Versorgungswissenschaft Pfaff 16/17
Karteikarten für die Vorlesung Versorgungswissenschaft der Uni Köln. Dozent Holger Pfaff.
Karteikarten für die Vorlesung Versorgungswissenschaft der Uni Köln. Dozent Holger Pfaff.
Fichier Détails
Cartes-fiches | 197 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Affaires sociales |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 21.01.2017 / 19.03.2024 |
Lien de web |
https://card2brain.ch/box/20170121_versorgungswissenschaft_pfaff_1617
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Intégrer |
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Organisationen - Zweck
•Krankenhäuser: Heilung
•Kindergarten: Erziehung der Kleinkinder
•Reha-Klinik: Menschen mit Behinderungen oder kranken Menschen Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen
Organisationen - Regeln
•implizit, explizit
•wenig beeinflussbar („Das machen wir hier immer so..“)
• dienen der Koordination von Handlungen: Im Idealfall werden die Handlungen durch die Regeln so koordiniert, dass durch das Zusammenarbeiten und Zusammenwirken der einzelnen Kräfte innerhalb einer Organisation der Gesamtzweck der Organisation erfüllt wird.
Organisation als natürliches System
„Eine Organisation ist eine Kollektivität, deren Mitglieder in ihrem Verhalten durch die formale Struktur oder die offiziellen Ziele kaum beeinflusst werden, jedoch ein gemeinsames Interesse am Fortbestehen des Systems haben und sich an informell strukturierten Kollektivaktivitäten zugunsten seiner Erhaltung beteiligen.“ (Scott 1986)
Organisation als rationales System
„Organisationen sind Ansammlungen von interagierenden Menschen, sie sind die größten Ansammlungen in unserer Gesellschaft, die etwas von einem zentralen Koordinatensystem an sich haben (…).
Die hohe Spezifität von Struktur und Kombination innerhalb von Organisationen macht die einzelne Organisation zu einer soziologischen Einheit, die in ihrer Bedeutung dem Einzelorganismus in der Biologie vergleichbar ist.“ (Scott 1986)
„Eine Organisation ist eine an der Verfolgung relativ spezifischer Ziele orientierte Kollektivität mit einer relativ stark formalisierten Sozialstruktur.“ (Scott 1986)
Organisation als offenes System
„Eine Organisation ist eine Koalition wechselnder Interessengruppen, die ihre Ziele in Verhandlungen entwickelt.“ (Scott 1986)
Organisationen…
•sind keine geschlossenen Systeme, abgeriegelt gegen ihre Umwelt
•sind offen und darauf angewiesen, dass Menschen und Mittel von außen in ihr System hineinströmen
•müssen ihre Mitglieder dazu veranlassen, finanzielle Mittel, Energie und Zeit zu ihren Gunsten aufzuwenden
Das Input-Output-Modell
Bsp.: RTW>Krankenhaus>Reha>Hausarzt>Outcome
Der Output des einen Akteurs ist Input für den Nächsten
Lost in transition
1.
Krankenhaus > Hausarzt:
Beispiel: Direkt nach dem Krankenhausaufenthalt hätte Marcumar-Behandlung erfolgen sollen, passierte aber nicht, da Hausarzt im Urlaub war; Folge: Sehverlust durch „Augeninfarkt“
2.
Krankenhaus > nach Hause:
Beispiel: Entlassung einer Diabetes-Patientin aus dem geriatrischen Krankenhaus ohne Diabetesbehandlung
lost in transition - Warum gehen Patienten in den Übergängen ihrer Behandlung verloren?
Unterschiedliche Kostenträger ( GKV, GRV, GPV)
Unterschiedliche Leistungserbringer (Akutkliniken, Reha-Kliniken, Haus- & Fachärzte)
Verschiedene Professionen& Kulturen (Ärzte, Pfleger, …)
Folge: Kontinuität der Versorgungsabläufe ist nicht gewährleistet (z.B. zeitliche und inhaltliche Brüche bei Diagnose& Therapie)
Mangelnde Ergebnis- & Prozessverantwortung
Desintegration-Modell der Versorgung
Desintegrationstreiber (z.B. •Sektorengrenzen•Sektorale Budgetvorgaben•Fachgrenzen•Klinikgrenzen)
>
Grad der Desintegration
>
Desintegrationsfolgen (z.B.•geringe Ergebnis-qualität (klinische Outcomes: Pat.-zuf.)•geringe Wirtschaftlichkeit)
Versorgungsmanagement: 3-Wege-Integration
3 versch. Interventionsmöglichkeiten
Treiberbezogene Strategien
Effektmodifizierende Strategien
Folgenmindernde Strategien
Treiberminimierende Strategien
Beseitigung der Ursachen
Radikalster, aber wirkungsvollster Weg zur Reduzierung von Desintegration
Lösung 1: Alles in einer Dienstleistungshand
Lösung 1a: Staatliches Gesundheitssystem
Lösung 1b: Private Unternehmen der Versorgungskette aus einer Hand
Ergebnis: von vornherein werden keine Sektorengrenzen zugelassen
Effektmodifizierende Strategien
Minimierung der Treiberfolgen
Sektorengrenzen bleiben bestehen
Segmentierung soll abgeschwächt werden
Kooperative & vertragliche Maßnahmen zur Sicherstellung eines Mindestmaßes an Integration
Beispiele für Maßnahmen:
Integrierte Versorgung (§140a-e SGB V )
Einrichtung von interdisziplinären Tumorboards in Krebszentren
Desintegrationsfolgen minimierende Strategien
Verbesserung der Integrationsprobleme
Negative Folgen der Desintegration sollen verhindert werden
Interventionen sind meiste auf einzelne Organisationen/ Segmente bezogen
Beispiele für Maßnahmen:
z.B. Nutzung von Telemonitoring oder klinisches QM oder med. Controlling
Modelle der integrierten Versorgung im Gesundheitswesen
Modell der integrierten Segmentierung
Gesamtdienstleister-Modell
Generalunternehmermodell
Patientenunternehmer-Modell
Modelle der integrierten Versorgung im Gesundheitswesen
Die heutige Lösung
Option 1: Modell der integrierten Segmentierung
Die Lösungen für morgen:
Option 2: Gesamtdienstleister-Modell
Option 3: Generalunternehmer-Modell
Option 4: Patientenunternehmer-Modell
Modell der integrierten Segmentierung
Vorteil:
Abgestimmte Behandlung durch Spezialisten
Nachteil:
Kein Akteur fühlt sich letztlich für das Gesamtergebnis verantwortlich
Gesamtdienstleister-Modell
Vorteil:
Verantwortung für den Gesamtprozess in einer Hand
Nachteil:
Patient wird auch außerhalb der Kern-kompetenz behandelt
Generalunternehmer-Modell
Vorteil:
Verantwortung für den Gesamtprozess in einer Hand & Behandlung durch Spezialisten (Kernkompetenz)
Nachteil:
Ev. verschiedene Behandlungsorte
Patientenunternehmer - Modell
Vorteil: Marktmacht Einkaufsmodell Erfolg selbst beurteilbar
Nachteil:
•systematische Abstimmung der Versorgungskette muss durch den Patienten oder seinen Vertreter erfolgen
•Gesundheits- und Managementkompetenz erforderlich
Versorgungsmanagement: Ein Definitionsversuch
Unter Versorgungsmanagement versteht man
•eine systematische, kennzahlengestützte und lernorientierte
•Planung, Durchführung, Kontrolle und Steuerung
•der Gesundheits- und Krankenversorgung
•von einzelnen Personen und Personengruppen
•mit dem Ziel der Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Qualität.
Ziel des Versorgungsmanagements
•die Trennung der verschiedenen Versorgungssektoren zu überwinden oder
•ihre Folgen zu neutralisieren und
•durch die Optimierung der Behandlungsabläufe vom Beginn der Erkrankung bis zu ihrem guten oder bitteren Ende
•die Effektivität und Effizienz der Versorgung zu steigern.
Mehrwert der Versorgungsforschung
Versorgungsforschung hilft beim Versorgungsmanagement zweifach
1. Bei der Planung und Konzeptionierung des VM
a) VM-Inhalt b) VM-Umsetzung
2. Bei der Evaluation des VM
3-Ziele-Ansatz des Institute for Health Improvement
Improving the patient experience of care (including quality and satisfaction);
Improving the health of populations; and
Reducing the per capita cost of health care.
Versorgungsmanagement = VSM + VPM + GM
Versorgungsmanagement =
Versorgungsstrukturmanagement (VSM)
+ Versorgungsprozessmanagement (VPM)
+ Gesundheitsmanagement (GM)
Versorgungsstrukturmanagement
Unter Versorgungsstrukturmanagement versteht man die
Planung
Gestaltung und
Steuerung der
generischen
populationsspezifischen
Krankheitsspezifischen Versorgungsstrukturen
Versorgungsstrukturmanagement
1. Makroebene:
Kooperation zwischen Versorgungsorganisationen (z.B. Versorgungskette)
2. Mesoebene:
Ebene der Versorgungsorganisation
3. Mikroebene:
Ebene der Interaktion
Versorgungsprozessmanagement
Unter Versorgungsprozessmanagement versteht man die
Planung
Gestaltung und
Steuerung der
generischen
krankheitsspezifischen und
fallabhängigen Versorgungsprozesse
Versorgungsmanagement-Controlling
Begleitung des Versorgungsmanagements durch…
institutionalisierten Lernkreislauf
Diagnose
Intervention
Evaluation
(z.B. PDCA-Zyklus)
Veränderungswerkstätten
Kennzahlen für Diagnose und Evaluation
Harte Kennzahlen (monetär)
Weiche Kennzahlen (nicht-monetär)
VM-Werkzeug „5-R-Prinzip der Versorgungsgestaltung“
Aus medizinischer, psychosozialer und pflegerischer Sicht soll
die richtige Versorgungsleistung
in der richtigen Art und Weise (Qualität)
am richtigen Ort
zur richtigen Zeit und
zum richtigen Preis
erbracht werden
4 Rationalitäten in der Versorgung
•Medizinisch-psychosoziale Rationalität
•Ökonomische Rationalität
•Einzelwirtschaftliche Rationalität
•Prozesswirtschaftliche Rationalität
Case Management vs. Disease Management
Case Management:
Integriertes Versorgungsmanagement von in der Regel medizinisch schwierigen und kostenaufwendigen Fällen.
Ziel ist die Optimierung der Versorgungsqualität, die Kontinuität der Behandlung und die Kontrolle der mit ihr verbundenen Kosten.
Disease Management:
Krankheitsbezogenes, fallunabhängiges integriertes Versorgungsmanagement über den gesamten Verlauf einer Erkrankung unter Einbezug von Prävention, Diagnostik, Therapie, Rehabilitation und Pflege.
Zentrales Problem des Management des Versorgungsprozesses:
Compliance des Patienten
Compliance-Definition in der Medizin
„Unter dem Begriff ‚Compliance’ versteht man den Grad, in dem das Verhalten einer Person in Bezug auf die Einnahme eines Medikamentes, das Befolgen einer Diät oder die Veränderung des Lebensstils mit dem ärztlichen oder gesundheitlichen Rat korrespondiert.“
(Haynes 1986a)
Ursachen für mangelnde Compliance (nach Buddeberg und Willi, 1998)
Patientenbezogene Faktoren (mangelnder Leidensdruck; Angst, Therapie „könnte schaden“; Intelligenzmangel; Vergesslichkeit; Bequemlichkeit)
Therapiebezogene Faktoren (Kompliziertes Therapieschema; Nebenwirkungen; Langzeittherapie)
Arzt-Patient-Beziehung (unzureichende Information; Unzufriedenheit; zu lange Konsultationsintervalle)
Gesundheitsinstitutionen (lange Wartezeiten; schlechte Organisation)
Thomas-Theorem
“... If men define situations as real, they are it in their consequences".
Laientheorie
Mit der subjektiven Krankheitstheorie, auch Laientheorie genannt, bringt jeder Patient sein Laienwissen über Diagnose, Therapie und Attributionen zum Auslöser der Erkrankung in den Kommunikationsprozess ein.
Leitmaxime des VM muss lauten
Nehme die subjektiven Ansichten (Laientheorie) der Versicherten und der Patienten ernst und berücksichtige sie in deiner Planung, Durchführung und Kontrolle des Versorgungsmanagements
Gesundheitsmanagement: Ein Definitionsversuch
Unter Gesundheitsmanagement versteht man
eine systematische, kennzahlengestützte und lernorientierte
Planung, Durchführung, Kontrolle und Steuerung
der Gesundheitsförderung und Prävention
von einzelnen Personen und Personengruppen
mit dem Ziel der Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Qualität
These der 2-Wege-Prävention
Prävention ist wirksam,
1.wenn sie verhindert, dass die „falschen Gewohnheiten“ sozial eingeübt werden
2.wenn es gelingt, „falsche Gewohnheiten“ wieder abzulegen
Versorgungsmanagement - ein Fazit
VM steuert neben den Versorgungsstrukturen und den Versorgungsprozessen auch das Gesundheits- und Inanspruchnahmeverhalten
Versorgungsforschung gibt Hinweise darauf, wie das VM gestaltet werden sollte