Lesekurs
Kartei Details
Karten | 48 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Pädagogik |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 20.01.2015 / 08.03.2018 |
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Welche gesellschaftlichen Teilgruppen sind in besonderem Maße von Einkommensarmut in Deutschland betroffen?
- Niedrig qualifizierte Arbeitnehmer, z.B. Personen ohne HS-Abschluss, welche ein 5fach höheres Armutsrisiko haben, des Weiteren umfasst dies auch un- und angelernte Arbeiter...
- Frauen haben 1,6% höheres Einkommensarmutsrisiko als Männer
- Ausländer haben um 150% höheres Armutsrisiko als Deutsche
- Alleinerziehende und Familien mit minderjährigen Kindern
- Kinder und Jugendliche in Deutschland
- Arbeitslose Personen
Was versteht man unter ‚sozialer Mobilität’?
Soziale Mobilität ist die Bewegungen zwischen Positionen in der Sozialstruktur hinsichtlich auf die verschiedenen Dimensionen und Ressourcen der Struktur sozialer Ungleichheit. Man unterscheidet vertikale, horizontale, intergenerationale und intragenerationale Mobilität. Es ist vor allem der Wechsel auf vertikaler Ebene gemeint, also die Erforschung von Bewegungen entlang der vertikalen Dimension der Struktur sozialer Ungleichheit in Form von Klassen-, Schichten- und Statusmobilität. Es wird auch zunehmend die Einkommensmobilität berücksichtigt (vor allem mit dem Fokus "raus aus der Armut" bzw "rein in die Armut"). Bewegungen zwischen unterschiedlichen Lebensstilen und sozialen Milieus wurde bislang kaum untersucht. Mobilität lässt sich generell nur für erworbene und nicht für zugeschriebene (askriptive) Merkmale sinnvoll untersuchen, womit das Geschlecht oder die ethnische Zugehörigkeit kaum Gegenstand der Mobilitätsforschung sind.
Was bezeichnen die Begriffe ‚intergenerationale’ und ‚intragenerationale’ Mobilität?
Intergenerationale Mobilität betrifft die Mobilität zwischen Generationen, dabei wird die soziale Position des Elternhauses mit der sozialen Position der Kinder verglichen.
Gerade die ältere Mobilitätsforschung nimmt dabei fast ausschließlich auf den Vergleich der Berufs- oder Klassenpositionen von Vätern und Söhnen her (z.T. wegen Datenrestriktionen).
Intragenerationale Mobilität ist die Mobilität, die eine Person innerhalb ihres Lebenslaufs zwischen den verschiedenen sozialen Positionen einnimmt. Hier spricht man auch häufig von Karrieremobilität oder Jobmobilität gesprochen, da sich ein erheblicher Teil dieser Forschung mit Wechseln auf dem Arbeitsmarkt beschäftigt.
Stellen Sie an einem Beispiel den Unterschied zwischen Zirkulations- und struktureller (intergenerationaler) Mobilität dar.
Strukturelle Mobilität sind Positionswechsel, die aufgrund struktureller Veränderungen einer Sozialstruktur notwendig sind: z.B. durch Schrumpfung eines Wirtschaftssektors oder veränderte Geburtsraten.
Austausch-/Zirkulationsmobilität ist eine relative Mobilität; Positionswechsel, die aufgrund der Durchlässigkeit der Gesellschaft möglich sind.
Die Kinder von Kindergärtnern(innen) können inspiriert vom sozialen Beruf ihrer Eltern auch wieder einen solchen Weg einschlagen. Einige von ihnen möchten den Bildungssektor verändern und entschließen sich zu einer politischen Karriere. Andere entscheiden sich gegen das soziale Engagement ihrer Eltern und schlagen eine ganz anderen Berufsrichtung/Klasse/Schicht ein. Gleichzeitig erfolgt ein gewisser Zustrom von Kindern aus Familien mit anderem beruflichen/klassenspezifischem/schichtspezifischem Hintergrund, womit sich beides die Waage hält. Hier findet Zirkulationsmobilität statt.
Aufgrund einer neuen Kita-Gesetzgebung wird allen Kindern unter 3 Jahren ein Kita-Platz/Kiga-Platz garantiert. Damit eröffnen Landesweit neue Kitas und Kindergärten. Da es jedoch plötzlich nicht mehr genügend pädagogisches Personal gibt, wird der Erzieherberuf aufgrund seiner Einstellungsgarantie attraktiver. Kinder aus anderen familiären Umfeld/Klassenlage/Schichtzugehörigkeit interessieren sich nun auch verstärkt für diesen Beruf. Des Weiteren schult der Staat Lagerarbeiterinnen und Verkäuferinnen gezielt zu Erzieherinnen um, da er sie so aus der Arbeitslosigkeit in ein Beschäftigungsverhältnis integrieren möchte. Hier findet strukturelle Mobilität statt, die veränderten strukturellen Umstände nehmen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Mobilitätsrate.
Illustrieren Sie an einem Beispiel, was man im Rahmen der intergenerationalen Mobilität unter der ‚Selbstrekrutierungsquote’ einer Berufsklasse versteht.
Wenn Kinder den Beruf eines Elternteils ergreifen, spricht man von Selbstrekrutierung. Besonders ausgeprägt ist dies ist in der Landwirtschaft und bei den Arbeitern, jedoch auch bei den Facharbeitern und Selbständigen, z.B. ein junger Mann wird so wie sein Vater Bahnarbeiter. Der Bedarf dieser Berufsgruppe an Neuzugängen wird quasi aus dieser Berufsgruppe selbst rekrutiert.
Aus Tabelle 4.3. geht hervor, dass Kinder deren Väter bereits der oberen Dienstklasse angehörten, eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit haben, der gleichen Berufsklasse anzugehören (tau=4,22). Das gleiche – aber in noch höherem Maße – gilt für Kinder, deren Väter Landwirte waren (tau=12,33).
Wie lassen sich die hohen Reproduktionsraten der jeweiligen Berufsklassen erklären?
Landwirte besitzen Grund und Boden, welche sie in direkter Linie an ihre Kinder vererben.
Wer einen kompletten Bauernhof erbt und auf einem solchen aufgewachsen ist, der kann aufgrund seiner entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten, welche er in seinem Elternhaus erworben hat, diesen landwirtschaftlichen Betrieb weiterzuführen, zudem er gesamt Hof, Maschinen und Viehbestand erbt. Damit erfolgt die Reproduktion dieser Berufsklasse in 1. Linie über die direkte Vererbung durch Grund und Boden. Die Landwirtschaft ist ein schrumpfender Sektor und deckt seinen Personalbedarf komplett aus den eigenen Reihen. Es kann sogar zu einem Personalüberschuss (weitere Geschwister des Hoferben) kommen, dann müssen diese in andere Bereiche abwandern.
In der oberen Dienstklasse ist der Bildungserwerb die zentrale Bedingung für die Reproduktion dieser Berufsklasse, welche sich aus hochqualifizierten Arbeitskräften zusammensetzt. Sie tragen Obsorge, dass ihre Kinder eine gute schulische Ausbildung erhalten. Durch ihr Know-how können sie ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Bei der Notwendigkeit von Nachhilfe kann diese problemlos finanziert werden. So erlangen diese Kinder eine gute Bildung, was sie wiederum in die Lage versetzt, ebenfalls Positionen im oberen Dienstklassensektor einnehmen zu können. Die Dienstklasse vergrößert sich, womit ein Zustrom aus anderen Klassen notwendig wird.
Aus Tabelle 4.3. geht hervor, dass Kinder deren Väter bereits der oberen Dienstklasse angehörten, eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit haben, der gleichen Berufsklasse anzugehören (tau=4,22). Das gleiche – aber in noch höherem Maße – gilt für Kinder, deren Väter Landwirte waren (tau=12,33).
Welche Ressourcen sind im einen, welche im anderen Fall entscheidend? Berücksichtigen Sie bei der Beantwortung der Frage an das Kapitalmodell von Pierre Bourdieu.
Im Fall der Kinder von Landwirte, wird vor allem das ökonomische Kapital in Form von Grund und Boden, Tierbestand, Saatgut, Maschinen, Gebäuden etc. weitergegeben. Zudem erhalten die Kinder auch kulturelles Kapital in Form von Fachkenntnissen, die durch den frühen Kontakt der Kinder mit dem landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern entstehen, also inkorporiertes kulturelles Kapital. Den größeren Teil wird hier jedoch das ökonomische Kapital ausmachen. Kinder bekommen dagegen weniger an kulturellem und sozialem Kapital mit. Höhere Bildungslaufbahnen werden vor allem in Haushalten mit wenig kulturellem Kapital eher als Risiko (Gefahr des Scheiterns) gesehen. Mobilitätschancen werden also häufig aus klassenspezifischer Wahrnehmung nicht ergriffen.
Kinder aus der oberen Dienstklasse, wird vorrangig kulturelles Kapital in Form von Wissen (inkorporiertes kulturelles Kapital) wie auch in Form von Bildungsabschlüssen, deren Erwerb durch die häuslichen Umstände deutlich vereinfacht wird (institutionelles kulturelles Kapital) weiter gegeben. Ferner sind die sozialen Kontakte der Eltern vorteilhaft für die Kinder. Sie ermöglichen einen einfacheren Berufseinstieg bzw. -wechsel in eine andere Position. Damit nimmt neben dem kulturellen auch das soziale Kapital eine wichtige Position ein. Aus den sozialen Netzwerken der Eltern ergeben sich dann neue interessante soziale Kontakte für die Kinder.
Bezug: Tabelle 4.4. Einkommensmobilität
Wie hoch ist in der BRD die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person, die unter die Armutsgefährdungsgrenze fällt, im weiteren Lebenslauf in eine höhere Einkommensklasse aufsteigt?
Gem. Grafik S. 211 haben es in den Jahren 2002 bis 2006 nur 2,2% geschafft, aus der Gruppe der Armutsgefährdeten heraus in eine einkommensstarke Gruppe zu kommen. 31,6% schafften es in die Mittelschicht, während 66,2% armutsgefährdet blieben. Wahrscheinlichkeit für Armutsgefährdete aufzusteigen lag von 2002 zu 2006 bei 31,6% zum Aufstieg in die Mittelschicht und zu den Einkommensstarken bei 2,2%.
- Wahrscheinlichkeit für Mittelschicht aufzusteigen zu Einkommensstarken lag von 2002 zu 2006 bei 11,1%.
- Wahrscheinlichkeit für Mittelschicht abzusteigen zu Armutsgefährdeten lag von 2002 zu 2006 bei 14,4%.
Bildet man kleinere Gruppen erhöht sich allerdings die Mobilität. Von den Einkommensarmen bleibt z.B. nur ein kleiner Teil über mehrere Jahre einkommensarm. In den 80er Jahren zeigt sich, dass nur 2-3% der Bevölkerung über mehrere Jahre einkommensarm bleiben und somit über weniger als 50% des Durchschnittseinkommens verfügen. Neuere Studien aus den 90er Jahren bestätigen dies.
Wie hoch ist demgegenüber die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person, die der einkommensstärksten Gruppe angehört, zu einem anderen Zeitpunkt ihres Lebens von Armut betroffen sein wird?
Wahrscheinlichkeit für Einkommensstarke abzusteigen zu Armutsgefährdeten lag von 2002 zu 2006 bei 3,9%. (Ein Abstieg in die Mittelschicht war zu 27,6% wahrscheinlich). Die Zahl bezieht sich jedoch nicht auf den gesamten Lebensbereich dieser Person, sondern lediglich auf den Zeitraum zwischen den Jahren 2002 und 2006.
Quelle: Tabelle 4.4, S.211 Studienbrief.
Wie definiert Rössel die Begriffe ‚Lebensstile’ und ‚kulturelle Präferenzen’?
Lebensstile werden definiert als typ. Verhaltensmuster in den Bereich der Freizeit und des Konsums. Kulturelle Präferenz/Geschmacksmuster werden als spezifische Handlungsziele definiert.
Kulturelle Präferenz umfasst nach Rössel Geschmacksmuster von Akteuren als spezifische Handlungsziele.
Lebensstil bezeichnet typische Verhaltensmuster von Akteuren im Konsum- und Freizeitbereich. Die kulturellen Präferenzen liegen dem Lebensstil zugrunde. Lebensstil versteht er als Ergebnis präferenzgesteuerten Handelns, wobei Ressourcenausstattung und Handlungsrestriktionen berücksichtigt werden. Hierbei können freiwilligen und erzwungenen Elemente nicht mehr voneinander unterschieden werden.
Gerade aber im Konzept der kulturellen Präferenzen wird es möglich, die subjektive Seite der Akteure herauszustellen. Dadurch wird eine wichtige Unterscheidung für Theorie und Empirie getroffen, in dem er nicht alleine nur Verhaltensmuster in den Focus nimmt, sondern auch zugrunde liegende Handlungsziele.
Durch welche Merkmale lässt sich die Lebensstilforschung von der klassischen Sozialstrukturforschung abgrenzen?
- Lebensstilforschung betrachtet nicht die ungleiche Ausstattung mit Ressourcen, sondern die tatsächliche Nutzung
- Lebensstile sind nur bei Handlungsspielräumen möglich
- Die Lebensstilforschung geht von der Autonomie der kulturellen Sphäre innerhalb der Gesellschaft aus. Der kulturell und symbolisch geprägte Lebensstil ließe sich nicht ohne Weiteres auf eine sozialstrukturelle oder ökonomische Basis zurückführen, sondern werde auch durch den kulturellen Diskurs geprägt. Damit wird die Abkopplung der Lebensstil-Betrachtung von der ökonomischen Ausstattung der Akteure begründet.
Lebensstilforschung befasst sich mit der Verteilung ästhetisch orientierter Vorlieben und den kulturellen Präferenzen als spezifische Handlungsziele. Damit wird mit dem Begriff der Lebensstile nicht die ungleiche Ausstattung von Personen mit Ressourcen fokussiert (im Gegensatz zur klassischen Sozialstrukturanalyse), sondern es rückt die tatsächliche Nutzung dieser Ressourcen ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
Die Ausbildung von Lebensstilen ist nur möglich, wenn Individuen Handlungsspielräume besitzen und auf Basis ihrer subjektiven Präferenzen handeln können (Gegensatz: Steuerung durch strukturelle Zwänge).
Lebensstile sowie dessen partieller Abkopplung von der Ressourcenausstattung der Akteure verweisen darauf, dass die Entwicklung von kulturell und symbolisch geprägten Lebensstilen sich nicht einfach auf eine sozialstrukturelle oder ökonomische Basis zurückführen lässt, da sie auch durch kulturelle Diskurse geprägt ist.
z.B.: Ich würde z.B. äußerst gerne in den Urlaub fahren. Sollte ich dies tun, könnte man untersuchen, ob ich eher eine Pauschalreise im Reisebüro buche, Campingurlaub an der Nordsee mache oder als Rucksacktourist nach Nepal fliege. Aber eben nur dann, wenn ich diesen Handlungsspielraum habe, das heißt, dass mir sowohl das nötige Kleingeld zur Verfügung steht, als auch die strukturellen Rahmenbedingungen passen, sprich: sowohl mein Mann, als auch ich können uns innerhalb der Schulferien Urlaub nehmen, bzw. unseren Betrieb schließen.
Sollte dies eben nicht der Fall sein, handle ich nicht aus einem Lebensstilprinzip heraus oder aus innerer Erzeugung, sondern anhand von Restriktionen.
Was versteht man unter der ‚kulturellen Allesfresser’ Hypothese?
Definition geht auf Richard A. Peterson. Es wird davon ausgegangen, dass eine ausschließliche Orientierung an der klassischen Hochkultur in gegenwärtigen Gesellschaften ihre soziale Funktion verloren hat. An diese Stelle trat eine Vorliebe für die kulturelle Vielfalt (Hochkultur und Elemente der populären Kultur). Geschmack und Lebensstile haben weiterhin distinkte Funktion in der Gesellschaft, auch wenn sich die dominanten Inhalte verändert haben. Geschmackliche Vielfalt wird zum Distinktionsmechanismus (Distinktion = Vorliebe). Die soziale Funktion des Geschmacks erfordert vor allem, dass man über viele Genres plaudern kann, muss diese aber nicht alle schätzt.
Was versteht man unter dem Begriff der ‚Gentrifizierung’? Erläutern Sie an einem Beispiel, welche Rolle Lebensstile bei der Verdrängung best. Bevölkerungsgruppen aus einem Stadtviertel spielen kann.
Gentrifizierung: soziale und bauliche Aufwertung von Stadtteilen
Sozial Schwächere, wie z.B. Studenten, Künstler, bewohnen in bestimmten Stadtteilen unrenovierte Altbauwohnungen, wo sich in der Nähe Bars und Galerien befinden. Nun streben in der Folge andere Gruppen, Besserverdiener, ebenfalls dorthin, womit es zu einer Gentrifizierung kommt, da die Stadtteile plötzlich „in“ sind. Die Mieten steigen und Wohnungen sind bald nicht mehr leistbar für jene, die eigentlich der Anlass für die Gentrifizierung waren.
Durch welche zwei zentralen Merkmale lassen sich soziale Milieus definieren?
Personengruppen heben sich durch gruppenspezifische Existenzformen und erhöhte Binnenkommunikation voneinander ab. Zwei Merkmale kennzeichnen damit soziale Milieus: Spezifische Ähnlichkeiten zwischen zugehörigen Personengruppen und die verstärkte soziale Beziehung und Interaktion zwischen den Personen
Verstärkte soziale Beziehungen und Interaktionen zwischen Personen im Milieu bezeichnet man als erhöhte Binnenkommunikation.
Inwiefern unterscheidet sich die ‚relationale Definition’ von der klassischen Def. sozialer Milieus?
Relationale Definition: Die Milieustruktur moderner Gesellschaften kann nicht anhand eines einzelnen Prinzips beschrieben werden, damit bleibt Inhalt von sozialen Milieus offen. Wie sozialen Beziehungen und sozialen Netzwerken entstehen, kann meist nur begrenzt aus den jeweiligen Handlungszielen der Akteure oder aufgrund von Handlungsrestriktionen in Form von Gelegenheitsstrukturen erklärt werden. Ein Akteur kann gleichzeitig unterschiedlichen sozialen Milieus angehören. Die jeweilig fokussierte Einbettung von Personen in bestimmte Milieus wird durch die Forschungsfrage bestimmt.
Klass. Definition: klassenbasierte Milieus (Vester), Erlebnismilieu (Schulze)
Diese gehen von einer eindeutigen Zuordnung von Personen zu Milieus und deren Geschlossenheit aus.
Rössel leitet den Begriff der Sozialstruktur aus der Theorie des rationalen Handelns und der Handlungstheorie von Parsons ab.
Bestimmen Sie die Bedeutung der Begriffe ‚Handlungsmittel’, ‚Handlungsbedingungen’ und ‚Handlungsziele’ und geben sie jeweils Beispiele dafür.
Menschliche Akteure verfolgen in bestimmten Situationen bestimmte Handlungsziele. Die Zielwahl ist nach Parsons durch die kulturellen Werte einer Gesellschaft beeinflusst.
Handlungsmittel sind die Ressourcen einer Person, welche ökonomisches Kapital, sowie erworbenes Wissen, Abschlüsse, Zertifikate oder auch erworbene Fähigkeiten sein können. Akteure sind mit kontrollierbaren Handlungsmitteln ausgestattet und können mit deren Hilfe Ziele erreichen, z.B. entscheiden sie, ob sie ihr Flugticket und ihren Reisepass mitführen.
Handlungsbedingungen sind unkontrollierbare Rahmenbedingungen auch Restriktionen (Begrenzungen, Beschränkungen) genannt, welche eine Person ausgesetzt ist und den Handlungsspielraum einschränken können. Ein Beispiel hierfür sind vorgegebene Preise. Möchte sich jemand ein Motorrad kaufen, reicht allein der Wunsch danach nicht aus, sondern der vorgegebene Preis muss auch bezahlt werden können. Damit ist der Preis die Handlungsbedingung oder Restriktion. Noch ein Beispiel: ein Akteur möchte am Flughafen einchecken, er hat sein Ticket und den Reisepass dabei. Der Flug wurde jedoch aufgrund der Wetterlage storniert.
Handlungsziele sind die Ziele, die eine Person durch ihr Handeln zu erreichen versucht. "Ich möchte einen Motorrad besitzen", wäre hier z.B. ein Handlungsziel. Auf dieses Ziel arbeitet der Mensch hin. Je nach Ressourcenausstattung kann er es nach längerer oder kürzerer Zeit erreichen.
Parsons geht in seinem handlungstheoretischen Bezugsrahmen davon aus, dass Menschen in der Wahl ihrer Handlungsziele nicht völlig frei sind. Kulturellen Werte ihrer Gesellschaft prägen sie.
Leiten Sie aus den Begriffen ‚Handlungsmittel’, ‚Handlungsbedingungen’ und ‚Handlungsziele' die Definition von ‚Sozialstruktur’ und ‚sozialer Ungleichheit’ ab.
Sozialstruktur gibt an wie Handlungsmittel, Bedingungen und Ziele in der Bevölkerung verteilt sind. Soz. Ungleichheit entsteht durch die unterschiedliche Verteilung von Ressourcen und Restriktionen
Definition Sozialstruktur: Unter Sozialstruktur ist die Verteilung der vier zentralen Handlungsdeterminanten (Handlungsziele, Handlungsressourcen, Handlungsrestriktionen und Handlungspartner) auf die Bevölkerung der zu untersuchenden Einheit zu verstehen.
Sozialstruktur gibt also an, wie Handlungsziele, Handlungsmittel, Handlungsbedingungen und Handlungspartner innerhalb der untersuchten Bevölkerungseinheit verteilt sind. Die Sozialstrukturanalyse und die Ungleichheitsforschung (sowie die Soziologie generell) hat es mit Kollektiven (und nicht mit Einzelpersonen) zu tun. Hier steht meist die Bevölkerung eines oder mehrerer Länder im Zentrum der Analyse. Die Sozialstruktur einer Gesellschaft setzt sich also aus Menschen zusammen, die hinsichtlich ihrer Handlungsmittel und Handlungsbedingungen ungleich sind und die somit ungleiche Anstrengungen zur Erreichung ihrer Handlungsziele aufwenden müssen. Manche Handlungsziele sind gar für bestimmte Menschen unerreichbar.
Soziale Ungleichheiten stellen die sozial erzeugte Verteilung von Handlungsmittel und Handlungsbedingungen in der untersuchten Bevölkerungseinheit dar. Menschen sind ungleich ausgestattet mit Ressourcen und unterliegen individuellen Handlungsrestriktionen. Handlungsziele setzen sich aus der Kombination von Ressourcen und Restriktionen zusammen, daher fallen auch diese individuell aus. Manchmal ist es einem Menschen unmöglich ein Handlungsziel zu erreichen, weil ihm Ressourcen fehlen oder er von einer Restriktion betroffen ist. Einer anderen Person ist es aber möglich. Von sozialer Ungleichheit wird dann gesprochen, wenn zwei Kinder mit der gleichen Ausstattung an Auffassungsgabe, Konzentration und Lerneifer nicht dieselben Möglichkeiten haben, ihr Handlungsziel (einen bestimmten Schulabschluss) zu erreichen, weil eines von ihnen aus einem reichen Elternhaus oder eine bildungsnahen Familie stammt, das andere jedoch nicht.
Bestimmen Sie die Bedeutung der Begriffe ‚Macht’ und ‚Prestige’. In welchem Verhältnis stehen Sie zur Ressourcenverteilung in einer Gesellschaft?
Macht und Prestige stellen Merkmale der Beziehungen zwischen Akteuren dar, die von der zugrundeliegenden Struktur der Ressourcenverteilung abgeleitet sind. Diese Begriffe basieren auf der Verteilung von Ressourcen, es sind relationale Merkmale der Beziehung zwischen den Akteuren, keine in der Bevölkerung verteilten Merkmale der Akteure. Damit kann soziale Ungleichheit einerseits und menschliche Beziehungen und Interaktionen andererseits theoretisch miteinander verknüpft werden. Prestige und Macht sind Folgen sozialer Ungleichheit aber nicht Bestandteile sozialer Ungleichheit.
Prestige ist das Resultat der Wahrnehmung und Bewertung einer Person bzw. Personengruppe mit ihrer jeweiligen Ressourcenausstattung durch andere Akteure. Es stellt keine Ressource, die in der Gesellschaft verteilt werden kann bzw. die im Besitz von Personen ist und ausgetauscht werden kann, dar, sondern ein relationales Merkmal, das von der Beziehung zwischen Personen bzw. Personengruppen abhängig ist.
Prestigeskalen finden ihre Verwendung überwiegend für Berufe. Sie korrelieren stark mit dem sozioökonomischen Status der Berufe (der jeweiligen Ressourcenausstattung der jeweiligen Berufsgruppe). Eine zentrale Rolle bei der Bewertung spielen Bildungsvoraussetzungen und monetäre (finanzielle) Vergütung (Ressourcen).
Macht ist ein von der Verteilung von Ressourcen, also der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft, abgeleitetes Phänomen. Das Machtverhältnis zwischen zwei Personen ist durch ihre jeweilige Ausstattung an Ressourcen bestimmt, damit beruht Macht von Personen in sozialen Beziehungen auf ihrer relativen Ausstattung mit Ressourcen, die sie für die Belohnung oder Bestrafung der Interaktionspartner in Beziehungen einsetzen können.
Bourdieu stellt eine ‚alternative’ Konzeptualisierung von Ressourcen vor. Im Vordergrund stehen dabei die verschiedenen Kapitalsorten (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital, vgl. dazu auch Kurs ‚Theorien sozialer Ungleichheit’, Kapitel 6)
Auf welche Weise lassen sich die Kapitalsorten ineinander konvertieren und welche Risiken können dabei auftreten? TEIL 1 von 2
Ökonomisches Kapital: Geld oder ähnliche Werte, die in Geld umgewandelt werden können. Ist in hohem Maße konvertierbar: Ressourcen (wirtschaftliche Möglichkeiten wie Wertpapiere, Unternehmen) können gekauft werden (jedoch nicht Schulabschlüsse, künstliche Anerkennung oder wissenschaftlichen Ruf). Ökonomisches Kapital schafft in anderen sozialen Feldern günstige Bedingungen für eine Karriere (man kann Zeit und Geld in eine Laufbahn stecken). Risiken sind Fehlinvestition (Falsche Wertpapiere) oder auch Inflation (Wertverlust).
Soziales Kapital: Beziehungen, Gruppenzugehörigkeiten, Netzwerke, bietet breite Möglichkeiten der Konversion (Übertritt) und Investition, gute Netzwerke sind dabei eine wichtige Bedingung in vielen sozialen Feldern. Stellt eine wichtige Bedingung für Karriere dar (Wissenschaft: Ko-Autorenschaften, Zitationswerke, Wirtschaft: „Old Boys- Netzwerke“, Mentoren in Unternehmen). Hohes Risiko: Hierbei ist die Wahl der richtigen Beziehungen (auswählen und pflegen) wesentlich, da sonst die Gefahr der Beziehungsfalle (Undankbarkeit) oder Freundschaftsfalle (Verpflichtung zur Unterstützung auch wenn eigener Schaden entsteht) droht. Wo soziale Beziehungen in andere Ressourcen umgemünzt werden, kann der Geruch der Korruption entstehen (wenn Freunde Verwandte in Leitungspositionen gehoben werden, Aufträge zugeschanzt werden, (Geruch der Korruption).
Auf welche Weise lassen sich die Kapitalsorten ineinander konvertieren und welche Risiken können dabei auftreten? TEIL 2
Kulturelles Kapital: a) Inkorporiertes kulturelles Kapital (=erlernte Fähigkeiten und Dispositionen, die durch investierte Zeit und Geld dem Körper einverleibt werden können) ist nicht direkt konvertierbar, aber eine wichtige Voraussetzung für den Erwerb von Bildungstiteln und ökonomischen Gratifikationen (Entschädigungen). Voraussetzung: Vorhandensein von Bildungszertifikaten! Risiko dabei ist: Wissen ist veraltet, Wertverlust durch Migration, Fehlinvestition (Computerspiel-Fachmann hat nur wenige Möglichkeiten, dieses am Arbeitsmarkt einzusetzen). Die Problematik ist, dass das Wissen Teil der eigenen Identität ist und damit die Gefahr von Identitätsverlust bei Entwertung droht.
b) Objektiviertes kulturelles Kapital (Musikinstrumente, Gemälde, Bücher) kann gut auf Märkten getauscht und konvertiert werden, jedoch besteht ein höheres Risiko für Fehlinvestitionen als beim ökonomischen Kapital! (Unsicherheit über zukünftige Wertentwicklung ist bei Kulturgütern viel größer).
c) Institutionalisiertes kulturelles Kapital (Bildungstitel, Zertifikate, Schulabschlüsse) hat relativ breite Möglichkeiten der Konversion und Investition, sofern Bildungszertifikate am Arbeitsmarkt nachgefragt werden (Gefahr der Bildungsinflation: bei zu viele Bildungszertifikaten nimmt die Nachfrage und Bildungsrendite ab, womit Einkommen und höhere Berufspositionen nicht mehr garantiert sind).
Symbolisches Kapital: ergibt sich aus der Ausstattung einer Person mit den anderen Kapitalformen oder auch aus der wahrgenommenen Ausstattung, womit es insofern eine hohe Ähnlichkeit mit dem Begriff Prestige hat.
Welches sind die wichtigsten (institutionellen) Bereiche, in denen die Ressourcen ‚Bildung/Wissen’ und ‚Einkommen’ in modernen Gesellschaften verteilt werden?
Das wichtigste institutionelle Feld der Allokation, also der Verteilung der Ressource ‚Bildung/Wissen‘ ist das Bildungssystem, aber der Einfluss der Familien und sozialen Beziehungen der Akteure sind nicht zu vernachlässigen.
Wichtig für die Verteilung der Ressource ‚Geld/Einkommen‘ sind verschiedene wirtschaftliche Märkte, wie der Arbeitsmarkt, der freie Markt (Einkommen aus selbständiger Arbeit) und der Kapital- und Immobilienmarkt (Einkünfte aus schon bestehendem Vermögen), aber auch der Wohlfahrtsstaat (Transferleistungen wie Renten, Pensionen, Arbeitslosengeld).
Einkommen werden nicht nur auf verschiedenen Märkten erzielt oder von staatlicher Seite bezogen, sondern auch in den Privathaushalten verteilt. Nicht Erwerbstätige werden meist durch den Partner unterstützt, genauso wie noch im Haushalt lebende Kinder.
Es gibt zentrale institutionelle Felder für die Verteilung (Allokation) von Ressourcen:
- wirtschaftliche Märkte (Leistungsprinzip, funktionalistische Ungleichheitstheorie, Theorie des rationalen Handelns)
- Bildungssystem (Kindergarten, Schule, Universität...)
- private Haushalte (wer hat Kontrolle über monetäre Ressourcen?, Art der gemeinsamen Ressourcen)
- Wohlfahrtsstaat (Art der Einnahmequellen)
Die Verteilung erfolgt nach unterschiedlichen Prinzipien und Mechanismen.
Humankapitaltheorie
Erläutern Sie den Begriff des Humankapitals.
Das Humankapital besteht aus dem erworbenen Wissen und den Fähigkeiten eines Arbeitnehmers und ist von zentraler Bedeutung für die Humankapitaltheorie. Diese geht davon aus, dass Arbeitnehmer sich in ihrer Produktivität unterscheiden. Damit basiert soziale Ungleichheit auf unterschiedlicher Leistung bzw. Produktivität und entsprechender Entlohnung.
Im Zentrum der Humankapitaltheorie steht die Bedeutung von erworbenem Wissen und Fähigkeiten = Humankapital.
In welcher Weise wird durch das Humankapital die „neoklassische Arbeitsmarkttheorie“ erweitert?
Der Markt ist in der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie (Produktivität aller Arbeitnehmer werden als gleich angenommen) die zentrale Arena, in der die Verteilung von Dienstleistungen, Gütern und anderen Ressourcen stattfindet. Soziale Ungleichheit entsteht durch unterschiedlich hohe Arbeitslöhne, welche auf unterschiedlicher Leistung bzw. Produktivität basieren und führt zu einer Ungleichheit der Arbeitslöhne.
Die Ergänzung ist darin zu sehen, dass die Humankapitaltheorie eine Erklärung für ungleiche Belohnung gibt. Diese liegt darin begründet, dass Unternehmen ein Interesse an Gewinnmaximierung haben und sich daher um möglichst produktive Arbeitnehmer bemühen, womit durch die Konkurrenz der Unternehmen die Belohnung der produktiven Arbeitnehmer steigt.
In Welcher Beziehung steht das Humankapital zur Produktion sozialer Ungleichheit?
Die Humankapitaltheorie erklärt, wie es zu unterschiedlichen Belohnungen kommt. Arbeitnehmer unterscheiden sich in ihrer Produktivität, was zu unterschiedlicher Entlohnung und in der Konsequenz zu sozialer Ungleichheit führt.
Soziale Ungleichheit entsteht durch die unterschiedlichen Möglichkeiten Humankapital zu generieren und damit Produktivität, an welche die Entlohnung geknüpft ist. Hohes Humankapital ermöglicht hohe Produktivität und damit höheres Einkommen. Dazu sind Investitionen in Form von monetären und temporalen Ressourcen notwendig. Sind diese Ressourcen nicht oder nur teilweise vorhanden, kann kein hohes Humankapital und in Folge keine höhere Produktivität und damit auch kein höheres Einkommen erzielt werden.
Bedeutend für die Humankapitaltheorie sind erworbenes Wissen und Fähigkeiten, dem Humankapital. Je höher das Humankapital desto höher die Produktivität sowie das Einkommen. Das Einkommen stellt den Faktor für soziale Ungleichheit dar. Dies ist gemäß dem Leistungsprinzip gewollt. Die Gesellschaft belohnt leistungsstärkere Mitglieder, womit die Humankapitaltheorie Ähnlichkeit mit der funktionalistischen Schichtungstheorie hat.
Als Unternehmensinteresse kann die Gewinnmaximierung im vorherrschenden Konkurrenzkampf mit anderen Unternehmen gesehen werden. Deshalb wollen sie möglichst produktive Arbeitnehmer beschäftigen, die sie nach dem Gleichgewichtslohn (Lohn, bei dem Angebot und Nachfrage gleich ist) entsprechend ihrer Produktivität entlohnen. So erklärt die Humankapitaltheorie warum es zu Lohndifferenzen für Arbeitnehmer mit unterschiedlichem Wissen und Fähigkeiten kommt.
Definieren Sie (möglichst knapp und präzise) die Begriffe ‚Soziale Schließung’, ‚Diskriminierung’ und ‚Ausbeutung’
Soziale Schließung bedeutet, dass Chancen und Ressourcen monopolisiert werden. Diese steht nur eine eingeschränkten Gruppe von Beteiligten offen und führt damit zu einer besseren Ressourcenausstattung. Hiermit wird laut Weber eine geschlossene soziale Beziehung erzeugt (im Gegensatz zu einer offenen Beziehung). Prozesse sozialer Schließung bewirken soziale Ungleichheit, da Personen oder Gruppen von bestimmten Handlungsmöglichkeiten und/oder Ressourcen ausgeschlossen werden.
Werden Personen bei gleicher Leistung auf der Grundlage askriptiver Merkmale (= unabhängig von erworbenen Merkmalen und stellen Charakteristika wie z.B. soziale Herkunft, Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Geschlecht, Beeinträchtigung, dar) durch entsprechendes Verhalten benachteiligt, liegt Diskriminierung vor. Diese basiert häufig auf gesellschaftlich etablierten und individuell gelernten Stereotypen (generalisierte Überzeugungen) und Vorurteilen (Bewertungen, affektive Haltungen).
Ausbeutung ist dann gegeben,
- wenn eine Gruppe sich auf Kosten einer anderen bereichert,
- wenn diese Gruppe auch die Kontrolle über zentrale Produktionsmittel in einer Gesellschaft besitzt und die andere davon ausschließt und
- wenn diese Gruppe sich die Arbeitserträge der anderen Gruppe aneignet (E. Wright, 1997).
Hoher Wohlstand einer Gruppe hängt vom geringeren Wohlstand einer anderen ab. Diese Gruppe wird von der Kontrolle über die zentralen Produktionsmittel innerhalb einer Gesellschaft ausgeschlossen. Ihre Arbeitserträge eignet sich eine andere Gruppe an, was als Ausbeutung bezeichnet wird. Ausbeutung ist ein Spezialfall sozialer Schließung. Personen ohne Eigentum an zentralen Produktionsmitteln sind davon ausgeschlossen. Die Arbeitserträge der Ausgeschlossenen werden von den Produktionsmitteleigentümern angeeignet.
Das Klassenschema von Goldthorpe kommt in einer Vielzahl empirischer Studien zum Einsatz.
Nach welchen vier Kriterien werden die Klassen differenziert?
oldthorpe klassifiziert in seinem Modell Berufsgruppen derart, dass diese möglichst homogen im Hinblick auf die Marktchancen und ihre Arbeitsbedingungen sind.
1. Grad der Selbständigkeit der Arbeit: unterscheidet sich anhand des Besitzes von Produktionsmitteln (Trennung von Selbständigen und Nicht-Selbständigen, mit und ohne Angestellte)
Anschließend erfolgt die Aufteilung nach den weiteren drei Kriterien
2. Arbeitsbeziehung (Dienstvertrag, Stundenlohn), hierbei wird differenziert zwischen:
Am einfachsten zu kontrollieren und überwachen ist die Arbeit von Arbeitern. Die Dienstklasse ist schwieriger zu kontrollieren und es sind spezifische Qualifikation erforderlich. Auch die Leistung von Routineangestellten ist schwierig zu kontrollieren, wobei keine spezifische Qualifikation erforderlich sind. Meister und Vorarbeiter können leichter kontrolliert werden, jedoch sind spezifische Qualifikationen erforderlich
3. hierarchische Gliederung nach Qualifikation und Autorität innerhalb der Arbeitsbeziehung. Gliederung nach Dienstklasse, Routineangestellte und Arbeiter in eine jeweils höhere und niedrigere Gruppe (Unterscheidung z.B. in eine Obere Dienstklasse und Untere Dienstklasse, höhere Routineangestellte, untere Routineangestellte, Vorarbeiter/Meister/Techniker und Facharbeiter und Ungelernte).
4. Sektorale (oder auch horizontale) Klassifizierung (wobei Landwirtschaftliche Berufsgruppen separat klassifiziert werden)
In Bezug auf welche Merkmale unterscheidet sich die Dienstklasse von den Routineangestellten und beide von den Arbeitern?
Dienstklasse
- Dienstverträge, meist hoher Kündigungsschutz
- Entsprechend höhere Vergütung
- Hohe Selbständigkeit in der Arbeit
- hoher Autoritätsgrad in der Arbeitsbeziehung
- Schwierige Kontrolle der Leistung
- Spezifische Qualifikationen notwendig
Routineangestellte
- Mischtyp bei Vertrag, Entlohnung, Selbständigkeit, Autorität (breit gefächert)
- Schwierig in der Leistungskontrolle
- weniger spezielle Qualifikationen notwendig
Arbeiter
- Auch hier Mischtypen (Meister besser entlohnt, spezifische Qualifikationen notwendig, ungelernte Arbeiter und Arbeiter)
- Gute Leistungskontrolle
- Autoritätsgrad ist nur bei Gruppenleitern gegeben, sonst eher gering
- Leichtere Austauschbarkeit für den Arbeitgeber
- Geringere Entlohnung
- Stundenverträge oder Leistungslohn
Durch welches Merkmal werden im Goldthorpe Klassenschema die Dienstklasse, die Routineangestellten und die Arbeiter intern differenziert und welche Unterklassen ergeben sich daraus?
Goldthorpe differenziert die Klassen in Unterklassen mittels der Merkmale der Leistungskontrolle und die Erforderlichkeit von spezifischen Qualifikationen. So werden vor allem innerhalb der Klasse der Arbeiter und der Routineangestellten Unterschiede deutlich:
Dienstklasse
I Obere Dienstklasse
höhere und mittlere Ränge von :akademischen Berufen, Verwaltungsberufen, Managementberufen oder Großunternehmern.
II Untere Dienstklasse
untere Ränge von: akademischen Berufen, Verwaltungsberufen, Managementberufen.
Routineangestellte
IIIa Höhere Routineangestellte
höhere und mittlere Ränge der Büroberufe und Verkaufsberufe.
IIIb Untere Routineangestellte
niedrige Ränge der Büroberufe und Verkaufsberufe
[IVa Selbstständige mit Angestellten (Selbstständige mit 2-49 Mitarbeitern)
IVb Kleine Selbstständige ohne Angestellte (Selbständige mit 0-1 Mitarbeitern)
IVc Landwirte]
Arbeiter
V Vorarbiter, Meister, Techniker
VI höherere Arbeiter
Facharbeiter
VII niedrigere Arbeiter
VIIa Un- und angelernte Arbeiter
VIIb Un- und angelernte Arbeiter in der Landwirschaft
Was versteht man in der Sozialstrukturforschung unter dem Begriffspaar der ‚Statuskonsistenz - Statusinkonsistenz’?
Personen werden nach bestimmten Kriterien, wie Bildung, Einkommen & Beruf, einer Schicht zugeordnet. Sie erhalten dadurch einen Status. Statuskonsistent bedeutet, dass alle Kriterien entweder gleich hoch oder niedrig sind, also auf einer Ebene. z.b. Hohe Bildung – hohes Einkommen. Statusinkonsistenz bedeutet dass die Kriterien auf verschiedenen Ebenen liegen, sprich hoch und niedrig gemischt. z.b. geringe Bildung – hohes Einkommen.
In multidimensionalen Schichtmodellen werden Personen auf der Grundlage verschiedener Aspekte, wie Beruf, Bildung, Einkommen, Schichten zugeordnet, wobei sich je nach Einordnung der Status der Person ergibt.
Unter Statuskonsistenz versteht man in der Sozialstrukturforschung Personen auf verschiedenen Dimensionen ähnliche Positionen einnehmen, z.B. hohe Bildung, hohe berufliche Stellung und hohes Einkommen oder niedrige Bildung, niedrige berufliche Stellung und niedriges Einkommen hat.
Von Statusinkonsistenz spricht man, wenn z.B. eine Person eine hohe Bildung, aber eine niedrige berufliche Position und ein mittleres Einkommen hat und sich somit die jeweiligen Positionen auf den verschiedenen Dimensionen unterscheiden.
Beispiele für Statusinkonsistenzen wären einmal der als Taxifahrer arbeitende Studienabsolvent, der bei hohem Bildungsniveau auf den beiden anderen Dimensionen, Beruf und Einkommen, keine entsprechende Position einnimmt. Oder ein Grundbesitzer, der aus der Verpachtung ein hohes Einkommen erzielt, dessen Bildungsniveau sowie seine berufliche Position jedoch eher niedriger ist.
Statuskonsistenz ist laut statistischen Modellen in wohlhabenden Gesellschaften höher ist als in ärmeren Gesellschaften. In Deutschland hat die Statuskonsistenz eher zugenommen.
Wodurch zeichnet sich das Konzept der ‚sozialen Lage’ bei Hradil aus. Um welche Aspekte wird es gegenüber einem einseitig ökonomisch definierten Modell sozialer Ungleichheit erweitert
Hradl versteht unter sozialen Lagen „typische Kontexte von Handlungsbedingungen, die vergleichsweise gute oder schlechte Chancen zur Befriedigung allgemein anerkannter Bedürfnisse gewähren“ (Hradil 1987: 153).
1. Das Modell der sozialen Lage von Hradl ist mehrdimensional. Er bezieht neben ökonomischen Ungleichheiten auch wohlfahrsstaatlich erzeugte und soziale Ungleichheiten mit ein. Damit erweitern sich die Zielvorstellungen, die bislang ökonomisch orientiert waren, um vor allem wohlfahrtsstaatliche Ziele (Sicherheit, Entlastung, Gesundheit, Partizipation) und soziale Bedürfnisse (Ausgrenzung/Integration von Ausländern, Selbstverwirklichung, Emanzipation).
2. Die Dimensionen sind nicht additiv miteinander verbunden. Hradil unterscheidet zwischen primären oder dominierenden Ressourcen (z.B. Verfügbarkeit von sehr viel oder sehr wenig Geld, was ein wichtiger Hinweis auf die Dominanz dieses Merkmals ist) und weniger wichtigen Dimensionen für jeweils bestimmte Lagen.
3. In den Begriff der sozialen Lage berücksichtigt er nur die objektive Seite der sozialen Ungleichheit, nicht deren subjektive Seite (die subjektive Wahrnehmung der objektiven Ausstattung klammert er aus).
4. Aus der Konstruktion der Lagen ergibt sich, dass diese nicht notwendig hierarchisch übereinander angeordnet sein müssen.
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