Modul 2d - 03173: Wie sozial ist Europa
Lesekursfragen
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Set of flashcards Details
Flashcards | 21 |
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Students | 15 |
Language | Deutsch |
Category | Educational Science |
Level | Primary School |
Created / Updated | 19.01.2015 / 15.08.2017 |
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Welches sind die Kennzeichen des sogenannten ‚Europäischen Sozialmodells’?
Das Europäische Sozialmodell (ESM) ist vor allem gekennzeichnet durch den untrennbaren Zusammenhang von wirtschaftlicher Leistung und sozialem Fortschritt (SB S. 63). Zudem umfasst es mehrere Dimensionen von Wohlfahrt, inklusive subjektiver Elemente: Sozialer Fortschritt, Demokratie, persönliche Freiheitsrechte, Tariffreiheit, Chancengleichheit, Solidarität und soziale Sicherheit, vor allem gegenüber der USA
1. Wohlfahrtsstaat: Die umfassende Absicherung von sozialen Risiken erfolgt durch wohlfahrtsstaatliche Institutionen, z.B. durch Sozialversicherungen und/oder steuerfinanzierte Einkommenstransfersysteme
2. Arbeitsbeziehungen: Die institutionalisierten Arbeitsbeziehungen sind durch einen umfangreichen Bestand an kodifiziertem (kodifizieren = in Gesetzform bringen) Arbeitsrecht, starken Interessenverbänden und geregelten Verhandlungsprozessen zur Beilegung sozialer Konflikte gekennzeichnet.
3. Kapitalismustyp: Das ESM ist durch eine spezifisch europäische Form des Kapitalismus (rheinischer, koordinierter oder institutionalisierter Kapitalismus genannt) charakterisiert, welcher sich von anderen (außereuropäischen) Kapitalismustypen unterscheidet.
Im Zuge der Entwicklung der EU-Sozialpolitik wird auch eine "europäische Dimension" als kennzeichnendes Merkmal des Europäischen Sozialmodells genannt. Seit 1992 zeichnete sich innerhalb der EU auch ein verstärktes Bekenntnis zum Sozialstaat ab. Die EU, die sich vorher hauptsächlich als Binnenmarktprojekt verstand, nahm den Begriff in ihr Selbstverständnis auf.
Das "Europäisches Sozialmodell" ist der Versuch, Gemeinsamkeiten der (kontinental‑)europäischen Wohlfahrtsstaaten zu erfassen und diese zugleich von den Wirtschafts- und Sozialsystemen anderer Staaten, insbesondere der USA, abzugrenzen.
Europa als moderne Industriegesellschaft und sich entfaltende Dienstleistungsgesellschaft
Durch welche Merkmale zeichnet sich die Moderne nach der Modernisierungstheorie von Zapf aus?
Nach der Modernisierungstheorie von Zapf ist die Moderne durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
- Konkurrenzdemokratie
- Soziale Marktwirtschaft
- Wohlstandsgesellschaft mit Wohlfahrtsstaat und Massenkonsum
Merkmale in den einzelnen Nationalstaaten sehr unterschiedlich ausgeprägt
Welche Merkmale nennt Immerfall als konstitutiv für die Industriegesellschaft?
Immerfall (1995) nennt als konstitutiv für die Industriegesellschaft folgende Merkmale:
- hoher Grad an Arbeitsteilung und Automatisierung
- räumliche Trennung von Familie und Betrieb
- Vordringen städtischer Lebensweise
- verstärkte Staatstätigkeit
- räumliche und soziale Mobilität
- Ausdehnung von Bürokratie und zweckrationalem Handeln
Anhand welcher Indikatoren lässt sich der Übergang von der Industrie- in die Dienstleistungsgesellschaft beschreiben? Welche Unterschiede bestehen in dieser Hinsicht zwischen den Ländern der EU?
Indikatoren für den Übergang:
- Der Dienstleistungsbereich weitet sich aus und dominiert.
- wachsende Bedeutung der Wissens-Arbeit vor dem Hintergrund neuer Technologien
- Forcierung neuer Wissenschaftszweige
- zunehmende internationale Ausweitung und Vernetzung ökonomischer Aktivität
Unterschiede zwischen den Ländern:
- Dienstleistungssektor charakterisiert die EU insgesamt sowie ihre Mitgliedsstaaten und ist zum Beschäftigungsmotor geworden
- die Bruttowertschöpfung durch den Dienstleistungssektor beträgt in keinem Land der EU-15 unter 60% mit Ausnahme von Irland und Finnland, im Westen gibt es kein Land mehr, dessen Beschäftigung in der Landwirtschaft höher als in einem anderen Sektor ist
- Entwicklung in Ost- und Mitteleuropa ist ähnlich: Abbau der landwirtschaftlichen Tätigkeit, Industriesektor ist dominant, Dienstleistungssektor weitet sich zunehmend aus.
Bei dem Indikator Beschäftigtenzahlen ist der Übergang von der Industrie- in die Dienstleistungsgesellschaft gut dadurch ersichtlicht, dass im Jahr 2001 die Beschäftigungsquote in der Industrie in den Ländern mit Spitzenquoten noch um die 30% betrug (Deutschland, Italien, Irland, Spanien, Portugal, Österreich). In einigen Ländern scheint sich die Beschäftigungsquote in der Industrie aber schon der 20%-Marke anzunähern.
Welche Elemente der Industriegesellschaft bleiben auch innerhalb der Dienstleistungsgesellschaft bestehen?
- Arbeitszentrierung (z.B. Beruf als Teil des Lebensstils): diese besteht seit der Moderne 18./19. Jahrhundert fort:
- Früher im großbetrieblichem Arbeitsregime (Arbeit galt als Pflicht und Mittel zum Geldverdienen)
- Heute ist Arbeit ein Mittel der Selbstverwirklichung.
- Modernisierung und Rationalisierung, z.B. Beherrschung der Natur.
- Auch in der Risikogesellschaft herrscht weiterhin jener Optimismus, der die Bewältigung der großen Menschheitsaufgaben als durch Wirtschaft, Technik, Wissen und Organisation bestimmt, betrachtet.
- Wirtschaftliche Arbeitsteilung umfasst heute den gesamten Globus
- Trennung von Familie/Arbeit, Beruf
- Trend zur Verstädterung
- räumliche und soziale Mobilität
- starke Staatstätigkeit (Bürokratie und zweckrationales Handeln)
Wie verläuft der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg in den unterschiedlichen Regionen Europas und anhand welcher Indikatoren kommt er zum Ausdruck?
- beispielloses Wirtschaftswachstum in Westeuropa nach 1950-1990
- lässt neue Grenzen entstehen: Wirtschaftskraftschere (gemessen am BSP) geht weiter auf, gerade Richtung Süden zu Mittelmeerstaaten à im Mittelmeer entsteht Wohlstandsgrenze
- Wirtschaftswachstum auch in Osteuropa zw. 1950 u. 1989
- bezogen auf BIP: Wohlstandsgefälle v. West nach Ost erkennbar, Osteuropa konnte wirtschaftliche Lage zwar nach Krieg im Vergleich zu Westeuropa verbessern doch Aufholprozess stoppte jedoch nach 1965 u. Differenz stieg wieder
- Indikatoren für wirtschaftl. Aufschwung: steigendes Bruttosozialprodukt u. Entstehung u. Entwicklung v. Massenkonsum; beinhaltet auch massenhafte Urlaubsreisen
Auf den 2. WK folgt ein Wirtschaftsboom in allen Ländern Westeuropas zw. 1948 und 1973, das sogenannte „golden age of capitalism“. Staaten, in welchen die Industrialisierung später eingesetzt hatte, holten bezogen auf das Pro-Kopf-Einkommen der Kernländer auf (Spanien, Portugal, Irland und Griechenland (Peripherie Westeuropas). Sie werden als Integrationsgewinner des EU-Vereinigungsprozesses angegeben. Ebenso holten die nordischen Länder auf. Das Wirtschaftswachstum der europäischen Volkswirtschaften betrug bis 1990 durchschnittlich jährlich 3,6%. Nach dem Boom verschärften sich die Disparitäten (= Nebeneinander von Ungleichem) zwischen den westeuropäischen Staaten wieder, im Mittelmeer entsteht eine Wohlstandsgrenze. Die Differenzen zwischen Türkei und Griechenland, Italien und Ägypten und Spanien und Marokko wachsen (s. Tab. S. 96).
Das osteuropäische BIP nahm bis 1965 zu (Tab. S. 99). Danach stieg die Differenz zu Westeuropa wieder. Damit existiert ein deutliches Wohlstandsgefälle von West nach Ost.
Indikatoren für wirtschaftlichen Aufschwung:
- wird am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf gemessen
- Entstehung und Entwicklung von industriellem Massenkonsum
- Ausstattung der Haushalte mit langlebigen Konsumgütern (TV-Gerät, Radio, Waschmaschine, Waschtrockner, Geschirrspüler, PC, Auto...)
- Urlaubsreisen durch die Masse
Wie hat sich die Verteilung des Einkommens in den letzten Jahrzehnten in den verschiedenen europäischen Ländern entwickelt?
Trotzdem der Lebensstandard in allen Ländern der EU gestiegen ist und man somit von einem „Fahrstuhleffekt“ sprechen kann, ist in den letzten 40 Jahren die Schere in der Einkommensverteilung weiter aufgegangen. Laut Tab. S. 107 ist die Ungleichverteilung der Einkommen zwischen 1985 und 1995 in Belgien, Finnland, Deutschland, Italien, den Niederlanden und Schweden deutlich angestiegen. So beträgt der Gini-Koeffizient für Italien ca. 34. Insgesamt ist die wachsende Ungleichverteilung moderat verglichen mit der polarisierten Einkommensverteilung in Osteuropa und den lateinamerikanischen Staaten. Verantwortlich dafür sind die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen in Westeuropa.
In Italien mit dem von den europäischen Vergleichsländern höchsten Gini-Koeffizient von (bei Faktorisierung mit 100) 34 bei einer Zunahme von 12,7% (1984-1993) ist eine rasante Polarisierung innerhalb weniger Jahre allerdings offenbar geschehen. Der Trend zu einer wachsenden Ungleichverteilung der Einkommen ist in vier weiteren Staaten, nämlich Finnland (9,1%), Deutschland (6,4%), den Niederlanden (8,2%) und Schweden (6,5%) im beobachteten Zeitraum doch deutlich zu erkennen.
Welche Ziele verfolgt der ESF (Europäischer Sozial Fond) in erster Linie; welche Intention wurde mit seiner Schaffung verbunden und auf welcher Ebene greift der ESF?
Der ESF wurde 1957 gegründet und soll die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union unterstützen. Er fördert Maßnahmen
- zur Vermeidung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit,
- zur sozialen Integration,
- der Gleichstellung,
- der nachhaltigen Entwicklung sowie
- des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts.
Dabei werden besonders drei Ziele verfolgt:
- Förderung von Regionen mit Entwicklungsrückstand
- Unterstützung von Gebieten mit Strukturproblemen bei wirtschaftlicher und sozialer Umstellung
- Unterstützung bei der Modernisierung von Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungssystem
Im Vordergrund steht die Anpassung der Arbeitskräfte an sozio-ökonomische Wandlungsprozesse und die Förderung deren örtlicher und beruflicher Mobilität.
Der ESF arbeitet nach dem Subsidaritätsprinzip und unterstützt regionale und nationale Projekte als Co-Finanzierungsinstrument der einzelnen Staaten.
Die zur Verfügung gestellten Mittel sollen 4% des BIP des jeweiligen Staates nicht überschreiten, besonders gefördert werden Regionen mit Entwicklungsrückstand (BIP < 75% des EU-Durchschnitts).
"Ebene auf der der ESF greift" ist überwiegend die wirtschaftliche Unterstützung für die Mitgliedsstaaten.
Wie haben sich die Sozialausgaben zwischen 1960 und 1980 entwickelt? Wie hoch liegen sie in Europa im Vergleich zu anderen Teilen der Welt und welche Unterschiede zeichnen sich zwischen den Ländern Europas ab?
In den Ländern Westeuropas gab es bis auf Jugoslawien eine Steigerung der Sozialausgaben (1960 und 1980 um 11,3%). Während 1960 Deutschland, Österreich, Italien und Frankreich die Spitzenreiter waren, holten 1980/81 neben Irland, Belgien, Niederlande und Dänemark auch die nordischen Länder deutlich auf. Osteuropa weist eher niedrige Zunahmen auf.
Vielleicht sollte noch ein kleiner Vergleich mit außereuropäischen Ländern ergänzend hinzu geführt werden, da diese (z.B. USA, Kanada, Australien, ...) ein viel niedrigeres Niveau an Sozialausgaben aufweisen als die europäischen Ländern.
1960 waren die Sozialausgaben in beiden europäischen Teilen deutlich höher als in den anderen Ländern der Welt. Selbst reiche Länder der neuen Welt konnten nicht mithalten, die ärmeren Länder wie Argentinien und Mexiko erst recht nicht. Und auch Japan hatte deutlich niedrigere Sozialausgaben.
Doch 1980 hat sich das Bild gewandelt. Westeuropa ist ein Hort sozialer Sicherung im Weltmaßstab, denn die Zunahme der Sozialausgaben ist enorm. Zwar bestehen innerhalb Westeuropas erhebliche Unterschiede, doch die reicheren Länder federn das geringere Maß der Sozialabgaben der ärmeren Länder ab.
Osteuropa hingegen hatte keinen so hohen Anstieg der Sozialabgaben. seine Einzelländer erweisen sich als relativ homogen, so dass es keine starken Länder gibt, welche die niedrigeren Sozialabgaben der schwächeren Länder abfedern könnten.
So ist die Differenz zwischen den reicheren Ländern der neuen Welt und Osteuropa auf ein Minimum abgesunken.
Welche Aufgaben erfüllt der Wohlfahrtsstaat? Welche wohlfahrtsstaatlichen Typen unterscheidet Esping-Andersen. Wodurch zeichnen sie sich aus? Teil 1
der Wohlfahrtsstaat soll folgende sozialen Funktionen erfüllen:
Schutzfunktion: durch kollektive Sicherung gegen die Risiken der Industriegesellschaft (De-Kommodifizierung)
Da er ein Wohlfahrtsstaat ist, schützt er über die sozialen Sicherungssysteme seine Bürger vor den Armutsrisiken:
Krankheit, Alter, Unfall, Arbeitslosigkeit.
Das bedeutet, dass Menschen, die in die Situation kommen aus den oben genannten Gründen nicht mehr selbständig ihren Lebensunterhalt erwirtschaften zu können, durch Transferzahlungen des Staates aufgefangen werden. Hierunter fallen z.B. das Arbeitslosengeld, die Sozialhilfe, eine verpflichtende Krankenkassenzugehörigkeit, die im Falle einer Erkrankung eine Ausgleichszahlung tätigt, Rente ect.
Speziell zum Schutz der Familien wird das Kindergeld gezahlt um die Benachteiligung von Familien gegenüber kinderlosen Erwerbstätigen auszugleichen.
Verteilungs- und Umverteilungsfunktion: durch Eingriffe etwa in die Primäreinkommen (Stratifizierung)
In Bezug auf die Verteilungs- und Umverteilungsfunktion haben wir als staatliche Maßnahmen natürlich die verschiedenen Steuern.
Über diese sollen Ungleichheiten ebenfalls abgemildert werden.
Auch Renten gehören zu den Verteilungsfunktionen, wenngleich sie auch als Schutzfunktion dienen.
Produktionsfunktion: durch Erhaltung und Förderung des Faktors Arbeit
Gesellschaftliche Funktionen: durch Integration und Legitimation
Merken sollten Sie sich, dass Steuersatz sowie auch Transfehrleistungen für den Staat mächtige Werkzeuge sind um die Verhältnisse sozialer Ungleichheit zu beeinflussen.
Welche Aufgaben erfüllt der Wohlfahrtsstaat? Welche wohlfahrtsstaatlichen Typen unterscheidet Esping-Andersen. Wodurch zeichnen sie sich aus? Teil 2
Esping-Andersen unterscheidet folgende Typen des Wohlfahrtsstaates:
- liberale Wohlfahrtsstaaten, wie z.B. Großbritannien
- konservative Wohlfahrtsstaaten, wie z.B. Deutschland
- sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten, wie z.B. Schweden
Liberale Wohlfahrtsstaaten zeichnen sich dadurch aus, dass in ihnen sowohl der Anteil der Fürsorgeleistungen hoch ist, als auch der Anteil der privaten Ausgaben für Alter bzw. Gesundheit einen hohen Stellenwert hat.
Konservative Wohlfahrtsstatten leisten ebenfalls einen hohen Anteil zu den Fürsorgeleistungen. Anders als aber die liberalen und auch die sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaaten bieten sie ihren Bürgern ein starkes Netz on, nach Berufsgruppen differenzierten Sicherungssystemen und einen hohen Anteil der Ausgaben für Beamtenversorgung. Weil dies so ist, müssen die Menschen in solchen konservativen Wohlfahrtsstaaten sich nicht so viele Sorgen um ihre Altersabsicherung oder die Absicherung im Krankheitsfall machen. So ist der Anteil privater Vorsorge in diesen Bereichen auch niedriger als im liberalen Wohlfahrtsstaat..
Der Schutz gegen Marktkräfte und Einkommensausfälle ist im konservativen Wohlfahrtsstaat zwar in höherem Maße gegeben als im liberalen System, bewegt sich aber eher auf mittlerem Niveau, da er mit dem demokratischem System in diesem Punkt nicht mithalten kann.
Auch eine Vollbeschäftigungsgarantie kann der konservative Wohlfahrtsstaat, anders als der sozialdemokratische, nur bedingt leisten.
Sozialdemokratische Wohlfahrtsstaaten leisten einen großen Schutz gegen Marktkräfte und Einkommensausfälle und in hohem Maße auch eine Vollbeschäftigungsgarantie, die sie dadurch erreichen, dass sie hohe Investitionen in die aktive Arbeitsmarktpolitik leisten und auch vielfach selbst als Arbeitgeber fungieren.
Außerdem sorgen sie für eine starke Umverteilungskapazität.
Andere Bereiche wie der Schutz gegen Marktkräfte und Einkommensausfälle, der Anteil der Fürsorgeleistungen und nach Berufsgruppen differenzierte Sicherungssysteme sind in sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaaten hingegen eher schwach ausgeprägt.
Jedes dieser wohlfahrtsstaatlichen Systeme hat also seine starken, wie auch seine schwachen Seiten.
Welche strukturellen Kriterien führen zu einer Gefährdung des Wohlfahrtsstaates?
Die europäischen Staaten - Ost wie West - altern deutlich, was zu höheren Lasten bei Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung führt, während gleichzeitig die Lebensarbeitszeit abnimmt. Zu den schon genannten demographischen Kriterien kommen noch ökonomische Kriterien wie hohe Staatsverschuldung, Massenarbeitslosigkeit und mangelndes Wirtschaftswachstum, die den Wohlfahrtsstaat gefährden.
Außerdem ist der sozio-strukturelle Wandel (Individualisierung, Pluralisierung der Lebensformen, was zu einem Wandel der Haushaltstrukturen führt) zu beachten, der zu einem vermehrten Bedarf an Betreuung für Kinder und Alte durch Externe geführt hat sowie zu einem Bedarf an hauswirtschaftlichen Dienstleistungen.
Daneben wird noch der kulturelle Aspekt genannt: nach der Wende von 1989 kamen neue Gesellschaften hinzu, deren Mitglieder keine Erfahrungen, Routinen und Normen in Bezug auf die Sozialsysteme hatten.
Mit welchen Verlusten im Hinblick auf die Lebensqualität der Bevölkerung ging der Umbruch in den osteuropäischen Staaten einher?
1) Die teilweise dramatisch gesunkene Lebenserwartung
2) Gestiegene Morbidität (Todesrate einer Population an einer bestimmten Krankheit), charakterisiert durch das höhere Aufkommen von Krankheiten
3) Außergewöhnlicher Anstieg der Armut - sowohl im Einkommen, als auch in der menschlichen Armut
4) Gestiegene Einkommens- und Reichtumsungleichheit, die neben sinkenden Einkommen und gestiegener Inflation zu gestiegener Armut beigetragen haben
5) Anstieg der Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und Informalisierung der Beschäftigung
6) Der sechste Punkt der Kosten des Übergangs ist der beträchtliche Verfall der Ausbildung gewesen
7) siehe 4)
Mehrere mittel- und osteuropäische Länder haben Verschlechterungen in den Punkten Lebenserwartung, Bildung und Lebensstandard hinnehmen müssen.
Im Durchschnitt lag die Lebenserwartung 1989 in den EG-Ländern um rund 4 Jahre über der in den osteuropäischen Ländern.
Dies war 2000 noch genauso.
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