Versorgungswissenschaft Pfaff 16/17

Karteikarten für die Vorlesung Versorgungswissenschaft der Uni Köln. Dozent Holger Pfaff.

Karteikarten für die Vorlesung Versorgungswissenschaft der Uni Köln. Dozent Holger Pfaff.


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Flashcards 197
Language Deutsch
Category Social
Level University
Created / Updated 21.01.2017 / 19.03.2024
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Quadranten Modell der Gesundheit

Im Quadranten-Modell kann statt Wohlbefinden auch Lebensqualität als zweite Dimension genommen werden

Zieldimensionen der Versorgung

1.Zieldimension I: Körperfunktion (Gesundheit/Heilung)


2.Zieldimension II: Aktivität (z.B. körperliche & psychische Lebensqualität)


3.Zieldimension III: Partizipation (z.B. Integration/Inklusion)

Struktur – Outcome – Studien

Variablen:
Profit- vs. Non-profit-Struktur
Anzahl der Operationen
Zentren vs. Nicht-Zentren

Makroebene der Versorgung

gesellschaftliches Gesundheitssystem / Gesundheitssystemgestaltung

Meso- und Mikroebene der Versorgung

Versorgungsgestaltung / Organisationsnetzwerke, Versorgungsorganisationen

Versorgungsentwicklung / Dienstleistung, Patient, Versorger, Laien, Qualität, Interorganisation, Gesundheitspolitik

Gesundheitssystemgestaltung


Festlegung der Grundstruktur des Gesundheitswesens

Festlegung der Gestaltungsprinzipien im Gesundheitswesen

Solidarprinzip in der GKV

  • Einkommensabhängige Beiträge
  • Kosten von individuellen Erkrankungen werden gemeinsam getragen
  • Gesunde zahlen für Kranke, Reiche für Arme, Arbeitende für Nicht-Arbeitende, Jüngere für Ältere, Singles für Familien

Individualprinzip der PKV

  • Gegenprinzip zum Solidarprinzip
  • Jeder Versicherte kommt für die von ihm verursachten Kosten selbst auf

Vier Modelle der Grundstruktur des Gesundheitssystems

1)Beveridge-Modell
2)Bismarck-Modell
3)Semashko-Modell
4)Markt-Modell

Das Beveridge-Modell


Staatliche Form der Gesundheitsversorgung, z. B. England
•Urheber: William Henry Beveridge
•Umfassendes System sozialer Sicherheit
•Universellen Zugang zum Gesundheitssystem für die gesamte Bevölkerung
•Finanzierung durch Steuereinnahmen
•Verwaltung durch den Staat

Das Bismarck-Modell


Sozialversicherungs-Modell der Gesundheitsversorgung,
z. B. Deutschland
•Urheber: Otto von Bismarck, Einführung der gesetzlichen Krankenkasse 1883
•Von der Erwerbstätigkeit abhängige Versicherungsform
•Finanzierung: einkommensabhängige Beiträge der Versicherten
•Verwaltung durch öffentliche und private Anbieter

Das Semashko-Modell

•Praktizierung in der früheren UdSSR
•Vollständige staatliche Lenkung der Verwaltung, Finanzierung und Bereitstellung von Gesundheitsleistungen

Markt-Modell

•USA
•Keine staatliche Beteiligung in der Verwaltung, Finanzierung und Bereitstellung von Gesundheitsleistungen in der Reinform
•Private Versicherungs- und Leistungsanbieter auf dem Markt

Gestaltungsprinzipien im Gesundheitswesen

Das deutsche Gesundheitssystem ist über die Grundentscheidung für das Sozialversicherungsmodell (Bismarck-Modell) hinaus das Ergebnis der Anwendung verschiedenster Gestaltungsprinzipien (Simon 2013, Rosenbrock & Gerlinger 2014)

Das Prinzip der Subsidiarität

•Selbstbestimmung und Selbstverantwortung im Zentrum der Gesundheits- und Sozialpolitik


Erhaltung und Förderung der Gesundheit in Eigenverantwortung durch die Versicherten selbst
Prinzip zur Selbsthilfe des Versicherten, bevor die Solidargemeinschaft der GKV eingreift

Zentralitätsprinzip

•Gegenprinzip zum Subsidiaritätsprinzip
•Zuständigkeit der obersten Steuerungsebene für alle Belange
•keine Delegation der Verantwortung auf die unteren Ebenen

Das Sachleistungsprinzip

•Direkte Erstattung der erbrachten Leistungen von der GKV an die Leistungserbringer
•Ohne Vorkasse des Patienten selbst

Kostenerstattungsprinzip

•Gegenprinzip zum Sachleistungsprinzip
•PKV
•Vorkasse des Versicherten selbst für erhaltene Leistungen, nachträgliche Rückerstattung von der Versicherung

Das Bedarfsdeckungsprinzip

Versicherte in der GKV haben einen gesetzlichen Anspruch auf alle notwendigen Gesundheitsleistungen, die ihre Gesundheit erhält, wiederherstellt oder verbessert

Gegenprinzipien:
Verursachungsprinzip
Anspruchsprinzip
Übertragbarkeitsprinzip

Das Prinzip der Beitragsfinanzierung

•Regelung der Finanzierung von Gesundheitsleistungen.
•Zahlung der einkommensabhängigen Versicherungsbeiträge durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber
•Gegenprinzip: Steuerfinanzierung der Gesundheitsausgaben

Das Selbstverwaltungsprinzip

•Übertragung von sozialen Aufgaben der GKV an weiterführende Organe durch den Staat, in Anlehnung an das Subsidiaritätsprinzip
•Sog. Körperschaften des öffentlichen Rechts (mittelbare Staatsverwaltung) mit hoher Fachkompetenz und eigener Rechtsfähigkeit, aber unterliegen der staatlichen Rechtsaufsicht, z. B.

Gesetzliche Krankenversicherungen (Vertreter der Versicherten)

Kassenärztlichen bzw. Kassenzahnärztlichen Vereinigungen (Vertreter der Leistungserbringer)

Gegenprinzip: Fremdverwaltungsprinzip zentrale Steuerung und Verwaltung durch den Staat bzw. direkte Weisungen an die Träger der Sozialversicherung/Leistungserbringer.

Deutsches Gesundheitssystem:


Zwei Formen der Systemgestaltung (PKV und GKV)

Nebeneinander von gegensätzlichen Prinzipien

Versorgungsgestaltung- Definition:

Expertenbasiertes, nicht partizipatives Design der Strukturen und Prozesse der Kranken- und Gesundheitsversorgung

Gestaltung auf Ebene

des Netzwerks von versorgungsbezogenen Organisationen (z.B. Ärztenetze, Klinikverbünde, Spitzenverband Bund der Krankenkassen; KBV, BÄK, DKG)

der Organisationen (z.B. Arztpraxis, Klinik, Krankenkasse)

der Interaktionssysteme (z.B. Arzt-Patient-Interaktionen)

Gestaltung der Interaktion von versorgungsbezogenen Organisationen

Zur Verfügung stehende Mittel zur Erreichung dieses Ziels:
Koordination durch
•den Markt
•durch Hierarchien
•durch sog. Clan-Prinzipien
•durch Netzwerke

Gestaltung von versorgungsbezogenen Organisationen

Im Mittelpunkt der Gestaltung von Versorgungsorganisationen steht die Optimierung der Qualität und Effizienz von Versorgungsorganisationen

Gestaltung von Interaktionssystemen

am wenigsten reguliert, weil Interaktionen im Prinzip nur schwer zu gestalten sind

Versuche der Gestaltung im Bereich der Arzt-Patient-Interaktion:  Methoden der partizipativen Entscheidungsfindung (Shared Decision Making) (Scheibler et al. 2003).


Training von Leistungserbringern und Patienten , Strukturierung der Entscheidungsprozesse und Nutzung von Entscheidungshilfen (Härter et al. 2011).

Versorgungsentwicklung

  • geplante Veränderung des Versorgungssystems und der damit verbundenen Versorgungsprozesse und -strukturen
  • zum Zwecke der medizinischen, sozialen und ökonomischen Verbesserung des bestehenden Versorgungsystems
  • partizipatorisch ausgerichtet
  • Bottom-up Ansatz: Beteiligte werden mit einbezogen

zentrale Versorgungs- und Entwicklungselemente:

Dienstleistung, Patient, Laien, Qualität, Versorgungsorganisationen, Kostenträgerorganisationen (z.B. Krankenkassen), Netzwerk von Versorgungsorganisationen, Personal der Versorgungsorganisationen und Gesundheitspolitik

Dienstleistungsentwicklung

Die Dienstleistungsentwicklung der Versorgung wird häufig als Versorgungsgestaltung beschrieben und gilt als soziale Innovation bzw. Versorgungsinnovation.

Patientenentwicklung

  • Schulung von Wissen
  • Einbeziehung des Patienten in die Verbesserung des Versorgungssystems und der Versorgungsprozesse (Noest)
  • Patientenempowerment (Faller 2011)
  • die Entwicklung der Gesundheitskompetenz (health literacy) (Dierks et al. 2012)
  • Betroffene die Funktion des Ko-Managers im Therapieverlauf einnehmen kann (Pfaff & Schulte 2012)

Laienentwicklung: Entwicklung des Laienpotentials

die möglichen Wissensvorräte, Fähigkeiten und Beiträge der Laien zur Versorgung und Verbesserung der Versorgung vergrößern (Ferber & Badura)

Personalentwicklung

„Maßnahmen zur Vermittlung von Qualifikationen, welche die aktuellen und zukünftigen Leistungen von Führungskräften und Mitarbeitern steigern (Bildung), sowie Maßnahmen, welche die berufliche Entwicklung von Führungskräften und Mitarbeitern unterstützen (Förderung)“ (Stock-Homburg 2013: 205)

Qualitätsentwicklung

geplante Verbesserung der Qualitätsergebnisse einer Versorgungsorganisationen und/oder eines Versorgungsprozesses

a)
die Ebene der Organisation und
b)
die Ebene der Fachabteilungen (bewirkt mehr)

Organisationsentwicklung

systematische Weiterentwicklung der Versorgungsorganisationen im Sinne der Verbesserung der Strukturen und Prozesse in der Organisation unter Einbeziehung der betroffenen Manager und Mitarbeiter

Interorganisationsentwicklung

  • patientenbezogenen Versorgungsprozesse sind meist institutionenübergreifend
  • die Entwicklung der Beziehungen zwischen den Versorgungsorganisationen
  • Unterscheidung zw. Kernorganisationen und unterstützenden Organisationen

Politikentwicklung

  • kontinuierliche Verbesserung der Art und Weise, wie Politik geplant, gemacht und gesteuert wird
  • evidenzbasierter Gesundheitspolitik
  • evidenzbasierte Gesundheitspolitik durch eine lernbasierte Komponente zu ergänzen (Daten aus Evaluationen)

Versorgungsentwicklung als Gesamtkunstwerk

Versorgungsentwicklung ist ein mehrdimensionaler und systemischer Prozess.
Das hier vorgestellte Konzept der Versorgungsentwicklung macht deutlich, dass die herkömmlichen Maßnahmen der Versorgungsgestaltung zu kurz greifen.
Sie setzen hauptsächlich nur an einer Dimension an: der Dienstleistung und der Dienstleistungsentwicklung. Die anderen Dimensionen werden im Rahmen des technokratischen Verständnisses von Gestaltung vernachlässigt oder gar missachtet.
Die Herausforderung in der Versorgungsentwicklung besteht darin,
a)auf allen aufgezeigten Ebenen gleichzeitig zu arbeiten und
b)die verschiedenen Entwicklungsaufgaben aufeinander abzustimmen und selbstbestimmt zu steuern.