06&07&08&09&10 Epidemiologie psychischer Störungen
Klinische Psych.
Klinische Psych.
Set of flashcards Details
Flashcards | 52 |
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Language | Deutsch |
Category | Psychology |
Level | University |
Created / Updated | 22.02.2018 / 02.03.2024 |
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https://card2brain.ch/box/20180222_060708_epidemiologie_psychischer_stoerungen
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Drei Ebenen der Neurobiologie psychischer Störungen
Biochemische Aspekte -> Neurotransmitter
Neurophysiologische-/kognitive Aspekte -> Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Emotion
Psychophysiologische Aspekte -> Reaktionsmuster, Schlüsselmechanismus Stress
Biogene Amine
Die bedeutsamsten Botenstoffe im ZNS sind:
Katecholamine: Dopamin (DA), Noradrenalin (NA) und Adrenalin (A)
Indolamin: Serotonin (5-Hydroxy-tryptamin, 5-HT)
Es gibt sehr viele unterschiedliche Dopamin- und Serotoninrezeptoren, die im Gehirn unterschiedlich dicht regional verteilt sind und mit bestimmten Verhaltensfunktionen korrelieren, Beispiele:
- Funktionale und morphologische Veränderungen des DA-Systems lassen sich bei Parkinson und verwandten neurologischen Erkrankungen, bei Schizophrenie und Suchterkrankungen finden
- Bei Ängsten spielt NA eine besondere Rolle
- Serotoninveränderungen sind bei einer Vielzahl von Störungen beteiligt, vor allem bei affektiven Störungen, aber auch bei Zwängen, Phobien, PTBS, Bulimie u.a.
Zusammenfassung: Neurobiologische Ätiologie-Modelle
- Alle psychischen Störungen haben eine neurobiologische Grundlage
- Neurotransmitter sind mit Sicherheit an allen kognitiven, affektiven und behavioralen Vorgängen beteiligt
- Psychische Störungen sind mit Abweichungen im Transmitterstoffwechsel assoziiert
- Aber sie werden nicht einfach durch einen Mangel oder Überschuss an bestimmten Neurotransmittern verursacht, die Pathomechanismen sind viel komplizierter!
- Vermutlich sind bei der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen viele und bislang noch nicht hinreichend untersuchte Prozesse und Transmittersysteme beteiligt
- Dabei stellt sich aus psychologischer Perspektive insbesondere die Frage nach der Moderierung und Auslösung (Triggering) derartiger Prozesse!
Perspektiven/ Neuro
Folie 18: Perspektiven
Interdisziplinäre Konvergenz: Die moderne neurobiologische Forschung überlappt sich in weiten Teilen mit der modernen klinisch-psychologischen und neuropsychologischen Forschung
- Die zentralen Annahmen der HPA-Achsen Modelle werden in nahezu identischer Weise von der Psychiatrie, der klinischen Neuropsychologie, der Neuropharmakologie und klinischen Psychologie genutzt
Reziprozität: Neurobiologische Prozesse bestimmen psychische Funktionen – aber psychische Vorgänge verändern umgekehrt auch neurobiologische Prozesse und Strukturen (Neuroplastizität)
Psychotherapie induziert über Lernvorgänge neurobiologische Veränderungen im Gehirn
Ätiologie und Pathogenese psychischer Störungen IV: Kognition und Stress
Folie 14: Stress
Stress = Reaktion des Organismus auf Bedrohung des inneren Gleichgewichtes
3 Phasen: a) Alarmreaktion, b) Widerstandsphase, c) Erschöpfungsphase
Biologische Funktion / Konsequenzen:
- kurzfristig: Energiemobilisierung zur Kampf-Flucht-Reaktion
- langfristig (anhaltende Stressbelastung): pathophysiologische Konsequenzen
Art und Ausmaß der Stressreaktion hängt von Stimuluscharakteristika ab:
- Intensität und Dauer der Belastungssituation führt zu bestimmter Ausprägung und Pathogenität der Stressreaktion (tier- u. humanexperimentelle Befunde)
- Life-Events: zeitliche. Koinzidenz zwischen schwerwiegenden Lebensereignissen führt zum Auftreten verschiedener Störungen
- Art der anhaltenden Stressoren (daily hazzles): z.B. Leistungsanforderungen, Mobbing, Paarkonflikte , haben unterschiedliche pathogene Potenz (Erkrankungswahrscheinlichkeit)
Stress und Störung
Stress kann als Konsequenz einer Störung entstehen oder ursächlich zur Entstehung von Störungen beitragen!
1. Stress als ursächliche Bedingung oder Risikofaktor für Entstehung und Verlauf psychischer Störungen:
- Genetische oder erworbene Vulnerabilität und akute Stressbelastung bedingen Störungsentstehung
2. Stress als Folge von störungsbedingten Belastungen:
- Beschwerden, Symptome und Funktionseinschränkungen der Störung selbst
- erforderlicher diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen
- emotionaler Belastungen (Bedrohlichkeit, Ungewissheit)
- Beeinträchtigungen (Aktivität, Mobilität) im persönlichen und beruflichen Umfeld
Diathese-Stress-Modell
Diathese = konstitutionelle Disposition für eine körperliche Krankheit oder psychische Störung, auch jegliche Tendenz oder Neigung eines Menschen, auf eine besondere Weise auf Belastungen zu reagieren
--> angeborene/erworbene Vulnerabilität (Diathese) + Stressor + Entwicklung von körperlicher/psych. Störung
- Zentrale Annahme: zur Entwicklung einer Störung ist sowohl eine Diathese als auch Stress erforderlich!
Auswirkungen unterschiedlicher Stressarten
1. Traumatischer Stress
Extreme Belastungserfahrung (z.B. Kriegs- und Kampferfahrungen): Überlastung der Anpassungskapazität des Individuums, extreme Variationsbreite an Reaktionen: erfolgreiche Verarbeitung vs. psychische Störung (PTSD)
2. Mikrostressoren (Alltagsbelastungen)
Beeinträchtigung des Wohlbefindens (Befindenstrübungen), Erlebnisqualität: bedrohlich, kränkend, verlustbezogen oder frustrierend, eher mit belastungsbezogenen Beurteilungen als routinemäßigen Anpassungsleistungen verbunden
Alltagsbelastungen können Effekte größerer oder chronischer Belastungen verstärken
3. Chronische Belastungen
Längerdauernde Belastungen bzw. Folgen diskreter Ereignisse (z.B. langanhaltende Scheidungsbelastung), folglich massive Beeinträchtigung in Gesundheit und Befinden
Ätiologische Stress-Modelle
Auf welche Weise führen „normale“ Stressreaktionen zur Ausbildung (dauerhafter) psychischer Störungen?
Hypothese am Beispiel Depression:
Annahme: Depressionen sind fehlangepasste Stressreaktionen und führen zu (dauerhaften) Veränderungen im Transmittersystem des Gehirns,
z.B.
Noradrenalin-(Katecholamin-) Hypothese: depressiver Zustand ist durch Mangel; manischer Zustand ist durch Überschuss des Neurotransmitters Noradrenalin enstanden
Serotonin-Hypothese: übermäßige Erschöpfung der Serotonin-Menge
Diese Transmitterstörungen sind letztlich nur Ausdruck einer „molekularen Basisstörung“ (entsprechend einer durch molekulargenetische Prozesse gesteuerten Genexpression im Zusammenhang mit der HPA-Achse)
Diese Veränderungen können angeboren (Genetik) oder erworben (Läsion, Trauma) sein
Diathese-Stress-Modell
Je höher die Vulnerabilität, desto geringer die Stressbelastung, die ausreicht, um Störung auszulösen und umgekehrt!
Stress-Störungs-Zusammenhang
Chronische Aktivierung des Stress-Systems (hyperaktive HPA-Achse): Folge körperliche Erkrankung und/oder psychische Störungen
Belege: Bei depressiven Patienten massiv erhöhter Cortisolspiegel in Urin, Blut und Liquor, vergrößerte Nebenniere und Hypophyse, erhöhte Anzahl von CRF-produzierenden Neuronen im Hypothalamus und gesteigerte Aktivität des CRF-Gens (CRF-Produktion in jeder einzelnen Zelle deutlich erhöht!)
Bei Behandlung mit Psychopharmaka gehen diese Werte zurück!
Im Tierversuch ist depressive Symptomatik durch Einbringen von CRF ins Gehirn produzierbar!
Chronisch erhöhtes Cortisol-level: möglicherweise Zellzerstörung im Hippocampus (Beleg: verkleinerte Areale bei Langzeitdepressiven), wahrscheinlich depressionsfördernd (weil der Serotonin/Noradrelalinmangel verstärkt wird durch geringere Neuronenanzahl)
Analytische und deskriptive Epidemiologie
1. deskriptive Epidemiologie: Feststellung d. Krankheitshäufigkeiten/ -verteilung über Raum und Zeit in Abhängigkeit von Umwelt, Organismus und Persönlichkeit
- Ermittlung Erkrankungsraten
- Identifizierung allgemeiner Krankheitsrisiken und Risiko-/Schutzfaktoren
- deskriptive Querschnittsstudien (große Stichproben!)
2. analytische (genetische) Epidemiologie: Untersuchung von Entstehung, Verlauf und Ausgang von Erkrankungen (incl. Versorgung)
- Prüfung von Hypothesen über kausale Beziehungen zwischen Umweltfaktoren, Krankheit und Person (Ergebnisse der klinischen Forschung)
- Ermittlung von individuellen Krankheitsrisiken
- Längsschnittstudien (prospektiv-longitudinal, quasi-experimentelle Designs)
- Untersuchung der Versorgungsstruktur u. - qualität und Funktionsweise des Gesundheitswesens (administrative Epidemiologie, Versorgungsepidemiologie)