Rechtsmedizin

Vorlesung Uni Bern

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Langue Deutsch
Catégorie Droit
Niveau Université
Crée / Actualisé 18.02.2019 / 18.06.2024
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Welches sind die unterschiedlichen Verläufe des Übergangs zwischen Leben und Individualtod?

Tod nach Agonie, plötzlicher Tod, Tod nach vita minima

Erkläre Tod nach Agonie

Langsames Erlöschen der Lebensfunktionen bis zur Agonie, wobei Agonie die letzte Phase eines langsamen Sterbens bezeichnet.

Erkläre plötzlicher Tod

Agonie fehlt, Tod tritt plötzlich und unerwartet aus natürlichen oder gewaltsamen Gründen ein.

Erkläre Tod nach vita minima

Starke Reduktion der Vitalfunktionen, vorab bei Unterkühlung, mit darauf folgendem Todeseintritt. Während der vita minima Phase ist eine Reanimation meistens erfolgreich.

Was bedeutet "Individualtod"

Tod des Individuums durch irreversiblen Ausfall der Gehirnfunktionen (Hirntod). Bei Tod ausserhalb Klinik wird Individualtod durch spontanes Erlöschen der Lebensfunktionen (Atem- und Kreislaufstillstand) oder durch Abbruch einer langen, erfolglosen Reanimation oder durch Vorliegen sicherer Todeszeichen diagnostiziert.

Was versteht man unter "Vitalreaktionen"?

Befunde, die darauf hinweisen, dass eine Person während der auf den Körper einwirkenden Schädigung noch gelebt hat.

Was versteht man unter "Organtod" und wann tritt dieser ein?

Endgültiger Funktionsausfall der Organe, tritt nach dem Hirntod ein. Verschiedene Organe zeigen unterscheidlich lange nach dem Hirntod noch Funktionen.

Was versteht man unter *Intermediärphase" und was geschieht in dieser Phase?

Zeitraum zwischen Leben und Tod, zwischen Hirntod und letztem Organausfall, bevor postmortale Veränderungen stattfinden. In der Intermediärphase reagieren gewisse Organe noch auf Reize (Skelettmuskulatur, Pupillenreaktion)

Was sind supravitale Reaktionen?

Reaktionen der Skelettmuskulatur oder der Pupillen während der Intermediärphase.

Was versteht man unter postmortalen Veränderungen?

Leichenerscheinungen, welche erst bei definitivem Todeseintritt auftreten.

Welches sind die sicheren Todeszeichen? Zähle in der Reihenfolge ihres zeitlichen Auftretens auf.

Totenflecken, Totenstarre und Fäulnis

Wie entstehen Totenflecken?

Nach dem Tod zirkuliert das Blut nicht mehr und sinkt der Schwerkraft entsprechend in die unten liegenden Bereiche des Körpers ab und dickt dort allmählich ein, wobei sich an den Auflageflächen infolge Kompression der Gefässe kein Blut ansammelt.

Welche Leichen haben kaum oder nur wenig Totenflecken und weshalb?

Blutarmut oder Blutverlust führt zu verringerten Totenflecken. Leichen die aus tiefen Gewässern geborgen werden zeigen aufgrund des Wasserdrucks wenig Totenflecken (Kompression von allen Seiten)

Worauf weisen hellrote Totenflecken hin?

Auf eine Kohlenmonoxid-Vergiftung (CO) oder Kälteeinwirkung.

Wann treten Totenflecken zeitlich ein?

20 - 30 Minuten nach Todeseintritt

Warum tritt Totenstarre ein und wie wird die Körperposition in der Starre gebildet?

Durch Zerfall von Adenosintriphoshat im bei Todeseintritt erschlafften Muskel erstarrt der Körper allmählich in der bei Todeseintritt erfolgten Positionierung des Körpers.

Wann bildet sich Totenstarre und wann löst sie sich wieder?

Bildungsbeginn je nach Umgebungstemperatur 2-3 Stunden nach Todeseintritt mit vollständiger Starre nach rund 8 Stunden, Lösung 2-3 Tage nach Todeseintritt.

Was beeinflusst die Bildung der Totenstarre?

Tiefe Aussentemperaturen verlangsamen den Prozess, hohe Temperaturen beschleunigen ihn. Leichen aus fliessenden Gewässern haben oft keine Totenstarre wegen der dauernden Bewegung der Leiche. Intensiver Sport vor dem Tod beschleunigt die Starre weil Sport ADP abbaut.

Warum und wo setzt Fäulnis häufig ein?

Fäulnis entsteht infolge innere Gewebezersetzung (anaerob) durch sich im Dickdarm oder Mund-Nasenbereich befindliche Bakterien. Rotes Hämoglobin wird in Sulfhämoglobin umgewandelt und verfärbt sich grün, wodurch sich die Haut entsprechend grün verfärbt, meist zuerst am rechten Unterbauch wegen der dortigen Nähe des Dickdarms zur Haut.

Welches sind Fäulnisanzeichen?

Grünfärbung und später schwarzfärbung der Haut, Abzeichnen der Blutgefässe, Aufblähung des Körpers infolge Gasdruck, Blasenbildung auf der Haut, Austritt rötlicher und übelriechender Flüssigkeit aus Mund und Nase

Was bedeutet Proteolyse und was bewirkt sie?

Zersetzung der Eiweisse durch körpereigene Enzyme, was zu Lösung der Totenstarre und Erweichung des Gewebes führt.

Was versteht man unter Verwesung und welches ist der Unterschied zu Fäulnis?

Verwesung folgt auf Fäulnis und bedeutet Zersetzung des Körpers durch Bakterien, welche von ausserhalb des Körpers stammen.

Wie entsteht Mumifikation und was charakterisiert sie?

Durch Wasserverlust wird das Gewebe konserviert, die Haut wird zunehmends ledriger.

Wie skelettiert der Körper und wie lange dauert der Prozess?

Durch Gewebezerfall, Tier- oder Insektenfrass. Dauer unterschiedlich, durch Insekten im Wald schon nach 2 Wochen möglich.

Was ist Fettwachsbildung und in welcher Umgebung entsteht sie?

Gewebekonservierung durch Hydrierung der ungesättigten Fettsäuren im Körper, wodurch Fett in eine weiss-graue, fettigschmierige oder krümelige bis kalkharte Masse umgewandelt wird. Entstehtin feuchter, sauerstoffarmer Umgebung wie Wasser, feuchter Lehm...

Warum spricht man von Todeszeitschätzung?

Beim unbeobachteten Tod lässt sich nachträglich kaum ein genauer todeszeitpunkt nennen, da zahlreiche Faktoren Einfluss auf die postmortalen Befunde ausüben. Es werden daher nur Zeiträume genannt, innerhalb welcher der Tod mit einer Wahrscheinlichkeit eingetreten ist.

Stimmt die geschätzte Todeszeit mit der Tatzeit überein?

Nicht zwingen, da in gewisen Fällen ein längeres Überleben nach der Tat möglich ist.

Wie verhalten sich Totenflecken im Verlaufe der Zeit?

Auftreten nach 20-30 Minuten.

Wegstreichbar durch leichtes Darüberstreichen bis 3-4 Stunden post mortem.

Verdrängbar durch kräftigen Fingerdruck bis 20-30 Stunden post mortem.

Umlagerbar durch Schwerkraft: vollständig bis 6 Stunden pm, partiell bis 6-12 Stunden pm, nicht mehr ab ca. 12 Stunden pm

Wie verhält sich Totenstarre im Verlaufe der Zeit?

Auftreten bei 20° nach 2-3 Stunden pm

Zunehmend schwerer überwindbar bis 8 Stunden pm, danach vollständig ausgebildet

Bei Brechung innerhalb von 8 Stunden pm tritt die Totenstarre in der neuen Position wieder ein. Bei späterer Brechung tritt sie nicht mehr ein.

Spontane Lösung durch Proteolyse nach 2-3 Tagen

Wie schnell kühlt der Körper aus?

Je nach Aussentemperatur, Bekleidung, Körperfülle, Bedeckung, Luftbewegung und Feuchtigkeit unterschiedlich.

 

Nicht linear, sondern zuerst 2 Stunden lang kaum Abkühlung. Danach steilerer Abfall um 0.5-1.5 °C pro Stunde bis rund 27° Körpertemperatur. Danach wieder langsamerer Abfall bis zur Angleichung an die Aussentemperatur.

Welche Informationen liefert die Körpertemperatur?

Wichtig für Todeszeitschätzung, aber Hinweis auf Unterkühlung oder Fieber vor Tod wenn Temperatur sich diskrepant zum Verhalten von Totenflecken und/oder Totenstarre verhält.

Weshalb ist tiefe Körpertemperatur kein sicheres Todeszeichen?

Bei Unterkühlung auch bei lebender Person tiefe Körpertemperatur!

Unterkühlte zeigen oft auch keine Lebenszeichen mehr, sind aber nicht tot, sondern in einer vita minima Phase.

Welche supravitalen Reaktionen zeigen sich wie lange nach dem Tod?

Kontraktion des ganzen Muskels nach Schlag mit schwerem Reflexhammer bis zu 1.5-2.5 Stunden pm

Lokale Muskelkontraktion bis 8-12 Stunden pm

Reaktion durch elektrische Reizung der mimischen Gesichtsmuskulatur bis 20 Stunden pm

Pupillenbewegung durch Miotica bis 24 Stunden pm

 

Was versteht man unter einem aussergewöhnlichen Todesfall?

1. Ein nicht-natürlicher, also gewaltsamer Tod. Gewaltsam bedeutet durch eigene (Suizid) oder fremde (Delikt) Gewalt.

2. Ein unklarer Tod. Plötzliche und unerwartete Todesfälle, bei welchen Gewalt nicht ausgeschlossen werden kann

Wie viele Todesfälle sind statistisch gesehen aussergewöhnlich und was beeinflusst diese Zahl?

8-10 %

Nicht ordnungsgemäss gemeldete Fälle ergeben eine hohe Dunkelziffer

Was versteht man unter Leichenschau?

Beizug eines Arztes bei Todesfällen. Der Arzt stellt den Tod fest und füllt die amtliche Todesbescheinigung aus.

Was beinhaltet die Leichenschau?

- Kontrolle des komplett entkleideten Leichnams inkl. Körperöffnungen

- Todesfeststellung anhand sicherer Todeszeichen oder mit dem Leben unvereinbarer Verletzungen

- Angabe der Todesart im weiteren Sinne (natürlich, nicht-natürlich oder unklar)

- bei agT Meldung an Polizei oder StA

- Identität des Toten sicherstellen

- Ungefähre Todeszeit ermitteln

- Angehörige betreuen

Was muss der leichenbeschauende Arzt beachten, wenn es sich offensichtlich um einen agT handelt?

Leichenschau auf sichere Todesfeststellung beschränken.  jede weitere Untersuchung oder Veränderung der Leiche unterlassen, allfällige Veränderungen am Sterbenden (Nothilfe) oder am Leichnam dokumentieren

Wlche Todesfälle müssen gemeldet werden?

Sämtliche agT, nicht nur bei Verdacht auf ein Verbrechen, sondern auch unklare Todesfälle oder Spät-Todesfälle im Spital, tödliche Behandlungsfehler, bei Herzinfarkt wegen möglicher Behandlungsfehler durch Unterlassung, bei Verdacht auf Suizid...

Was bedeutet Todesart im engeren Sinne und wer hat diese festzustellen?

Diagnose nach forensichen Gesichtspunkten:

natürciher Tod, Unfall, Suizid, medizinischer Behandlungsfehler, Delikt?

Feststellung ist Aufgabe der Legalinspektion und der rechtsmedizinischen Zusatzuntersuchungen, nicht des leichenbeschauenden Arztes!