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Psychotherapieforschung

Vorlesungsfragen und Antworten

Vorlesungsfragen und Antworten


Kartei Details

Karten 193
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 31.05.2016 / 09.06.2021
Lizenzierung Keine Angabe
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Was ist das „Scientist-Practitioner“-Modell?

1949 Conference on Graduate Education in Clinical Psychology in Boulder, Colorado (als Folge des 2. Weltkrieges; viele Veteranen mit psychischen Problemen; damals war klinische Psychologie eine “kleine” akademische Disziplin mit wenig Praxisbezug).

”Scientist practitionermodel” oder “Bouldermodel” of graduate level training in clinical psychology.

Essenz: Das Doktorat in clinical psychology sollte auf der Vermittlung sowohl wissenschaftlicher Methoden als auch von klinischer Praxis mit psychotherapeutischen Interventionen beruhen. 

seither wird (auch in D/CH) von Klinischen Psychologen erwartet, dass sie Forschung in ihrem Feld machen und evaluieren, ebenso wie Psychotherapie praktizieren können

Ziel: Wissenschaftliche Erkenntnisse sollten vor dem Hintergrund eines Verständnisses der Komplexität von Therapien und menschlichen Funktionierens erfolgen

Kritik an Scientist-Practitioner-Modell: Erforschung bspw. der Wirksamkeit erfolgt nicht mehr “unabhängig”, weil Psychotherapieforscher ein Interesse haben, dass Psychotherapie oder der eigene Ansatz wirkt 

Was versteht man unter empirisch validierten Therapien („empirically supported treatments“)? 

  • Therapieformen,deren Wirksamkeit gemäss bestimmten Kriterien empirisch gut abgesichert sind

  • Kriterien werden von einer Task Force erarbeitet (Bekannteste: APA Task Force on Promotion and Dissemination of Psychological Procedures of Division 12)

  • Ziel: Klinikern und Leistungserbringern Handlungsempfehlungen für eine möglichst optimale Versorgung von Patienten zu geben

  • Auch viel Kritik 

Was ist mit „efficacy“ und was mit „effectiveness“ gemeint? 

• Keine vergleichbaren deutschen Begriffe

Efficacy: die Wirksamkeit einer Behandlung in der „Kunstwelt“ kontrollierter Studien (unter idealen „Labor“-Bedingungen) hohe interne Validität, geringere externe Validität

Effectiveness: die Wirksamkeit einer Behandlung in der routinemässigen Anwendung (unter Alltagsbedingungen) hohe externe Validität, geringere interne Validität 

Warum ist die Untersuchung der „effectiveness“ einer Therapie wichtig?  

Erkenntnisse aus „efficacy studies“ lassen sich möglicherweise nicht auf  Routinepraxis generalisieren

In „efficacy studies“ werden Patienten möglicherweise anders rekrutiert, als in der Alltagspraxis (z.B. über Inserate und nicht aufgrund einer Überweisung) kann zu einem positiven Selektionsbias führen (die sich auf Inserate melden sind möglicherweise motivierter als überwiesene Pat.)

Patienten in „efficacy studies“ können sich von üblichen Patienten unterscheiden (z.B. stärker bezüglich einer bestimmten Diagnose selegiert/homogenisiert; weniger „typische“ Patienten mit komorbiden Störungen) 

Auch Therapeuten können sich unterscheiden (sind in „efficacy studies“ möglicherweise besser trainiert, als Therapeuten „draussen“ in der Praxis)

Efficacy und Effectiveness-Studien ergänzen sich! Nachdem die efficacy unter „Laborbedingungen“ nachgewiesen wurde, sollte auch die Machbarkeit und Übertragung der Ergebnisse auf Alltagspraxis untersucht werden 

In kontrolliert randomisierten Studien werden bestimmte Therapieformen mit Kontrollbedingungen verglichen. Welche Arten von Kontrollbedingungen existieren und was sind die jeweiligen Vor- und Nachteile? 

  • Warteliste-Kontrollgruppe 
  • Placebokontrollbedingung
  • Vergleich mit etablierter Therapieform 
  • Superiority und Non-inferiority trials 

Warteliste-Kontrollgruppe: Vor/Nachteile.

Vorteile: Zeiteffekte werden kontrolliert (Spontane Remission, « Reifung » der Klienten, Regression zur Mitte)

Nachteile: Unklar, ob Wirkung der Behandlungsbedingung auf spezifische Komponenten der Intervention zurückzuführen ist (oder z.B. auf die Aufmerksamkeit durch Therapeuten); aber auch ethische Bedenken (kann man Leidende warten lassen?)

Einsatz: Nützlich in einer frühen Phase der Entwicklung einer neuen Therapieform. 

Frage: Ist die neue Therapieform überhaupt wirksam? 

Placebokontrollbedingung: Vor und Nachteile

Vorteile: Nicht nur Zeiteffekte, sondern auch Erwartungs- und Aufmerksamkeitseffekte werden kontrolliert. Erlaubt Schlüsse auf die spezifische Wirkung einer Intervention

Nachteile: Schwierig zu realisieren (meist sog. supportive therapies); Probanden müssen auch darüber informiert werden, dass sie möglicherweise in einer Placebobedingung sind; Doppelblind nicht möglich: Therapeuten wissen, dass es sich um Placebobedingung handelt (Erwartungseffekte?); Ethische Bedenken (z.B. 20 Sitzungen Placebotherapie?)

Einsatz: Oft gefordert, aber eher selten gut realisiert 

Vergleich mit etablierter Therapieform 

Vorteile: Spezifische Wirkung einer Intervention kann gezeigt werden; weniger ethische Bedenken (alle erhalten eine erfolgsversprechende Intervention)

Nachteile: Sehr aufwändig (auch Kontrollintervention muss gut und seriös durchgeführt werden; für beide Bedingungen müssen geschulte Therapeuten verfügbar sein; grosse Stichproben erforderlich, da meist relativ kleine oder gar keine Effekte erwartet werden müssen).

Einsatz: In einer zweiten Phase - nach einem Wartelistekontrollgruppenvergleich - wichtig.