Diagnostik

Vorlesungsinhalte WS18/19

Vorlesungsinhalte WS18/19


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Flashcards 256
Students 25
Language Deutsch
Category Psychology
Level University
Created / Updated 17.02.2019 / 20.02.2025
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https://card2brain.ch/box/20190217_diagnostik
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Systematische vs unsystematische Beobachtung: Klassifikationen von Verhaltensbeobachtung

unsytematische – unstrukturierte – unstandardisierte Beobachtung > Entspricht der Alltags-Beobachtung > Recht explorativ, unstrukturierte Dokumentation,…..

Systematische – strukturierte – standardisierte Beobachtung > Beobachtungsgegenstand ist eindeutig festgelegt > Art der Beobachtung, der Dokumentation, der Auswertung ist festgelegt

Viele diagnostische Untersuchungen nutzen sowohl als auch - und auch halb-systematische Beobachtung

Wissenschaftliche Experimente zu Forschungszwecken sollten immer völlig systematisch sein! 

Verhaltenszustand vs Verhaltensverlauf 

Beobachtung des Verhaltenszustands Produkt der Untersuchung im Fokus

> Wie intelligent ist Person A?

> Person B ist so und so aggressiv

Beobachtung des Verhaltensverlaufs/ Prozess des Experiments im Fokus

> Wie löst Person A die Aufgabe?

> Bei Provokation verhält sich Person B stets so und so

 

Teilnehmend vs Nicht-Teilnehmend

Forscher ist teil des Geschehens und wirkt (unweigerlich) mit ein

> Wissentlich: Forscher als Teil eines indigenen Volkes

> Unwissentlich: Forscher als incognito Mitglied einer Gruppe

Nicht-Teilnehmend: Forscher ist nicht Teil des Geschehens

> Wissentlich: Forscher ist anwesend, aber außen vor

> Unwissentlich: zB Einwegscheiben

 

Zeitstichprobe vs Ereignisstichprobe 

Zeitstichprobe: Für einen festgelegten Zeitraum wird alles Verhalten aufgezeichnet

> Person wird für die gesamte Therapiestunde gefilmt

Ereignisstichprobe: Bei einem gewissen Ereignis werden spezifische Verhaltensweisen dokumentiert

> Klient soll während depressiver Stimmung alle assoziierten Verhaltensweisen aufschreiben

 

Klassifikation nach Art der Fixierung 

Mechanische Fixierung In Form von Film, Audiodatei,….
Symbolische Fixierung

> Freie Beschreibung

> (eigene) Ratingskalen

> Standardisierte Beobachtungsbögen

 

Auswertung von Beobachtungen

 

Wiedergabe der Beobachtung

> Nur möglich bei digitalen Aufzeichnungen

> Im Rahmen von Trainings, Beratungen und Gutachten sinnvoll, sonst selten genutzt

Zusammenfassen

> frei: Diagnostiker berichtet Erkenntnisse, die ihm wichtig und relevant erscheinen

> schematisch: zB Ergebnisse in codierter Form und Auswertungshilfe (zB 5 Punkte bedeutet „sehr ausgeprägt“)

> thematisch: Ergebnisse werden anhand inhaltlicher Kriterien sortiert (zB Ergebnisse zu reaktive Aggressivität, spontane Aggressivität,…..)

 

Verzerrungstendenzen Allgemein

Hofeffekt (Halo-Effekt) Die Beurteilung einer Person wird maßgeblich durch bereits bekannte (dominante) Eigenschaften bestimmt

> Sehr spezifische Höchstleistung eines Bewerbers überstrahlt auch dessen Beurteilung in ganz anderen Bereichen

Milde-Effekt

> Generosity Error: Tendenz generell günstige, umgängliche Urteil abzugeben

> Leniency Error: Tendenz dem Beurteiler sympatische Personen günstiger zu beurteilen

Zentrale Tendenz (Tendenz zur Mitte) Extreme Antworten werden vom Beurteiler vermieden

Ähnlichkeitsfehler Neigung, einem selbst ähnliche Eigenschaften häufiger zu erkennen
 

Kontrastfehler Neigung, einem selbst konträre Eigenschaften häufiger zu erkennen
 

Erwartungseffekt (Self-fulfilling-Prophecy) Beurteiler ratet Personen (unabsichtlich) der Erwartung entsprechend

Verzerrungstendenzen spezifisch für Verhaltensbeobachtungen

 

Überforderung Der Untersucher überschätzt seine Fähigkeiten zur Beobachtung

> zB nimmt er sich zu viele Bewertungsskalen für eine VP vor und kommt nicht mit
 

Unscharfe Definitionen Die Beobachtungseinheit wurde nicht gut definiert und die Interpretationen des Beurteilers nehmen Überhand
 

Unvertrautheit

> Mit Beobachtungseinheit (ungeschulter Beurteiler plötzlich im AC)

> Mit Personengruppe (Gutachter mit klinischen Personen; Strafgefangenen)

 

Gütekriterien: Objektivität
 

 

All diese Verzerrungstendenzen sind Probleme der Objektivität

Zu quantifizieren wäre diese per Beobachter-Übereinstimmung (Korrelation)

Zu optimieren ist die Objektivität durch:

Schulung der Wahrnehmungsschärfe > Wiederholte Betrachtung der gleichen Videoszene eines Falls

Geschickte Konzipierung der Untersuchung

> Ohne Überforderung, Überinterpretation, etc…

> Übung der sprachlichen Finesse (Für Analyse und Diagnose)

Reliabilität

Ist besonders durch mangelnde Objektivität gefährdert.
Ergo ähnliche Optimierungsmaßnahmen.
Extra-Maßnahme: > Mehr als nur einen Beobachter wählen!

Validität
 

 

Validitätskoeffizienten bewegen sich um 0.30 für

> Übereinstimmung mit dem Urteil des Probands selbst

> Übereinstimmung mit dem Urteil von Bekannten

> Übereinstimmung mit dem Testergebnis des Probanden

Dennoch ist die Verhaltensbeobachtung ein wertvolles Instrument, das unabdingbar für gewisse Fragestellungen ist!

Vor und Nachteile von Verhaltensbeobachtungen

Vorteile

> Spontane Verhaltensweisen, die in der Konzeption eines Fragebogens nicht beachtet werden würden, können trotzdem analysiert werden

> Sehr genaue Analyse möglich

Nachteile

> Definition der Beobachtungseinheiten und des Prozesses ist oft willkürlich

> Verhaltensweisen perfekt zu theoretisieren ist wohl schwierig

> Durch mangelnde Standardisierung ist die Vergleichbarkeit erschwert

> unökonomisch

 

Welche Aussage ist richtig?
 

Welche Aussage ist richtig?
 

Welche Aussage ist richtig?
 

Diagnostisches Gespräch

Interview

 

 Sehr unklare und widersprüchliche Definitionen

> Manchmal als sachbezogen, manchmal als personenbezogen definiert

> Sonderbeispiel Tiefeninterview: Besonders detailliert

> Sonderbeispiel Gruppeninterview: Probanden sollen interagieren

Klassifikation nach Art der Interaktion

 

Unstandardisiertes Interview

Klassifikation nach Freiheit der Interaktion

Vor- und Nachteile 

 

> Meist ist die grobe Thematik festgelegt (Eignung, Lernbeeinträchtigung)

> Formulierung und Reihenfolge der Fragen frei

> Antwort-Dokumentation und Auswertung frei

Vorteile

> Nähere Orientierung am Individuum

> Beliebige Vertiefung wichtiger Themen

> Bei Sprachkomplikation kann die Bedeutung, statt der Wortlaut vermittelt werden

Nachteile

> Mangelnde Vergleichbarkeit

> Gestaltungsmöglichkeit des Probanden kann Diagnostiker vom Wege abbringen

 

Standardisiertes Interview

Klassifikation nach Freiheit der Interaktion

 

> Formulierung und Reihenfolge der Fragen festgelegt

> Antwortklassen und Auswertungskategorien festgelegt

Vorteile

> Ökonomie

> Vergleichbarkeit

> Ermittlung von Gütekriterien (Rel., Obj., Val.) möglich

Nachteile

> Mangelnder Gestaltungsfreiraum verhindert genaue Abbildung der Problematik des Probanden
→ Bei Reihenuntersuchungen häufiger verwendet als bei Einzelfalldiagnostik

 

Halbstandardisiertes Interview

Klassifikation nach Freiheit der Interaktion
 

 

> Vorher festgelegte Struktur organisiert Interview

> Dennoch definierte Freiheiten für individuelle Variationen

> Sowohl Vorformulierung als auch freie Formulierung der Fragen
→ Findet (auch unter dem Namen strukturiertes Interview) häufig Verwendung in der Einzelfalldiagnostik

Generell: Das Ausmaß der Standardisierung bestimmt jeder Diagnostiker selbst. Man kann sich jedoch bei vielen Anwendungsbereichen sog. Leitfäden bedienen, die dem Diagnostiker Anregungen und Tipps zur Standardisierung liefern.

Wie kann man nach Art der Interaktion Interview differenzieren

Art der Informationsgewinnung

Fragen im Gespräch

Fragen nach Funktion unterscheiden

Fragen: Klassifikation nach Forma

Suggestivfragen

Durchführung eines Gesprächs

 

1) Vertrauen schenken

2) Gespräch steuern

> abhängig vom Freiheitsgrad des Interviews, VP kann ablenken z.B. durch Verschleierung, bei ungünsitgen Fakten

3) Gespräch gliedern

- Eröffnung: Eisbrecher, Themen

- Hauptteil: Hauptredenanteil bei VP

- Abschluss: Fragen klären, abklingen lassen

4) VP angemessene Redezeit geben

5) Auf relevante Themen leiten

6) Auf Schlüsselbemerkungen hinweisen z.B. Nebensätze

7) nonverbale Signale beachten: Vorsicht vor Überinterpretation! Ggf. Rücksprache halten

Auswertung eines Gesprächs

Auswertung schematisches Zusammenfassen

Lassen sich die Axiome der KTT auf Gespräche übertragen?

Objektivität

Lassen sich die Axiome der KTT auf Gespräche übertragen?

Reliabilität und Validität

Anwendungsbereiche Standardisierte Interviews 

SKID I

Ablauf:

1) Exploration problematik-relevanter Informationen > Achse III und IV

2) Interview zu allen Störungen der Achse I > Differentialdiagnose!

3) Codierung der Antworten

4) Ggf. Umkodierung in ICD-10

5) SKID-II

Allgemeines:

Dauer: Ca. 70 Minuten
Meta-analyse Auswertungsobjektivität: (gleiches Interview von versch. Auswertern)

> SKID-I: Großteil Kappa > .70

> SKID-II Kappa je ein 1/3 <.70 ; .70 < .80 ; >.80

> Abhängigkeit auch von der Klarheit der Diagnosekriterien!!

Reliabilität (Wiederholung des Interviews nach paar Tagen durch anderen Diagnostiker)

> SKID-I: Kappa > .61

Validität Da das SKID DAS Diagnoseinstrument ist, wäre eine Validitätsbeurteilung eher für die Vergleichskriterien aussagekräftig als für das SKID

Auswertung:

oben: Störungsgruppe und Buchstabe

Linke Spalte Interviewfragen und Anweisungen an Interviewer

 

Mittlere Spalte Diagnostische Kriterien

 

Rechte Spalte Codierung und Sprungbefehle 

Codierung:

? - Unzureichende Information

1 - nicht vorhanden oder falsch

2 - unterschwellig vorhanden

3 - vorhanden oder richtig

Anschließende Codierung per Codierblatt > Gleiches Codiermuster mit sehr ähnlichen Begriffen wie ICD-10 > Direkte Umkodierung in ICD-Code auch möglich

 

 

 

 

 

SKID II

Umfasst 12 Persönlichkeitsstörungen

Ist NACH SKID-I einzusetzen (Komorbiditäten beachten!)
> Vor dem Interview wird ein SKID-I-Fragebogen ausgehändigt, der eine Richtung vorgibt

> Anschließend SKID-II  (30 Minuten)

 

Eignungsdiagnostik

Multimodale Einstellungsinterview

Ablauf

1) Gesprächsbeginn

2) Vorstellung des Bewerbers/In

3) Berufswahl und Berufsinteressen

4) freies Gespräch

5) Biographie bezogene Fragen

> stark an Anforderungsanalyse gekoppelt

6) Realistische Informationen über INstitution, Berufsalltag...

7)  Situative Fragen

> Critical-Incident-basiert

>„Was würden Sie tun, wenn….?“

> 5-Stufige Skala
8) Gesprächsabschluss 

 

Gütekriterien Einstellungsinterviews

Objektivität (Auswerterübereinstimmung)

>höer für strukturierte Einstellungsinterviews als für unstrukturierte Einstellungsinterviews

Reliabilität: Kaum Angaben, da enge Verknüpfung mit der Objektivität

>Multimodales Einstellungsinterview: Cronbachs Alpha zwischen .80 und .64

Kriteriumsvalidität

>Standardisiertes Interview höhere Validität als unstandardisiertes

>Ein Interviewer valider als Interviewerteam

> Beschreibung vergangenen Verhaltens valider als potentielles, vorgestelltes Verhalten

Konstruktvalidität

> Intelligenz .28 - .41

> Soziale Fertigkeiten .46 - .65 (u.a. Soziale Erwünschtheit?!)

Inkrementelle Validität: höhere wenn kombiniert mit strukturellem Interview

> Berufserfolg: Intelligenz .51 vs. Intelligenz + strukturiertes Interview .63
> Ausbildungserfolg: Intelligenz .56 > Intelligenz + strukturiertes Interview .59

 

 

 

Welche Aussage ist richtig?

Welche Aussage ist richtig?