Einführung ins Recht - § 2 Methodik des juristischen Arbeitens

Kennenlernen der verschiedenen Arbeitsmethoden und deren Funktionen beim juristischen Arbeiten

Kennenlernen der verschiedenen Arbeitsmethoden und deren Funktionen beim juristischen Arbeiten


Kartei Details

Karten 66
Sprache Deutsch
Kategorie Recht
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 22.03.2017 / 14.01.2022
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Worum geht es bei der Auseinandersetzung mit juristischer Literatur bei der Lösung von Rechtsfragen?

Die Auseinandersetzung mit juristischer Literatur ist für die Lösung von Rechtsfragen unerlässlich. Es geht um die kritische Auseinandersetzung aufgrund einer genauen Lektüre um verschiedene, in der Literatur geäusserten Auffassungen und Meinungesverschiedenheiten, gegeneinander abzuwägen.

Welche materiellen Regeln sind bei der Zitierweise juristischer Literatur zu beachten?

  • Kennzeichnung und Angabe der genauen Belegstelle von wörtlich wiedergegebenen fremden Ansichten und Gedanken
  • präziser Hinweis auf Auslassungen, Einfügungen oder Hervorhebungen
  • Quellenangabe sinngemässer Übernahmen

Was ist unter dem Begriff Judikatur zu verstehen?

Unter dem Begriff Judikatur (oder Rechsprechung) versteht man die Urteile (Entscheide), die von Gerichten oder Verwaltungsbehörden mit richterlicher Funktion ausgehen.

Worin besteht die Bedeutung der Judikatur für die Lösung von Rechtsproblemen?

Jedes Urteil ist autoritative Entscheidung eines bestimmten Einzelfalls:

  • Urteile (immer) nur für die am Streitfall beteiligten Parteien verbindlich
  • Verbindlichkeit kommt nur dem Urteilsdispositiv zu (nicht aber den Ausführungen)

Den Erwägungen, sowie der Entscheidung der Streitsache kann über den Einzelfall hinaus präjudizielle Wirkung für später (ähnliche) Fälle zukommen (Abweichung nur mit guten Gründen). Das Gericht kann da, wo das Gesetz keine oder keine klare Antwort enthält, selber Regeln austellen (Art. 1 Abs. 1 und 2 ZGB), insb. dann, wenn es eine (Gesetzes-)Lücke zu füllen hat.

Wie ist die präjudizielle Tragweite von Gerichtsentscheiden für künftige Fälle unterschiedlicher Strufen zu beurteilen?

  • Urteile oberer Instanzen sind von grösserer präjudizieller Tragweite als erstinstanzliche Entscheide
  • Auf kantonaler Ebene sind die im eigenen Kanton erganenen Präjudizien bedeutsamer als jene anderer Kantone
  • Wesentlich für die präjudizielle Wirkung eines Entscheids ist, ob sich das Gericht mit dem in Frage stehenden Problem ausführlich auseinandergesetzt oder es bloss routinemässig eine bestimmte Auffassung bestätigt oder verwirft
  • Entscheidend ist auch, ob die in Frage stehenden Erwägungen und Meinungsäusserungen für dei Entscheidung des Falls notwendig (essenziell, rationes decidendi) waren oder nicht (obiter dictum, beiläufige, occasinelle Erwägungen)

In welche vier Teile lassen sich Urteile i.d.R. einteilen?

  1. Rubrum
  2. Sachverhalt
  3. Erwägungen (Begründungen)
  4. Urteilsdispositiv (Resultat, Urteil)

Was ist unter einer Regeste zu verstehen?

Eine Regeste ist ein Leitsatz, welcher einem Urteil im Rahmen einer amtlichen Publikation vorausgestellt ist und knapp über das behandelte Rechtsproblem und seine Lösung orientiert.

Welche Arten von Urteilen werden in Publikationen oder Fachzeitschriften veröffentlicht?

Dies sind vor allem Urteile, welche eine über den Einzelfall hinausgehende (präjudizielle) Tragweite haben, entweder aufgrund mangels einer konstanten Rechtsprechung auf diesem Gebiet oder weil mit dem Urteil die bisherige Rechtsprechung geändert wird.

Welche Grundregeln sind im Umgang mit Präjudizien zu beachten?

  • Erwägungen sind immer in ihrem Kontext zu lesen und zu verstehen
  • Sachverhalte beachten: mögliche Ableitung einer Maxime, Bestimmung einer essenziellen oder blos occassionellen Bedeutung der Erwägungen
  • Lektüre des vollen Textes
  • kritische Auseinandersetzung mit einschlägigen Urteilen
  • Konsultation bundesgerichtlicher und kantonaler Entscheide
  • Auseinandersetzung auch mit älteren, in neueren Urteilen bloss zitierten, (Leit-)Entscheiden

Wie werden Bundesgerichtsentscheide in der amtlichen Sammlung (Leitentscheide) zitiert?

  • Band, Teil, Anfangsseitenzahl und Seitenzahl der konkreten Fundstelle einschliesslich der einschlägigen Erwägung
  • z.B.: BGE 117 II 127 E. 3b S. 130 oder BGE 117 II 130

Welche Bedeutung kommt der Berücksichtigung  ausländischen Rechts beim juristischen Artbeiten zu?

Für ein vertieftes Verständnis des eigenen (inländischen) Rechts kann die  Auseinandersetzung mit ausländischem Recht insb. im Rahmen der Rechtsvergleichung wertvoll sein.

Welchen Nutzen hat die Berücksichtigung ausländischen Rechts im Rahmen der Rechtsvergleichung?

Der Nutzen der Rechtsvergleichung bei der Rechtsanwendung ist je nach Rechtsgebiet unterschiedlich. Von besonderer Bedeutung ist die Rechtsvergleichung bei Normen des schweizerischen Rechts, welche vom Gesetzgeber bewusst an das ausländische Recht angelehnt ist oder wo Bestimmungen internationaler Übereinkommen (völkerrechtliche Staatsverträge) durch ihre Ratifikation zu Normen des schweizerischen Rechts wurden (monistisches System).

Welchen Einfluss hat ausländischees, insb. das EU-Recht, auf dies schweizerische Rechtsentwicklung?

In der Schweiz wird seit einiger Zeit im Gesetzgebungsverfahren stark auf die Rechtsentwicklung in der EU Rücksicht genommen. Dies geht sogar soweit, dass schweizerische Gesetze möglichst EU konform ausgestaltet werden und alle neuen Erlasse auf ihre EU Kompatibilität hin überprüft werden (autonomer Nachvollzu, beachte: mögliche Änderungen durch SBI-Initiative).

Verdeutlichend: BGE 129 III 335 ff.

Woraus ergibt sich neben dem autonomen Nachvollzug noch eine Anspassung der schweizerischen Gesetzgebung an die Normen der EU?

Neben dem autonomen Nachvollzug ergibt sich eine Anspassung der schweizerischen Gesetzgebung an die Normen der EU aus den bilatieralen Abkommen zw. der Schweiz und der EU (als Völkerrechtssubjekte).

  • Bilaterale I + II
  • FZA

Welches sind die beiden offiziellen Gesetzessammlungen des Bundes und worin bestehen ihre jeweiligen Zielsetzungen?

Amtliche Sammlung (AS): In der AS werden neue Bundeserlasse sowie die Änderung und Aufhebung bisheriger Erlasse fortlaufend publiziert. Die Veröffentlichung von erlassen in der AS ist eine Voraussetzung dafür, dass ein Erlass für die Bürger verbindlich ist.

Systematische Sammlung (SR, systematische Rechtssammlung): Die SR umfasst das gesamte in Kraft stehende eidgenössische Landesrecht, sowie eine grosse Menge internationalen Rechts. Der SR kommt weder positive noch negative Rechtskraft zu.

Welche Bedeutung kommt der AS beim juristischen Arbeiten zu?

Beim verfassen einer wissenschaftlichen Arbeit werden vor allem die älteren Bände der AS verwendet, sowie dann, wenn ausnahmsweise ein Erlass in einer früheren Fassung Anwendung findet.

Auf welche Arten erfolgt die Dokumentation der Literatur?

Für das Auffinden der Literatur bestehen verschiedene Bibliographien (insb. SRB, Schweizerische Rechtsbibliographie), sowie die Register und Generalregister von Zeitschriften. Rezensionsteile und Rubriken, sowie Werbeprosbekte und Zeitschriften geben Auskunft über Neuerscheinungen.

Wo erfolgt die Veröffentlichung eidgenössischer und kantonaler Gerichtsentscheide?

Die Veröffentlichung eidgenössischer und katonaler Gerichtsentscheide erfolgt in folgenden Publikationen:

  • Amtliche Sammlung (AS): enthält Leitentscheide (BGE, leading cases) und kantonale Entscheide
  • www.bvger.ch: enthält Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts
  • Zeitschriften und Fachzeitschriften
  • Tagespresse
  • Register und Generalregister

Welche Gliederung weist die Amtliche Sammlung (AS) von bundesgerichtlichen Leitentscheiden (BGE) heute auf?

  • Band I: Verfassungsrecht
  • Band II: Verwaltungsrecht und internationales Recht
  • Band III: Zivilrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
  • Band IV: Strafrecht und Strafvollzug
  • Band V: Sozialversicherungsrecht

Wo werden Materialien dokumentiert?

  • Erwähnung in der Literatur (Kommentare, Gesetzesausgaben)
  • Internet

Welche Ziele werden mit dem Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologien verfolgt?

Juristen sollen über vollständigere Informationen verfügen können. Sie sollen mit qualitativ besseren Grundlagen arbeiten und jederzeit, rasch über Informationen Verfügen können.

Wie ist die Bedeutung der Sprache im Rahmen des juristischen Arbeitens zu qualifizieren?

Die Sprache ist das Werkzeug des Jursiten. Sie erfüllt im juristischen Alltag vilefältige Aufgaben. Die Beschäftigung mit der Sprache ist nicht Selbstzweck, sondern wirkt sich viel mehr unmittelbar auf das Leben anderer Menschen aus. Ein präzise, korrekte Sprache ist für Juristen ein muss.

Wodurch zeichnet sich die juristische Sprache hinsichtlich der Form aus?

Juristische Texte sollen präzise Aussagen machen. Daher zeichnet sie sich vor allem durch Einfachheit und Klarheit sowie einer Beschränkung auf das Notwendige aus.

Welche Probleme verbinden sich mit der Allgemein verständlichkeit juristischer Texte?

Einerseits soll die Juristische Sprache präzise Fachsprache sein, zum anderen soll sie dem Laien verständlich bleiben. Zudem sind Einfachheit und leichte Verständlichkeit der Ausdrücke und Formulierungen nicht gleichbedeutend mit einer einfachen Verständlichkeit durch den Laien.

Wodurch zeichnet sich die moderne Gesetzessprache aus?

Die moderne Gesetzessprache zeichnet sich grundsätzlich durch Nüchternheit und Knappheit aus. Verzichtet wird zudem auf die einprägsamen Formulierungen der alten Sprichwörter, sowie auf den werbenden, begründenden und überredenden Stil früherer Tage.

Wie sieht die sprachliche Entwicklung der Verfassung gegenüber der modernen Gesetzessprache aus?

Auf Verfassungsstufe ist ein, im Vergleich zur modernen Gesetzesspache, gegenläufiger Trend feststellbar. Es wurden mit viel Pathos in Präambel und Zweckbestimmungen  die Grundwerte und Ziele des Staates beschworen, sowie sozialziele und Leitlinien der Politik in bewusst beudeutungsschweren Worten und in der Sprache unseres Zeitgeistes proklamiert.