M7 3419 FUH
Persönlichkeitskonstrukte und Persönlichkeitsmessung
Persönlichkeitskonstrukte und Persönlichkeitsmessung
Kartei Details
Karten | 185 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 05.11.2018 / 25.02.2020 |
Weblink |
https://card2brain.ch/box/20181105_m7_3419_fuh
|
Einbinden |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20181105_m7_3419_fuh/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Kap. 1
Allgemeines zur Intelligenz in der Forschung
- eines der wichtigsten Konstrukte der modernen Psychologie
- gut messbar: objektiv, reliabel, valide; faking good ist ausgeschlossen
- Einsatz z.B. bei Auswahlverfahren: Intelligenztests dienen also der Unterscheidung von Personen und gehört damit zur Differentiellen Psychologie (aber auch zur Persönlichkeitspsychologie und zur Diagnostik)
Kap. 1
5 Gründe, warum über Intelligenz oft kontrovers, hitzig und emotional diskutiert wird
- Intelligenz ist theoretisch, nicht direkt beobachtbar. Operationalisierung der Messung ist nicht festgelegt
- Intelligenz betrifft jeden
- Intelligenz hat eine Wertigkeit (hohe Intelligenz ist meist positiv, geringe ist negativ)
- Intelligenz ist assoziiert mit Erfolg
- Intelligenz ist in vielen psychologischen Disziplinen ein Thema, daher stehen verschiedene Ansätze oft ohne Verbindungen oder Integration nebeneinander
Kap. 1
Laienbefragung: welches Verhalten kennzeichnet eine intelligente Person?
- Sternberg et al., 1981
- fand 3 relevante Bereiche, die durch verschiedene Verhaltensweisen charakterisiert sind:
- praktische Problemlösefähigkeit (urteilt logisch & gut, identifiziert Beziehungen zwischen Problemen, sieht alle Aspekte einer Problemstellung, trifft gute Entscheidungen...)
- verbale Fähigkeit (spricht klar und artikuliert, ist verbal flüssig, kennt sich innerhalb bestimmter Wissensgebiete gut aus, liest viel...)
- soziale Kompetenz (akzeptiert andere so wie sie sind, gibt Fehler zu, zeigt Interesse am Geschehen in der Umwelt...)
Kap. 1
Definitionen von Intelligenz (Binet, Wechsler, Neubauer, Amelang, Jensen; Symposium 1921)
Binet:
- Intelligenz ist grundlegende Fähigkeit, von größter Bedeutung für das praktische Leben
- diese Fähigkeit ist Urteilsvermögen (bzw. Einsicht/gesunder Menschenverstand), praktisches Gespür, Entschlusskraft, die Fähigkeit sich an die Umstände anzupassen
Wechsler:
- globale Fähigkeit zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinander zu setzen
Neubauer (Zusammenfassung versch. Definitionen):
- Intelligenz = 2 Fähigkeiten: 1. sich in neuen Situationen auf Grund von Einsichten zurechtzufinden; 2. Aufgaben mit Hilfte des Denkens zu lösen (ohne Erfahrung, sonder durch die Erfassung von Beziehungen)
Amelang:
- halten die Definitionen für Tautologien
- verbale Definitionen können keinen Beitrag zum Verständnis & der Erforschung des Konstrukts Intelligenz leisten
Jensen:
- Intelligenz ist undefinierbar
Symposium:
- 14 Psychologen waren eingeladen, um eine Definition zu finden
- Resultat: 14 verschiedene Definitionen!
Kap. 1
Operationale Definitionen von Intelligenz
- Amelang: die Definition erfolgt über die Spezifizierung der zum Zwecke seiner Messung ausgeführten empirisch-experimentellen Handlungen
- → Intelligenz ist das, was ein Intelligenztest misst! (frei nach Boring)
- Probleme: vermischt Definition und Feststellungsmethode; für jede Messmethode ergibt sich je ein neuer Begriff
- was Intelligenz oder hohe Intelligenz genau bedeutet, wissen wir nicht, wir wissen nur, wie wir sie mit verschiedenen Tests messen können
Kap. 1
Intelligenztheorien
2-Faktoren-Theorie der Intelligenz (Spearman, 1904)
- es existiert ein Generalfaktor (g-Faktor), der allen kognitiven Leistungen zugrunde liegt → erklärt den positiven korrelativen Zusammenhang verschiedener Leistungsbereiche = allgemeine Intelligenz
- zusätzlich gibt es noch spezifische Faktoren (s-Faktoren) für spezifische Leistungen → erklären die Unterschiede zwischen den erbrachten Leistungen einer Person bei unterschiedlichen Aufgabenstellungen
- ⇒ die Intelligenz eines Menschen ist durch einen g-Faktor und unendlich viele s-Faktoren bestimmt
- die allgemeine Intelligenz bezeichnet auch eine interindividuell übereinstimmende Intelligenzform (die Ausprägung ist von Person zu Person unterschiedlich, aber prinzipiell vergleichbar)
Kap. 1
Intelligenztheorien
2-Faktoren-Theorie (Spearman) statistische Analyse
- Korrelationen zwischen den Einzeltests lassen sich auf den g-Faktor zurückführen
- nicht erklärte Varianz ist auf spezifische Faktoren zurückzuführen
- Beschreibung des g-Faktors durch Aufgaben, bei denen ein hoher Anteil an allgemeiner Intelligenz benötigt wird (anders ausgedrückt: Aufgaben, die hoch auf dem g-Faktor laden) → figurale Matrizenaufgaben
Kap. 1
Intelligenztheorien
2-Faktoren-Theorie (Spearman) Verfahren, die figurale Matrizenaufgaben verwenden
- Coloured-Progressive-Matrices (CPM)
- Standard-Progressive-Matrices (SPM)
- Advanced-Progressive-Matrices (APM)
- Bochumer-Matrizen-Test (BOMAT)
- Wiener Matrizen-Test (WMT)
- Adapitver Matrizen Test (AMT)
- Intelligenz-Struktur-Test 2000 R (I-S-T 2000 R)
- Hamburg-Wechsler Intelligenz Test für Kinder IV (HAWIK-IV)
- Wechsler-Intelligenz Test (WAIS-IV)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Modell mehrerer Primärfaktoren (Thurstone)
- Gegenposition zu Spearman
- bei der Lösung von Aufgaben sind mehrere Faktoren im Zusammenspiel beteiligt und bestimmten so eine Leistung
- die Faktoren sind unabhängig voneinander
- jede Person ist also durch verschiedene Intelligenzkomponenten gekennzeichnet
- Vorteil: weist eine definierte Anzahl von Intelligenzfaktoren aus
- Nachteil: zusammenfassende Aussage über "die Intelligenz" einer Person ist nicht vorgesehen
- Tests enthalten versch. Aufgabentypen, die möglichst genau die einzelnen primären Fähigkeitsbereiche abdecken
- Bsp: Intelligenz-Struktur-Test (I-S-T 2000 R), Test zum Berliner Intelligenz-Strukturmodell
Kap. 1
Intelligenztheorien
Modell mehrerer Primärfaktoren (Thurstone); Liste der Faktoren
- V: verbal comprehension (Kenntnis von Wörtern und ihrer Bedeutung sowie deren angemessener Verwendung im Gespräch)
- W: word fluency (Rasches Produzieren von Wörtern, die bestimmten strukturellen oder symbolischen Erfordernissen entsprechen)
- N: number (Geschwindigkeit und Präzision bei einfachen arithmetischen Aufgaben)
- S: space (Bewältigung von Aufgaben, die räumliches Vorstellen oder Orientieren sowie das Erkennen von Objekten unter anderem Bezugswinkel erfordern)
- M: memory (Behalten paarweiser gelernter Assoziationen)
- P: percepual speed (Geschwindigkeit beim Vergleich oder der Indentifikation visueller Konfigurationen)
- R: reasoning oder induction (Auffinden einer allgemeinen Regel in einer vorgegebenen Reihe von Zahlen oder Symbolen sowie Anwendung der Regel bei der Vorhersage des nächstfolgenden Elements; z.B. bei Matrizen)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Vergleich Spearman & Thurstone
- repräsentieren beide Endpunkte einer bipolaren Dimension; kommen zu komplett anderen Ergebnissen trotz gleichem Forschungsbereich
- Spearman verwendete homogeneres Aufgabenmaterial → Ergebnisse korrelierten höher miteinander, das macht einen Generalfaktor plausibel
- Thurstones Probanden waren v.a. Studenten → Varianzeinschränkungen, so dass die Korrelation zwischen den Aufgaben geringer ausfielen, macht einen einzigen Faktor unwahrscheinlicher
- Ursache außerdem in der Methode der Faktorenanalyse: zwischen extrahierten Faktoren kann es zu Abhängigkeiten kommen (ist immer der Fall, wenn es nicht a priori ausgeschlossen wurde), dann lassen sich Korrelationen zwischen bereits extrahierten Faktoren nachweisen
Kap. 1
Intelligenztheorien
Modell mehrerer Primärfaktoren (Thurstone) Revision
- die Primärfaktoren sind de facto statistisch nicht unabhängig
- Revision: Thurstone nahm an, dass die Fähigkeiten zwar unterschiedlich, aber nicht völlig unabhängig seien
- erlaubt somit die Extraktion höherer übergeordneter Faktoren; das Modell lässt sich so in das von Spearman überführen
Kap. 1
Intelligenztheorien
Intelligenzmodell nach Wechsler
- weniger empirisch-theoretisch fundiert, aber weit verbreitete und häufig angewendete Intelligenztests
- allgemeine Intelligenz (g) setzt sich aus 2 Faktoren zusammen: verbale Intelligenz (v) & Handlungsintelligenz (p) (+ jeweils verschiedene Unterfaktoren)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Wechslers Verdienst für die Forschung
- "Erfindung" des modernen IQs
- stellte heraus, dass Intelligenzfaktoren Merkmale eines komplexen Funktionsgefüges sind → bei der Intelligenzmessung kommen globale Faktoren hinzu: Antriebsstärke, Ausdauer, Interesse, Testmotivation etc.
- diese Faktoren lassen sich nicht anhand von Scores abschätzen
Kap. 1
Intelligenztheorien
aktuelle Intelligenztests nach Wechsler
- Wechsler Intelligenztest für Erwachsene (Wechsler Adult Intelligence Scale, WAIS-IV, 2012)
- Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder (HAWIK-IV, 2007), seit 2011 Wechsler Intelligence Scale for Children (WISC-IV)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz (Cattell)
- Integration der Modelle von Spearman und Thurstone; verbindet Primärfaktoren & g-Faktor
- Zerlegung des g-Faktors in 2 unabhängige Bestandteile: fluide Intelligenz (gf) & kristalline Intelligenz (gc)
- beide Faktoren lassen sich auf untergeordneter Ebene in verschiedene Primärfaktoren zerlegen
- I-S-T 2000 R kann einige Primärfaktoren und die Faktoren gf & gc berechnen
Kap. 1
Intelligenztheorien
Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz (Cattell)
Fluide Intelligenz
- Fähigkeit zum Problemlösen und zur Anpassung an neue Situationen
- weitgehend unabhängig von erworbenem Wissen
- mit der Geburt relativ determiniert
- unabhängig von sozialen oder kulturellen Einflüssen
- ist Voraussetzung für die Ausbildung der kristallinen Intelligenz (→ notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung)
- wichtige Primärfaktoren: induktives Schließen, intellektuelle Geschwindigkeit
- wird oft über Matrizen erfasst
- Culture-fair-test zur Messung
Kap. 1
Intelligenztheorien
Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz (Cattell)
Kristalline Intelligenz
- Fähigkeiten, die sich durch Lernerfahrung gebildet (kristallisiert) haben
- wichtige Primärfaktoren: verbales Verständnis, mechanische Kenntnisse
- meist erfasst über Wissensfragen oder verbale Aufgabentypen (z.B. Wortanalogien)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz (Cattell)
Matthäus-Effekt
"Denn wer da hat, dem wird gegeben werden, dass er Fülle habe; wer aber nicht hat, von dem wird auch genommen, was er hat."
→ jemand mit gut ausgeprägter fluiden Intelligenz (→ gute Lernfähigkeit) macht schnellere und größere Fortschritte im Wissenserwerb als jemand mit weniger gut ausgeprägten Voraussetzungen
Kap. 1
Intelligenztheorien
Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz (Cattell)
Culture-Fair-Tests (kulturfaire Intelligenztests)
- Grundgedanke: Vermeidung sprachlicher Bestandteile, um die fluide Intelligenz möglichst unabhängig von der - stark durch Sprache & Wissen determinierten - kristallinen Intelligenz zu messen
- aktuelle Versionen: CFT 20-R (Grundintelligenztest Skala 2: 8-60 Jahre); CFT-1 (Grundintelligenztest Skala 1: 5-9 Jahre)
- kulturübergreifende Vergleiche sind zwar besser möglich, aber vollkommen "kulturfrei" existiert nicht (z.B. setzen Instruktionen ein verbales Verständnis voraus)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Theorie der fluiden und kristallinen Intelligenz (Cattell)
Revision des Modells
- Befunde zeigen, dass gf & gc nicht unabhängig voneinander sind (obwohl sie es nach dem theoretischen Modell sein müssten) → Revision durch Cattell selbst
- führte einen übergeordneten Faktor gf(h) ein (dieser integriert gf & gc) → umfasst die frühe allgemeine geistige Veranlagung; Faktor 3. Ordnung; nicht identisch mit Spearmans g
- da Interkorrelationen zugelassen wurden, lassen sich Faktoren 2. Ordnung extrahieren: fluide Intelligenz bleibt erhalten (gf1), die verschiedenen Fähigkeitsdimensionen ergeben einen gemeinsamen Faktor (kristalline Intelligenz)
- weiterer Einflussfaktor 3. Ordnung: Se (schulische und familiäre Erfahrungen → verantwortlich für die Ausbildung kristalliner Intelligenz)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Facetten-Modell der Intelligenz / Structure of Intellect-Modell (Guilford)
- Ausgangspunkt bisheriger Theorien war das Aufgabenmaterial; damit fehlt aber die theoretische Ausgangsbasis, die Erkenntnisse beruhen auf der Auswah der Items
- Facetten-Modell enthält 120 verschiedene unabhängige Fähigkeiten/Facetten → differenziertestes Modell
- 3 Dimensionen mit jeweils unterschiedlichen Qualitäten
Kap. 1
Intelligenztheorien
Facetten-Modell
Dimensionen & Qualitäten
4 Inhalte:
- F = figural
- S = symbolisch
- M = semantisch
- B = behavioral
5 Operationen:
- E = Bewertung
- N = konvergente Produktion
- D = divergente Produktion
- M = Gedächtnis
- C = Erkenntnis
6 Produkte:
- U = Einheiten
- C = Klassen
- R = Beziehungen
- S = Systeme
- T = Transformationen
- I = Implikationen
I•O•P= 120 Fähigkeitsbereiche
Kap. 1
Intelligenztheorien
Facetten-Modell (Probleme, Kritik)
- das Modell konnte nicht validiert werden, die theoretisch konzipierten Bereiche ließen sich nicht durch Aufgaben füllen
- Guilfords Datenbasis beruhte auf Erhebungen, die über 15 Jahre hinweg mit verschiedenen Tests zum Facettenmodell betrieben wurden; daraus resultierten 7082 Korrelationen zwischen den Test-Teilen; 24% der Korrelationen waren nicht signifikant ⇒ für viele Jahre der beste Beleg gegen den allumfassenden g-Faktor (aber: verschiedene Fehler in den Berechnungen)
- heute: Modell wird als historisch angesehen; aber trotzdem positiv bewertet (endlich mal ein differenzierteres Modell, "hochwertige Stimulanz für die empirische Forschung")
Kap. 1
Intelligenztheorien
Berliner Intelligenzstrukturmodell BIS (Jäger, 1982)
- basiert wie Guilfords Modell auf vorangestellten theoretischen Überlegungen (wurde aber durch empirische Untersuchungen begleitet)
- hierarchisch aufgebaut
- an der Spitze: allgemeine Intelligenz → breit angelegt, beeinflusst jede Form der Leistung zu einem geringen Teil
- untergeordnet: 7 verschiedene Fähigkeiten (3 inhaltliche, 4 operative)
- jede Aufgabe/Problem/Leistung wird durch alle Intelligenzbereiche beeinflusst, aber immer durch ein unterschiedliches Muster
- integrierendes Modell: es können verschiedene Aufgaben eingeordnet & typisiert werden und eine Charakterisierung von Intelligenztests erlaubt
- wurde überprüft und hat sich als valide herausgestellt
- kann prinzipiell durch weitere Fähigkeitsbereiche erweitert werden
- vereinigt Elemente von Spearman, Thurstone und Guilford
- aktuelle Tests: BIS-4, BIS-HB (für Hochbegabte)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Berliner Intelligenzstrukturmodell (inhaltliche und operative Fähigkeiten)
inhaltliche Fähigkeiten betreffen die Modalität einer Aufgabe:
- V = verbal
- F = figural-bildhaft
- N = numerisch
operative Fähigkeiten betreffen die Leistungsbereiche bei der Bearbeitung:
- K = Verarbeitungskapazität (Verarbeitung komplexer Aufgaben unter Verwendung von weiteren Informationen, Denkoperationen und Urteilen)
- E = Einfallsreichtum (Produktion von vielfältigen Ideen und Lösungen)
- M = Merkfähigkeit (aktives Einprägen und kurzfristiges Wiedererkennen oder Reproduktion von Informationen)
- B = Bearbeitungsgeschwindigkeit (Arbeitstempo, Auffassungsleichtigkeit und Konzentrationskraft beim Lösen einfacher Aufgaben)
Kap. 1
Intelligenztheorien
Three-Stratum-Theory (Carroll, 1993)
- es sollte eine möglichst breite Vielfalt der Aufgaben bei einem Intelligenztest geben
- Carroll untersuchte daher 461 vorherige Studien und fand durch Faktorenanalyse 3 Ebenen
- jede Stratum-I-Fähigkeit (unterste Ebene) lädt auf mehreren Stratum-II-Faktoren, daraus ergibt sich, dass die Stratum-II-Dimensionen nicht unabhängig voneinander sind
- weitere, höhere Ebene intellektueller Fähigkeit: Stratum-III = allgemeine Intelligenz (setzt sich also aus Teilfähigkeiten zusammen, die wiederum aus spezifischeren Teilfähigkeiten bestehen)
- die Theorie bietet die Möglichkeit der Integration verschiedener Vorstellungen/Modelle: 2-Faktoren-Theorie von Spearman, Primärfaktoren-Modell von Thurstone, Modell der fluiden & kristallinen Intelligenz von Cattell
Kap. 1
Intelligenztheorien
Three-Stratum-Theory (Carroll, 1993), Stratum-I
- unterste Ebene
- unterliegen unspezifischeren übergeordneten Fähigkeitsdimensionen
- enthält 69 Fähigkeiten
Beispiele:
- quantitatives und sequenzielles Schlussfolgern
- Leseverständnis
- visuelle Wahrnehmungsgeschwindigkeit
- Klangunterscheidung und -Gedächtnis
- Originalität und Kreativität
Kap. 1
Intelligenztheorien
Three-Stratum-Theory (Carroll, 1993), Stratum-II
- fluide Intelligenz: z.B. logisches und schlussfolgerndes Denken
- kristalline Intelligenz: Leistungen, die stark vom Wissen abhängen
- allgemeine Gedächtnisfähigkeit: Leistungen im Lernen und Behalten von Wissen oder Verhalten
- visuelle Wahrnehmung: Fähigkeit visuelle Aufgaben zu lösen
- auditive Wahrnehmung: Fähigkeit auditive Aufgaben zu lösen
- Abruffähigkeit: Fähigkeit auf das Langzeitgedächtnis zuzugreifen
- kognitive Geschwindigkeit: Benötigte Zeit für mentale Operationen
- Verarbeitungsgeschwindigkeit: Schnelle der Entscheidung bei Reaktionszeitaufgaben
Kap. 1
Intelligenztheorien
Three-Stratum-Theory (Carroll, 1993), Cattell-Horn-Carroll-Theorie
- repräsentiert den aktuellen Stand der Forschung
- Revision der Three-Stratum-Theorie
- beinhaltet Überlegungen von Cattell (fluide & kristalline Intelligenz), Horn (Annahme, dass kein g-Faktor existiert) und Carroll (hierarchischer Aufbau)
- eine Ebene (Stratum-II) mit 16 relativ breiten Fähigkeitsbereichen; auf der Ebene darunter (Stratum-I) sind spezifische Fähigkeiten verortet; keine generelle Intelligenz
Kap. 1
Intelligenztheorien
Resümee, Einteilung nach unterschiedlichen Gesichtspunkten
- globales Intelligenzkonstrukt (Spearman) vs. verschiedene unabhängige Fähigkeiten (Thurstone)
- innere Struktur der Modelle: hierarchisch (Cattell, Carroll) vs. nicht hierarchisch (Spearman, Thurstone); BIS & Facettenmodell haben gewissen hierarchischen Charakter, zeichnen sich aber v.a. durch die inhaltliche Differenzierung von Fähigkeiten aus
Kap. 1
Intelligenztheorien
Resümee
- alle angesprochenen Modell haben eine spezifische Validität
- instabile Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Stichproben, Rahmenbedingungen, Untersuchungszeitpunkten
- Conrad (1983): es gibt kein universelles, generelles, stabiles psychometrisches Modell der Intelligenz
- Einigkeit darüber, dass Intelligenz als hierarchisch aufgebaute Eigenschaft zu verstehen ist
- Neubauer: Intelligenz wird sowohl durch einen Generalfaktor als auch durch spezifische Faktoren bestimmt
Kap. 1
EXKURS:
Intelligenzen
- genannte Theorien beziehen sich auf akademische Intelligenz
- Gardner: Theorie der multiplen Intelligenzen (MI-Theorie)
- unterscheidet bis zu 9 Formen der Intelligenz: sprachliche, logisch-mathematische, musikalische, räumliche, körperliche, interpersonale, intrapersonale, naturalistische, existentielle/spirituelle Intelligenz
- kommen immer mehr Intelligenzen hinzu
- empirische Basis ist schwach, daher ist der Ansatz umstritten
- ähnlich: Golemans Ansatz der emotionalen bzw. sozialen Intelligenz (viel Resonanz v.a. bei Laien)