Bildungspsychologie - Modul AF B Teil 1
Fernuniversität Hagen SS 19
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Cartes-fiches | 501 |
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Utilisateurs | 36 |
Langue | Deutsch |
Catégorie | Psychologie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 21.02.2019 / 13.12.2023 |
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361. Skill-Development-Ansatz vs. Self-Enhancement-Ansatz
Es ist davon auszugehen, dass Selbstkonzept und Leistung in einem reziproken (d. h. sich
gegenseitig verstärkenden) Zusammenhang stehen
- —> Reciprocal-Effects-Modell
362. Das Reciprocal- Internal/External-Modell
https://imgur.com/6G37gng
363. Warum fördert ein hohes schulisches Selbstkonzept die schulische Kompetenzentwicklung?
Vermutlich wirkt ein positiv ausgeprägtes Selbstkonzept sowohl beim Kompetenzerwerb als auch in Performanzsituationen unterstützend
- Kompetenzerwerb - Befunde von Helmke:
- hohes mathematisches Selbstkonzept —> erhöhtes Engagement im Unterricht + höhere Anstrengungsbereitschaft bei den Hausaufgaben
- Performanzsituation - Befunde von Eckart et al.:
- Konfrontiert mit Intelligenztestaufgaben, für die es keine korrekten Lösungen gab, waren es vor allem Versuchspersonen mit niedrigem Selbstkonzept, deren anschließende Leistung bei anderen Aufgaben unter dem Misserfolgserlebnis litt
364. Das erweiterte Erwartungs-Wert-Modell nach Eccles
https://imgur.com/k0Xu57m
365. Maßnahmen, die schulbezogene Selbstkonzepte positiv beeinflussen können
- Positive Lernerfahrungen und Leistungsrückmeldungen
- unterstützendes Verhalten durch Eltern und Lehrkräfte
- Trainieren internal-variabler Misserfolgsattributionen
- Entwicklung realistischer AnspruchsniveausGeeignet sind Aufgaben, die sich an der individuellen Leistungsentwicklung des Schülers orientieren und knapp über dem bisher Erreichten liegen
- Outward-Bound-Programme
- Herausfordernde und oft sportliche Aktivitäten, wie beispielsweise das Überqueren eines Flusses mittels einer selbst konstruierten Brücke
- Marsh und Richards reicherten ein solches Programm durch akademische Inhalte an und konnten einen positiven Effekt der Maßnahme auch auf das mathematische Selbstkonzept zeigen
366. Motivation - Definition nach Rheinberg & Vollmeyer
Motivation ist eine aktivierende Ausrichtung des momentanen Lebensvollzugs auf einen positiv
bewerteten Zielzustand
- „energetisierende“ Funktion der Motivation
- Motivation stellt einen aktuellen bzw. vorübergehenden Zustand dar
367. Motivation als habituelles Merkmal
- Operationalisierung: In der Regel werden die Versuchspersonen gefragt, wie häufig eine bestimmte aktuelle Motivation in einem längeren Zeitraum bei ihnen aufgetreten ist
- Eine habituelle Motivation ist durch ihr wiederholtes bzw. gewohnheitsmäßiges Auftreten gekennzeichnet
- Demnach zeichnet sich ein Schüler mit einer hohen habituellen Lernmotivation dadurch aus, dass er häufig und in vielen Situationen zum Lernen motiviert ist
368. Formen extrinsischer Lernmotivation - Theorie
leistungsbezogene Lernmotivation (lernen, um später eine gute Leistung zu erbringen)
- kompetenzbezogene Leistungsmotivation (Fokus: individueller Kompetenzgewinn)
- wettbewerbsbezogene Leistungsmotivation (Fokus: das überlegene Abschneiden im Vergleich mit anderen)
Formen, bei denen nicht die Leistung die Motivation ist:
- soziale Lernmotivation (Fokus: Lob von Bezugspersonen)
- selbstbewertungsbasierte Lernmotivation (Fokus: Stolz)
- oberzielorientierte Lernmotivation (Fokus: Zukunft)
369. Konzept der Bezugsnormen bei der Leistungsbeurteilung (von Rheinberg):
- Im Falle der individuellen Bezugsnorm ist der zu erreichende Gütemaßstab durch die eigene frühere Leistung des Lerners bestimmt
- bei der sozialen Bezugsnorm dagegen durch das Leistungsniveau einer bestimmten Bezugsgruppe (z. B. der Schulklasse)
- und bei der sachlichen Bezugsnorm durch ein aus sachlichen (z.B. curricularen) Erwägungen abgeleitetes Leistungs- bzw. Lernziel
370. Empirische Befunde zu Komponenten der extrinsischen Lernmotivation
- Studien, in denen Instrumente zur Erfassung der habituellen (extrinsischen und intrinsischen) Lernmotivation eingesetzt wurden
- Diese Instrumente sehen vor, dass die Probanden nach dem Ausmaß befragt werden, in dem sie verschiedene Formen der Lernmotivation üblicherweise zeigen (z. B. „Ich lerne vor allem deshalb, um von anderen gelobt zu werden“)
- Eine Analyse einschlägiger Fragebögen ergab für die habituelle extrinsische Lernmotivation die Unterscheidung sechs verschiedener Komponenten (siehe nächste Karte)
- Sechs Komponenten —> mehr als in der Theorie angenommen
371. Komponenten der extrinsischen Lernmotivation (ELM)
Lernen, um
- positive Leistungsrückmeldungen (z. B. Noten) zu erhalten (leistungsbezogene ELM)
- die eigene Kompetenz zu erweitern (kompetenzbezogene ELM)
- andere zu übertreffen bzw. die eigene überlegene Fähigkeit zu demonstrieren (wettbewerbsbezogene ELM)
- soziale Anerkennung zu erhalten (soziale ELM)
- beruflich-materielle Ziele zu erreichen (Prestige, Gehalt; beruflich-materielle ELM)
- eine angestrebte berufliche Tätigkeit ausüben zu können (beruflich-inhaltliche ELM)
372. Intrinsische Motivation - Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan
- Grundbedürfnisse des Menschen: Kompetenz, Selbstbestimmung und soziale Bezogenheit
- Werden diese Bedürfnisse beim Handeln (z.B. der Erledigung der Hausaufgaben) erfüllt, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass intrinsische Motivation auftritt und die Handlung eine positive Erlebnisqualität erhält
- handlungsimmanente Anreize: Wahrnehmungen von Kompetenz und Selbstbestimmung bei einer Tätigkeit, Flow-Erleben und bestimmte handlungsbegleitende Emotionen (z. B. Freude, situationales Interesse)
373. Empirische Belege für Deci und Ryans Theorie
Die Forschungsstrategie von Deci und Ryan bestand zunächst darin, den Nachweis zu erbringen, dass Beeinträchtigungen der Selbstbestimmung durch externe Kontrolle (z. B. angekündigte Belohnungen) zur Reduzierung von intrinsischer Motivation führen
- Dieser „Unterminierungseffekt“ tritt allerdings nur unter bestimmten Bedingungen auf (z. B. muss eine angekündigte Belohnung während der Handlung bewusst sein)
In weiteren Studien zeigten Deci und Ryan, dass die Wahrnehmung von Kompetenz, Selbstbestimmung und sozialer Bezogenheit positiv mit der intrinsischen Lernmotivation und Aspekten der psychischen Gesundheit zusammenhängt
374. Verschiedene Formen intrinsischer Lernmotivation
Tätigkeitszentrierte intrinsische Lernmotivation:
- tritt ein, wenn ein Lerner unabhängig vom Lerngegenstand bestimmte Handlungsformen (z. B. Gruppenarbeit, praktisches Experimentieren) bevorzugt
- Freude am Lernen
Gegenstandszentrierte intrinsische Lernmotivation:
- kennzeichnet einen Lerner, der sich unabhängig von der jeweils durchgeführten Tätigkeitsform für bestimmte Inhalte interessiert und deshalb positive Gefühle während des Lernens erlebt
- Lernen aus Interesse und Neugier
375. Empirische Befunde zur intrinsischen Motivation
Die Unterscheidung einer gegenstands- und tätigkeitszentrierten intrinsischen Lernmotivation stimmt mit den Befunden der oben erwähnten Studien überein, in denen die habituelle extrinsische und intrinsische Lernmotivation erfasst worden ist
Allerdings erwiesen sich die beiden Komponenten empirisch (bzw. faktorenanalytisch) als nicht
trennbar, d.h. die intrinsische Lernmotivation kann im Gegensatz zur extrinsischen Lernmotivation als einheitliches Merkmal aufgefasst werden
376. Flow
Merkmale:
- vollkommenes Aufgehen in der Tätigkeit (Absorbiertsein) Selbstvergessenheit
- Verschmelzen von Handlung und Bewusstsein
- Gefühl von Kontrolle
Wichtigste Bedingung:
- Die subjektive Passung von Fähigkeit und Handlungsanforderung
377. Theorie der organismischen Integration nach Deci und Ryan
Annahme, dass bei der Sozialisation eines Kindes extrinsische Motivationsprozesse unerlässlich
sind
- Diese betreffen insbesondere die Übernahme von Normen, Einstellungen und Handlungszielen im Rahmen von Internalisierungsprozessen
Die Internalisierung gesellschaftlicher Normen z. B. ermöglicht, dass die Grundbedürfnisse des Individuums erfüllt werden —> z.B. soziale Anerkennung
378. Theorie der organismischen Integration - Drei Stufen der Internalisierung bzw. Formen der
Verhaltensregulation
Extrinsische Motivation
- Fremdbestimmt
- Externale Regulation: Handeln aufgrund von äußeren Druck (Belohnung, Bestrafung)
- Introjizierte Regulation: Internalisierung eines Handlungsziels ohne Identifizierung, Handeln aufgrund von inneren Druck (Vermeidung eines schlechten Gewissens)
- Selbstbestimmt
- Identifizierte Regulation: Identifizierung mit einem Handlungsziel, aber vorhandene Konflikte mit anderen Zielen
- Integrierte Regulation: Identifizierung mit einem Handlungsziel ohne Konflikte mit anderen Zielen
Intrinsische Motivation
- Intrinsische Regulation: Handeln aufgrund von handlungsbegleitenden Anreizen
379. Theorie der organismischen Integration - Drei Stufen der Internalisierung bzw. Formen der
Verhaltensregulation - Anmerkungen
- Die Stufen von der externalen hin zur integrierten Regulation können als Entwicklungsphasen verstanden werden, die jedoch nicht notwendig alle durchlaufen werden
- Die integrierte Regulation konnte empirisch nicht von der identifizierten Regulation abgegrenzt werden
380. Dispositionale Motivationsmerkmale
Leistungsmotiv
- Annäherungsmotiv („Hoffnung auf Erfolg“)
- Vermeidungsmotiv („Furcht vor Misserfolg“)
Zielorientierung
- Aufgabenorientierung vs. Ich-Orientierung (nach Nicholls)
- Hilflosigkeitsorientierung/Leistungszielorientierung vs. Bewältigungsorientierung/Lernzielorientierung (nach Dweck)
Interesse
381. Messung von Leistungsmotiven
- Es konnte wiederholt festgestellt werden, dass die mit projektiven Verfahren und mit Fragebogen gemessenen Leistungsmotive kaum miteinander korrelieren, durch unterschiedliche Situationen angeregt werden und divergente Effekte aufweisen
- Dies hat McClelland, Koestner und Weinberger dazu veranlasst, ein Modell vorzuschlagen, in dem zwei Arten von Motiven unterschieden werden, nämlich implizite und explizite Motive
- Empirisch ließ sich zeigen, dass implizite und explizite Maße des Leistungsmotivs teilweise zu unterschiedlichen Ergebnissen in Leistungssituationen führen
- So wirken z. B. bei Personen mit hohem implizitem Leistungsmotiv Rückmeldungen nach der individuellen Bezugsnorm leistungssteigernd, während Personen mit hohem expliziten Leistungsmotiv stärker auf Rückmeldungen nach der sozialen Bezugsnorm ansprechen
382. Zielorientierung - Die Theorie von Nicholls
Zwei unterschiedliche Definitionen von Fähigkeit
- Individuelle Bezugsnorm = Fähigkeit als ein Zuwachs an Bewältigung, d. h., man beurteilt sich als fähig, wenn man Dinge tun kann, die man vorher nicht konnte
- Soziale Bezugsnorm = Fähigkeit bedeutet, dass man bei gleicher oder geringerer Anstrengung die gleiche oder eine höhere Leistung bringt als andere Personen
Personen (z. B. Schüler) entwickeln in Abhängigkeit von den beiden Fähigkeitskonzeptionen entsprechende Zielorientierungen:
- Aufgabenorientierung:
- Die aufgabenorientierte Person strebt danach, ihre Fähigkeit dadurch zu demonstrieren, dass sie bestimmte Aufgaben bzw. Probleme bewältigen kann
- Ich-Orientierung:
- Der Ich-orientierten Person geht es darum, ihre überlegene Fähigkeit im Vergleich mit anderen Personen zu zeigen
Zu erwarten ist eine positive Korrelation zwischen Aufgabenorientierung und intrinsischer Lernmotivation
—> empirisch bestätigt
383. Zielorientierung - Die Theorie von Dweck
- Frage: Wie kann unangepasstes Bewältigungshandeln (schnelles Aufgeben bei Hindernissen, Vermeiden schwieriger Aufgaben) bei Schülern erklärt werden?
- Annahme, dass hilflose Schüler sich vor allem an Leistungszielen („performance goals“) und bewältigungsorientierte Schüler vor allem an Lernzielen („learning goals“) orientieren
- Das Verfolgen von Lernzielen bedeutet, dass vornehmlich danach gestrebt wird, die vorhandene Kompetenz zu erweitern
- Das Verfolgen von Leistungszielen bedeutet, dass positive Bewertungen der eigenen Kompetenz angestrebt und negative Bewertungen vermieden werden
384. Zielorientierung - Dwecks und Nicholls' Theorien - Integration und Weiterentwicklung durch Elliot - Begriffliche Veränderungen
- Aufgaben- bzw. Lernzielorientierung —> Bewältigungsziele
- Ich-Orientierung —> Leistungsziele (Streben nach Überlegenheit)
385. Zielorientierung - Dwecks und Nicholls' Theorien - Integration und Weiterentwicklung durch
Elliot - Das Vier-Faktorenmodell der Zielorientierung
Zwei Formen von Leistungszielen:
- Von einem Annäherungsleistungsziel wird gesprochen, wenn es darum geht, die eigene Kompetenz im Vergleich mit anderen Personen zu demonstrieren
- Das Verfolgen eines Vermeidungsleistungsziels bedeutet, dass die Person versucht, ihre vermeintlich unterlegene Kompetenz gegenüber anderen Personen zu verbergen
Zwei Formen von Bewältigungszielen:
- Lerner mit einem Annäherungsbewältigungsziel versuchen so viel Wissen wie möglich zu erwerben
- Lerner mit einem Vermeidungsbewältigungsziel streben eher danach, ihr bereits verfügbares Wissen bzw. Können nicht zu verlieren oder einen neuen Lernstoff nicht misszuverstehen
386. Zielorientierung - Gutes Lernen
- Negative Auswirkungen im Schul- bzw. Leistungskontext sind vor allem der Vermeidungsleistungszielorientierung zuzuschreiben
- Pintrich und Harackiewicz postulierten daher auf der Basis empirischer Befunde eine revidierte Zielorientierungstheorie, in der Annäherungsleistungszielen auch eine adaptive Funktion zukommt und das Verfolgen multipler Ziele (insbesondere von Lern- und Annäherungsleistungszielen) zu einer optimalen Motivation mit den meisten positiven Konsequenzen führt
387. Individuelles Interesse
- Interesse bezieht sich immer auf einen Gegenstand und wird durch die Auseinandersetzung mit diesem entwickelt
- Das individuelle Interesse kann als relativ dauerhaftes, dispositionales Merkmal einer Person verstanden werden und setzt sich aus gefühls- und wertbezogenen Valenzüberzeugungen zusammen:
- Von gefühlsbezogenen Valenzüberzeugungen spricht man, wenn ein Sachverhalt für eine Person mit positiven Gefühlen verbunden ist
- Von wertbezogenen Valenzüberzeugungen ist die Rede, wenn einem Sachverhalt Attribute im Sinne persönlicher Bedeutsamkeit bzw. Wichtigkeit zugeschrieben werden
388. Situationales Intresse
- Das situationale Interesse bezeichnet den durch äußere Umstände (z. B. einen spannenden Vortrag) hervorgerufenen Zustand des Interessiertseins, der u. a. durch eine erhöhte Aufmerksamkeit und Gefühle der Neugier und Faszination gekennzeichnet ist
- Das Erleben situationalen Interesses kann als relevante Quelle von intrinsischer Lernmotivation aufgefasst werden.
389. Bedeutung der Motivation für Lernen und Leistung - Empirische Befunde zur Leistungsmotivation
- Zahlreiche positive Befunde, die die Bedeutsamkeit des Leistungsmotivs unterstreichen
- Weniger eindeutige Befundlage bezüglich des Zusammenhangs von Leistungsmotiv und Leistungsergebnissen
- Einige ältere Befunde legen nahe, dass nur dann ein signifikanter Zusammenhang zwischen Leistungsmotiv und Schulleistung zu erwarten ist, wenn eine optimale Anregung des Leistungsmotivs z.B. durch herausfordernde Aufgaben erfolgt
- Die neuere Forschung konzentriert sich stärker auf die Unterscheidung von implizitem und explizitem Leistungsmotiv:
- Das implizite Leistungsmotiv ist vor allem in Situationen vorhersagestark, in denen das Leistungsverhalten eigeninitiativ (z. B. ohne situative Notwendigkeit) und spontan auftritt
- Dagegen ist das explizite Leistungsmotiv eher für solches Leistungsverhalten prädiktiv, das durch eine Situation bzw. andere Personen eingefordert wird (z. B. in einer Prüfung)
- Deshalb kann das explizite Leistungsmotiv besser schulische Leistungen vorhersagen und das implizite besser berufliche Leistungen
- Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass das implizite Leistungsmotiv dann wirksam wird, wenn es um die Verbesserung der eigenen Leistungsfähigkeit bzw. Kompetenz geht (individuelle Bezugsnorm), während sich das explizite Leistungsmotiv eher in sozialen Vergleichssituationen auswirkt (soziale Bezugsnorm)
390. Bedeutung der Motivation für Lernen und Leistung - Empirische Befunde zu Zielorientierungen
Positive Effekte der Lernzielorientierung auf das Lernverhalten und einzelne Determinanten
erfolgreichen Lernens:
- günstigere Attributionen für Erfolg und Misserfolg, positivere Gefühle gegenüber Lern- und Leistungsaufgaben, vermehrte intrinsische Motivation und größeres Interesse am Lerngegenstand, intensivere Beschäftigung mit dem Lernmaterial, Anwenden adäquaterer Verarbeitungsstrategien, mehr Ausdauer
Die Effekte der Zielorientierungen auf die Leistung sind widersprüchlich und bedürfen der weiteren Klärung
- Vermeidungsleistungsziele wirken sich auf Lernverhalten und Leistung sowie auf Motivation und emotionales Erleben eher negativ aus, während den Annäherungsleistungszielen zumindest eine leistungsförderliche Funktion zugesprochen wird
Mögliche Ursachen für die bestehenden Widersprüche:
- abweichende Operationalisierungen von Lernzielen und Annäherungsleistungszielen
- die Art der jeweils untersuchten Lernleistung (z.B. Bearbeitung eines Textes vs. Schulnote)
- die Nichtberücksichtigung von Kontexteinflüssen
391. Intrinsische vs. extrinsische Motivation - Empirische Befunde
- Studien zum Zusammenhang zwischen intrinsischer Lernmotivation und schulischen Leistungen haben relativ übereinstimmend einen positiven Zusammenhang mit geringer bis mittlerer Ausprägung ergeben
- Die intrinsische Lernmotivation korrespondiert deutlich stärker als die extrinsische Lernmotivation mit solchen Lernstrategien, die eine tiefere Verarbeitung des Lernmaterials beinhalten
- Insbesondere Kinder mit niedrigen Intelligenzwerten scheinen von intrinsischer Motivation zu profitieren
- Von den Autoren wird dieses Ergebnis damit erklärt, dass intrinsische Motivation mit der Bevorzugung herausfordernder Aufgaben einhergeht und auf diese Weise zu Leistungssteigerungen führt
- In einer Übersicht experimenteller Arbeiten fand man mehrheitlich signifikant bessere Textlernleistungen in der Bedingung mit „intrinsischer“ Instruktion als in der Bedingung mit „extrinsischer“ Instruktion
- Diese Leistungen betrafen fast durchgängig Lernkriterien, die sich auf das konzeptuelle Verständnis eines Textes bezogen
- Dagegen ergaben sich in der Regel keine Unterschiede in Hinblick auf Faktenfragen und quantitative Maße der Textwiedergabe
- Für das Flow-Erleben sind positive Zusammenhänge mit Lernen und Leistung nachweisbar
392. Wie erzeugt man intrinsische bzw. extrinsische Motivation?
- Die Anleitungen zur Erzeugung von intrinsischer Motivation betonen die persönliche Relevanz der Lerninhalte, stützen das Gefühl von Selbstbestimmung oder Herausforderung und schwächen den Aspekt einer möglichen Bewertung der Lernergebnisse ab
- Extrinsische Motivation wird hingegen begünstigt durch die Ankündigung eines Lerntests, teilweise mit der zusätzlichen Ankündigung der Vergabe von Noten oder Rangplätzen
393. Interesse - Empirische Befunde
- Sowohl für das situative als auch das individuelle Interesse existieren zahlreiche Belege eines positiven Zusammenhangs mit dem Lernen aus Texten
- Es gibt Belege dafür, dass Interesse einen größeren Effekt auf Indikatoren tiefergehenden Leseverstehens (z.B. Hauptgedanken erfassen, Anwendungsfragen beantworten) ausübt als auf einfache Lernindikatoren (z.B. Faktenfragen, Zahl reproduzierter Sinneinheiten)
- Thematisches Interesse trägt signifikant zur Vorhersage konzeptuellen Verstehens bei
- Wahrscheinlich gibt es eine wechselseitige Beeinflussung zwischen Interesse und Leistung
394. Studie von Köller, Baumert und Schnabel zur wechselseitigen Beeinflussung zwischen Interesse und Leistung
- Das Interesse in der 7. Klasse hatte keine signifikanten Effekte auf die Leistung in der 10. oder 12. Klasse
- Weil: In den unteren Schulstufen wird die Motivation der Schüler vornehmlich durch extrinsische Anreize und Werte (z.B. häufige schriftliche Tests, Verstärkung durch die Eltern) reguliert
- Dagegen beeinflusste das Leistungsniveau in der 7. Klasse das Interesse in der 10. Klasse signifikant
- Es waren direkte und indirekte (über Kurswahl) signifikante Effekte des Interesses in der 10. Klasse auf die Leistung in der 12. Klasse festzustellen
- Für das Interesse in der 10. Klasse konnte ein signifikanter direkter Effekt auf die Leistung in der 12. Klasse festgestellt werden
395. Leistungsmotivation und Zielorientierung - Entwicklungsverläufe
- Sowohl für Einschätzungen der eigenen Fähigkeit und Erfolgserwartungen als auch für fachbezogene Wertüberzeugungen (z.B. persönliche Bedeutsamkeit) konnte eine kontinuierliche Abnahme im Laufe der Schulzeit festgestellt werden
- Nach der Theorie von Nicholls ist eine zunehmende Entwicklung von der Aufgaben- bzw. Lernzielorientierung hin zur Ich- bzw. Leistungszielorientierung zu erwarten
- Die Ergebnisse von Nicholls belegen, dass jüngere Kinder noch nicht zwischen Anstrengung und Fähigkeit differenzieren können und bei der Beurteilung ihrer Kompetenz eine individuelle Bezugsnorm zugrunde legen
- Die Studien von Köller, Baumet usw. zeigen, dass erst ab der 5. Klassenstufe mit einer zunehmenden Leistungszielorientierung zu rechnen ist
396. Leistungsmotivation und Zielorientierung - Fördermaßnahmen
- „Origin-Training“ von deCharms, in dem u.a. die Bedeutung selbstbestimmten Verhaltens betont wird
- Im deutschen Sprachraum hat das von Heckhausen konzipierte Selbstbewertungsmodell des Leistungsmotivs eine entscheidende Rolle für die Entwicklung von Trainingsverfahren gespielt
- In diesen Verfahren stehen drei Ansatzpunkte zur Steigerung des Erfolgsmotivs im Mittelpunkt:
- das Setzen realistischer (mittelschwerer) Ziele,
- die Durchführung günstiger Ursachenerklärungen für Erfolg und Misserfolg und
- der Aufbau einer positiven Selbstbewertungsbilanz
- In diesen Verfahren stehen drei Ansatzpunkte zur Steigerung des Erfolgsmotivs im Mittelpunkt:
- Individuelle Bezugsnormorientierung des Lehrers:
- Diese Orientierung zeichnet sich dadurch aus, dass der Lehrer die aktuellen Leistungsergebnisse der Schüler im Kontext ihrer früheren Leistungen beurteilt, Aufgaben an das Leistungsniveau der Schüler anpasst und bei der Ursachenzuschreibung den Faktor Anstrengung betont
397. Interesse und intrinsische Motivation -Entwicklungsverläufe
- Die Entwicklungsverläufe von Interessen und habitueller intrinsischer Motivation zeigen starke Parallelen
- Das Interesse an Schulfächern nimmt im Laufe der Schulzeit kontinuierlich ab
- Genauso Einstellungen gegenüber der Schule, aufgabenbezogene Wertüberzeugungen und Indikatoren habitueller intrinsischer Motivation
- Die Abnahme schulischer Interessen betrifft insbesondere die naturwissenschaftlichen Fächer
- Es gibt mehrere mögliche Gründe für die Abnahme schulischer Interessen, z.B. Vernachlässigung der Alltagserfahrungen der Schüler
- Köller et al. fanden eine Abnahme der Korrelationen zwischen den verschiedenen Interessenbereichen (z.B. zwischen Deutsch und Mathematik) im Laufe der Zeit —> Dies spricht für einen Differenzierungsprozess
398. Die Stage-Environment-Fit-Theorie nach Eccles et al. und das Interesse in der Schule
- Die schulische Lernumwelt ist zunehmend weniger auf die sich entwickelnden Werte, Bedürfnisse und (außerschulischen) Interessen der Schüler abgestimmt
- So gerät beispielsweise das mit steigendem Alter zunehmende Bedürfnis nach Selbstbestimmung mit der restriktiven Lernumwelt der Schule bzw. dem stark lehrergesteuerten Unterricht in Konflikt
- Zusätzlich wird die Beziehung zu Mitschülern durch die vorherrschende Konkurrenz um gute Noten und die Vernachlässigung kooperativen Lernens belastet
399. Drei unterschiedliche Prozesse der Abnahme von Interessen und intrinsischer Motivation
- Bestimmte Unterrichtsmerkmale, wie z.B. die Vernachlässigung der Alltagserfahrungen und Interessen der Schüler, und der restriktive, wenig Raum für Selbstbestimmung bietende Charakter schulischer Lernumwelten behindern die Entfaltung schulfachbezogener Interessen.
- Die Schüler entwickeln zunehmend stabile außerschulische Interessen, die in Konkurrenz zu den Schulfächern treten.
- Im Laufe der Schulzeit führt die Wahrnehmung einer hohen Fähigkeit in bestimmten Bereichen (z. B. Schulfächern) zu Interessenschwerpunkten, die wiederum die Aufgabe oder Abwertung anderer Interessenbereiche bedingen.
400. Interesse und intrinsische Motivation -Fördermaßnahmen
Förderung der Kompetenzwahrnehmung
- Interventionsziele: positive Rückmeldungen und Bekräftigungen, Förderung aktiver Beteiligung und lebenspraktischer Anwendungen, klare, strukturierte und anschauliche Stoffpräsentation und Unterstützung bei herausfordernden Aufgaben
- Dies könnte z. B. beinhalten, dass Schüler im Fach Deutsch eine Kurzgeschichte in ein Theaterstück umwandeln und es dann mit verteilten Rollen spielen, oder dass sie in Physik selbstständig Experimentieren
Förderung der Selbstbestimmung
- Ausreichendes Ausmaß an Handlungsspielräumen und Wahlmöglichkeiten
- Dafür sind Vorgehensweisen geeignet, die zu mehr Mitbestimmung führen (z. B. bei der Auswahl des Lernstoffs),
- die relativ große Freiräume ermöglichen (z. B. Projektunterricht),
- die die Selbstbewertung des eigenen Lernfortschritts zulassen (z. B. durch das Anlegen von Lernkurven auf der Basis von Lerntests)
- und die es dem Schüler erlauben, selbst Entscheidungen zu treffen und Lösungen für Probleme zu finden
Förderung sozialer Bezogenheit
- Durch Formen der Teamarbeit und des kooperativen Lernens und ein partnerschaftliches Lehrer-Schüler-Verhältnis
- Dabei ist darauf zu achten, dass die gemeinsame Arbeit einen intensiven sozialen Austausch erfordert und jeder Schüler die Verantwortung für bestimmte Teilaufgaben übernimmt
Förderung der Bedeutsamkeit des Lerngegenstands
- z.B. durch die Formulierung klarer und persönlich bedeutungsvoller Lernziele (z.B. Mathematik als Grundlage des technischen Fortschritts hervorheben)
- Vermittlung des eigenen Interesses am Stoffgebiet (z.B. berichten, warum man sich als Lehrer für sein Fachgebiet entschieden hat)
- Hervorhebung praktischer Anwendungsmöglichkeiten des Lernstoffs (z. B. Bedeutung der Chemie für die Themen Ernährung und Gesundheit)