Diagnostische Psychologie

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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 21.07.2018 / 15.07.2024
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Leistungstest 

Berliner Intelligenzstrukturtest (BIS)

  • Basierend auf dem Berliner  Intelligenzstrukturmodell
  • Durchführung als Gruppentest möglich
  • 45 Aufgaben, jeweils 3 bis 5 pro Zelle 

             --> Jede Aufgabe indiziert 3 Merkmale  (g, Operation, Inhalt)

  • 150 Minuten Bearbeitungsdauer

Leistungstest 

Berliner Intelligenzstrukturtest (BIS) - Bewertung

Vorteile 

  • Eines der wenigen theoretisch fundierten Verfahren
  • beinhaltet einen Aspekt kreativer Leistung (verbal fluency)
  • zufriedenstellende interne Konsistenzen der Skalen (im Mittel .80) und des Gesamtwerts (.89); Retestreliabilitäten zwischen .65 und .90

Nachteile

  • Hohe Validität für Schulnoten, jedoch noch keine beruflichen Erfolgskriterien
  • sehr aufwändig in der Durchführung

 

Leistungstest

Intelligenzstrukturtest (IST 70)

  • gehört zu den im deutschen Sprachraum am häufigsten eingesetzten Intelligenztests
  • Gruppenverfahren zur Intelligenzdiagnostik bei Jugendlichen und Erwachsenen
  • Orientiert an Thurstones Primärfaktorenmodell
  • Revidierte Version: IST 2000 R (Amthauer et al., 2001) Insgesamt 14 Aufgabengruppen
  • Grundmodul-Kurzversion zum Schlussfolgernden Denken (mit den Subdimensionen verbal, numerisch, figural); 90 Minuten
  • vollständiges Grundmodul enthält zusätzlich Merkfähigkeit (mit den Subdimensionen verbal und figural); 25 Minuten
  • Erweiterungsmodul Wissen (ebenfalls verbal, numerisch, figural); 45 Minuten
  • Auswertung mit separaten Faktoren für fluide und kristalline Intelligenz; kein Wert für g

Leistungtest

IST - Bereiche 

Schlussfolgerndes Denken - verbal 

  • Satzergänzungen 
  • Analogien 
  • Gemeinsamkeiten 

Schlussfolgerndes Denken - numerisch 

  • Rechenaufgaben 
  • Zahlenreihen 
  • Rechenzeichen 

Schlussfolgerndes Denken - figural 

  • Figurenauswahl 
  • Würfelaufgaben 
  • Matrizen 

Merkfähigkeit 

  • verbal 
  • figural 

Wissen 

Leistungstest 

Intelligenzstrukturtest (IST 70) - Bewertung 

Vorteile

  • gehört zu den im deutschen Sprachraum am häufigsten eingesetzten Intelligenztests
  • theoretisch fundiert, ursprünglich an Thurstone, später an Cattell
  • gute Reliabilitäten
  • Erlaubt die Berechnung von Indikatoren der fluiden und kristallinen Intelligenz durch Auspartialisieren
  • Teststruktur faktorenanalytisch bestätigt

Nachteile

  • Validitätsbelege noch nicht ausreichend, insbesondere zur Dimension Merkfähigkeit
  • enge Operationalisierung von fluider Intelligenz (nur Aufgaben zum schlussfolgernden Denken) & kristalliner Intelligenz (Wissenstests)

Leistungstest

Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests

  • Konzentrationstests bilden Leistung in Form von Geschwindigkeit und Fehlern ab
  • i.d.R. einfaches Aufgabenmaterial (Schnelligkeitsmaßstab)
  • Aufmerksamkeit = selektive Beachten relevanter Reize und Informationen (> nur auf Wahrnehmung bezogen)
  • Konzentration = Fähigkeit, unter Bedingungen genau und schnell zu arbeiten, die das Erbringen einer Leistung erschweren (beinhaltet Wahrnehmung, Kombination, Speicherung von Informationen bis zur Handlungsplanung)
  • Indikatoren der Leistung:

         --> Anzahl richtiger Antworten

         --> Auslassungsfehler

         --> Verwechslungsfehler

Leistungstest

 Aufmerksamkeits- und Konzentrationstests  - Beispiele 

FWIT (Farb-Wort-Interferenztest nach Stroop; Bäumler, 1985)

  • farbig gedruckte Farbwörter vorgegeben
  • Aufgabe: Druckfarbe zu benennen
  • Interferenz: verzögerte Benennung von Druckfarben, die inkompatibel zum Farbwort sind
  • Interferenzneigung = „konzentrativer Widerstand gegenüber dominierenden Reaktionstendenzen“ (Bäumler, 1985, S. 7)
  • typisches Merkmal von Konzentrationstest: Störmerkmale müssen ignoriert werden (z.B. Suchtest: Distraktoren ignorieren)

TPK (Testreihe zur Prüfung der Konzentrationsfähigkeit; Kurth & Büttner, 1999)

  • schulnahe Aufgaben
  • Rechenaufgaben, z.B. 7 + 8 – 3 = ?
  • Abschreibtest: Abschreiben eines Textes
  • Tiergeschichte: Widergabe von Tiernahmen aus einer vorgelesenen Tiergeschichte

Leistungstest

Spezielle Fähigkeitstests

1. Der mechanisch-technische Verständnistest (MTVT) von Lienert (1964)

2. Mehrfachwahl-Wortschatztest  MWT

  • zwei Parallelformen

           --> MWT-A, Lehrl et al. (1991)

           --> MWT-B, Lehrl (1999)

  • Ziel: Erfassung kristallisierter Intelligenz
  • Probanden und Durchführung

           --> kristallisierte Intelligenz unabhängig von akuten psychischen Störungen und Alterungsprozessen

           --> Einzel- oder Gruppentest

          ---> reiner Powertest, Testdurchführung ca. 5 Minuten

  • Inhalt

           --> 37 Wortschatzaufgaben: vier Phantasiewörter und ein echtes Wort; Aufgabe: echtes Wort durchstreichen

.3) PAI30 Test zur praktischen Alltagsintelligenz (Mariacher & Neubauer, 2005). 

4)  ABAT-R: Revidierter Allgemeiner Büroarbeitstest (Lienert & Schuler, 1994)

 

Leistungstest

Entwicklungstests 

 

  • Bestimmen den Leistungsstandard eines Kindes in Bezug zu seinem Lebensalter
  • Ziel: Rechtzeitige Hinweise auf behandlungsbedürftige Entwicklungsretardierungen

Leistungstest

GES

Griffiths Entwicklungsskalen zur Beurteilung der Entwicklung in den ersten beiden Lebensjahren (Brandt & Sticker, 2001)

  • einziger standardisierter Entwicklungstest für Alter bis 2 Jahre in Deutschland
  • enge Übertragung eines Tests von Griffith (1954, 1970)
  • Aufbau: 208 Aufgaben für 5 Leistungsbereiche/Skalen

Motorik

  • Sitzt frei, mindestens 1 min
  • Kann rückwärts gehen

Persönlich-Sozial

  • Lächelt
  • Unterscheidet Fremde von Bekannten

Hören und Sprechen

  • Reagiert, wenn es gerufen wird
  • Sagt Mama oder Papa klar bzw. ein anderes Wort

Auge und Hand

  • Nimmt den Ring, den man ihm reicht
  • Vollständiger Pinzettengriff

Leistungen

  • Hält den runden Holzstab für einige Sekunden
  • Findet das versteckte Spielzeug unter der Tasse

Leistungstest

Schultest

  • Erster Intelligenztest für Einsatz in Schule entwickelt (Binet & Simon)
  • Schulleistungen sind multikausal bedingt (z.B. Heller, 2000)

         Intelligenz

         Vorwissen

         genetische Faktoren

        schulische Sozialisation

        familiäre Sozialisation

        Motivation, Kausalattribution, Selbstkonzept

  • dennoch: 25-50% der Schulleistung durch Intelligenz erklärbar!
  • Anwendung: 

        Schuleingangstests

        Übertrittstests

        Lernbehinderung

        Hochbegabung

Leistungstest 

Schuleignungstests

  • Schulreife = körperliche, motivationale, soziale und kognitive Voraussetzungen um sich in Gemeinschaft Gleichaltriger durch planmäßiges Arbeiten die traditionellen Kulturgüter aneignen zu können (Tent, 2001) --> Schulreife ist mehr als Intelligenz
  • Schulreife wird durch spezielle Tests erfasst: Einschulungstests
  • Einschulungstests und Intelligenztests korrelieren zu .60-.85
  • Einschulungstests haben höhere prognostische Validität für Schulerfolg als Intelligenztests
  • aber: Intelligenztests haben inkrementelle Validität
  • Kombination aus beiden Verfahren kann 26% der Varianz des Schulerfolgs aufklären (Krapp, 1973)

Leistungstest

Schuleignungstest - typische Aufgaben 

 

  • Nachmalen von Formen
  • Abstrakte Figuren (Zaun, Muster) wiederholt zeichnen
  • Identische Figuren aus ähnlichen heraussuchen und markieren

Leistungstest

Schullaufbahnberatung 

  • Ziel: Auswahl des geeigneten Schultyps, Überspringen von Klassen
  • Diagnostik allgemeiner Schuleignung  --> Tests zur Erfassung der allgemeinen Intelligenz
  • Diagnostik von Begabungsschwerpunkten --> differentielle Fähigkeitstests
  • Einige Intelligenztests leisten beides: BIS, KFT 4-12-R
  • Schuleignung kann durch Intelligenztest kaum bestimmt werden

         große Überlappung der Intelligenz von Kindern mit und ohne Schuleignung

         grober Richtwert für cut-off: IQ = 85

         bessere Abschätzung durch schulspezifische Klassennormen

• Überspringen von Klassen: Erfolgsvoraussetzung

     überdurchschnittliche Intelligenz

      nicht-kognitiven Eigenschaften (Motivation, Kausalattribution, Selbstkonzept, ...)

      Akzeptanz der Maßnahme durch Eltern, Lehrer und Schüler(!)

  • aktueller Forschungsstand: kompensatorisches Modell

      durchschnittlich Ausprägung in einem Bereich kann durch überdurchschnittliche Ausprägung in einem anderen Bereich kompensiert werden

  • Intelligenzdiagnostik als Teil eines Entscheidungsprozesses (z.B. Piper & Creps, 1991)

      (1) Gespräche mit Eltern, Lehrern; Schüler; Verhaltensbeobachtungen; Arbeitsproben

      (2) „Schnupperzeit“ in höherer Klasse; Intelligenzdiagnostik; Interessenstest; Notenentwicklung beobachten

Leistungstest 

Diagnostik von Lernbehinderungen

  • bis in 70er Jahre: Lernbehinderung = 55<IQ<85 (Deutscher Bildungsrat, 1973)
  • seit 70er Jahre: Lernbehinderung = komplexes Konstrukt

          Zusammenwirken psychologischer, sozialer und medizinischer Faktoren

          Intelligenz und Schulleistung für Diagnostik von Lernbehinderung wichtig aber nicht hinreichend

  • Verdacht, dass Schulleistungsprobleme auf unterdurchschnittlicher Intelligenz beruhen --> Intelligenzdiagnostik

         z.B. HAWIK, AID, CFT

        prinzipiell 2 Test durchführen, um Diagnose abzusichern

        bei Kindern mit Sprachproblemen oder aus bildungsfernen Haushalt: immer ein sprachfreies Verfahren einsetzten, z.B. Raven, CFT

  • Problem von Fehldiagnosen wegen Unreliabilität

        15% der Probanden mit einem IQ von 85 werden bei einem Test mit Rel=.90 als „IQ<80“ diagnostiziert

Leistungstest 

Diagnostik von Hochbegabung 

  • intellektuelle Hochbegabung

        für allgemeine Intelligenz

        für spezifische Fähigkeiten

  • Definition: mindestens 2 Std über M (IQ >130, PR > 98)
  • Unterschiede zwischen Hoch- und Normalbegabten

         keine qualitativen Unterschiede, z.B. Strategien beim Lösen von Intelligenztestaufgaben

         quantitative Unterschiede: schneller, effizienter, bessere Transfers

  • diagnostisches Problem

        viele Intelligenztests nur für den Normalbereich konstruiert

        überwiegend Aufgaben mittlerer Schwierigkeit

        gute Differenzierung für 70<IQ<130

        kleine Normdatenbasis für IQ>130

  • Ausnahme: BIS-HB (12-16 Jahre)

Leistungstest 

Diagnostik von Hochbegabung  - Definitionen 

  • Enge Definition:

           Überdurchschnittlicher IQ (≥130)

  • Breite Definition

          Hohe Begabung in verschiedenen intellektuellen, künstlerischen oder anderen Bereichen

  • Hoch-Leistende versus Hoch-Begabt

          – Wichtige Unterscheidung

              Performanz versus Kompetenz

           - Für Praxis relevante Gruppe: die sogenannten hochbegabten Underachiever

             12% der Hochbegabten sind vermutlich Underachiever, nicht mehr als bei normalen Kindern

Leistungstest

Diagnostik von Underachievement

  • Underachievement = erwartungswidrige Minderleistung

          normale/hohe Intelligenz und schlechte Noten

  • Diagnostik: Diskrepanz zwischen Intelligenz und Schulleistung

          Intelligenztests

         Schulleistungstests, Noten

  • Cut-off-Setzung, z.B. Hanses und Rost (1998)

        Intelligenz: PR >96 (entspricht IQ = 125)

        Schulleistung: PR < 50 (entspricht IQ-Äquivalent = 100)

        Problem: willkürlich Festsetzung; keine Definition für gesamten Leistungsbereich

  • Regressionsanalyse

        Schulleistung liegt um einen bestimmten Wert unter demjenigen, der durch Intelligenzleistung vorhergesagt wird

        Problem: willkürlich Festsetzung

Leistungstest 

Berufseignungdiagnostik 

  • Intelligenz ist valider Prädiktor für Berufsleistung

          besonders bei anspruchsvoller und komplexer beruflicher Tätigkeit (Schmidt & Hunter, 2004)

          minimaler erforderlicher IQ für erfolgreiche Berufsausübung steigt mit Berufsstatus (Loehlin, 2000)

  • Berufseignungsdiagnostik

          Ziel: Passung von Fähigkeiten einer Person und Anforderungen des Berufs

         Mittel: Diagnostik der Person und der Tätigkeit

  • Person-Tätigkeit

         intellektuelle Fähigkeiten der Person-intellektuelle Anforderung der Tätigkeit

        Interessen und Motive der Person-Befriedigungspotential der Tätigkeit

        Entwicklungspotential und allgemeine Intelligenz-Veränderungen der Tätigkeiten

Leistungstest 

Validität von Personalauswahlverfahren im Vergleich

siehe Folien

Leistungstest 

Bedeutung von Intelligenz im beruflichen Alltag

– lernt schnell Neues

– versteht komplizierte Anweisungen/Zusammenhänge

– kann auftretende Probleme selbstständig analysieren und so Lösungsmöglichkeiten erarbeiten

– merkt sich wichtige Arbeitsinhalte und optimiert so seine Arbeit

– zieht wichtige Schlussfolgerungen

– kann die Bedürfnisse seines Gegenübers analysieren und entsprechend handeln

– kann sicher mit Zahlen umgehen

Leistungstest 

Berufseignungsdiagnostik - Anwendung 

siehe Folien 

Leistungstest 

Berufseignungsdiagnostik II 

 

  • Allgemeine Intelligenz vs. spezifische Fähigkeiten

         bei Berufen mit breiter Anforderungsstruktur leisten allgemeine Intelligenztests genauso gute oder bessere Vorhersagen als spezifische Tests (Ones et al., 2004)

         bei berufsbedingten Änderungen im Tätigkeitsprofil erweisen sich intelligentere Personen als lernfähiger (Holling & Liepmann, 2003)

       bei Berufen mit sehr spezifischen Anforderungen leisten spezifische Tests eine bessere Vorhersage (Weinert & Hany, 2000)

         --> Maschinebauer: technisch-mechanisches Verständnis

         --> Journalist: verbale Fähigkeiten

  • bereichsspezifisches Fachwissen hat gleiche Zusammenhänge zu Berufsleistung wie allgemeine Intelligenz (Dye et al., 1993)
  • Fazit: Entsprechung der Spezifität von Prädiktor und Kriterium

          bei eng umgrenzten Tätigkeiten sind spezifische Tests nützlich

          bei allgemeinen Leistungskriterien sind allgemeinere Tests nützlich

Leistungstest 

Spezielle Verfahren: Hybridtests

  • Mischung aus Arbeitsprobe und Test 
  • sagen Berufserfolg, Ausbildungserfolg und Vorgesetztenbeurteilung besser vorher als Intelligenztests

Leistungstest 

Azubi-BK 

- Verfahren: siehe Folien 

- rcorr = .87

Leistungtest 

 Klinik Anwendungsbereiche IQ-Test

Differentialdiagnose

  • Kann Verhaltensauffälligkeit auf hirnorganische Veränderung zurückgeführt werden? > IQ-Test
  • Kann intellektuelle Minderleistung auf beginnende Demenz oder Depression zurückgeführt werden? > IQ-Test

Indikationsdiagnostik

  • Ist Patient intellektuell in der Lage, eine kognitiv anspruchsvollere Therapie zu absolvieren (Psychoedukation, Introspektion...) > IQ-Test

Rehabilitationsmaßnahmen

  • Bestimmung der noch vorhandenen kognitiven Leistungsreserven nach Krankheit (z.B. Schizophrenie) > IQ-Test

Diagnostik bei Kindern und Jugendlichen

  • Vermehrte psychische Störungen bei Kindern mit geringerer Intelligenz
  • Prognose von Therapieverlauf und kognitive Leistungsentwicklung > IQTest

Intelligenzminderung; Intelligenzabbau

Leistungtest 

Klinik - Intelligenzminderung

Intelligenzminderung = IQ < 2 Std unter M seit Kindheit

  • also IQ<70; ca. 2% der NV (nur theoretisch!!!)

Kriterien für Intelligenzminderung nach DSM-IV

  • Kriterium A: deutlich unterdurchschnittliche allgemeine intellektuelle Fähigkeit (Hauptmerkmal)
  • Kriterium B: Eingeschränkte Anpassungsfähigkeit, mindestens 2 der folgenden Bereiche

          --> Kommunikation (Sprache), eigenständige Versorgung, häusliches Leben, soziale Fertigkeiten, Nutzung öffentlicher Einrichtungen, Selbstbestimmtheit, funktionale Schulleistungen, Arbeit, Freizeit, Gesundheit, Sicherheit

  • Kriterium C: Beginn der Störung vor 18 Jahren
  • Ätiologie: meist organisch

          chromosomal verursachte Intelligenzminderung, z.B. Trisomie 21

          metabolisch-genetische oder endokrin bedingte Intelligenzminderung, z.B. Phenylketonurie

         Intelligenzminderung durch Infektionen, Unfälle, Frühgeburt, Vergiftung...

  • Intelligenzminderung sind hinsichtlich NV überrepräsentiert: ca. 10% aller Menschen
  • Abgrenzung zu Demenz: Demenz = Abbau der Intelligenz durch krankhafte Veränderungen des Gehirns des Erwachsenen (z.B. Infektionen)
  • Komorbidität der Intelligenzminderung

          z.B. oft zusammen mit frühkindlichen oder atypischem Autismus

          aber: Intelligenzminderung als „Schutzfaktor“: reduzierte Auftretenshäufigkeit von emotionalen Störungen

Leistungstest

Intelligenzminderung: Grade nach ICD-10

 

Leichte Intelligenzminderung

  • IQ 50-69 bzw. Intelligenzalter von 9 bis unter 12 Jahren bei Erwachsenen
  • meist Lernschwierigkeiten in der Schule
  • Arbeitsfähigkeit und gute soziale Beziehungen möglich

Mittelgradige Intelligenzminderung

  • IQ 35-49 bzw. Intelligenzalter von 6 bis unter 9 Jahren
  • deutliche Entwicklungsverzögerungen in Kindheit
  • als Erwachsene auf Unterstützung bei Arbeit und Alltag angewiesen
  • Unabhängigkeit, ausreichende Kommunikation und Ausbildung möglich

Schwere Intelligenzminderung

  • IQ 20-34 bzw. Intelligenzalter von 3 bis unter 6 Jahre
  • auf dauerhafte Unterstützung angewiesen

Schwerste Intelligenzminderung

  • IQ < 20 bzw. Intelligenzalter unter 3 Jahre
  • Versorgung, Kontinenz, Kommunikation hochgradig beeinträchtigt

Leistungstest 

Intelligenzminderung: Diagnostik 

Diagnostik durch Standard-Intelligenztests

  • kein „Standardverfahren“ hat sich durchgesetzt
  • Wahl bleibt dem Diagnostiker vorbehalten
  • z.B. Wechsler-Tests

IQ reicht für Diagnose nicht aus

  • ungenügende Reliabilität im unteren Intelligenzbereich
  • zusätzlich erforderlich: beeinträchtigtes soziales Anpassungsverhalten

Exkurs: Bestimmung des Intelligenzalters bei intelligenzgeminderten Erwachsenen

  • Intelligenztest für Kinder administrieren, z.B. HAWIK-IV (Normen für 6-16 Jahre)
  • getrennt für jede Altersnorm den IQ des Probanden bestimmen
  • die Altersnorm heraussuchen, bei der der Proband einen IQ von 100 erzielt, z.B. Altersnorm 8;4-8;7 Jahre
  • > Proband hat Intelligenzalter von 8-9 Jahren
     

Leistungstest 

Intelligenzabbau - Demenz 

Kriterien nach ICD-10

  • Abnahme von Gedächtnis und Denkvermögen
  • Beeinträchtigung alltäglicher Aktivitäten
  • Beeinträchtigung des Urteilsvermögens und des Ideenflusses

Ursache

  • Hirnorganische Schädigung
  • Altersprozesse

Diagnostik

  • Zur Abschätzung des Abbaus wird ein Maß für die prämorbide Intelligenz benötigt

Leistungstest 

Prämorbide Intelligenz 

 

Klassische Methode: Subtest-Unterschiede im Wechsler Test

  • Methode

          maximaler Subtestwert = Schätzer der prämorbiden Intelligenz

           minimaler Subtestwert = Maß der aktuellen Leistungsfähigkeit

          Demenz = maximaler – minimaler Subtestwert

  • Kritik

          nur signifikante Differenzen interpretierbar

          signifikante Subtestunterschiede kommen auch bei gesunden Personen vor

Leistungstest 

Abbauindex (Deterioration Index, DI) nach Wechsler

  • „stabile Tests“: Allgemeines Wissen, Allgemeines Verständnis, Bilderergänzen, Wortschatztest (> gc)
  • „instabile Tests“: Zahlennachsprechen, Rechnerisches Denken, Zahlen-Symbol-Test, Mosaik-Test, Gemeinsamkeiten finden (> gf)

DF = 100x Wertpunkte instabiler Tests/Wertpunkte stabiler Tests

  • Demenz = DI <100 
  • Kritik: ungenügende Belege für Reliabilität und Validität

Leistungstest 

Vergleich gc und gf

  • Annahme: hirnorganische Schädigungen und Abbauprozesse betreffen vor allem gf, während gc durch diese Schädigungen weniger betroffen ist
  • > gc als Schätzer der prämorbiden Intelligenz, z.B. MWT-B
  • > gf als Maß der aktuell vorhandenen Intelligenz, z.B. CFT-20, Raven
  • Hinweis auf Demenz = IQ(MWT-B) > IQ(CFT-20)
  • Kritik

          gf kann auch schon prämorbid kleiner als gc gewesen sein

          Messung von gc ist kulturabhängig

Leistungstest 

Testung von beeinträchtigten Patienten

Testdurchführung so gestalten, dass Patienten möglichst gute Leistung erbringen können (besonders bei Wechsler-Tests möglich)

  • verfahren wählen, die Pausen zulassen
  • einzelne Sitzungen kurz halten, Testbatterie über mehrere Tage verteile
  • sicherstellen, dass Patienten die Instruktionen verstehen
  • eventuell Instruktionen und Beispielaufgaben wiederholen (Abweichend zum Standard-Verfahren)
  • Patienten beruhigen, ermutigen und durch die Testung begleiten (Abweichend zum Standard-Verfahren!)
  • bei älteren Patienten: Einschränkungen in Hören, Sehen und Feinmotorik berücksichtigen
  • bei Neuroleptikagaben: Stabilisierung der Dosis abwarten

Spezielle Tests für psychisch Kranke

Reduzierter Wechsler-Intelligenztest für psychisch Kranke (WIP; Dahl, 1986)

  • Kurzform des alten HAWIE
  • Messung der allgemeinen Intelligenz
  • Normen: Psychiatrie-Patienten 15-60 Jahre, 1972
  • Validität: Korrelationen mit HAWIE .89-.94
  • Ökonomie: Durchführungszeit 15-20 Minuten

Leistungsprüfsystem für 50-90-Jährige (LPS 50+; Sturm et al., 1993)

  • reduzierte und adaptierte Version des LPS (größeres Testmaterial)
  • Norm: Ältere Probanden 50+, N=272, ???
  • Validität: Faktorstruktur bei älteren Probanden fraglich
  • Ökonomie: Kurzform 35 Minuten, Langform 80 Minuten

Leistungstest 

Simulation niedriger Fähigkeiten

Zielgruppe

  • Gutachten für Berentung
  • Prüfung von Schuldfähigkeit

Hinweise auf Simulation (Rist & Dirksmeier, 2001)

  • drastisch schlechte Ergebnisse im Wortschatztest bei einem Probanden mit Abitur ohne organischem Befund
  • Diskrepanz zwischen unbeholfenem, minutenlangen Ausfüllen eines einfachen Tests (ZVT) und flüssigem Ausfüllen eines Formulars mit Angaben zur Person
  • Diskrepanz zwischen Testleistungen und Alltagsleistungen (z.B. Autofahren)

 

Persönlichkeitstest 

Allgemeines 

  • Instruktion: Proband soll ehrlich sein
  • Aufgabe: zwischen ein und mehrdeutig
  • Antwort: nur subjektive Stimmigkeit
  • Einstellung: Proband kennt nicht die Erwartung des Untersuchungsleiters
  • Ziele: typische Verhaltensweisen erfassen
     

Persönlichkeitstest 

Vorteile von Fragebogen

  • ökonomischer als Verhaltensbeobachtungen über einen langen Zeitraum
  • hohe Objektivität in Durchführung, Auswertung und Interpretation möglich
  • einziger oberflächenvalider Zugang zur Erfassung von

           Einstellungen

           Motiven

           inneren Zuständen

          Erlebnisweisen

          Kognitionen

Persönlichkeitstest 

Selbsteinsicht 

 

  • komplexe Urteilsprozesse bei Beantwortung

          Beantwortung erfordert ein Mindestmaß an Intelligenz

„Morgens nach dem Aufwachen bin ich häufig noch eine ganze Weile müde und kaputt.“

  • was ist „Müdigkeit“? ; was ist „häufig“?
  • Unterschiedliche Personen können unter „häufig“ unterschiedliches verstehen.
  • Dieselbe Person kann kontextabhängig unter „häufig“ unterschiedliches verstehen. 

„Im großen und ganzen bin ich ein ehrlicher Mensch.“

  • Aus Gedächtnisspeicher müssen Serien von situativen und temporären Verhaltensstichproben abgerufen werden und ein integrativer Wert gebildet werden.
  • Es müssen Interferenzen über die durchschnittliche Ehrlichkeit anderer gebildet werden.

Persönlichkeitstest 

Fragebogen - Reliabilität, Stabilität

  • Reliabilität von Persönlichkeitsvariablen oft niedriger als bei Leistungsvariablen

            interne Konsistenzen oft zwischen .60-.80 (geringere Homogenität der Konstrukte)

  • Stabilitäten von Persönlichkeitsvariablen oft niedriger als bei Leistungsvariablen

          Retest-Korrelationen oft nur zwischen .50-.70

  • Schuerger et  al. (1989)

         Metaanalyse von 89 Stichproben

         mittlere Stabilität von N-Skalen .70 nach 1 Jahr

         mittlere Stabilität von E-Skalen .80 nach einem Jahr

  • Erklärung: variantes Urteilsverhalten, Gedächtniseffekte, geringere Merkmalskonstanz

Persönlichkeitstest 

Kriteriumsvalidität 

  • Mischel (1968): Barriere von Validitätskoeffizienten bei  r = .30
  • Meta-Meta-Analyse von Barrick et al. (2001)

            Big Five und Berufserfolg