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Das Eigene, das Fremde, das Interkulturelle (A.Thomas)

Interkulturelle Handelskompetenz

Interkulturelle Handelskompetenz


Kartei Details

Karten 25
Sprache Deutsch
Kategorie Soziales
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 17.12.2013 / 16.08.2023
Lizenzierung Kein Urheberrechtsschutz (CC0)
Weblink
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Erläutern Sie das Beispiel der missglückten Zusammenarbeit zwischen dem amerikanischen Manager und seinem griechischen Mitarbeiter in einem amerikanischen Tochterunternehmen in Griechenland.

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Im Beispiel der Zusammenarbeit zwischen dem amerikanischen Boss und dem griechischen Mitarbeiter ist offensichtlich das Synthesekonzept nicht wirksam geworden. Beide Partner handeln im Verlauf der Interaktionssituation völlig aneinader vorbei.

Der amerikanische Vorgesetzte verfolgt einen mitarbeiterorientierten Führungsstil, indem er davon ausgeht, dass der griechische Mitarbeiter gewillt und qualifziert ist, sich an der Planung seiner Arbeitsaufgaben zu beteiligen, seine Arbeit zu organisieren und Verantwortung zu übernehmen. Das entspricht modernen amerikanischen Managementmethoden und der amerikanischen Auffassung von einem wirklichen Mitarbeiter. 

Der griechische Mitarbeiter dagegen ist es gewohnt, dass der Vorgesetzte über ein hohes Maß an Übersicht und Einsicht in arbeitsrelevante Zusammenhänge verfügt, dass er aus diesem Wissen heraus realistische und sachkundige Anweisungen gibt und dass sich der Mitarbeiter auf diese Anweisungen verlassen kann und ihnen zu folgen hat. Er geht sicher davon aus, dass der Vorgesetzte gerade für diese Führungsleistungen speziell ausgebildet und qualifiziert ist und dafür auch höher bezahlt wird als er. Für ihn ist nicht einsehbar, warum er sich über die Arbeitsorganisation wie Zeiteinteilung, Belastbarkeit und Dauer der Arbeitsverrichtungen Gedanken machen und Eigenverantwortung übernehmen soll. Das gehört seiner Auffasung nach nicht zu seinen Pflichten. 

Das im Beispiel sichtbar werdende unterschiedliche Verhalten der beiden Partner und die unterschiedlichen Interpretationen der Reaktionen des jeweiligen Gegenübers sind unter Berücksichtigung dieser unterschiedlichen Auffasungen von Position und Rolle von Vorsgesetztem und Mitarbeiter, die einerseits unternehmenskulturspezifisch und darüber hinaus national-kulturspezifisch begründet sind, gut verständlich und nachvollziehbar. Diese national- und unternehmenskulturellen Verankerungen für das so unterschiedliche und unerwartete Partnerverhalten wird den handelnden Personen deshalb nicht bewusst, weil sie die Unterschiede als Fehlverhalten des jeweiligen Partners interpretieren. Einmal als Versagen und Inkompetenz der Führungskraft und zum anderen als mangelnde Organisationsfähigkeit und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme. 

Wie wird die kulturkritische Überschneidungssituation beschrieben?

Der verbale Dialog wird unter der Rubrik "Verhalten" aufgelistet, die Gedanken, Absichten und Gefühle der Kommunikationspartner werden parallel dazu unter der Rubrik "Attribution" aufgeführt. Unter Attribution versteht man alles das, was Menschen ihrem Verhalten und dem ihrer Partner ursächlich an Merkmalen zuschreiben und unterstellen.

Was ist eine kulturelle Überschneidungssituation? Erläutern Sie in diesem Zusammenhang die Dynamik kultureller Überschneidungssituationen (siehe Bild 4, S. 46)

Eine kulturelle Überschneidungssituation bezeichnet eine Situation, in der die beteiligten Personen nicht allein aus einem kulturspezifischen Orientierungssystem heraus agieren können, sondern es mit 2 unteschiedlichen Orientierungssystemen zu tun haben, die mehr oder weniger deutlich wahrgenommen werden können. Die kulturelle Überschneidungssituation ist geprägt von Handlungsbedingungen und -anreizen, aber aufgrund der unterschiedlichen Kulturen auch von Handlungsgrenzen. Beide Kulturmerkmale müssen in Verbindung mit der beginnenden Entwicklung einer neuen, durch die beginnende Kommunikation und Interaktion entstehende "dritte" Kultur im Denken und Verhalten der beteiligten Personen zur Wirksamkeit kommen.

Kulturelle Überschneidungssituationen entstehen dann, wenn Fremdes für das Eigene bedeutsam wird und wenn es zu wechselseitigen Beziehungen zwischen Eigenem und Fremden kommt. Zwischen dem Eigenkulturellen und dem zunächst sehr fernen, dann aber immer näher rückenden Fremden entsteht ein Zwischenraum der Uneindeutigkeit, Vagheit und Neuartigkeit, der bedrohlich oder auch anregend wirken kann. Alltagssprachlich ausgedrückt, liegen hier die "Fettnäpfchen" bereit, in die man geraten kann, wenn man sich auf Fremdheit einlässt, aber zuwenig über sie weiß und nicht von ihren Merkmalen und Eigentümlichkeiten versteht.

Das interaktive Verhalten kann unter günstigen Bedingungen mal mehr vom Eigenen und mal mehr vom Fremden her bestimmt sein (wechselseitige Anpassung) und im ungünstigen Fall allein vom Fremden her (einseitiger Anpassungsdruck).

 

Inwiefern ist das Beispiel mit dem amerikanischen Manager und dem Griechen eine kulturelle Überschneidungssituation?

Der amerikanische Vorgesetzte bzw. der Grieche sind im jeweiligen Land aufgewachsen, sozialisiert, ausgebildet, beruflich qualifiziert und erfolgreich. Vorurteile scheinen die Partner nicht gegeneinander zu hegen. Das Hierarchieverhältnsi (Amerikaner = Chef, Grieche = Mitarbeiter) wird von beiden akzeptiert. Beide Partner sind keine aggressiven Menschen. Zwischen ihnen geht es freundlich und gesittet zu, sie sind gutwillig, zielorientiert und um eine gute Zusammenarbeit bemüht. Sprachprobleme scheint es nicht zu geben. Beide verstehen, dass es darum geht, den Bericht zu erstellen und das bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Alles optimale Voraussetzungen für eine produktive Zusammenarbeit und doch kündigt der Grieche und überrascht damit den Amerikaner. Grund? Beide Partner denken und handeln aus ihrem eigenkulturellen Verständnis (monokulturelle) heraus, obwohl sie sich tatsächlich in einer kulturellen Überschneidungssituation befinden. Beide Personen sind fest davon überzeugt, dass der jeweilige Partner im Irrtum ist, sich falsch verhält und sein Verhalten keinen Sinn macht. Weiterhin sind die Partner sich weder ihres eigenkulturellen Orientierungssystems bewusst noch kennen/wissen sie etwas über das des anderen. Sie haben kein Verständnis dafür, dass in der kulturellen Überschneidungssituation ein interkulturelles Verhalten erforderlich ist, damit beide Seite zu ihrem Recht kommen.

Eigenes und Fremdes stehen hier in ständigem Wechsel miteinander, ohne aber zu so etwas wie einer Synthese zu finden und aus dem Interkulturellen Neues zu schaffen.

Welche 4 Typen der Verhaltensregulation lassen sich bei der Dynamik im Feld kultureller Überschneidungssituationen unterscheiden?

4 Typen der Verhaltensregulation im Feld kultureller Überschneidungssituationen:

  1. Dominanzkonzept
  2. Assimilationskonzept
  3. Divergenzkonzept
  4. Synthesekonzept

Erläutern Sie das Dominanzkonzept.

Dominanzkonzept:

Die eigenkulturellen Werte und Normen werden fremden Kulturen gegenüber als überlegen angesehen. Eigenes soll sich gegen Fremdeinflüsse durchsetzen und das Interaktionsgeschehen dominieren. So soll im angeführten Beispiel das amerikanische Führungskonzept auch für den griechischen Mitarbeiter gelten und das griechische Hierarchiekonzept (Paternalismus) auch für den die Zusammenarbeit mit einem amerikanischen Vorgesetzten. Deutsche Arbeitstugenden, westliche Methoden der Konfliktbehandlung, asiatisches Krisenmanagement, französische Problemlösungsstrategien usw. werden als die besten, bewährtesten und sachgerechtesten Lösungen angesehen und wie selbstverständlich gegenüber Lösungsformen durchgesetzt, die in anderen Kulturen entwickelt worden sind. Auf den Partner wird so lange Anpassungsdruck ausgeübt, bis er bereit ist und gelernt hat, sich in seinem Verhalten an den Kulturstandards des dominanten Partners zu orientieren.

Erläutern Sie das Assimilationskonzept.

Assimilationskonzept:

Die fremdkulturellen Werte und Normen werden bereitwillig übernommen und in das eigene Handeln integriert. Die Anpassungstendenzen an die fremde Kultur können so stark werden, dass ein Verlust der eigenen kulturellen Identität erfolgt und ein völliges Aufgehen in der Fremdkultur verursacht wird. Personen passen sich den nationalen und firmenspezifischen Normen und Werten der überlegenen und mächtigen Kultur an, um so der ständigen Kritik an ihrem Verhalten zu entgehen und den Anpassungsdruck seitens der Fremdkultur zu minimieren. Sie können auch von der Überlegenheit des fremdkulturellen Orientierungssystems überzeugt und bemüht sein, sich ihm anzupassen, wie das in Extremformen der Xenophilie (Fremdenliebe) in Erscheinung tritt. Die Übernahme des fremdkulturellen Orienterungssystems und die Bereitschaft zur Assimilation geschehen nicht selten auch aus rein pragmatischen Gründen, um den Leidensdruck zu minimieren, der aus dem ständigen Erleben von Diskrepanzen zwischen Eigen- und Fremdkultur entsteht.

Erläutern Sie das Divergenzkonzept.

Divergenzkonzept:

Werte und Normen beider Kulturen werden als bedeutsam und effektiv angesehen. Viele Elemente sind allerdings inkompatibel und führen in der Anwendung zu ständigen Widersprüchen. Da eine Integration nicht gelingt, kommt es zu unauflösbaren Divergenzen (Abweichungen) und ständigen Schwankungen zwischen dem eigenkulturellen und dem fremdkulturellen Orientierugnssystem. Besonders in der Anfangsphase der Bildung interkultureller Formen der Zusammenarbeit sind solche Prozesse zu beobachten. Dies führt zu Verunsicherungen bezüglich der für die Zusammenarbeit gültigen Werte, Normen und Verhaltensweisen und langfristig zur Reduzierung der Arbeitsmotivation, der Gruppenkohäsion (Gruppenzusammenhalt) und der Bindung an den Partner.