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Lehren & Lernen

Kainz, Uni Wien

Kainz, Uni Wien

Kartei Details

Karten 14
Sprache Deutsch
Kategorie Pädagogik
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 13.06.2016 / 16.07.2018
Lizenzierung Keine Angabe
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1.Erläutern Sie die Begriffe des expansiven und defensiven Lerngrunds in Klaus Holzkamps Lerntheorie. Welche Folgen für den Unterricht lassen sich daraus ableiten?

Klaus Holzkamp: subjektwissenschaftliche Lerntheorie

  • Lernen benötigt Lerngründe
  • Expansive Lerngründe:
    • Erweiterung von Weltverfügung
    • Lernen geschieht nicht um seiner selbst willen (d.h. nicht intrinsische Motivation)
  • Defensive Lerngründe:
    • Abwendung bzw. Vermeidung der Beeinträchtigung und Bedrohung von Lebensqualität
  • Aussicht auf Erweiterung oder Abwendung muss subjektiv erfahrbar und antizipierbar sein, um eine Lernmotivation überhaupt erst auszulösen.

Defensives Lernen ist ein erzwungenes und widerständiges Lernen, mit allen begleitenden Störerscheinungen, und ist nicht auf den Lerninhalt, sondern auf die Bewältigung der Situation gerichtet. Es besteht kein Interesse daran, etwas zu lernen, sondern die Situationsanforderung zu bewältigen und nur so viel zu lernen, dass das gelingen kann.

Beim Expansiven Lernen werden Lernaktivitäten nicht primär aufgrund der Anforderungen gesteuert.

Im schulischen Kontext ist es wichtig, defensives, widerständiges Lernen möglichst zu verhindern. Daher ist das Beobachten und Interpretieren von Lernprozessen eine zentrale Kompetenz von LehrerInnen. Lernen wird angeregt durch strukurierte Begleitung (scaffolding) und Rückmeldung (formativ) der Lehrerinnen.

Defensives Lernen folge demnach einem „hidden curriculum“: man lernt, wie man Prüfungsanforderungen am besten erfüllt, wie man den Erwartungen des Lehrers/der Lehrerin entspricht, wie man den Lehrgegenstand reproduziert, nicht aber wie man seine subjektiven Lerngründe erkennt, verfolgt und bearbeitet. Gerade letzteres durch entsprechende Begleitung und Rückmeldung zu ermöglichen und zu fördern wäre aber die Aufgabe von schulischem Unterricht, sofern dieser neben bloß instrumentellen Zielen auch eine Bildungsaufgabe wahrnimmt. 

2.Auf welchen Phänomenen des Lernprozesses liegt der Schwerpunkt in den kognitiven Lerntheorien? Zählen Sie wenigstens drei der besonders charakteristischen Begriffe auf. Worauf müsste man in der Folge im Unterricht achten?

Kognitivistische Ansätze sehen Lernen durch Einsicht und Informationsverarbeitung.

Aktivität spielt im Lernprozess eine bedeutende Rolle. Das Kind eignet sich die „Welt“ in aktiver Auseinandersetzung mit ihr an.

Die Prozesse Assimilation (Anpassung der eintreffenden Informationen an die vorhandenen Wahrnehmungsstrukturen) und Akkommodation (Veränderung der subjektiven Schemata durch die Ausrichtung an der Welt) bestimmen die kognitive Entwicklung eines Kindes. Gleichgewicht zwischen Assimilation u Akkommodation = Äquilibration

Lernen wird durch „dosierte Diskrepanzerlebnisse“ angeregt, die einen mittleren Grad an Ungleichgewicht beim Lernenden hervorrufen.

Im Laufe der Entwicklung kann man sich zunehmend von den Einflüssen seiner Umgebung lösen und in Gedanken Probleme durchspielen (undenkbar in einem behavioristischen Verständnis!)

Theorien legen den Fokus auf die mentalen Prozesse, die im Zuge eines Lernvorganges stattfinden (Wie? Wann? Unter welchen Bedingungen lernen wir? Usw.)

Dabei spielen Annahmen über die Art und Weise, wie Wissen und Erkenntnis strukturiert sind eine zentrale Rolle (vgl. Schemata bei Piaget, „basic ideas“ bei Bruner)

Lernen als Wechselwirkung (oder Dialektik) zwischen kognitiven Fähigkeiten und Erfahrungen in der physischen bzw. sozialen Umwelt.

Lehren als Bereitstellung entwicklungsadäquater Angebote. Inhalte sind Lernanlässe für weitere kognitive Entwicklung.

Das Verhältnis von Lehren und Lernen als Problem der psychischen und/oder sozialen „entwicklungsbedingten“ Ordnung und Reihenfolge

3.Aus welcher Lerntheorie stammt folgende Passage? Wie begründen Sie Ihre Zuordnung? Wie wird Lernen in diesem Ansatz erklärt? Welche Begriffe sind für diese Lerntheorie zentral?

Die pädagogischen Anwendungen beziehen sich vor allem auf den Erwerb emotionaler Reaktionen. Beispielsweise kann eine Prüfungssituation von einem Schüler als blamabel und beschämend erlebt worden sein, weil er schlecht abgeschnitten hat. Wiederholte Misserfolgserlebnisse können zur Herausbildung einer allgemeinen Angst- und Vermeidungshaltung gegenüber Prüfungen führen und durch Reizgeneralisierung auf Schule und Lernen im Allgemeinen ausgeweitet werden. 

Die Passage stammt aus der Behavioristischen Lerntheorie, da hier immer Reiz und Reaktion miteinander verknüpft werden. In diesem Fall ist die Prüfungssituation (bzw. später auch die Schule und Lernen im Allgemeinen) der Reiz und die Angst die Reaktion darauf. Durch wiederholte Misserfolge wird der Schüler/die Schülerin auf die Angstreaktion konditioniert.

In Behavioristischen Ansätzen ist Gegenstand der Forschung ist das beobachtbare Verhalten. Lernen wird als Reaktion auf einen Reiz und durch Imitation erklärt. Dies entspricht einer Stimulus-Response-Theorie: Reiz und Reaktion sind miteinander verknüpft. Nach einem Reiz kommt es zur Assoziationsbildung in Form einer Reaktion. Die Prozesse der Assoziationsbildung werden „Konditionieren“ genannt (= Erlernen von Reiz-Reaktions-Mustern)

Klassische Konditionierung: Erfahrung, dass manche Reize meist zusammen auftreten (neutraler Reiz wird kombiniert mit unkonditionierten Reiz -> selbe Reaktion; Bsp.: Glocke/Futter/Hund)

Operante Konditionierung: Erfahrung, dass eigenes Handeln mehr oder weniger erfolgreich ist (neuronale Verbindungen werden gestärkt oder geschwächt – ohne Einsicht oder Verstehen)

Modellernen: Erfahrung, wie andere Menschen sich in bestimmten Situationen verhalten

6.Welche Lerntheorie basiert auf folgender Vorannahme und welche zentralen Thesen in Bezug auf das Lernen werden formuliert? Nennen Sie drei solcher zentralen Thesen. Wie lautet die Kritik an dieser Lerntheorie?

„Für das Nervensystem selbst gibt es kein Innen und Außen, kein Input und kein Output, nur der Beobachter kann von Input und Output sprechen“ (Portele 1989:46). Wenn aber „die Unterscheidung zwischen intern und extern entstandenen Zuständen für das Gehirn nicht leistbar ist, dann kann es für das Gehirn keine Repräsentation des Außen geben.“ (Portele 1989:48)

Auf dieser Vorannahme basiert der Konstruktivismus. Glasersfeld (radikaler Konstruktivismus) führt im Blick auf die Pädagogik und das Lernen folgende zentrale Thesen an:

  • Lernen sei von Training (im Sinne von Abrichtung und Dressur) zu unterscheiden
  • Wissen könne nicht einfach durch Sprache übertragen werden, da Sprache vom Empfänger auf seine Weise interpretiert werde
  • Lehren sei eine soziale Tätigkeit (schließt Mitmenschen mit ein), Lernen jedoch eine private Tätigkeit

Kritik:

  • Objektive Erkenntnis nicht möglich
  • „Internalismus“: Begriffe nur internalistisch konstruiert, und somit nur intern gültig, dann können sich Begriffe nicht auf mehrere Personen beziehen
  • Lehrender ist lediglich Instrukteur und hat keinen Einfluss auf die Verarbeitung des Erlernten
  • Die Begründung für den radikalen Konstruktivismus basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, die nach seiner eigenen Definition keine Gültigkeit haben können, denn ein nicht vorhandener Zugang zur Wirklichkeit (wie ihn der radikale Konstruktivismus postuliert), kann als Teil der Wirklichkeit nicht anerkannt werden. Somit hat der radikale Konstruktivismus ein „Selbstanwendungsproblem“
  • Konstruiert seine Wirklichkeit ausschließlich selbst und intern -> Fatalste Möglichkeit, Lernender erkennt allgemein gültige ethische Konventionen nicht an, da er seine Erkenntnisse nicht mehr reflektieren und mit anderen diskutieren muss.

Herausforderungen für die Schule

  • Effektivität als weltweites Leitmotiv für Schulsysteme:
    • Durch PISA & Co. wird der Leistungsfähigkeit von Schulen gegenwärtig viel Aufmerksamkeit zuteil.
    • LehrerInnen und Schulen geraten ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik, da der Grad der Effektivität von diesen Ergebnissen abgeleitet wird.
    • Das österreichische Schulsystem ist nämlich nicht so leistungsfähig und effizient wie erhofft (knapp unter OECD-Durchschnitt, Risikogruppe bei 20%, Burschen hinken im Lesen stark hinterher).
    • Es hat sich auch gezeigt, dass es eine geringe Mobilität zwischen den Bildungsschichten gibt.
    • In den Hintergrund gerät die eigentliche pädagogische Aufgabe: Lernen und Bildung auf den Weg zu bringen, Lernen nicht als Erledigung zu verstehen (teaching to the test), sondern in seinem Vollzug, seinen Prozess anzuregen und zu begleiten (Fehlerkultur!).
    • Das Lösen von Testaufgaben steht nicht im Fokus des Unterrichts. Konsequenz: Formulierung von Standards/Mindestzielen.
  • LehrerInnenbildung im Umbruch:
    • Auch der LehrerInnebildung wird derzeit viel Aufmerksamkeit zuteil.
    • Europaweit befindet sich die LehrerInnebildung in Reformprozessen (Einführung von Bachelor-Mastersystemen, Aufwertung der Praxisphasen und schulpraktischen Studien).
    • Es soll auch nicht mehr jede/r LehrerIn werden können  -> Self-Assessment/Eignungstest/Beratungsgespräch (kognitive und verbale Fähigkeiten sowie Belastbarkeit und eine gewisse Sozialkompetenz).
  • Heterogenität:
    • Verursacht durch Globalisierung und Migration sowie verstärkende Individualisierungsprozesse innerhalb der Kultur.
    • Nimmt zu.
    • Mögliche Reaktionen: Passiv (Fiktion der Standardschüler) – Selektiv (Aufnahme wird gesteuert) – Proaktiv (Differenzierte Angebote).
    • Es gibt keine Generallösung für den Umgang mit Heterogenität.
    • Grundsätzlich stellt sie Lehrpersonen vor besonders große Herausforderungen.
    • Eine Kombination von stark individualisierten Formen einerseits und stark gelenkten Formen andererseits wird sinnvoll sein.
    • LehrerInnen (agency) und Schulleitung/Politik (structure) müssen zusammenarbeiten.

Behavioristische Ansätze (Lerntheorien)

  • Die Lernforschung wird unter ein naturwissenschaftliches Paradigma (Experimente, Wiederholungen) gestellt.
  • Gegenstand der Forschung ist das beobachtbare Verhalten.
  • Ausgangspunkt: Tier-Mensch-Kontinuum.
  • Lernen wird als Reaktion auf einen Reiz durch Imitation verstanden.
  • Das entspricht einer SR-Theorie (Stimulus-Response): Reiz und Reaktion sind miteinander verknüpft. Nach einem Reiz kommt es zur Assoziationsbildung in Form einer Reaktion. Die Prozesse der Assoziationsbildung werden „Konditionieren“ genannt (=Erlernen von Reiz-Reaktions-Mustern).
  • Verhalten ist damit vorhersagbar (Verhaltensrepertoire).
  • Lernerfahrungen eines Menschen lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen:
    • Erfahrung, dass manche Reize meist zusammen auftreten führt zum Lernen durch klassische Konditionierung (neutraler Reiz wird kombiniert mit unkonditionierten Reiz -> selbe Reaktion; Beispiel Glocke/Futter/Hund)
    • Erfahrung, dass eigenes Handeln mehr oder weniger erfolgreich ist, führt zum Lernen durch operante Konditionierung (neurale Verbindungen werden gestärkt/geschwächt; keine Einsicht/Verstehen)
    • Erfahrung, wie andere Menschen sich in bestimmten Situationen verhalten, führt zum Modellernen

Skinner: Reaktion der Umwelt auf den Response ist auch wichtig (operante Konditionierung). Erst diese Reaktionen lösen Verhaltensänderungen bzw. Lernprozesse aus.

Kognitivistische Ansätze

  • Lernen durch Einsicht und Informationsverarbeitung.
  • Man interessiert sich für die kognitiven Prozesse (Verarbeitungsprozesse), die beim Behaviorismus noch in der Black Box versteckt waren.
  • Die kognitive Entwicklung basiert auf allgemeinen dynamischen Handlungsstrukturen, den Schemata, die sich in der Interaktion des Kindes mit der Welt fortschreitend aufbauen (Lernen als interaktiver Aufbau von Schemata).
  • Ein sich allmählich einstellendes Gleichgewicht (Äquilibration) zwischen Einpassung der Eindrücke in vorhandene Schemata und Anpassung der Schemata an die Eindrücke der Welt ist das Ergebnis einer Reihe von Dezentrierungen, die es dem Subjekt ermöglichen, seinen Standpunkt zu wechseln, andere Blickwinkel einzunehmen und seine Sicht auf die Welt auf diese Weise zu erweitern (Am Beginn der Entwicklung zunächst Egozentrik, d.h. keine andere Perspektive einnehmen zu können).
  • Die Anpassung geschieht durch Assimilation (Umwelt werden Schemata aufgedrängt) und Akkommodation (Schema wird an Objekte angepasst, Beispiel Becher/Suppe/Strohhalm).
  • Die reflexiv orientierte Betrachtung und Evaluierung der eigenen Wahrnehmung und Erkenntnis stellen eine zentrale Voraussetzung für den Zuwachs an Erkenntnis und somit für die Möglichkeit zu Lernen dar.

Bruner: Vorwissen ist Grundlage für weitere Wissens- und Skill-Aneignungen. Konzeptuelles Verstehen ist die nachhaltige Aneignung von Wissen, Vernetzen von Wissenselementen. Die Auseinandersetzung mit den eigenen Prozessen (Gedanken, Einstellungen, etc.) ist die zentrale Grundlage für erfolgreiches Lernen (Metakognition). Für den Unterricht schlägt Bruner ein Spiralcurriculum vor, d.h. die „basic ideas“ werden von Anfang an unterrichtet und kommen immer wieder mit zunehmender Komplexität vor (Beispiel: Einkaufen, Bestellen -> Gesund/ungesund, Nachhaltig -> Literatur, Genfreiheit).

Stufen der Psychogenese bzw. Strukturen der Erkenntnis

Kognitivistischer Ansatz:

  • Sensomotorische Phase (bis ca. 2 Jahre): Kontrolle der motorischen Fähigkeiten, Nachahmungsverhalten
  • Präoperative Phase (1,5 – 7 Jahre): Mit Sprache werden Erfahrungen organisiert, Dinge benannt
  • Konkret-operative Phase (7 – 11 Jahre): Abstraktionen sind möglich, bleiben aber an Gegenstände gebunden
  • Formal-operative Phase (ab ca. 11 Jahre): abstrahierendes, logisches und systematisches Denken, Hypothesenbildung