Effekte wurden in „within-Konditionen“ gefunden (visual-study und visual-test)

  • Cross-modal priming (auditory to visual) erzielte schwächere Priming-Effekte

  • Kein signifikantes cross-form-priming bei picture (study) und word (test)

  • Die Manipulation der Schrift hatte keinen Effekt auf die impliziten Gedächtnisaufgaben

  • Free recall: standard picture superiority effect (Bilder erzeugten aber keinen (oder kleinen) Priming-Effekt bei impliziten Tests

  • Duration of priming: Wortfragment-Effekte (implizit) überdauern 1 Woche oder länger, hingegen Wortstamm-Effekte (implizit) nur ca. 2 Stunden (Rajaram & Roediger, 1993)

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Ich kann Testaufgaben danach unterscheiden, ob sie hauptsächlich auf der Grundlage von datengesteuerten oder konzeptgesteuerten Prozessen gelöst werden.

Datengesteuerte/perzeptuelle Prozesse

Stimuli werden in daten-limitierter Form präsentiert, d.h. perzeptuell unvollständig, degradiert oder an der Grenze der Wahrnehmungsschwelle. Die Aufgabe der Vp besteht darin, solche Stimuli zu dechiffrieren oder zu einem sinnvollen Ganzen zu ergänzen.

An Merkmalen der Stimulisoberfläche orientierte Analyseprozesse.

Perzeptuell verbale Tests:

Wortidentifikation, Wortstamm-Ergänzung (resp. Wortanfang-Ergänzung), Wortfragment-Ergänzung, Benennung unvollständig/ verschwommen präsentierter Wörter, Lösen von Anagrammen, lexikalische Entscheidung.

Perzeptuell nonverbale Tests:

Bildfragment-Benennung, Objekt-Nichtobjekt-Entscheidung, Entscheidung ob ein Stimulus ein mögliches oder unmögliches Objekt darstellt.

Konzeptgesteuerte Prozesse

Es wird eine bedeutungsorientierte Aufgabenlösung verlangt.

Konzeptuelle Tests:

Wort-Assoziationen, Generierung von Kategorie-Exemplaren, Beantwortung allgemeiner Wissensfragen.

-> Nach Jacoby (1991) gibt es keine Gedächtnisaufgaben, welche reine Prozesskomponenten messen. Dennoch werden in der Forschungspraxis Testaufgaben als entweder oder konzeptgesteuert klassifiziert. Morger (2000) geht davon aus, dass bei jeder Aufgabe beide Prozesskomponenten beteiligt sind, jedoch jeweils in unterschiedlichem Ausmass.

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Wie werden Aufgaben gelöst?

Aufgaben unterscheiden sich danach, ob die Lösungsfindung hauptsächlich von Merkmalen der Stimulusoberfläche(perzeptuell) oder der dahinter stehenden Bedeutung (konzeptuell) unterstützt oder gefördert wird.

13 Implizites Gedächtnis / Indirekte Gedächtnistests

Erkläre die transferangemessene Verarbeitung, Beispiel dazu

Die Wirkung einer Studiererfahrung auf eine Testleistung ist umso stärker, je grösser die Übereinstimmung der mentalen Prozesse ist, die von der Studieraufgabe und der Testaufgabe verlangt werden.

  • Wenn bei einer Testaufgabe Merkmale der Stimulusoberfläche (Fragmente, kurze Darbietung) für die Lösungsfindung von zentraler Bedeutung sind, dann ist es von Vorteil, wenn die Studieraufgabe entsprechende Operationen verlangt hat. Andererseits bringen zusätzliche Elaborationen auf der Bedeutungsebene keinen grossen (zusätzlichen) Vorteil.
  • Wenn bei einer Testaufgabe Bedeutungsaspekte für die Durchführung zentral sind, dann sind auch bedeutungsorientierte Operationen während der Studieraufgabe besonders förderlich, während eine Nichtübereinstimmung der Oberflächendarbietung ohne Folgen ist.

Perzeptuelle (datengesteuerte) Aufgaben, zB. Perz. Identifikation, Wortanfang Ergänzung -> Modalitätsübereinstimmung ist wichtig; semantische Elaboration bring nichts (oder wenig)

Konzeptuelle (konzeptgesteuerte) Aufgaben zB. Exemplargenerierung --> Modalitätsübereinstimmung ist nicht notwendig; semantische Elaboration bringt Vorteil

Beispielhafte Übertragung

Rajaramund Roediger(1993):

Studiermanipulation: Präsentationsmodalität

Tests: Wortfragment und Wortanfang Ergänzung, Anagramme lösen und Perzeptuelle Identifikation

Ergebnisse:

Visuell präsentierte Wörter führen zu stärkeren impliziten Effekten als auditiv präsentierte Wörter oder Bilder (bei der Anagramm-Aufgabe ist der Unterschied aber gering).

Blaxton(1989):

Studiermanipulation: Generieren und Lesen (mit/ohne Kontext)

Tests: Freie Wiedergabe, semantisch und graphemisch gesteuerte Wiedergabe; Wortfragment, Allgemeine Wissensfragen

Ergebnisse:

Generieren führt bei konzeptuellen Aufgaben zu besseren Leistungen, Lesen bei perzeptuellen Aufgaben (Dissoziation also nicht zwischen implizit und explizit!)

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Ich weiss, dass Erinnerungen fehlerhaft und unpräzise sein können und kenne verschiedene Mechanismen, welche für Gedächtnis-Verzerrungen oder -Täuschungen verantwortlich sind

Titchener unterscheidet zwei Arten:

(1) Das (vermeintliche) Erinnern oder Wiedererkennen eines Ereignisses, welches objektiv betrachtet gar nicht stattgefunden hat (déjà-vu).

(2) das Unvermögen, sich an ein tatsächlich stattgefundenes Ereignis zu erinnern (jamais-vu).

Es gibt folgende Arten von Gedächtnisverzerrungen:

Inattentional blindness

Change blindness

Change blindness blindness

Confirmation bias

Post-event-misinformation

--> Menschen mit höherer Intelligenz und besserer Arbeitsgedächtniskapazität sind resistenter gegenüber Falschinformationen. Intelligentere Menschen haben generell meistens ein besseres Gedächtnis.

--> Gedächtnisverzerrungen wirken sich mehr auf kleinere Details aus (z.B. Vorhandensein von zerbrochenem Glas) als auf zentrale Details (Merkmale des Täters).

 

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Inattentional blindness

Das Unvermögen, das Erscheinen eines unerwarteten Objektes in der visuellen Umgebung wahrzunehnem (Gorilla-Experiment -> die Wahrnehmung der Vpn wurde gezielt auf etwas anderes gelenkt, 50% der Vpn bemerkten den Gorilla nicht).

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Change blindness

Das Unvermögen, eine Veränderung eines Objektes wahrzunehmen (z.B. Farbwechsel, Vorhandensein/Nichtvorhandensein von Objekten, Personenwechsel, usw.).

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Change blindness blindness

Überschätzte Zuversicht in unserer Möglichkeit, visuelle Veränderungen wahrzunehmen (Vpn wurden über Veränderungen vorgewarnt und bemerkten sie trotzdem nicht –schätzten ihr Wahrnehmungsvermögen dennoch überdurchschnittlich gut ein). Generell haben wir das Gefühl, dass wir unsere Umgebung immer vollständig wahrnehmen (wir haben ja keine Kenntnis davon, was wir nicht wahrgenommen haben) und deshalb auch visuelle Veränderungen wahrnehmen müssten.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Confirmation bias

Gedächtnisverzerrung, welche durch den Einfluss von unseren Erwartungen an eine Situation beeinflusst wird. --> Dieses Phänomen wird oft bei Sportanlässen beobachtet (es werden z.B. mehr Regelverstösse der Gegnermannschaft registriert).

Wir besitzen in unserem Langzeitgedächtnis sogenannte Schemata einer Situation (z.B. Raubüberfall: Täter männlich, trägt Verkleidung, dunkle Kleidung, verlangt Geld, Komplize wartet im Fluchtfahrzeug). Bei der Rekonstruktion eines beobachteten Banküberfalls werden alle relevanten Informationen abgerufen, darunter auch solche Schemata. Was wirklich passiert ist, wird dann leicht verzerrt durch die Vorstellung, was laut Schema passen müsste. Vor allem uneindeutige Fakten werden durch Schemata ersetzt (Täter trägt Sturmhaube -> trotzdem wird angenommen, dass er männlich ist).

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Post-event-misinformation

Ungenaue Erinnerungen entstehen oft, wenn Situationen (z.B. Kriminaldelikte) unvorhergesehen eintreten und wir ihnen zu wenig Aufmerksamkeit schenken können.  Zudem kommt es nicht nur auf den Augenblick des Geschehens an, sondern Erinnerungen können ebenso durch Geschehnisse danach verzerrt werden.

  • Augenzeugen eines Unfalls lassen sich z.B. leicht davon beeinflussen, wenn in der Befragung zum Unfallvorhergang verschiedene Wörter (smashed, collided, bumped, hit, contacted) verwendet werden.

  • Augenzeugenberichte können durch nachträgliche Falschinformationen beeinflusst werden (dies sogar wenn sie vorgewarnt werden, dass falsche Informationen an sie gelangen könnten).

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Retroactive-interference

Das Gedächtnis wird durch das Lernen anderer Informationen während der Aufrechterhaltung/Speicherung gestört (nach der Beobachtung des Geschehnisses).

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Proactive interference

Störung des Gedächtnisses durch Lernen vor dem Beobachten eines Geschehnisses.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Ich kenne Faktoren, welche die Genauigkeit bei Augenzeugenbefragungen beeinträchtigen

In den USA wurden viele Menschen aufgrund von falschen Augenzeugenberichten verurteilt, was später anhand von DNA-Tests festgestellt wurde. Viele Richter kennen noch heute die eingeschränkte Verlässlichkeit von Augenzeugenberichten nicht. Faktoren:

Source misattributuion

Social pressure

Strukturierte/ unstrukturierte Befragung

Update and change existing memory traces

Zuversicht (eyewitness confidence)

Dud-Effekt

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Source misattributuion

Vermischen von Informationen aus verschiedenen Quellen mit ähnlichen Inhalten, z.B. aus Erzählungen oder Videos.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Social pressure

Vpn geben (falsche) Antworten, um dem Vl zu gefallen.

-> Loftus wiederspricht dieser Annahme, weil irreführende Informationen (misleading information) an sich zu Gedächtnisveränderungen führen und nichts mit social pressure zu tun hätten. Dies untersuchte er indem er den Vpn Geld anbot, wenn sie die richtige Antwort nannten. Die Vpn machten trotzdem die gleichen Fehler.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Strukturierte/ unstrukturierte Befragung

Bei einer zeitlich strukturierten Befragung erinnern sich die Vpn besser als bei zeitlich unstrukturierter Befragung.

-> Dies würde bedeuten, dass die originale Gedächtnisspur durchaus erhalten bleibt, jedoch beeinflusst werden kann.

Je mehr Zeit nach einem beobachteten Geschehnisses vergeht, desto eher „akzeptieren“ die Vpn irreführende Informationen betrachten es später als Teil der Erinnerung (Loftus).

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Update and change existing memory traces

Unser Gehirn funktioniert so, dass bereits abgespeicherte Informationen durch neue erweitert oder ersetzt werden können. In Bezug auf Augenzeugenberichte wurde dies insofern nachgewiesen, als dass Vpn ihre Erinnerung später durch abweichende Erinnerungen anderer Personen teilweise „überschrieben“.

--> Wenn die Befragung direkt nach dem Geschehnis stattfindet, werden mehr Informationen erinnert und die Augenzeugen sind resistenter gegenüber irreführenden Informationen.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Zuversicht (eyewitness confidence)

Juroren sind oft beeinflusst davon, wie zuversichtlich die Augenzeugen bei der Identifizierung eines Angeklagten sind. Eine Studie zeigte, dass es bei den „nonchoosers“ (niemanden identifiziert) keine Korrelation zwischen Zuversicht und Angemessenheit gab, bei den „choosers“ (Angeklagten identifiziert) jedoch eine moderate.

-> Ein bestätigendes Feedback bezüglich der Identifikation einer angeklagten Person lässt die Zuversicht ansteigen, insbesondere wenn der Augenzeuge falsch liegt!

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Dud-Effekt

Dud = dem Täter äusserlich sehr unterschiedliche Individuen

Der Dud-Effekt kann auftreten, wenn Augenzeugen einen Angeklagten aus einer Aufstellung von verschiedenen potenziellen Verdächtigen identifizieren sollen. Wenn Augenzeugen einen falschen Angeklagten nennen, sind sie von ihrer Wahl noch überzeugter, wenn neben ähnlich aussehenden Verdächtigen auch noch einige sehr unterschiedlich Aussehende aufgeführt waren.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Ich weiss, welche Rolle das Imaginieren von Ereignissen spielen kann, um falsche Erinnerungen zu „implantieren“.

--> Das vermeintliche Erinnern oder Wiedererkennen eines Ereignisses, welches objektiv betrachtet gar nicht stattgefunden hat (déja-vu)

--> Das Unvermögen, sich an ein tatsächlich stattgefundenes Ereignis zu erinnern (jamais-vu)

Untersuchte Phänomene zu Gedächtnis-Illusionen:

  • Intrusion
  • Konfusion
  • Adaption
  • Rekonstruktion
  • Implantation

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Intrusionen

- Intrusion = Einschliessung
- Wörter wie „Bett, Ruhe, Schnarchen, Nacht, müde,...“ werden präsentiert

- bei der unmittelbaren freien Wiedergabe wird das Intrusionswort „Schlaf“ oft genannt, obwohl es nicht vorgekommen ist

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Konfusion

- Handlungen wurden ausgeführt oder imaginiert oder gar nicht präsentiert

- in welchem Ausmass werden Handlungen als ausgeführt beurteilt, wenn diese nur imaginiert wurden?

-> 1x imaginieren reicht, damit es zu Verzerrungen kommt

-> bizzarre Handlungsbeschreibungen sind weniger anfällig auf Verzerrungen

 

Experiment: Effekt der falschen Berühmtheit

- Namenliste mit «berühmten» und «nicht berühmten» Namen

- In der Studierphasemussten solche Namen schnell und korrekt in ein Mikrophon gesprochen werden.

- In der Testphasemussten vorgegebene Namen als berühmt oder nicht berühmt eingestuft werden.

Ergebnisse: Anteil der als berühmt eingeschätzten Namen in Abhängigkeit davon, ob sie in der Studierphase gesehen wurden: 25% der gesehenen unbekannten Personen wurden als bekannt eingestuft und nur 13% der nicht gesehenen, d.h. es hat einen Einfluss, ob man es vorher gesehen hat oder nicht.

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Adaption (soap opera effect)

- Einfluss von angenommenem Hintergrundwissen über den Hauptcharakter einer Geschichte auf das Erinnern dieser Geschichte

- Verfälschung bei der Informationsaufnahme

- Vorgehen: Text mit oder ohne Vorspann lesen

- Geschichte über den Tagesablauf der Hauptfigur lesen

- Erinnerungstest: Reproduktion des Tagesablaufes so wörtlich wie möglich

- Auswertung: Auszählung der Propositionen und Zuordnung als korrekte Proposition oder Intrusion

- Vpn mit Hintergrundinformationen aus Vorspann haben beim Erinnerungstest mehr Propositionen erfunden

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Rekonstruktion

- Art der Adaption, die Verfälschung findet jedoch während der Testphase statt

- Filmsequenz über Kollision von zwei Autos

- spezifische Frage „wie schnell fuhren die Autos, als sie zusammenstiessen/kollidierten/aufeinandertrafen, sich berührten/...

- je nach Wortwahl des Vl wurde entsprechend höhere oder tiefere Geschwindigkeit angegeben

- die Wortwahl des Vl hatte auch Einfluss darauf, ob sich die Vpn an Glasscherben erinnerten oder nicht

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Implantation

- Vl erzählte Kindern u.a. angeblich vorgefallene (fiktive) Ereignisse aus deren Leben

- Kinder mussten Auskunft geben, ob sie diese erlebt haben oder nicht, was sie davon noch erinnern und mussten sich vorstellen, was sie dabei hätten erleben können

- bereits bei der ersten Sitzung wurden viele fiktive Ereignisse als wirklich erlebt eingestuft

- bei späteren Sitzungen nahm dieser Anteil bei jüngeren Kindern nicht mehr zu

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Ich kenne Befunde zu Alterseffekten bei Gedächtnisverzerrungen

  • Augenzeugenaussagen von älteren Menschen sind oft weniger exakt

  • Ältere Menschen identifizieren öfter unschuldige Personen aus einer Aufreihung von Verdächtigen

  • Ältere Menschen lassen sich leichter von irreführenden Informationen beeinflussen (43% Chance im Gegensatz zu 4% bei Jüngeren)

  • Ältere Menschen sind oft von der Korrektheit ihrer falschen Erinnerungen überzeugt

  • Ältere Menschen verlassen sich öfter auf „Skripts“, wenn die Geschehnisse (z.B. Banküberfall) von gängigen Schemata (Mann, vermummt, Waffe, Fluchtauto) abweichen

 

-> own age bias: Menschen identifizieren verdächtige Personen verlässlicher, wenn diese in einem ähnlichen Alter sind wie die Augenzeugen selber

-> Der Grund könnte sein, dass man mehr Menschen im ähnlichen Alter um sich herum hat

-> Lehrer zeigten keinen own-age-bias, sie konnten Kindergesichter ebenso gut wiedererkennen

14 Zuverlässigkeit von Augenzeugenberichten / Gedächtnisillusionen: Von Intrusionen, Konfusionen, Adaptationen und Implantationen

Worauf bei Augenzeugenbefragungen und bei Personenidentifikationen geachtet werden sollte:

  • Das Vertrauen einer Person in die Richtigkeit ihrer Aussage ist eine schlechter Indikator für die tatsächliche Richtigkeit
  • Augenzeugen überschätzen in der Regel die Dauer eines belastenden Ereignisses
  • Aussagen beinhalten nicht nur was tatsächlich gesehen wurde, sondern auch später «erfahrene» Informationen
  • Es gibt auch für Zeugenaussagen eine Vergessenskurve
  • Eine Aussage wird von der Wortwahl bei der Frage beeinflusst
  • Bei der Identifikation sollen die Personen nicht auf einer Linie sondern einzeln vorgestellt werden, mit dem Hinweis, dass die zu identifizierende Person möglicherweise nicht dabei ist !

15 Prospektives Gedächtnis

Was ist das prospektive Gedächtnis

  • Definition PV: «… Zusammenspiel jener kognitiven Prozesse, die dafür erforderlich sind, spezifische Handlungen im Voraus zu planen und sich dann später zu einer adäquaten Gelegenheit von selbst daran zu erinnern, diese gemäss Plan auszuführen» -> Alltagsanforderung (Relevanz!)

  • Bsp:

  1. Einhalten von Terminen
  2. Einnehmen von Medikamenten
  3. Backofen ausschalten nach 30min

15 Prospektives Gedächtnis

Warum ist das prospektive Gedächtnis wichtig?

  • Um Ziele zu erreich ist es essentiell ein gutes prospektives Gedächtnis zu haben
  • Mehr al 50% von unserem alltäglichen «das habe ich Vergessen» ist prospektive Gedächtnis

15 Prospektives Gedächtnis

Zentrale Aspekte des prospektiven Gedächtnisses in Abgrenzung zum retrospektiven Gedächtnis?

  • Fokus auf Zukunft (prospektiv) Pläne, Ziele anstatt auf Vergangenheit (retrospektiv)
  • Exekutive Kontrolle ist wichtig (Planung und Überwachung) -> zur richtigen Zeit, richtige Handlung ausführen
  • Informationsgehalt
    • Was» wir wissen über etwas (retrospektiv) -> viele Informationen
    • «Wenn» etwas gemacht werden soll -> wenig Informationen
  • Selbstinitiiert – aber es gibt schon einige Hinweise (Cues), z.b. läuft an Briefkasten vorbei
    • Retrospektiv hat mehr Hinweise (Fragen über die Vergangenheit haben oft Hinweise)
  • Resultat von Versagen:
    • Prospektiv: unzuverlässig, unmotiviert -> auf Person bezogen
    • Retrospektiv: schlechtes Gedächtnis-> auf Gehirn bezogen
  • Dissoziation: Personen die ein gutes retrospektives Gedächtnis haben, sind nicht unbedingt auch gut in prospektivem Gedächtnis. Gibt aber schon auch Zusammenhang (man braucht retrospek. Gedächtnis im Supermarkt um zu erinnern, was man kaufen wollte)

in anderen Worten aus der PV:

–Zukunfts-und zielorientiert

–Selbstinitiiert (keine externe Quelle?)

–Exekutive Kontrolle ist wichtig (Planung und Überwachung)

–Dissoziation zwischen prosp. und retrosp. Gedächtnisleistungen

15 Prospektives Gedächtnis

Welche Phasen gehören zu einer prospektiven Aufgabe?

  • Intentionsbildung
  • Intentionsspeicherung (meist parallel zur Bildung)
  • Intentionsinitiierung (zeitverzögert)
  • Intentionsausführung

Wichtig: Eingebettet in Hintergrundaufgabe! -> Ausführung verlangt einen Aufgabenwechsel. Sie leben in ihrem Leben und dann an bestimmten Punkt sollen sie x machen.

15 Prospektives Gedächtnis

was gibt es für Fehler im prospektiven Gedächtnis

  • Auslassungsfehler: Intendierte Handlung wird öfters ausgelassen
  • Wiederholungsfehler: Handlung wird fälschlicherweise ein zweites Mal ausgeführt (dramatisch bei Medikamenten)
  • Verwechslungen: Inadäquate Ausführung bei Stimulus, der zum eigentlichen Stimulus perzeptuelle oder semantische Ähnlichkeit aufweist (Möchte mir einen Kaffee machen und gehe in die Küche, aber mache dann den Abwasch)

15 Prospektives Gedächtnis

Du planst 3Liter Milch einzukaufen. Was benutzt du?

  • Prospektives Gedächtnis: du planst einzukaufen
  • Retrospektive Gedächtnis: wenn du am Einkaufen bist, musst du dich erinnern, dass du 3 Liter Milch einkaufen wolltest

15 Prospektives Gedächtnis

Warum ist das Metagedächtnis beim prospektiven Gedächtnis wichtig?

Wichtig die Fähigkeit zu haben, sein prospektives Gedächtnis gut einzuschätzen und vielleicht etwas mehr aufschreiben wenn nötig

15 Prospektives Gedächtnis

Wie kann man prospektives Gedächtnis operationalisieren im Labor?

  • Instruktion nach 30min eine Taste zu drücken und dann eine einnehmende Aufgabe geben

15 Prospektives Gedächtnis

Was meint zeitbasiertes prospektives G.? Beispiel?

  • Erinnern von Aufgaben, die zu einer spezifischen Zeit ausgeführt werden sollten

  • Die Zeit ist damit ein Cue (Hinweis) zum Erinnern

    • Z.B.: Um 8 Uhr für David gekocht haben
    • Jeden morgen muss ich Medikament X nehmen (~ca. 50% chronisch Kranke machen es nicht)