Einführung in die forensische Psychiatrie und Psychologie
Einführung in die forensische Psychiatrie und Psychologie
Einführung in die forensische Psychiatrie und Psychologie
Kartei Details
Karten | 116 |
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Lernende | 11 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 30.12.2017 / 26.09.2024 |
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ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Drogen:
Akute und chronische Wirkungen von Opioiden: allgemeine Wirkung, Intoxikation, Entzugssymptome, chronische Wirkung
Allgemeine Wirkungen:
- analgetisch, schmerzbekämpfend
- sedierend, angstlösend und euphorisierend
- antipsychotisch (lindern psychische Leiden wie ADHD)
- antitussiv (Selbstmedikation, "Dualdiagnosen")
Intoxikation:
- Bewusstseinstrübung
- Atemdepression
- Miosis (Verkleinerung der Pupille)
Entzugssymptome:
- Beginn nach wenigen Stunden
- Erkältungssymptome (Kopf-, Gliederschmerzen, Frösteln, Schlafstörungen, Schwitzen, Unruhe)
- Erbrechen, Diarrhöen, Bauchkrämpfe
- Kreislaufversagen
Chronische Wirkungen:
- Toleranzentwicklung und Dosissteigerung
- Benommenheit
- Affektlabilität
- Reizbarkeit
- Konzentrationsstörungen
- Kritikschwäche
- Distanzlosigkeit
- Desintegration
- psychische Veränderungen
- Selbstbezogenheit, Isolierung
- Einengung des Denkens auf die Versorgung mit Opiaten
- Depravation, Veränderung des Wertgefüges, Abbau sozialer Hemmungen
- erhebliche körperliche Folgen (mangelnde Hygiene, Infekte, bei Nadelgebrauch Hepatitis und HIV)
ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Drogen:
Kokain (Analeptikum): Akute und chronische Wirkungen
Akute Wirkungen:
- stimulierender Effekt
- Euphorie
- Tachykardie (beschleunigter Puls)
- Hypertonie (Bluthochdruck)
- Appetitzügler
- Mydriasis (erweiterte Pupillen)
- Herzrythmusstörungen
- Paranoia
- Schäden durch Vasokonstriktion (Gefässverengung)
Chronische Wirkungen
- Müdigkeit
- Apathie
- Passivität
- Impotenz
- Depressionen bis hin zu Suizidalität
- Halluzinationen
- Illusionen
- Depersonalisation
- Nekrosen in der Nase
ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Drogen:
Delinquenz in Zusammenhang mit Drogenkonsum
- Erwerb, Besitz und Weiterverkauf von Drogen (direkte und indirekte Beschaffungskriminalität)
- Eigentumsdelinquenz
- Aggressionsdelikte (Sedativa, Amphetamine, Kokain)
- vermehrte Aggressionsbereitschaft
- Enthemmung
- Fehlende Übersicht (Konsequenzen)
- Beeinträchtigung des Urteilsvermögens
ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Drogen:
Aspekte, die bei der Begutachtung zu beachten sind
Auf Ausmass und Dauer des Konsums kommt es bei der Begutachtung weniger an, vielmehr geht es um:
- Objektivierung der Abhängigkeit muss erfolgen seitens Begutachter, er kann sich nicht auf Angaben des Betroffenen verlassen
- Psychopathologische Folgen der Intoxikation
- Körperliche, psychische und soziale Einbussen
- Depravation (Verschlechterung eines Krankheitszustandes, Persönlichkeitsveränderung)
ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Drogen/ Alkohol:
Rechtliche Grundagen bei der Behandlung
Art. 63 StGB, ambulante Massnahme (psych. Störung, Sucht):
- meist Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe, in diesem Fall kann Täter an Wohnsitz verbleiben
- Kann für jede Straftat angeordnet werden, die mit dem Zustand des Täters in Zusammenhang steht und wenn zu erwarten ist, Gefahr weiterer Taten in Zusammenhang mit Zustand des Täters lasse sich dadurch vermindern
- Täter muss Motivation für die Behandlung zeigen
Art. 60 StGB, stationäre Massnahme (Suchtbehandlung):
- Wenn Verbrechen oder Vergehen in Zusammenhang mit Abhängigkeit steht
- Weitere mit der Abhängigkeit verbundene Taten können verhindert werden
- Mit der stationären Massnahme ist Freiheitsentzug verbunden, höchstens 3 Jahre, um jeweils ein Jahr verlängerbar, maximal aber 6 Jahre
- Behandlung in spezialisierter Einrichtung oder psychiatrischen Klinik
- Entlassung auf Probe von 1 bis 3 Jahren, Verlängerbar um höchstens 3 Jahre
ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Alkohol:
Delinquenz, Arten von Delikten in Zusammenhang mit Alkohol
Alkohol ist bei Delinquenz häufig im Spiel, insbesondere bei Aggressions- und Gewaltdelikten. Deliktarten bei Alkoholmissbrauch:
- 42.3 % Straftaten gegen das Leben
- 36.2 % Roheitsdelikte und Straftaten gegen die persönliche Freiheit
- 28.8 % Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung
- >10 % Diebstahl, Betrug und Fälschung
- Strassenverkehrsdelikte
ORGANISCHE UND SUCHTMITTELBEDINGTE STÖRUNGEN
Alkohol:
Delinquenz, Kriminalitätsrelevante psychische Veränderungen durch Alkohol
- Verlust Kritikfähigkeit
- Verminderung der rational planenden Vorausschau
- Erhöhte Risikobereitschaft
- Gesteigerter Antrieb
- Gereizt-aggressives Syndrom, depressives Syndrom, manisches Syndrom
- Einschränkung des Realitätsbezugs
- Freisetzung von Handlungsenergien die ohne Alkohol der Kontrolle der kritischen Besinnung unterlägen
- Primärpersönlichkeit nebst Alkohol wichtig für Durchbruch von Gewalttätigkeit
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Depression:
Diagnostische Kriterien nach ICD-10
Haupt-Kriterien:
- Depressive Stimmung
- Interessen- oder Freudeverlust an Aktivitäten
- Verminderter Antrieb oder gesteigerte Ermüdbarkeit
Neben-Kriterien:
- Verlust des Selbstvertrauens oder Selbstwertgefühls
- Selbstvorwürfe oder Schuldgefühle
- Todes-/ Suizidgedanken
- Denk-/ Konzentrationsstörungen, Entscheidungsunfähigkeit
- Psychomotorische Agitiertheit oder Gehemmtheit
- Schlafstörungen
- Appetitveränderungen
Symptomatik muss mindestens 2 Wochen anhalten!
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Depression:
Häufigkeit typischer Depressionssymptome
Nach Häufigkeit geordnet:
- 100 %: Schlafstörungen
- 100 %: gedrückte Stimmung
- 90 %: Konzentrationsstörungen
- 80 %: Suizidgedanken
- 75 %: Müdigkeit
- 65 %: Appetitstörung (Appetitlosigkeit oder Fressattacken)
- 50 %: Hoffnungslosigkeit
- 35 %: Wahnideen, paranoide Gedanken
- 15 %: Suizidversuche
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Depression:
Eckpunkte
- Gehört zu den weltweit häufigsten psychischen Störungen
- Lebenszeit-Prävalenz 15-20 % (Häufigkeit Personen die einmal im Leben an Depression leiden)
- Punkt-Prävalenz 5-7 %
- Mehr Frauen
- Erstmanifestation in Jugend- und frühem Erwachsenenalter
- Remission 4 bis 6 Monate nach Erkrankungsbeginn
- Über die Hälfte der Betroffenen haben mehr als 1 Episode
- Suizidmortalität 10-15 %
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Manie:
Diagnostische Kriterien
- gehobene, expansive oder gereizte Stimmung für mind. 1 Woche
- gesteigerte Aktivität, Workaholic
- motorische Ruhelosigkeit
- gesteigerte Gesprächigkeit
- Ideenflucht, Gedankenrasen
- Verlust sozialer Hemmungen, sexuelle Enthemmung
- vermindertes Schlafbedürfnis
- überhöhte Selbsteinschätzung oder Grössenwahn
- Ablenkbarkeit oder steter Wechsel von Aktivitäten/ Plänen
- Tollkühnes oder rücksichtsloses Verhalten, oft SVG-Delikte
- gesteigerte Libido/ sexuelle Taktlosigkeit
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Manie:
Häufigkeit typischer Manie-Symptome
Zwischen 80-100 %:
- Ablenkbarkeit
- Ideenflucht
- Logorrhoe (krankhafte Geschwätzigkeit)
- Euphorie
- Schlafstörung
- Selbstüberschätzung
- Irritierbarkeit
- Feindseligkeit
- ca. 50 %: Wahnideen
- ca. 40 %: Alkoholmissbrauch
- ca. 30 %: Hypersexualität
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Bipolare Störung:
Definition und Eckpunkte
- depressive und manische oder hypomanische (abgeschwächte Manie) Episoden, oder mindestens 2 manische Episoden
- Lebenszeit-Prävalenz 1 % bei Bipolar I (B I: ca. 1-2 Wochen manische Episode gefolgt von mind. 1 depressiven Episode)
- Lebenszeit-Prävalenz 1-2 % bei Bipolar II (B II: mind. 2 Wochen depressive Episode gefolgt von mind. 1 Hypomanie)
- Frauen und Männer gleich häufig betroffen
- Rapid-Cycling: mind. 4 Episoden innerhalb von 12 Monaten, liegt bei ca. 5-15 % der Betroffenen vor
- Ultra-Rapid-Cycling: Stimmungsumschwünge innerhalb von wenigen Tagen
- Antidepressiva können eine manische Episode begünstigen
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Anpassungsstörungen
- sind nicht affektive Störungen, sondern gehören zu den neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen
- Definition: Gestörter Anpassungsprozess nach einer einschneidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen (kein Trauma!). Es kommt zu unterschiedlichen affektiven Symptomen sowie sozialer Beeinträchtigung.
- Symptome: depressive Stmmung, Angst, Besorgnis, Gefühl nicht zurechtzukommen, gewisse Einschränkung im Alltag
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Affektive Störungen und Delinquenz
Grundsätze
- Affektive Störungen sind häufig
- Delinquenz von Personen mit einer affektiven Störung ist selten
- Nur, weil eine Person mit einer affektiven Störung delinquiert, bedeutet dies nicht, dass ein kausaler Zusammenhang vorliegt!
Die seltene Delinquenz hängt wesentlich mit den Besonderheiten der Symptomatik zusammen: Antirebsstörung, Energiemangel, Ängste und Gehemmtheit sind gewissermassen "Schutzfaktoren" (Venzlaff & Foerster)
AFFEKTIVE STÖRUNGEN
Risiko für Straftaten
Obwohl Risiko für Gewaltstraftaten nur leicht erhöht ist, können auch Straftaten vorkommen:
- Amok, erweiterter Suizid (insbesondere bei Komorbidität Depression mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung oder Alkohol)
- Wirtschaftskriminalität (Versicherungsbetrug, Veruntreuung), insbesondere bei manischen Patienten
- SVG-Delikte
- Drogendelikte
- Neonatizid
- Kindtötungen
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Definition Persönlichkeitsstörung (ICD-10)
- tief verwurzelte, dauerhafte (Erlebens- und) Verhaltensmuster, die sich in starren Reaktionen auf unterschiedliche persönliche und soziale Lebenslagen zeigen
- Mit deutlichen Abweichungen im Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Beziehungen zu anderen
- die (i.d.R.) mit persönlichem Leiden einhergehen (Ausnahme: erfolgreiche Narzissten)
- die (meistens) mit gestörter sozialer Funktions- und Leistungsfähigkeit einhergehen
- die in Kindheit (nicht frühe Kindheit) oder Jugend einsetzen und in das Erwachsenenalter fortdauern
- die nicht auf einer anderen psychischen Störung oder einer Hirnerkrankung beruhen
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Definition Persönlichkeitsstörung (DSM-5)
- überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten
- das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweicht
- tiefgreifend und unflexibel ist
- seinen Beginn in der Adoleszenz oder im frühen Erwachsenenalter hat
- im Zeitverlauf stabil ist
- und zu Leiden oder Beeinträchtigungen führt
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Allgemeine diagnostische Kriterien (DSM-5)
- Überdauerndes Muster von innerem Erleben und Verhalten, das merklich von den Erwartungen der soziokulturellen Umgebung abweischt, Manifestation in mindestens 2 der folgenden Bereiche:
- Kognition (Wahrnehmung und Interpretation von sich selbst, anderen Menschen, Ereignissen)
- Affektivität (Spektrum, Intensität, Labilität und angemessenheit emotionaler Reaktionen)
- Gestaltung zwischenmenschlicher Beziehungen
- Impulskontrolle (hat sich Person im Griff, Bedürfnisse herausschiebbar, Disziplin?)
- Muster ist unflexibel und tiefgreifend in einem weiten Bereich persönlicher und sozialer Situationen (kann nicht mal so oder so reagieren)
- Muster führt zu klinisch bedeutsamem Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen
- Muster ist stabil oder lang andauernd, mit Beginn mindestens in Adoleszenz oder frühem Erwachsenenalter
- Muster ist nicht Manifestation oder Folge einer anderen psychischen Störung
- Muster ist nicht Folge einer Substanz (Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors (z.B. Hirnverletzung)
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Allgemeine diagnostische Kriterien (ICD-10)
- Deutliche Unausgeglichenheit in Einstellungen und Verhalten in mehreren Funktionsbereichen (Affektivität, Antrieb, Impulskontrolle, Wahrehmen, Denken, Beziehungen)
- Verhaltensmuster ist andauernd und gleichförmig
- Verhaltensmuster ist tiefgreifend und in vielen persönlichen und sozialen Situationen eindeutig unpassend
- Subjektives Leiden (manchmal erst im späteren Verlauf)
- (Meistens) deutliche Einschränkungen der beruflichen und sozialen Leistungsfähigkeit
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Diagnose und Merkmale spezifischer Persönlichkeitsstörungen (kategorialer Ansatz DSM-5)
Cluster: A = Weird (sonderbar, exzentrisch) / B = Wild (dramatisch, emotional, launisch) / C = Worrying (ängstlich, furchtsam)
A: Paranoide PS: Misstrauen, Argwohn, Auslegung der Motive anderer als böswillig
A: Schizoide PS: Soziale Distanziertheit, eingeschränkter emotionaler Ausdruck
A: Schizotype PS: Unbehagen in nahen Beziehungen, Verzerrungen von Denken & Wahrnehmung, eigentümliches Verhalten
B: Antisoziale PS: Missachtung & Verletzung der Rechte anderer
B: Borderline PS: Instabilität von Beziehungen, Selbstbild, Affekten + Impulsivität
B: Histrionische PS: Übermässige Emotionalität + Heischen nach Aufmerksamkeit
B: Narzisstische PS: Grossartigkeitsgefühle, Bewunderungsbedürfnis, mangelnde Empathie
C: Vermeidend-selbstunsichere PS: Soziale Hemmung, Unzulänglichkeitsgefühle, Überempfindlichkeit betreffend negativer Bewertung
C: Dependente PS: Unterwürfig-anklammerndes Verhalten, übermässiges Bedürfnis nach Umsorgtwerden
C: Zwanghafte PS: Beschäftigung mit Ordnung, Perfektion und Kontrolle
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Probleme kategorialer Ansätze
- Kategorien sind aus der klinischen erfhrung stammende Verhaltensbeschreibungen, weder theoretisch noch empirisch ausreichend begründet
- Kategorien sind nicht klar voneinander getrennt und schliessen sich nicht gegenseitig aus
- zu viel Überlappung zwischen den einzelnen Diagnosen, dadurch häufig bei DSM Diagnose unspezifische PS
- Individuen mit sehr unterschiedlicher Persönlichkeitsstruktur können die geliche Diagnose aufweisen
- Stigmatisierend auf bestimmte menschliche Eigenschaften bezogen statt Erfassung aller menschlichen Eigenschaften mit Cut-Off-Wert pro Eigenschaft (dimensionales Vorgehen)
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Alternative Modell für Persönlichkeitsstörungen (dimensionaler Ansatz DSM-5)
Berücksichtigt nebst der katergorialen Diagnostik auch das Funktionsniveau
- 5 Merkmaldomänen, weitgehend abgeleitet von den Big Five Faktoren (OCEAN: Openness, Conscientousness, Extroversion, Agreeableness, Neuroticism)
- 25 Merkmalsfacetten
- Kriterium A: Beeinträchtigtes Funktionsniveau
- Selbstfunktion (Identität + Selbststeuerung)
- Interpersonelle Funktion (Empathie + Nähe)
- Kriterium B: Problematische Persönlichkeitsmerkmale
- Kriterien C + D: Durchgängigkeit & Stabilität
- Kriterien E + F + G: Ausschlusskriterien
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Epidemiologie von Persönlichkeitsstörungen
- Punkt Prävalenz in Allgemeinbevölkerung 5 – 15%
- Mehr in Allgemeinpsychiatrie
- Noch mehr in Suchtmedizin (> 50%)
- Hohe Prävalenz v.a. von Cluster B Persönlichkeitsstörungen in Forensik und Strafjustiz
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Was ist Psychopathie?
Das heutige Verständnis von Psychopathy entspricht dem nordamerikanischen Konzept. Die Eigenschaft "Psychopathy" wird mit der PCL-R gemessen (Robert Hare). Diesem entsprechend sind Psychopathen:
Gefühlskalte, egozentrische, rücksichtslose, gewissenlose, risikobereite, i.d.R. durchsetzungsfähige Menschen, oft von einnehmendem Wesen (Blender) und mit einer ausgesprochenen Fähigkeit, andere mit manipulativem Geschick für ihre eigenen Zwecke einzuspannen
PERSÖNLICHKEITSSTÖRUNGEN
Faktoren und Items der PCL-R
- Faktor 1: Interpersonell
- Trickreich/ oberflächlicher Charme
- Grandios/ übersteigerter Selbstwert
- Pathologisches Lügen
- Betrügerisch/ Manipulativ
- Faktor 2: Affektiv
- Mangel an Scham/ Schuld/ Reue
- Oberflächliche Gefühle
- Kaltblütig/ Mangel an Empathie (z.B. können Angst des eggenübers nicht emotional nachempfinden)
- Fehlende Verantwortungsübernahme
- Faktor 3: Lebenswandel
- Stimulationsbedürfnis/ Anfälligkeit für Langeweile (z.B. Substanzmissbrauch)
- Impulsivität
- Verantwortungslosigkeit
- Parasitärer Lebensstil
- Mangel an realistischen langfristigen Zielen (z.B. schneller Profit, für sich was rausholen)
- Faktor 4: Antisozial
- Mangelnde Verhaltenskontrolle
- Frühe Verhaltensauffälligkeiten
- Jugenddelinquenz
- Widerruf einer bedingten Entlassung
- Kriminelle Vielseitigkeit
Ohne faktorielle Zuordnung: Promiskuität und viele instabile Beziehungen
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Definition funktionelle Sexualstörung
Störung des sxuellen Verlangens, Störung der Erregung, Störung des Orgasmus, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, nachorgastische Missempfindungen und Verstimmungen
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Definition Präferenzstörung
Das Lustempfinden oder die Partnerwahl weicht vom "normalen" ab.
Präferenzstörung = Paraphilie oder sexuelle Abweichung oder sexuelle Deviation
Merkmale:
- Aufeinander-Eingehen-können eingeschränkt oder nicht vorhanden
- Partner wird als Objekt zu eigenen Befriedigung wahrgenommen
- übliche sexuelle Reize oder Verhaltensweisen befriedigen sexuell nicht mehr oder ungenügend
- Entscheidungsfreiheit eingeengt, sexuelle Befriedigung nur bei ganz bestimmter Praktik
- Phantasien und Praktiken sind nicht Berreicherung, sondern Zwang
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Definition Dissexualität
Sich im Sexuellen ausdrückendes Sozialversagen. Sexuelle Handlungen, die einen Übergriff auf die Integrität und Individualität anderer Menschen beinhalten, unabhängig davon, ob die Handlungen strafbar sind.
(Vetter 2009, S. 29 41 f.)
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Definition Paraphilie nach ICD-10
Gelten für Fetischismus, Fetischistischer Transvestismus, Exhibitionismus, Voyeurismus, Pädophilie, Sadomasochismus, multiple Störung der Sexualpräferenz, sonstige Störungen der Sexuelpräferenz, nicht näher bezeichnete Störung der Sexualpräferenz:
G1. Wiederholt auftretende intensive sexuelle Impulse und Phantasien, die sich auf ungewöhnliche Gegenstände oder Aktivitäten beziehen.
G2. Handelt entsprechend den Impulsen oder fühlt sich durch sie deutlich beeinträchtigt.
G3. Diese Präferenz besteht mindestens seit 6 Monaten.
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
meist harmlose Paraphilien
- Fetischismus
- Transvestitismus
- Voyeurismus (Heimlichkeit und Anonymität als Reiz, Angstlust, enteckt zu werden, Vorstellung dass beobachtete Person sich gedemüdigt und verletzt fühlen würde, Masturbieren während oder nachher, Aggressionen selten und meist erst wenn er entdeckt wird um beschämende Situation zu vertuschen)
- Exhibitionismus (Erschrecken als Lustfaktor, Dranghaftigkeit, Demonstration von Macht, Alkohol spielt eine stimulierende und enthemmende Rolle in Tatsituation, Gewaltanwendung sehr selten, oft Reue und Scham)
- Sadomasochismus (Rollenwechsel zwischen Zufügen und Ertragen von Leiden und Erniedrigung, Dminanz und Unterwerfung, ritualisiert, Stopp-Codes, im Alltag nicht aggressiver oder unterwürfiger als andere, aber Steigerung der Reize möglich bis zur sexuellen Süchtigkeit)
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Problematische Paraphilie
- Sexueller Sadismus
- sexuelle Erregung/ Befriedigung ausschliesslich durch Sadismus erreichbar
- Dranghaftes Bedürfnis
- Sexuelle Erregung durch Leiden des Opfers
- Sadist ist auf Masochist angewiesen
- Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit kann fliessend werden, bis hin zum sadistischen Tötungsdelikt
- Gefahr durch zunehmende sadomasochistische Pornografie (Grenzvermischung, Fantasien mit nicht einwilligenden Opfern)
- Oft Crossing (Wechsel) mit anderen paraphilen Bereichen wie Fetischismus, Voyeurismus oder Exhibitionismus etc.
Sadistische Neigungen sind seltener als masochistische (1:4)
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Ätiologie (Entstehung) der Sexualpräferenzstörung
- Biologische Faktoren:
- Hormonregulation, Auffälligkeiten des Stoffwechsels und des Gehirns u.a.
- Hormonregulation, Auffälligkeiten des Stoffwechsels und des Gehirns u.a.
- Ungünstige Sozialisationsbedingungen in der Kindheit und Jugend:
- Frühkindliche Bindungsstörung durch fehlende Zuwendung
- Kompetenzdefizite aufgrund fehlender elterlicher Modelle
- Körperliche Gewalterlebnisse
- Sexueller Missbrauch
- Geringer Selbstwert
- Misserfolge in der Schule und Beruf u.a.
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Prävalenz der Sexualpräferenzstörung nach Beier
Stichprobe 373 Männer (63 alleinstehend, 310 in Partnerschaft)
- 58 % der Männer kennen ein paraphiles Erregungsmuster ihrer Phantasie
- 47 % nutzen paraphile Fantasien bei der Masturbation zur Erregungssteigerung
- 44 % lebten ein paraphiles Verhalten aus.
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Definition und diagnostische Kriterien der Pädophilie nach ICD-10
Definition: Sexuelle Präferenz für Kinder, Jungen oder Mädchen oder Kinder beiderlei Geschlechts, die sich meist in der Vorpubertät oder in einem frühen Stadium der Pubertät befinden.
Diagnostische Kriterien:
- allgemeine Kriterien für Störung Sexualpräferenz müssen erfüllt sein
- Anhatende oder dominierende Präferenz für sexuelle Handlungen mit einem oder mehreren Kindern vor der Pubertät
- Betroffene sind mindestens 16 Jahre alt und mindestens 5 Jahre älter als das Opfer
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Störungen der sexuellen Präferenz:
Definition Pädosexualität und Abgrenzung zu Pädophilie
Pädosexuell:
- Auf Kinder ausgerichtete Sexualität
- Sexuelle Handlungen mit Kindern
- Bei pädosexuellen Handlungen muss keine Pädophilie vorliegen
- Pädophilie und Pädosexualität dürfen nicht gleichgesetzt werden, da nicht jede pädophile Neigung zu einem sexuellen Übergriff führen muss und umgekehrt steht nicht hinter jeder Pädosexualität eine Pädophilie
Pädophilie:
- sexuelle Neigung gegenüber Kindern, ohne etwas über das sexuelle Verhalten auszusagen, lediglich sexuelle Ausrichtung als Bestandteil der Sexualpräferenz
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Sexualstraftäter:
Typologie von Sexualstraftätern nach Beier
- Sexuell unerfahrene Jugendliche
- Symbolisch agierende Täter
- Intelligenzgeminderte Täter
- Sadistische Täter
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Sexualstraftäter:
5 Tätergruppen nach Beier: 1. Sexuell unerfahrene Jugendliche
- intakte familiäre Verhältnisse
- Auffälligkeiten erst in der Pubertät, werden zu schüchternen Einzelgängern
- Das dissexuelle Verhalten ist episodisch, sie fallen später nicht mehr auf
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Sexualstraftäter:
5 Tätergruppen nach Beier: 1. Dissoziale Täter
- früh sozial randständige Delinquente
- sehr viele, aber wenig dauerhafte Intimbeziehungen
- die Dissexualität ist Teil ihres dissozialen Verhaltens neben anderen Delikten zum Teil auch unter Alkoholeinfluss
- bei 75 % kommt es zu erneuten sexuellen Übergriffen
ABWEICHENDES SEXUALVERHALTEN
Sexualstraftäter:
5 Tätergruppen nach Beier: 3. Symbolisch agierende Täter
- Gut sozial integriert und keine sozialen Auffälligkeiten bis und mit Pubertät
- Emotional sehr ambivalent besetze Partnerschaftserfahrungen.
- Erkennen eigene Anteile an der unbefriedigt erlebten Beziehung nicht.
- Grosse Feindseligkeit der Partnerin gegenüber
- Sexualstraftat als gemeinter symbolisch sexueller Ausdruck von Aggressionen gegenüber der Frau.
- Wenn keine Paraphilien und sexuellen Funktionsstörungen vorliegen gute Therapiefähigkeit und günstige Prognose.