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Öffentliches Wirtschaftsrecht

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Langue Deutsch
Catégorie Droit
Niveau Université
Crée / Actualisé 03.01.2022 / 15.01.2022
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Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit

• Bund und Kantone halten sich an den Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Art. 94 I BV).

• Grundsatzkonform sind Massnahmen, die den Wettbewerb nicht verzerren. Nicht wettbewerbsneutral sind z.B.

- staatliche Preisordnungen (z.B. gesetzlich festgelegte Taxigebühren);

- künstliche Verknappung des Angebots (z.B. Zahnarzt darf nur eine Praxis führen);

- gezielte Beeinflussung der Nachfrage (z.B. Verbot der Verwendung von Schaufelbaggern zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bzw. zur Steigerung der Nachfrage nach Arbeitskräften) Verbot von Robotern wäre nicht erlaubt, aber eine Steuer auf Roboter wäre milder und erlaubt

- Abweichungen vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie in der BV vorgesehen oder durch kantonale Regalrechte begründet sind (Art. 94 IV BV).

Regalrechte = alte kantonale Monopole (Jagd, Salz, Fischerei, Bergregal, etc.) BV hat Abweichungskompetenzen für den Bund, bsp. Art. 99 BV: Bargeldmonopol (= Abweichung Grundsatz Wirtschaftsfreiheit in BV selbst)

Dimensionen der Wirtschaftsfreiheit. 

1. Individualrechtliche Dimension

beinhaltet sachlichen und persönlichen Schutzbereich:
Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV): Schutz der privatwirtschaftlichen Betätigung, Gleichbehandlung direkter Konkurrenten; bedingter Anspruch auf Benützung öffentlicher Sachen im gesteigerten Gemeingebrauch 

2. Institutionelle Dimension

Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit (Art. 94 BV): Wirtschaftsordnung des freien Wettbewerbs; Verbot staatlicher Wirtschaftslenkung; Eingriff nur bei grundsatzkonformen Massnahmen erlaubt 

 

3. Bundesstaatliche Dimension

Einheitlicher (interkantonaler) Wirtschaftsraum (Art. 95 Abs. 2 BV), vgl. Binnenmarktgesetz

Sachlicher Schutzbereich:

 

 1.Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit, die auf Gewinn oder Erwerbseinkommen abzielt. Geschützt ist sowohl die Berufswahlfreiheit, der freie Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit wie auch deren 

2.  Gleichbehandlung direkter Konkurrenten:

Gleichbehandlung von Angehörigen „der gleichen Branche, die sich mit dem gleichen Angebot an dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen“. (BGE 125 I 431). Eine absolute Gleichbehandlung wird nicht verlangt, jedoch bedarf eine Ungleichbehandlung im Schutzbereich von Art. 27 BV einer besonders qualifizierten Begründung 

3. Bedingter Anspruch auf Nutzung des öffentlichen Grundes:

wer zur Ausübung eines Freiheitsrechts den öffentlichen Grund (im gesteigerten Gemeingebrauch) nutzen will, hat einen bedingten Anspruch auf Erteilung einer Bewilligung (Leistungsgrundrecht!) (bei Verweigerung der Bewilligung, liegt Eingriff in die WF vor) bedingter Anspruch, da es um die Ausübung der Wirtschaftsfreiheit geht. Kein Anspruch auf: Sondernutzungskonzession, Subvention etc. In der Regel sind die Grundrechte Abwehrrechte, hier würde aber ein Leistungsrecht vorliegen.

Privatwirtschaftliche Erwerbstätigkeit

Privat: 

Tätigkeit, die weder der Erfüllung einer staatlichen oder kommunalen, öffentlich-rechtlich übertragenen Aufgabe, noch eine Tätigkeit im Monopolbereich darstellt. Ausgenommen vom Schutzbereich sind: Notare, unentgeltlicher Rechtsbeistand, Gerichtsdolmetscher, Beamtenfunktionen, kantonaler oder gemeindlicher Kaminfeger

Beispiel: wenn dem Notar eine Wohnsitzpflicht auferlegt wird, kann er sich auf die Verletzung der Niederlassungsfreiheit berufen. Beispiel, wo der Staat gleichzeitig eine öffentlich- und privatrechtliche Aufgabe ausführt: EKZ-Gesetz ZH: Versorgung des Kantons mit elektronischer Energie ist Aufgabe des Kantons (Staatsaufgabe), die zusätzliche Option der Wärmeverteilung hingegen kann als eine private Tätigkeit qualifiziert werden. § 2 EKZ

wirtschaftlich: Tätigkeit, die Güter oder DL erstellen, mit der Absicht, ein Einkommen zu erzielen.

Gleichbehandlung direkter Konkurrenten

- Abweichungen sind nur zulässig, wenn qualifizierte Gründe dafür sprechen; Gleichbehandlung in BV 94 ist stärker als die allgemeine Gleichbehandlung in BV 8

Qualifikation direkte Konkurrenten:

- Bäckereien/Konditoreien und Bäckereien/Konditoreien mit angegliedertem Gastwirtschaftsbetrieb (BGE 120 Ia 236 E. 1, 238);

- Taxis mit und Taxis ohne Funkanschluss (BGE 121 I 129 E. 4, 136 ff.);

- bestimmten Zirkusbetrieben (BGE 121 I 279 E. 5 u. 6, 286 ff.) und

- Geschäften in Zentren des öffentlichen Verkehrs und Betrieben in deren engerer Umgebung (BGE 125 I 431 E. 4, 435 ff.).

Qualifikation als keine direkten Konkurrenten:

- Ärzten und Apotheken betr. Medikamentenabgabe (BGer 2A.452/2003;

- Drogerien und Apotheken (BGE 89 I 27 E. 4, 35).

 

Besonderes Gewicht kommt dem Grundsatz zu, wenn es um die Gewährleistung der Chancengleichheit hinsichtlich Marktzugang geht.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Konkurrenten ist sodann insb. zu beachten bei der Zurverfügungstellung des öffentlichen Grundes zum gesteigerten Gemeingebrauch.

Eine «jedenfalls faktische Ungleichbehandlung» ergibt sich auch daraus, dass die kantonalen und kommunalen Polizeivorschriften vielfach nicht harmonisiert sind. Das BGer verneint eine aus dem Gleichbehandlungsgebot der Kantone fliessende Pflicht der Kantone,

Private Betriebe haben einen Anspruch auf Gleichbehandlung gegenüber Staatsbetrieben, soweit der Staatsbetrieb eine private Aufgabe im Wettbewerb wahrnimmt.

Soweit der Staatsbetrieb eine öffentliche Aufgabe im Wettbewerb wahrnimmt, darf der Gesetzgeber den Staatsbetrieb privilegieren. Das gilt beispielsweise für öffentliche Schulen und Kantonalbanken.  

 

Persönlicher Schutzbereich

1. Natürliche Personen mit CH-Bürgerrecht;

2. Natürliche ausländische Personen, soweit sie fremdenpolizeilich uneingeschränkt auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt zugelassen sind - also über eine Niederlassungsbewilligung verfügen oder - einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung haben (z.B. nach den bilateralen Abkommen mit der EU).

3. Juristische Personen mit Sitz in der CH

4. Juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Sitz in CH = umstritten

5. Auch die Frage, ob sich auch ausländische juristische Personen auf die Wirtschaftsfreiheit berufen können, hat das BGer - abgesehen von jenen Fällen, bei denen ein staatsvertraglicher Anspruch auf wirtschaftliches Tätigwerden in der Schweiz besteht (Art. 5 FZA und Art. 17 ff. Anhang I des FZA) - bisher offengelassen

 

 Das Gemeinwesen kann sich nicht auf die Wirtschaftsfreiheit berufen, da es keine privatwirtschaftliche Tätigkeit ausübt. ABER öffentlich-rechtliche Unternehmen im Wettbewerbsbereich:

Prüfschema Wirtschaftsfreiheit

Art. 36 Abs. 1 - 3 & Art. 94 Abs. 4 BV

 

 

1. Massnahmen im sachlichen & persönlichen Schutzbereich ?

  • Nein ? -> Kein Eingriff
  • Ja ? (siehe 2.)

2. grundsatzkonforme Massnahme ? 

  • Ja ? -> Prüfung ob Massnahme Anforderungen gemäss Art. 36 Abs. 1 - 3 BV erfüllt
  • Nein ? -> Prüfung ov Abweichung gemäss Art- 94 Abs. 4 BV gerechtfertig ist. 

3. Fazit / Eingriff zulässig / unzulässig

Grundsatzkonfrom und Anforderungen nach Art. 36 Abs. 1 - 3 BV erfüllt -> EIngriff zulässig 

Grundsatzwidrig aber Abweichung nach Art. 94 Abs. 4 BV gerechtfertigt -> EIngriff zulässig 

Erfüllt eine Massnahme nicht Art. 36 Abs. 1 - 3 BV oder lässt sich die grundsatzwidrige nicht mit Art. 94 Abs. 4 BV rechtfertigen so ist der Eingriff unzulässig.

 

 Grundsatzkonforme Massnahmen (Art. 94 Abs. 1 BV):

Erlaubt sind nur grundsatzkonforme Eingriffe, d.h. Massnahmen, die den Grundsatz der wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung wahren wie z.B. Eingriffe aus sozialpolitischen Gründen oder zum Schutz der Polizeigüter (Ruhe, Ordnung, Sicherheit, Gesundheit, Sittlichkeit, Treu und Glauben im Geschäftsverkehr) Beispiele: Ladenschlussöffnungszeiten, Nachtarbeitsverbote, Reklamevorschriften, Anforderungen an die Ausübung eines Berufes, kantonales Geldspielautomatenverbot, Sicherstellung günstigen Wohnraumes etc.