Einführung in Sozialstrukturanalyse
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Cartes-fiches | 14 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Psychologie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 10.03.2018 / 12.03.2018 |
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Wie werden soziale Ungleichheit und Sozialstrukturanalyse definiert?
Jörg Rössel stellt ab Seite 6 des Studienbriefes „Einführung in die Sozialstrukturanalyse“ die Herleitung für die grundlegenden Definitionen der Sozialstrukturanalyse und der sozialen Ungleichheit dar.
Sozialstrukturanalyse:
Rössler stellt in der Betonung des Handelns für die Soziologie nach Weber und der Gegenüberstellung der Theorie des Homo Oekonomikus und des Homo Sociologicus heraus, dass es vier Determinanten gibt, die die Sozialstruktur beeinflussen.
Sozialstruktur ist demnach die Verteilung der vier zentralen Handlungsdeterminatnen: Handlungsziele, Handlungsressourcen, Handlungsrestriktionen und Handlungspartner, auf die Bevölkerung der zu untersuchenden Einheit (Vergleiche S.11).
In Konsequenz dieser Definition von Sozialstruktur, ist die Sozialstrukturanalyse, die systematische Untersuchung und Auswertung der Sozialstruktur, also der Handlungsziele, Handlungsressourcen, Handlungsrestriktionen und Handlungspartner aller Menschen die zur Untersuchungseinheit gehören.
Soziale Ungleichheit
Aus der Definition der Sozialstruktur leitet Rössler dann auf Seite 12 des Studienbriefes seine Definition der sozialen Ungleichheit ab. Sie ist die „sozial erzeugte Verteilung von Handlungsressourcen und Handlungsrestriktionen in der Bevölkerung der untersuchten Einheit.“ (S. 12) Diese Definition erklärt, dass sich soziale Ungleichheit einer untersuchten Gruppe von Menschen durch eine, sozial bestimmte Verteilung von Handlungsressourcen und Handlungsrestriktionen ergibt.
Nach dieser Definition wäre es theoretisch möglich, dass die sozial erzeugte Verteilung der Handlungsressourcen und Handlungsrestriktionen zu exakt gleichen Teilen an die Menschen einer Untersuchungseinheit geschieht und dann keine soziale Ungleichheit vorliegen würde, sondern soziale Gleichheit.
Mein Vorschlag wäre daher von „sozial erzeugter ungleicher Verteilung“ zu sprechen.
Welche Dimensionen der Struktur sozialer Ungleichheit können betrachtet werden?
Jörg Rössler stellt in seiner Einleitung auf Seite 13 und 14 die Dimensionen der Struktur sozialer Ungleichheit kurz vor um diese dann im Rest des Buches genauer zu beschreiben und empirisch zu untermauern.
Hauptsächlich gibt es zwei Dimensionen sozialer Ungleichheit, die sich wiederum auf viele Unterkategorien und Theorien aufteilen lassen. Diese zwei Hauptdimensionen sind die vertikale Dimension der Ungleichheit und die horizontale Dimension der Ungleichheit.
Vertikale Dimension sozialer Ungleichheit
Die vertikale Dimension sozialer Ungleichheit ist jene auf der in der Forschung ein besonders Augenmerk liegt und die ältere der beiden. Sie geht von der, in allen Gesellschaften vorfindlichen, Vorstellung aus, dass sich Gesellschaft in Oben und Unten teilen lässt. Diese Dimension wird durch Konzepte wie Schicht und Klasse gestützt. Beim Schichtkonzept wird diese vertikale Komponente schon Sprachlich deutlich: Oberschicht, Mittelschicht, Unterschicht. Beim Klassenkonzept nach Marx, als einem prominenten Modell, wird die Vertikale Komponente im Unterscheidungsmerkmal der Ausbeutung einer Klasse durch die andere besonders deutlich. Zur Vertikalen Dimension sozialer Ungleichheit gehören auch Konzepte wie Skalen (86ff) und Lebenslagen (S. 103ff), die in ihrer Bedeutung den Klassen- und Schichtkonzepten, im „Rössler-Buch“, aber nachgeordnet sind.
Horizontale Dimensionen sozialer Ungleichheit
Die Idee der Horizontalen Dimensionen wurde in den 70ger und 80ger Jahren des letzten Jahrhunderts stark. Sie fußt auf der Kritik, dass sich nicht alle sozialen Ungleichheit auf der vertikalen Achse abbilden lassen. Beispiele für solche Horizontalen Ungleichheiten sind hauptsächlich Geschlecht, ethnische Gruppen, Region und Alter. Natürlich können diese noch durch weitere ergänzt werden (Gesundheit, Familienstand, Wohngegend). Die drei Dimensionen Geschlecht, Ethnie und Region sind aber für Rössler die entscheidenden, da diese sich auf eine breite Publikations- und Forschungsbasis stehen, von der Bevölkerung als Konfliktlinien wahrgenommen werden und verteilungsrelevant sind (Vgl. S. 111-114).
Erläutern Sie die Begriffe soziale Schließung, Diskriminierung und Ausbeutung sowie Ihre Zusammenhänge.
Im vorliegenden Studienbrief beschreibt Jörg Rössel die Thematik der "sozialen Schließung" in Anlehnung an Webers Definition einer "offenen und geschlossenen sozialen Beziehung". Hierbei geht es in erster Linie um die Frage, wie es einem bestimmten Personenkreis gelingt bestimmte Chancen oder Ressourcen, auch Privilegien oder Macht, zu monopolisieren, um so andere Personen von deren Nutzung auszuschließen und so außer Konkurrenz zu bleiben. An den Handlungs- und Erwerbschancen der einen sozialen Gruppe teilzuhaben ist demnach für die ausgeschlossene Personengruppe nur beschränkt möglich bis verboten . Durch Prozesse der sozialen Schließung entsteht immer soziale Ungleichheit.
Eine Folge sozialer Schließung ist u.a. Diskriminierung.
Jörg Rössel definiert Diskriminierung in seinem Studienbrief nach Wilhelm Lorenz, 1993: "Unter Diskriminierung versteht man im Kontext der Ungleichheitsforschung, dass man Personen nicht nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit behandelt, sondern bestimmte Personengruppen, meist auf Grundlage askriptiver Merkmale, z.B. die soziale Herkunft, das Geschlecht oder auch die ethnische Zugehörigkeit, schlechter behandelt als andere Personengruppen.
Anschließend geht Jörg Rössler auf das Konzept der Ausbeutung ein. Nach Erik O. Wright liegt Ausbeutung vor, wenn drei Bedingungen erfüllt sind
a) der hohe Wohlstand einer Gruppe hängt ursächlich vom geringen Wohlstand einer anderen Gruppe an
b)diese ursächliche Beziehung basiert auf dem Ausschluss der49 einen Gruppe von der Kontrolle über die zentralen Produktionsmitteil in einer Gesellschaft
c) diese ursächliche Beziehung schließt wesentlich die Aneignung der Arbeitserträge der einen Gruppe durch die andere Grupp ein.
Demnach tritt das Konzept der Ausbeutung in eine enge Verwandtschaft mit dem Konzept der sozialen Schließung, stellt jedoch einen Spezialfall dar. Nach Definition von Ausbeutung kommt hinzu, dass ausgebeute Personen und ausbeutender Personenkreis in einer direkten Beziehung zueinander stehen, so sind z.b. die Arbeitserträge ausgeschlossener Personen von der dominierenden Gruppe angeeignet. Dies ist im allgemeinen Konzept der sozialen Schließung nicht vorgesehen.
Was versteht man unter Bildungsexpansion? Erläutern Sie zwei Determinanten für den Bildungserwerb.
Unter Bildungsexpansion versteht Jörg Rössel den im 19. Jahrhundert einsetzenden Prozess des Anstiegs von Angebot und Nachfrage nach Positionen im Bildungssystem. Beobachten kann man diese Entwicklung an der Verteilung von Schülern auf die weiterführenden Schulen. In den fünfziger Jahren gingen bei Weitem die meisten Kinder nach dem Besuch der Grundschule auf eine Hauptschule, inzwischen ist die Verteilung auf Gymnasium, Realschule und Hauptschule ungefähr gleichmäßig. Daraus folgt zum einen Erhöhung des durchschnittlichen Bildungstandes, zum anderen aber auch des Konkurrenzdruckes bei Personen mit Hauptschulabschluss.
Allgemeine Determinanten für den Bildungserwerb erläutert Rössel in Verbindung mit der Humankapitaltheorie. Diese Theorie geht davon aus, dass sich das Einkommen von Arbeitnehmern nach ihren Fähigkeiten und Wissen richtet. Daher kommt dem Bildungserwerb eine zentrale Rolle zu, er wird als Investition betrachtet. Daraus folgt der Autor zwei Determinanten des Bildungserwerbs, Oppotunitätskosten der Investition und erwartete Rendite. Wissen und Fähigkeiten müssen erlernt bzw. erworben werden, diese Phase von z.B. Studium oder Weiterbildung wird typischerweise nicht, oder nicht gut, bezahlt. Zum Beispiel kann ein Klavierbauer-Geselle eine Weiterbildung zum Klavierbauer-Meister machen, das kostet aber Zeit und Geld, die anders verwendet werden könntet. Die Entscheidungen für oder gegen bestimmte Bildungswege sind also beeinflusst vom benötigten „Startkapital“. Als zweite Determinante nennt Rössel die Rendite. Eine Person wird überlegen, ob Investitionen in sein Wissen und seine Fähigkeiten sich in Zukunft „rechnen“ werden. Erwartet die Person durch das erlernte Wissen oder die erworbenen Fähigkeiten einen Einkommensvorsprung, ist sie eher bereit die Kosten zu tragen. In vielen Betrieben ist zum Beispiel ein abgeschlossenes Studium nötig um bestimmte, besser bezahlte Positionen zu erreichen.
Bildungsexpansion und die Determinanten von Bildundgserwerb stehen also in einem Zusammenhang. Nach der Humankapitaltheorie haben Personen mit höherer Bildung ein höheres Einkommen, können also für ihre Investition in Bildung eine höhere Rendite erwarten. So steigt die Nachfrage nach höherer Bildung.
Was versteht man unter primären und sekundären Effekten der sozialen Herkunft in Bezug auf die Bildungschancen? Geben Sie jeweils ein Beispiel.
Jörg Rössel beschreibt soziale Herkunft als eine der Ursachen für ungleich verteilte Bildungschancen. Bezugnehmend auf Raymond Boudon unterscheidet der Autor zwischen primären und sekundären Effekten, die zu unterschiedlichen Bildungschancen nach Klassenzugehörigkeit führen.
Dabei werden die unterschiedlichen schulischen Ergebnisse von Schülern aus unterschiedlichen Klassenlagen als primärer Effekt verstanden. Jörg Rössel stellt besonders die Rolle des Elternhauses heraus, monetäre Ressourcen, sprachliche Prägung der Kinder und vermittelte Normen und Werte spielen eine Rolle.
Ein Kind hat bessere Chancen, wenn seine Eltern sich eine Wohnung leisten können, in der es ein eigenes Zimmer hat, regelmäßig seine Hausaufgaben kontrollieren, gute Leistungen belohnen und dem Kind schon früh durch Vorlesen und Besprechen von Gute-Nacht-Geschichten sprachliche Kompetenzen vermittelt haben. Deutlich schlechtere Chancen hat ein Kind, das sich sein Zimmer mit seinen Geschwistern teilt, dessen Eltern keinen Anteil an den schulischen Leistungen nehmen und selber kein Interesse an bildungsförderlichen Aktivitäten, zum Beispiel Lesen haben.
Aber auch wenn das zweite Kind trotz der schlechteren Chancen die selben Leistungen bringt, ist die Benachteiligung durch die Klassenzugehörigkeit nicht aufgehoben. Laut Rössel äußert die Benachteiligung sich auch in sekundären Effekten. Die äußern sich auf zwei Arten: Entscheidungen der Eltern und Empfehlungen der Lehrer. Empirische Studien haben gezeigt, dass Lehrer Schüler auch bei selber Leistung in Abhängigkeit vom familiären Hintergrund anders bewerten. So werden zum Beispiel Kinder aus unteren Klassenlagen auch bei guten Leistungen nicht unbedingt eine Gymnasialempfehlung bekommen. Neben den Lehrern spielen aber Entscheidungen der Eltern und des Schülers eine Rolle.
Je nach Einkommen können Eltern sich leichter für Investition in eine höhere Bildung des Kindes entscheiden. Beispielsweise kann ein Kind einkommenstarker Eltern auch in der Studienzeit mit finanzieller Unterstützung der Eltern rechnen. Ein Kind aus einer Arbeiterfamilie wird sich seinen Lebensunterhalt während des Studiums größtenteils selber oder über Kredite finanzieren müssen. Das lässt die Oppotunitätskosten für ein Studium steigen und senkt die erwartete Rendite.
Wie lassen sich die durchschnittlich niedrigeren Einkommen von Frauen im Vergleich zu denen von Männern erklären? Wie lassen sich die durchschnittlich niedrigeren Einkommen in Ostdeutschland im Vergleich zu denen in Westdeutschland erklären?
Laut Rössler gibt es verschiedene Gründe für den Einkommensunterschied der Geschlechter sowie Ost- und Westdeutschland.
Gründe für das niedrigere Einkommen von Frauen sind erstens kulturelle Geschlechtsvorstellungen. Während Männer sich nach der Familiengründung um Karriere und Erwerbsarbeit kümmern, fällt Frauen die Erziehung der Kinder und der Haushalt zu. Durch diese „Arbeitsteilung“ weisen Frauen häufig unterbrochene Berufskarrieren und größere Inflexibilität im Beruf auf. Dies führt direkt zu niedrigerem Einkommen (Jahre in denen Frauen nicht arbeiten fallen für die Einkommenssteigerung weg, kein höheres Einkommen durch Überstunden) und indirekt zu niedrigerem Einkommen (schlechtere Chancen auf dem Berufsmarkt, seltenere Beförderungen). Zweitens ist ein wichtiger Grund die Segregation von Berufsausbildung, Studienfächern und Berufen. „Typisch weibliche Berufe“ weisen ein schlechteres Einkommen auf als „typisch männliche“. Gründe hierfür könnten die kulturelle Entwertung weiblicher Berufe oder Stereotypen (Frauen wird weniger Gehalt zugesprochen und sie verhandlen in Gehaltsverhandlungen zaghafter) sein. Auch konnte nachgewiesen werden, dass Frauen bei gleichem Beruf, im gleichen Betrieb und bei gleicher Qualifikation nur 88% des Lohnes von Männern erhalten. Dieser Trend ist aber in jüngeren Kohorten abnehmend. Drittens erwarten sich Frauen aus den oben beschriebenen Gründen heraus niedrigere Bildungsredinte und investieren daher nicht im gleichen Maße wie Männer in Humankapital, dies führt dazu das Frauen niedrigere Abschlüsse und wiederum niedriges Einkommen haben. (Vgl. S. 45)
Die durchschnittlich niedrigeren Einkommen für Ostdeutsche erklären sich aus der niedrigeren Produktivtät in Ostdeutschland und den höheren Arbeitslosenquoten. Für diese niedrigere Produktivität können zwei Gründe angeführt werden. Erstens ist Ostdeutschland durch seine Produktivität während der DDR-zeit „belastet“. Diese muss als niedriger Produktivität mit mangelnder Infrastruktur in Bereichen von Verkehr und Kommunikation und verschlissenen Anlagen beschreiben werden. Zweitens hat auch der Umtauschkurs der Ostmark in D-Mark von 1:1 der Produktivität geschadet, da durch die erhöhten Löhne viele Betriebe ihre Arbeiter nicht mehr bezahlen konnten und schließen mussten, sodass es zu viel Arbeitslosigkeit kam.
Welche Möglichkeiten der Operationalisierung des Armutsbegriffs kennen Sie? Erläutern Sie den Unterschied zwischen absoluter und relativer Armut.
Nach Rössel versteht man unter dem Begriff absolute Armut eine Form von Armut, die sich am physischen Existenzminimum orientiert. Diese Form der Armut ist aktuell in Deutschland, wenn überhaupt, nur ein Randphänomen. Eher hat man es hier mit der relativen Armut zu tun. Diese orientiert sich am sozio-kulturellen Standard der jeweils untersuchten Gesellschaft. Armut ist hier dann das Unterschreiten eines bestimmen Standards, relativ zur Gesamtgesellschaft. Rössel nennt vier Konzeptionen zur Operationalisierung von Armut: Erstens Sozialhilfebezug als Indikator. Aufgrund der hohen Dunkelziffer was den Bezug von Sozialhilfe angeht, u.a. wegen der Uninformiertheit etwaiger Bezieher, urteilt er ihn als ungeeigneten Indikator. Zweitens wird Einkommensarmut, als aktuell in der Forschung übliches Maß für Armut, vorgestellt. Hier wird ein gesamtgesellschaftlicher Durchschnittswert was das Einkommen angeht errechnet, entweder als Median oder Mittelwert. Als arm gilt man dann, wenn das jeweilige Einkommen einen vorher bestimmten Prozentsatz unterschreitet. Die EU betrachtet z.B. Personen als armutsgefährdet, wenn sie weniger als 60% des Durchschnittseinkommens (Median) verdienen. Als dritte Möglichkeit wird Lebenslagenarmut erwähnt. Diese bezieht im Gegensatz zur Einkommensarmut auch nichtmaterielle Aspekte wie Bildung oder Wohnsituation mit ein und ist entsprechend komplexer. Als vierten und letzten Punkt geht Rössel auf das Deprivationskonzept ein, das die Ausstattung von Haushalten mit Gütern und Dienstleistungen betrachtet. Hier werden Testpersonen u.a. Listen mit Gegenständen vorgelegt. Wenn ihr Haushalt nicht darüber verfügt, muss angegeben werden ob aus persönlichen Gründen oder finanziellen. Zudem wird erfragt wie hoch der Anteil in der Bevölkerung ist, die den Gegenstand als notwendig empfinden. Die Ergebnisse werden gegenübergestellt, um so ein differenziertes Bild von Armut zu erhalten. Andreß und Lipsmeier haben dazu einen Deprivationsindex entwickelt, der die Merkmale die im Haushalt aus finanziellen Gründen fehlen summiert und diese gewichtet mit dem Anteil vergleichbarer Personen, die die Merkmale als notwendig ansehen.
Die letzten beiden Ansätze sieht Rössel als wichtige, differenziertere Ergänzung zum Konzept der Einkommensarmut.
(Rössel, Jörg: Einführung in die Sozialstrukturanalyse. Fernuniversität Hagen, 2017, S. 175 ff)
Erläutern Sie den sogenannten Matthäuseffekt vor dem Hintergrund der Reproduktion sozialer Ungleichheit. Geben Sie ein Beispiel.
Eine Folge von sozialer Ungleichheit kann die kumulative Ressourcenverteilung sein, dabei wird soziale Ungleichheit nicht nur reproduziert, sondern verstärkt. Jörg Rössel erläutert drei Prozesse nach Thomas DiPrete und Gregory M. Eirich. Der einfache Prozess kumulativer Ressourcenverteilung beschreibt den Umstand, dass ein kleiner Vorteil das ansammeln weiterer Ressourcen erleichtern kann. Rössel nennt als Beispiel die Humankapitaltheorie, nach der Wissensvorsprung zu höherem Einkommen führt. Ungleiche Chancen aufgrund gesellschaftlicher Stereotypen verursachen den statusabhängigen Prozess. Nicht unterschiedliche Fähigkeiten, sondern unterschiedliche Beurteilung aufgrund gesellschaftlicher Zuschreibung von Status führen zu sich verstärkender Ungleichheit. Werden zum Beispiel Frauen trotz gleicher Qualifikation schlechter bezahlt, da Arbeitgeber mit Ausfall durch Schwangerschaft und geringerer Flexibiltät von Müttern rechnen, werden es eher die Mütter sein, die ihre Karriere unterbrechen und damit ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt weiter verschlechtern.
Außerdem nennen DiPrete und Eirich den pfadabhängigen Prozess, der bei Robert K. Merton auch Matthäuseffekt genannt wird. Hier ergibt sich die Ungleichheit aus der schon zu Beginn unterschiedlichen Ressourcenausstattung. Erfolg erzeugt neuen Erfolg, die Ergebnisse potenzieren sich. So basieren die aktuellen Erfolge irgendwann nicht mehr auf tatsächlichen Leistungen, sondern nur auf den bisherigen Erfolgen. Ein Beispiel sind Bewertungssysteme bei Online-Händlern, je mehr gute Bewertungen ein Buch hat, umso öfter wird es angesehen und gekauft. Je öfter es angesehen und gekauft wird, um so öfter wird es anderen Käufern vorgeschlagen, umso höher wird es in Suchergebnissen angezeigt. Es wird öfter angesehen, gekauft und bewertet, ein anderes Buch wird weniger oft angesehen, gekauft und bewertet. Popularität und Einkünfte der Autoren gehen immer weiter auseinander. Aus dem kleinen Erfolgsunterschied entwickeln sich ein Bestseller-Autor und ein unbekannter Autor, der von Verlagen und Kritikern kaum wahrgenommen wird. Schließlich kann der erste Autor bei jeder neuen Veröffentlichung, unabhängig von der Qualität, mit einem breiten Publikum rechnen. Die soziale Ungleichheit wird also nicht nur reproduziert, der Abstand vergrößert sich mit der Zeit immer weiter.
Erläutern Sie Parsons‘ Kritik am Modell des Homo Oeconomicus. Was unterscheidet diesen vom Homo Sociologicus?
Der Homo Oeconomicus hat drei Kernmerkmale, das erste Merkmal ist, dass Menschen zielgerichtet handeln und dieses Handeln ist durch spezifische Präferenzen und Motiven bestimmt. Das zweite Merkmal ist, das Menschen in der Verfolgung ihrer Ziele bestimmten Einschränkungen unterworfen sind in Form von Ressourcenausstattung wie Geld oder verfügbares Angebot. Das dritte Merkmal ist, dass Menschen unter der Berücksichtigung der vorangegangen Punkten ihren Nutzen Maximieren wollen und dem entsprechend rational handeln. Jedoch ist das umstritten, da Personen sich oft durch Routinen leiten lassen und die Fähigkeit rationale Entscheidungen zu treffen überschätzt werden. Es bleiben als Kern für den Homo Oeconomicus Handlungsziele und Restriktionen als Kernbegriffe. Der Homo Sociologicus hingegen berücksichtigt stärker die soziologische Wahrnehmung. Person kritisiert, dass man mit dem Homo Oeconomicus nicht erklären kann, warum es eine soziale Ordnung gibt, denn aus ihm würde ein Kampf aller gegen alle resultieren.
Parsons unterscheidet Handlungsmittel die unter unserer Kontrolle stehen und auch eine Handlungsbeschränkung darstellen können, aber er nennt auch die Handlungsbedingungen die nicht unter unserer Kontrolle stehen. Er behauptet das unsere Handlungsziele nicht frei wählbar, sondern kulturell Vorgeprägt sind. Die Handlungsmittel werden nach bestimmten moralischen Wertvorstellung eingesetzt.
Als Kern der beiden Theorien stehen Handlungsziele, Handlungsmittel (Ressourcen) und Handlungsbedingungen(Restriktionen).
Nennen und erläutern Sie die Grundannahmen der Humankapitaltheorie. Inwiefern werden diese von einschlägigen Autor/innen als Faktoren begriffen, die individuelles Handeln bestimmen?
Laut Rössler ist die Humankapitaltheorie eine Theorie, die davon ausgeht, dass Arbeitnehmer nicht vollkommen gleich sind, sondern durch unterschiedliche Bildung eine unterschiedliche Produktivität aufweisen. Die Zentrale These der Theorie lautet daher „Je höher das Humankapital eines Arbeitnehmers und damit seine Produktivität, ist desto höher wird auch sein Einkommen sein.“ (S. 43)
d.h. um so höher die Bildung um so höher die Produktivität um so höher das Einkommen.
Mit Hilfe des von Jakob Mincer entwickelten Regressionsmodell kann nun überprüft werden inwieweit diese These empirisch tatsächlich eine umsetzung findet bzw. welche Gruppen in der Gesellschaft Ungleichbehandlung erfahren, weil sie trotz hohem Humankapital und hoher Produktivität niedriges Einkommen haben. d.h. wo das Leistungsprinzip auf dem Markt nicht umgesetzt wird, obwohl dies irrational scheint.
Die Humankapitaltheorie untersucht neben diesen Lohnunterschieden außerdem, warum Menschen unterschiedlich viel Humankapital anhäufen. Dabei spielen v.a. Kosten in Form direkter Kosten (Schulgeld, Material...) und Opportunitätskosten (Kosten die entstehen, weil die Zeit die für Bildung investiert wurde, auch für den Erwerb von Geld genutzt hätte werden können), die von verschiedenen Akteuren unterschiedlich gut bewältigt werden können, eine Rolle.
Außerdem ist die Investition in Humankapital davon beeinflusst ob Renditen erwartet werden können, d.h. ob sich die Investition finanziell Lohnt. Auch hier entscheiden die Akteure individuell verschieden. Z.b. erwarten Frauen häufig niedriger Rendite, da sie die Erwerbslaufbahn aus familiären Gründen unterbrechen. Frauen investieren daher häufig weniger in Humankapital als Männer.
Definieren Sie die Begriffe Ressourcen und Restriktionen.
Rössel definiert in seinem Studienbrief die Begriffe Ressourcen und im Unterschied dazu Restriktionen (Rössel 2017: 26). Beide beeinflussen in großem Maße die Entstehung sozialer Ungleichheit.
Ressourcen sind für Rössel in Anlehnung an Korpi Fähigkeiten oder Gegenstände, die einem Akteur zur Erreichung seines Ziels dienen. Meist werden Ressourcen für den persönlichen Konsum verwendet, können aber auch zur Bestrafung oder Belohnung anderer Akteure verwendet werden. Beispiele für Ressourcen sind Geld, Nahrungsmittel, Körperkraft oder Wissen.
Restriktionen sind Phänomene, die die Handlungsmöglichkeiten von Akteuren beschränken und können von diesen auch nicht kontrolliert werden. Restriktionen können vielfältige Ausprägungen haben, es können physische oder technische Begrenzungen sein, wirtschaftliche oder soziale Beschränkungen.
Der grundlegende Unterschied zwischen Ressourcen und Restriktionen liegt darin, dass Ressourcen Handlungen ermöglichen und Restriktionen Handlungen einschränken.
Erläutern Sie zunächst den Kapitalbegriff Bourdieus, der Ihnen aus den Kursen „Sozialstrukturanalyse“ und „Soziale Ungleichheit“ bekannt ist. Erläutern Sie dabei insbesondere die vier von Bourdieu unterschiedenen Arten von Kapital. Nehmen Sie daraufhin Stellung zu den folgenden Fragen: Worin liegt der zentrale Unterschied zwischen den Kapitalbegriffen von Marx und Bourdieu? Welcher Kapitalbegriff erscheint Ihnen geeigneter zur Erklärung der Sozialstruktur moderner Gesellschaften? Begründen Sie Ihre Antworten.
Kapital nach Bourdieu
Nach Nicol Burzan und Jörg Rössel nimmt das Kapital für Bourdieu die zentrale Stelle bei der Positionierung einer Person im sozialen Raum ein. Kapitalvolumen, Kapitalstruktur und die soziale Laufbahn entscheiden dabei gemeinsam über diese Positionierung. Bourdieu bezieht Kapital dabei aber nicht allein auf monitäre Ressourcen oder Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sondern unterscheidet Kapital in vier verschiedene Arten. Ökonomisches Kapital bezeichnet die monetären Ressourcen die einer Person zur Verfügung stehen. Es ist quasi, was herkömmlich (z.B. bei Marx) unter Kapital verstanden wird. Kulturelles Kapital ist die zweite Art des Kapitals, dass sich wiederum in drei Untergruppen teilen lässt. Erstens das inkorporierte kulturelle Kapital, welches sich auf (vor allem in der Kindheit) erworbenes Wissen (/Bildung) bezieht. Hierbei kommt der Herkunftsfamilie eine besondere Rolle zu, weil in ihr der Grundstein für dieses Kapital gelegt wird und die Kindheit (bereits vor der Schule) besonders prägend ist. Zweitens das objektivierte kulturelle Kapital, damit sind kulturelle Gegenstände gemeint, die sich leicht in ökonomisches Kapital übersetzten lassen, gleichzeitig ihre volle Wirkung erst durch die Fähigkeit diese Gegenstände zu benutzen, entfalten (z.B. das Fähigkeit ein Instrument zu spielen). Drittens dasinstitutionalisierte kulturelle Kapital, welches den Erwerb von Bildungstiteln und allgemein anerkannten Qualifikationen meint, die sich durch bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt ebenfalls leicht in ökonomisches Kapital umsetzten lassen. Die dritte Kapitalart nach Bourdieu ist das soziale Kapital, womit der Aufbau von Beziehungen, Netzwerken, Freundeskreisen gemeint ist, welche wiederum genutzt werden können um über die Aufgebauten Beziehungen bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu haben und so indirekt wieder in ökonomisches Kapital übersetzt werden können.
Die vierte Kapitalart nach Bourdieu ist das symbolische Kapital. Dieses Kapital entsteht, wenn eine Person Prestige und Renommee von anderen zugesprochen bekommt aufgrund der vorangegangenen drei Kapitalarten.
2/3 Erläutern Sie zunächst den Kapitalbegriff Bourdieus, der Ihnen aus den Kursen „Sozialstrukturanalyse“ und „Soziale Ungleichheit“ bekannt ist. Erläutern Sie dabei insbesondere die vier von Bourdieu unterschiedenen Arten von Kapital. Nehmen Sie daraufhin Stellung zu den folgenden Fragen: Worin liegt der zentrale Unterschied zwischen den Kapitalbegriffen von Marx und Bourdieu? Welcher Kapitalbegriff erscheint Ihnen geeigneter zur Erklärung der Sozialstruktur moderner Gesellschaften? Begründen Sie Ihre Antworten.
Marx und Bourdieu
Marx und Bourdieu verwenden beide den Kapitalbegriff um das aus ihrer Sicht zentrale Merkmal zu bestimmen anhand dessen sich die Gesellschaft in verschiedene Klassen teilen lässt. Beide kommen anhand des Kapitalbegriffs zu einer Unterteilung von einer „Oberklasse“ (Herrschende Klasse/ Bourgeoisie) und einer „Unterklasse“ (Volksklasse/Proletariat) während für Bourdieu auch die Mittelklasse noch einen wichtigen Stellenwert einnimmt, räumt Marx lediglich in seinem konkreten Klassenmodell (vs. abstrakten Klassenmodell) ein, dass es noch Zwischenklassen geben kann (vgl. Burzan S.13). Hier zeigt sich bereits ein Unterschied zwischen den Konzepten. Während Marx seine Theorie auf einem Induktiven Schluss aufgebaut hat ( aus einem Phänomen in der Gesellschaft seiner Zeit entwickelt er seine Theorie, die aber abstrakter und empirisch ungeprüft bleibt), baute Bourdieu seine Theorie auf einem Deduktiven Schluss auf (von seiner Theorie aus prüfte er die Gesellschaft Frankreichs und entwickelt so die drei Klassen, die deshalb auch nicht ohne weiteres auf Deutschland übertragbar sind). Zur herrschenden Klasse gehören in beiden Konzepten alle jene Menschen die über ein großes Kapitalvermögen verfügen. Bei Marx unter Berücksichtigung das Kapital gleichzusetzen ist mit dem Besitz von Produktionsmitteln, bei Bourdieu unter der Bedingung der Prüfung, der Kapitalstruktur. Im Bezug auf den Kapitalbegriff besteht der entscheidende Unterschied der zwei Klassenkonzept darin, dass Marx nur auf eine der drei von Bourdieu vorgestellten Kapitalarten fokussiert, nämlich auf das ökonomische Kapital. Bei Marx sind lediglich die Produktionsmittel entscheidend in deren Besitz die eine Klasse ist, während die andere Klasse nicht in ihrem Besitz ist. Hier liegt für Marx der Grenzlinie zwischen den Klassen. So kann bei Marx ein zwar armer aber gut gebildeter Hochschullehrer mit einem großen gebildeten (reichen) Bekanntenkreis und allgemeiner Anerkennung, trotzdem nicht zur Bourgeois gehören, da er ja nicht über Produktionsmittel verfügt, was damit gleichzusetzen ist, dass er kein Kapital besitzt. Bei Bourdieu hingegen ist es kein Problem, dass diese Person zur herrschenden Klasse gerechnet wird, da sie aus seiner Sicht ein hohes Kapitalvolumen und eine ausreichend gute Kapitalstruktur besitzt.
3/3 Erläutern Sie zunächst den Kapitalbegriff Bourdieus, der Ihnen aus den Kursen „Sozialstrukturanalyse“ und „Soziale Ungleichheit“ bekannt ist. Erläutern Sie dabei insbesondere die vier von Bourdieu unterschiedenen Arten von Kapital. Nehmen Sie daraufhin Stellung zu den folgenden Fragen: Worin liegt der zentrale Unterschied zwischen den Kapitalbegriffen von Marx und Bourdieu? Welcher Kapitalbegriff erscheint Ihnen geeigneter zur Erklärung der Sozialstruktur moderner Gesellschaften? Begründen Sie Ihre Antworten.
Geeigneterer Ansatz
Aus meiner Sicht, ist die Theorie Bourdies geeigneter um die Sozialstruktur der modernen Gesellschaft zu beschreiben, da sie die Gesellschaft differenzierter in den Blick nimmt, was nicht zuletzt an dem Deduktiven, statt Induktiven vorgehen liegt. Bei Marx vermisse ich ganze Gruppen der Gesellschaft, die sich aus meiner Sicht nicht eindeutig den Klassen zugeordnet werden können da sie sich nicht in erster Linie über den ökonomischen Markt definieren lassen. (Bsp. „Intellektuelle Arbeitnehmer“ wie Lehrer, Geistliche, Politiker...). Politiker z.B. verfügen vielleicht nicht unbedingt über Produktionsmittel im Marxchen Sinne, trotzdem definieren sie sich in hohem Maße über Macht und Herrschaft. Hier wird der Widerspruch besonders deutlich.
Insgesamt lautet eine starke Kritik an dem Marxchen Modell, dass es zwar die kapitalistischen Gesellschaft des 19. Jhd. beschreibt, aber für moderne Gesellschaften nicht mehr funktioniere (vgl. Burzan S. 12). Dem würde ich mich anschließen, wobei Marx Beitrag, auf die Ungleichheit in der Gesellschaft zu achten (und dem entgegenzuwirken) aus meiner Sicht auch heute noch nicht aus dem Blick geraten darf. Besonders im Globalen Vergleich scheint der Unterschied zwischen reichen und armen Ländern bei einem Ginikoeffizeinten von 0,65 (Vgl. Rössel 162) ein Problem angenommen zu haben, dem sich die Soziologie als „Kriesenwissenschaft“ (Vgl. Schäfers S. 159ff.) kritisch widmen muss.
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