Psychopathologie

Persönlichkeitsstörungen

Persönlichkeitsstörungen

Elena Pauli

Elena Pauli

Kartei Details

Karten 12
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 17.12.2016 / 16.02.2020
Weblink
https://card2brain.ch/box/20161217_psychopathologie
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20161217_psychopathologie/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

1. Definition "psychische Störung"

gemäss DSM-5

  • Syndrom, klininsch signifikante Beeinträchtigung/Auffälligkeit:
    • Kognitionen
    • EMOREG
    • Verhalten
  • Dysfunktion in psychologischen, biologischen oder entwicklungsbezogenen Prozessen
  • Leidensdruck/Beeinträchtigung
  • Keine psychischen Störungen sind:
    • Eine zu erwartende Reaktion auf ein kritisches Lebensereignis/Stressor
    • Deviantes Sozialverhalten (z.B. politisch, religiös) und andere Konflikte zwischen Individuum und Gesellschaft

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Cluster A

  • 301.0, F60.0: Paranoide Persönlichkeitsstörung: Muster von Misstrauen und Argwohn, Motive anderer werden als böswillig ausgelegt
    • F60.0: Paranoide Persönlichkeitsstörung: übertriebene Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung, Nachtragen von Kränkung, Misstrauen, feindliche Missdeutunge
  • 301.20, F60.1: Schizoide Persönlichkeitsstörung: Muster von Distanziertheit in sozialen Beziehungen, eingeschränkte emotionale Ausdrucksmöglichkeiten --> „Andere Menschen stören mich im Leben.“
    • F60.1: Schizoide Persönlichkeitsstörung: Rückzug von affektiven, sozialen Kontakten, Vorliebe für Phantasie, einzelgängerisches Verhalten, begrenzter Emotionsausdruck
  • 301.22, F21: Schizotype Persönlichkeitsstörung: Muster von starkem Unbehagen in nahen Beziehungen, Verzerrungen des Denkens und der Wahrnehmung, Eigentümlichkeit des Verhaltens

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Cluster B

  • 301.7, F60.2: Antisoziale Persönlichkeitsstörung: Muster von Missachtung und Verletzung der Rechte anderer
    • F60.2: Dissoziale Persönlichkeitsstörung:Missachtung sozialer Verpflichtungen und Normen, niedrige Schwelle für aggressives Verhalten, wenig Empathie
  • 301.83, F60.3: Borderline-Persönlichkeitsstörung: Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild, in den Affekten, deutliche Impulsivität
    • F60.3-: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung: Tendenz, Impulse ohne Berücksichtigung der Konsequenzen auszuagieren, unvorhersehbare, rasch wechselnde Stimmung, zwischenmenschliche Konflikte
    • F60.30: Impulsiver Typ: vorwiegend gekennzeichnet durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle
    • F60.31: Borderline Typ: zusätzlich gekennzeichnet durch Störungen des Selbstbildes, chronisches Gefühl von Leere,
    • unbeständige Beziehungen, Neigung zu selbstdestruktivem Verhalten
  • 301.50, F60.4: Histrionische Persönlichkeitsstörung: Muster von übermässiger Emotionalität, Heischen nach Aufmerksamkeit --> z.B. durch das Äussern von Schmerzen, Jammern.
    • F60.4: Histrionische Persönlichkeitsstörung: Oberflächliche und labile Affektivität, Dramatisierung, Theatralik, Genusssucht, Mangel an Rücksichtnahme, Verlangen nach Aufmerksamkeit
  • 301.81, F60.81: Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Muster von Grossartigkeitsgefühlen, Bedürfnis nach Bewundertwerden, mangelnde Empathie à zweigeteiltes Selbst --> Grossartigkeit vs. Selbstzweifel

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Cluster C

  • 301.82, F60.6: Vermeidend-Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung: Muster von sozialer Hemmung, Unzulänglichkeitsgefühlen, Überempfindlichkeit gegenüber neg. Bewertung
    • F60.6: Ängstlich (vermeidende) Persönlichkeitsstörung: Hohe Anspannung und Besorgtheit, Unsicherheit und Minderwertigkeitsgefühle, Sehnsucht nach Zuneigung und Akzeptiertwerden, Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisung
  • 301.6, F60.7: Dependente Persönlichkeitsstörung: Muster von unterwürfigem, anklammerndem Verhalten, übermässiges Bedürfnis nach Umsorgtwerden -->  können dadurch ihre Mitmenschen sehr stark manipulieren.
    • F60.7: Abhängige (asthenische) Persönlichkeitsstörung: Bei Entscheidungen passiv auf andere Menschen verlassen, grosse Trennungsangst, Gefühl von Hilflosigkeit, starke Unterordnung, Verantwortung anderer zuschieben
  • 301.4, F60.5: Zwanghafte Persönlichkeitsstörung: Muster von ständiger Beschäftigung mit Ordnung, Perfektion und Kontrolle
    • F60.5: Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung: Perfektionismus, übertriebener Gewissenhaftigkeit, ständigen Kontrollen, Engstirnigkeit, Rigidität
  • 310.1, F07.0 Persönlichkeitsänderung aufgrund eines anderen medizinischen Krankheitsfaktors
  • Andere Näher und Nicht Näher Bezeichnete Persönlichkeitsstörungen
    • 301.89, F60.89: Andere Näher Bezeichnete Persönlichkeitsstörung
      • F60.8: Sonstige Spezifische Persönlichkeitsstörungen:z.B.narzisstische Persönlichkeitsstörung
    • 301.9, F60.9: Nicht Näher Bezeichnete Persönlichkeitsstörung --> Persönlichkeitsmuster erfüllt allgemeine Krit. Der Persönlichkeitsstörung, Krit. einer spezifischen PS sind nicht erfüllt.
      • F60.9: Persönlichkeitsstörungen nicht näher bezeichnet

 

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

DSM-5: Allgemeine Persönlichkeitsstörung: Diagnostische Kriterien

A. überdauerndes Muster, den Erwartungne soziokultureller Umgebung abweicht, 2 der folgenden Bereichen:

1. Kognition
2. Affektivität
3. zwischenmenschlicher Beziehungen
4. Impulskontrolle
5. Muster = unflexibel und tiefgreifend

B. Leiden oder Beeinträchtigung

C. Muster = stabil und lang andauernd, Beginn in Adoleszenz/frühes Erwachsenenalter

D. nicht besser erklärt durch andere psychische Störung

E. nicht Folge Substanz, medizinischem Krankheitsfaktor

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Persönlichkeitsstörungen im ICD-10, F6

  • tief verwurzelt, anhaltende, starre Reaktionen
  • Lebensstil, Verhältnisse zur eigenen Person und zu anderen Menschen
  • Abweichungen
  • Leiden und gestörte soziale Funktionsfähigkeit
  • F60.-: spezifische Persönlichkeitsstörungen: nicht sekundäre Folge
  • F61: kombinierte und anderen Persönlichkeitsstörungen
    • erfüllen nicht spez. Symptombilder
    • Kombination Symptombilder
    • Z73: Akzentuierte Persönlichkeitszüge
  • F62.-: Persönlichkeitsänderungen: erworben als Folge langer Extrembelastung, psychische Krankheit
    • Veränderung Wahrnehmung, Verhalten, Denken
    • unflexibles unangepasstes Verhalten

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Epidemiologie

  • Lenzenweger, 2008: 10.6% (Median)
  • Torgersen et al., 2001: 13.4% (Prävalenz)
  • Tyrer et al. 2015: 4-15% (Punktprävalenz Nordamerika, Westeuropa)
  • DSM-5: 1 und 5%
    • geringe Prävalenzen: Schizotype, histrionische, dependente PS
    • häufig: Zwanghafte PS (2.1-7.9%)

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Differentialdiagnostik

  • Paranoide PS vs. Wahnhafte Störung vom Typ Verfolgungswahn: Bei der PS keine anhaltenden psychotischen Symptome (z.B. Wahnphänomene)
  • Schizoide PS vs. Autismus-Spektrum-Störung: Bei der PS weniger starke Beeinträchtigung der sozialen Interaktion, weniger stereotype Verhaltensweisen und isolierte InteressenSchizotype PS vs. andere psychische Störungen mit psychotischen Symptomen:  Wenn persistierende psychotische Störung (z.B. Schizophrenie) der schizotypen PS vorausging, dann schizotype PS ebenfalls diagnostizieren (prämorbid)
  • Antisoziale PS vs. Störung des Sozialverhaltens:  Antisoziale PS wird bei Personen < 18 Jahren nicht gestellt; nur gestellt, wenn Anzeichen einer Störung des Sozialverhaltens bereits vor 15. Lebensjahr erkennbar; bei Personen > 18 Jahren wird Diagnose einer Störung des Sozialverhaltens nur dann gestellt, wenn Kriterien für eine antisoziale PS nicht erfüllt
  • Borderline-PS vs. depressive und bipolare Störungen: Kommen oft gemeinsam vor, können beide diagnostiziert werden, Diagnose einer Borderline-PS meiden, wenn nur auf Querschnittsbild beruht
  • Histrionische PS vs. Substanzkonsumstörung: Störung muss unterscheidbar sein von Symptomen in Assoziation mit Substanzkonsum
  • Narzisstische PS vs. Manie oder Hypomanie: Grossartigkeit kann als Teil von manischen oder hypomanen Episoden auftreten; differenzierbar über Verbindung mit Stimmungswechseln
  • Vermeidend-Selbstunsichere PS vs. Angststörungen: Grosse Überschneidungen zur Sozialen Angststörung (alternative Konzeptionalisierungen); Vermeidung kennzeichnet des Weiteren auch die Agoraphobie (treten oft gemeinsam auf)
  • Dependente PS vs. Andere Persönlichkeitsstörungen: Grundsätzlich können verschiedene PS gleichzeitig diagnostiziert werden; gemeinsame Merkmale sind z.B. abhängige Züge, Angst verlassen zu werden (Borderline-PS)
  • Zwanghafte PS vs. Zwangsstörung: Störungen lassen sich üblicherweise leicht differenzieren; bei der Zwangsstörung Vorliegen echter Zwangsgedanken/Zwangshandlungen; es können beide Diagnosen gestellt werden

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

DSM-5: Alternativer dimensionaler Ansatz zur Konzeptionalisierung von Persönlichkeitsstörungen

Schwächen in gegenwärtiger Herangehensweise --> Charakterisierung über:

  • Beeinträchtigungen im Funktionsniveau
  • Problematische Persönlichkeitsmerkmale

folgende PS:

  • Antisozial
  • Vermeidend-Selbstunsicher
  • Borderline-
  • Narzisstisch
  • Zwanghaft
  • Schizotyp
  • Zudem: PS-MS = PS Merkmalsspezifiziert

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

DSM-5: Alternativer dimensionaler Ansatz - Allgemeine Kriterien für eine PS

A. Beeinträchtigung im Funktionsniveau (Schweregrad = Kontinuum 0-4)

  • Selbstfunktion: Identität (Selbstwahrnehmung, Emotionsregulation) und Selbststeuerung (Verfolgung von Zielen und Orientierung an Werten)
  • Interpersonelle Funktion: Empathie (Verstehen der Wirkung von sich selbst auf andere und deren Motiven und Werten) und Nähe (positive enge Beziehungen und Respekt im interpersonellen Verhalten)

B. problematische Persönlichkeitsmerkmale

  • negative Affektivität
  • Verschlossenheit
  • Antagonismus
  • Ethemmtheit
  • Psychotizismus

C. A und B = unflexibel und durchgängig

D. " stabil über die Zeit

E. " nicht besser erklärt durch andere psychische Störung

F. " nicht Folge einer Substanz, medizinischem Krankheitsfaktor

G. " nicht besser erklärt durch individuelle Entwicklungsphase oder soziokultureller Umgebung

2. Kapitel 18 DSM-5: Persönlichkeitsstörungen

Psychotherapie bei Persönlichkeitsstörungen

  • 3 Ebenen in der Therapie unterscheidbar:
    • Inhaltsebene
    • Bearbeitungsebene
    • Beziehungsebene
  • Beziehungsebene wird zur Hauptebene der Therapie
  • Beziehungsebene Leitfragen:
    • Was müsste ich als Therapeut/in tun, damit der Patient/die Patientin sich zutiefst verstanden fühlt?
    • Was müsste ich als Therapeut/in tun, um den Patienten/die Patientin zutiefst zu verletzen?

3. Anhang

DSM-5 301.83 (F60.3): Borderline-Persönlichkeitsstörung

A. Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten, Impulsivität, frühes Erwachsenenalter, in vers. Situationen, 5 der folgenden Kriterien:

1. tatsächliches/befürchtetes Verlassenwerden zu vermeiden
2. instabile und intensive zwischenmenschliche Beziehungen (Extremen der Idealisierung und Entwertung)
3. Identitätsstörung
4. Impulivität, ind mind. 2 selbstschädigenden Bereichen
5. wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder -drohungen, Selbstverletzungsverhalten
6. ausgeprägte Reaktivität der Stimmung
7. Gefühl von Leere
8. unangemessen heftige Wut, schwer diese zu kontrollieren
9. vorübergehende paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome