Versorgungswissenschaft Pfaff 16/17

Karteikarten für die Vorlesung Versorgungswissenschaft der Uni Köln. Dozent Holger Pfaff.

Karteikarten für die Vorlesung Versorgungswissenschaft der Uni Köln. Dozent Holger Pfaff.


Fichier Détails

Cartes-fiches 197
Langue Deutsch
Catégorie Affaires sociales
Niveau Université
Crée / Actualisé 21.01.2017 / 19.03.2024
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Was ist der Gegenstand der Versorgungswissenschaft?

Was umfasst der Begriff Krankheit?

akute und chronische Krankheiten

Was umfasst der Begriff Behinderung?

angeborene und durch Krankheit oder Trauma erworbene Defizite

Was umfasst der Begriff Pflegebedarf?

Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen

Wie lautet die Gesundheitsdefinition der WHO von 1948?

Health is a state of complete physical, mental and social wellbeing and not merely the absence of disease or infirmity

Definition von Wissenschaft nach Endruweit 1989

Wisseschaft ist der Bereich menschlicher Tätigkeit, in dem mit dem Ziel gearbeitet wird, Wissen zu produzieren (Forschung) und zu systematisieren (Theorie).

Was ist explizites Wissen?

ist bewusst und kann versprachlicht werden

Was ist implizites Wissen?

ist unbewusst und kann nur schwerlich versprachlicht werden

Was ist komparative Wissenschaft nach Endruweit?

Wissenschaft, die ähnliche Phänomene in einem oder mehreren Systemen
vergleichend untersucht.

Beispiele
•Krankenversorgungssysteme im internationalen Vergleich
•Barrierefreiheit in verschiedenen Kulturen
•Formen der Inklusionsschule in Norwegen, Niederlande und Deutschland

Welche Menschen haben Versorgungsbedarf?

Sorge kann man tragen für Menschen mit

Behandlungsbedarf

Pflegebedarf

Förderbedarf

Definition Versorgungswissenschaft

Versorgungswissenschaft ist eine Wissenschaftsdisziplin, in der deskriptives, analytisches und komparatives Wissen über die Versorgung von Kranken, Behinderten und Pflegebedürftigen empirisch geschaffen und theoriebasiert systematisiert wird

Was sind Untersuchungsgegenstände der Versorgungswissenschaft?

  • Individuen
  • Familien
  • Organisationen
  • Institutionen
  • Gemeinden
  • Populationen

Ziele und Aufgaben der Versorgungswissenschaft

1.
Analyse des Versorgungssystems
2.
Problemlösung im Versorgungssystem
3.
Verbesserung der Versorgungssituation

Teilgebiete der Versorgungswissenschaft

  1. Versorgungsforschung
  2. Versorgungstheorien
  3. Versorgungsreflexion

Was sagt das Badewannenmodell aus? (Autoren: James S.Coleman, Hartmut Esser)

  • Modell aus der Soziologie
  • Zusammenhang zwischen Mikro- und Makroebene
  • Beteiligte: Soziale Situation, Akteur, Handlung, kollektives Phänomen (siehe U3, Folie 7)

Bedarf und Nachfrage nach Borgetto 2004

Man kann zwischen
Bedarf (need) und Nachfrage (demand) sowie
der Inanspruchnahme bzw. Nutzung (utilization) von Leistungsangeboten (supply) unterscheiden

Subjektiver Bedarf

Der subjektive und ausdrückliche Wunsch nach Versorgung (Nachfrage) wird auch als subjektiver Bedarf (oder Bedürfnis) bezeichnet

objektiver Bedarf

Professionell (fachlich) oder wissenschaftlich begründbare Bedarf. Er setzt die objektivierende Feststellung einer Krankheit oder Funktionseinschränkung (Behinderung) voraus.

Latenter Bedarf

Objektiver Bedarf ohne subjektives Bedürfnis und ohne Inanspruchnahme von Versorgungsleistung wird auch als „latenter“ Bedarf bezeichnet.

Nachfrage

Nachfrage ist der subjektive Wunsch von Versicherten oder allgemein von Verbrauchern nach einer Leistung.

latente Nachfrage

Besteht kein Leistungsangebot, wird eine Leistung verweigert, bestehen Zugangsbarrieren in Form von Geld, Zeit oder Entfernungen oder verhindern andere Gründe (z.B. Angst) eine Nutzung, spricht man von einer „latenten“ Nachfrage

Rationierung

Als Rationierung bezeichnet man die Verweigerung oder Nichtbereitstellung von Behandlungsleistungen trotz
a)Nachfrage bei zugleich feststellbarem objektivem oder
b)Latentem Bedarf

Prof. Hoppe zum Thema Rationierung

Priorisierung kann dazu beitragen, die knappen Mittel nach gesellschaftlich konsentierten Kriterien möglichst gerecht zu verteilen“

Rationierung: Ergebnisse der Befragung von Ärtzen nach Strech et.al.2009

„Wie häufig haben Sie in den letzten 6 Monaten eine für den Patienten nützliche Maßnahme aus Kostengründen nicht durchgeführt bzw. durch eine preiswertere und zugleich weniger effektivere Leistung ersetzt?“ (häufig/selten/nie)
Ergebnis:
13 % der Befragten gaben häufig an
64 % der Befragten gaben selten an
23 % der Befragten gaben nie an

QUALYs: Quality Adjusted Life Years

Ein QUALY beschreibt ein um die Lebensqualität korrigiertes Lebensjahr, also ein Lebensjahr in vollkommener Gesundheit.

Annahmen des Qualy Modells


Intervalleigenschaft:
Eine Verbesserung der Lebensqualität von 0,2 auf 0,4 ist genauso viel wert, wie eine Verbesserung von 0,6 auf 0,8.

Risikoneutralität bezüglich Lebenszeit:
Ein Lebensjahr hat unabhängig vom Alter den selben Wert.

Die Annahmen sind in der Realität nicht immer zutreffend.

Moral Hazard Problem (Arrow)

Da die Versicherten eingezahlt haben, besteht die moralische Versuchung (moral hazard), im Schadensfall Gesundheitsleistungen in Quantität und Qualität übermäßig in Anspruch zu nehmen.

Gegenmaßnahmen: Selbstbeteiligung

Überversorgung

Untersuchungen und Behandlungen, die:

aus medizinischen Gründen nicht notwendig sind

deren Nutzen nicht hinreichend gesichert ist, die in unwirtschaftlicher (ineffizienter) Form erbracht werden 

deren Nutzen die Kosten nicht rechtfertigt.

Unterversorgung

ist die teilweise oder gänzliche Verweigerung von Versorgungsleistungen, deren Nutzen hinreichend gesichert ist und deren Einsatz wirtschaftlich vertretbar ist, trotz anerkanntem Bedarf

Fehlversorgung

ist jede Versorgung, durch die ein vermeidbarer Schaden entsteht

HEP Studie der Uni Köln (Schneider et al.)

  • belegt mangelnde Leitlinienkentnisse von Ärzten
  • daher Unterversorgung

Ursachen für Versorgungsmängel

  • Fehlanreize für Leistungserbringer und Konsumenten
  • Mangelnde Transparenz des Leistungsgeschehens
  • Fehlende Rückmeldung von Leistungsdaten an die Leistungserbringer
  • Wettbewerbswirkungen unter Kostenträgern
  • Finanzierungsrahmen, der nicht primär dem medizinischen Bedarf entspricht
  • Unzureichende Anpassung der Leistungsangebote an die Möglichkeiten und Bedürfnisse spezifischer Bevölkerungsgruppen

Say'sches Theorom

jedes Angebot schafft sich selbst seine Nachfrage

Inanspruchnahmeverhalten-Modell von Andersen 1995

  1. Predisposing characteristics (Demographie, Sozialstruktur, Health Benefits) wirken sich indirekt auf die Inanspruchnahme aus
  2. Enabling resources (Personenbezogen, Gemeindebezogen) notwendige Voetzungen für Inanspruchnahme
  3. Einflussgröße need (subjektiv von Betroffenem, objektiv von Experte)

Analyse der deutschen Inanspruchnahme-Daten mit Hilfe des Andersen-Modells

  • Need-Faktoren (Anzahl der Krankheiten, gesundheitsbezogene Lebensqualität) haben den größten Einfluss auf die Inanspruchnahme
  • Predisposing Characteristics zeigen ebenfalls einen Einfluss, z.B. gehen Frauen häufiger zum Arzt als Männer
  • Enabling Resources: Arztdichte und Art der Versicherung (PKV,GKV) haben keinen Einfluss; die Tatsache einen Hausarzt zu haben beeinflusst das Inanspruchnahme-Verhalten jedoch

Evidence-based Medicine & Leitlinien

Die moderne Medizin ist mehr evidenzbasiert als erfahrungsbasiert. Dies führt zu einer stärkeren Standardisierung der Medizin durch Leitlinien

Integrierte Versorgung und Versorgungsmanagement

Es besteht die Tendenz, die Krankenversorgung zu managen und zu steuern.

Bedarf, Nachfrage und Inanspruchnahmeverhalten

Bedarf und Nachfrage bestimmen das Ausmaß an Über- und Unterversorgung. Das Inanspruchnahmeverhalten ist multifaktoriell bedingt.

Welche Vorteile bietet die Integrierte Versorgung für die Patientinnen und Patienten?

  • Die Patientinnen und Patienten sind in eine organisierte Behandlungskette eingebunden, die ihnen die eigene, oft mühsame Suche nach den richtigen Spezialisten abnimmt.
  • Teure Doppel- und Mehrfachuntersuchungen sowie unnötige Belastungen für die Patienten werden vermieden.
  • Die Liegezeiten in den Krankenhäusern werden verkürzt.
  • Die Übergänge von ambulanter, stationärer und rehabilitativer Versorgung sind besser koordiniert. Lange Wartezeiten entfallen.
  • Die Behandlung erfolgt nach definierten Behandlungspfaden und auf dem neuesten Stand des medizinischen Wissens.
  • Durch standardisierte Nachuntersuchungen nach Abschluss der stationären und rehabilitativen Behandlung werden Folgeerkrankungen vermieden oder eingeschränkt.
  • Viele Krankenkassen bieten ihren Versicherten für die Teilnahme an der Integrierten Versorgung spezielle Boni.

Krankheit und Bedürftigkeit als Problem (Pfaff)

Beispiele:

Angst vor Ablehnung nach Brust-OP

Angst vorm Schlafenngehen bei Herzbeschwerden

Nicht gut versorgt/behandelt fühlen in Krankenhaus oder Reha