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Modul 2 - 33159: Einführung in die Sozialstrukturanalyse

Lesekurs

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Kartei Details

Karten 48
Sprache Deutsch
Kategorie Pädagogik
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 20.01.2015 / 08.03.2018
Lizenzierung Keine Angabe
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Rössel leitet den Begriff der Sozialstruktur aus der Theorie des rationalen Handelns und der Handlungstheorie von Parsons ab.

Bestimmen Sie die Bedeutung der Begriffe ‚Handlungsmittel’, ‚Handlungsbedingungen’ und ‚Handlungsziele’ und geben sie jeweils Beispiele dafür.

Menschliche Akteure verfolgen in bestimmten Situationen bestimmte Handlungsziele. Die Zielwahl ist nach Parsons durch die kulturellen Werte einer Gesellschaft beeinflusst.

Handlungsmittel sind die Ressourcen einer Person, welche ökonomisches Kapital, sowie erworbenes Wissen, Abschlüsse, Zertifikate oder auch erworbene Fähigkeiten sein können. Akteure sind mit kontrollierbaren Handlungsmitteln ausgestattet und können mit deren Hilfe Ziele erreichen, z.B. entscheiden sie, ob sie ihr Flugticket und ihren Reisepass mitführen.

Handlungsbedingungen sind unkontrollierbare Rahmenbedingungen auch Restriktionen (Begrenzungen, Beschränkungen) genannt, welche eine Person ausgesetzt ist und den Handlungsspielraum einschränken können. Ein Beispiel hierfür sind vorgegebene Preise. Möchte sich jemand ein Motorrad kaufen, reicht allein der Wunsch danach nicht aus, sondern der vorgegebene Preis muss auch bezahlt werden können. Damit ist der Preis die Handlungsbedingung oder Restriktion. Noch ein Beispiel: ein Akteur möchte am Flughafen einchecken, er hat sein Ticket und den Reisepass dabei. Der Flug wurde jedoch aufgrund der Wetterlage storniert.

Handlungsziele sind die Ziele, die eine Person durch ihr Handeln zu erreichen versucht. "Ich möchte einen Motorrad besitzen", wäre hier z.B. ein Handlungsziel. Auf dieses Ziel arbeitet der Mensch hin. Je nach Ressourcenausstattung kann er es nach längerer oder kürzerer Zeit erreichen.

Parsons geht in seinem handlungstheoretischen Bezugsrahmen davon aus, dass Menschen in der Wahl ihrer Handlungsziele nicht völlig frei sind. Kulturellen Werte ihrer Gesellschaft prägen sie.

Leiten Sie aus den Begriffen ‚Handlungsmittel’, ‚Handlungsbedingungen’ und ‚Handlungsziele' die Definition von ‚Sozialstruktur’ und ‚sozialer Ungleichheit’ ab.

Sozialstruktur gibt an wie Handlungsmittel, Bedingungen und Ziele in der Bevölkerung verteilt sind. Soz. Ungleichheit entsteht durch die unterschiedliche Verteilung von Ressourcen und Restriktionen

Definition Sozialstruktur: Unter Sozialstruktur ist die Verteilung der vier zentralen Handlungsdeterminanten (Handlungsziele, Handlungsressourcen, Handlungsrestriktionen und Handlungspartner) auf die Bevölkerung der zu untersuchenden Einheit zu verstehen.

Sozialstruktur gibt also an, wie Handlungsziele, Handlungsmittel, Handlungsbedingungen und Handlungspartner innerhalb der untersuchten Bevölkerungseinheit verteilt sind. Die Sozialstrukturanalyse und die Ungleichheitsforschung (sowie die Soziologie generell) hat es mit Kollektiven (und nicht mit Einzelpersonen) zu tun. Hier steht meist die Bevölkerung eines oder mehrerer Länder im Zentrum der Analyse. Die Sozialstruktur einer Gesellschaft setzt sich also aus Menschen zusammen, die hinsichtlich ihrer Handlungsmittel und Handlungsbedingungen ungleich sind und die somit ungleiche Anstrengungen zur Erreichung ihrer Handlungsziele aufwenden müssen. Manche Handlungsziele sind gar für bestimmte Menschen unerreichbar.

Soziale Ungleichheiten stellen die sozial erzeugte Verteilung von Handlungsmittel und Handlungsbedingungen in der untersuchten Bevölkerungseinheit dar. Menschen sind ungleich ausgestattet mit Ressourcen und unterliegen individuellen Handlungsrestriktionen. Handlungsziele setzen sich aus der Kombination von Ressourcen und Restriktionen zusammen, daher fallen auch diese individuell aus. Manchmal ist es einem Menschen unmöglich ein Handlungsziel zu erreichen, weil ihm Ressourcen fehlen oder er von einer Restriktion betroffen ist. Einer anderen Person ist es aber möglich. Von sozialer Ungleichheit wird dann gesprochen, wenn zwei Kinder mit der gleichen Ausstattung an Auffassungsgabe, Konzentration und Lerneifer nicht dieselben Möglichkeiten haben, ihr Handlungsziel (einen bestimmten Schulabschluss) zu erreichen, weil eines von ihnen aus einem reichen Elternhaus oder eine bildungsnahen Familie stammt, das andere jedoch nicht.

Bestimmen Sie die Bedeutung der Begriffe ‚Macht’ und ‚Prestige’. In welchem Verhältnis stehen Sie zur Ressourcenverteilung in einer Gesellschaft?

Macht und Prestige stellen Merkmale der Beziehungen zwischen Akteuren dar, die von der zugrundeliegenden Struktur der Ressourcenverteilung abgeleitet sind. Diese Begriffe basieren auf der Verteilung von Ressourcen, es sind relationale Merkmale der Beziehung zwischen den Akteuren, keine in der Bevölkerung verteilten Merkmale der Akteure. Damit kann soziale Ungleichheit einerseits und menschliche Beziehungen und Interaktionen andererseits theoretisch miteinander verknüpft werden. Prestige und Macht sind Folgen sozialer Ungleichheit aber nicht Bestandteile sozialer Ungleichheit.

Prestige ist das Resultat der Wahrnehmung und Bewertung einer Person bzw. Personengruppe mit ihrer jeweiligen Ressourcenausstattung durch andere Akteure. Es stellt keine Ressource, die in der Gesellschaft verteilt werden kann bzw. die im Besitz von Personen ist und ausgetauscht werden kann, dar, sondern ein relationales Merkmal, das von der Beziehung zwischen Personen bzw. Personengruppen abhängig ist.

Prestigeskalen finden ihre Verwendung überwiegend für Berufe. Sie korrelieren stark mit dem sozioökonomischen Status der Berufe (der jeweiligen Ressourcenausstattung der jeweiligen Berufsgruppe). Eine zentrale Rolle bei der Bewertung spielen Bildungsvoraussetzungen und monetäre (finanzielle) Vergütung (Ressourcen).

Macht ist ein von der Verteilung von Ressourcen, also der sozialen Ungleichheit in der Gesellschaft, abgeleitetes Phänomen. Das Machtverhältnis zwischen zwei Personen ist durch ihre jeweilige Ausstattung an Ressourcen bestimmt, damit beruht Macht von Personen in sozialen Beziehungen auf ihrer relativen Ausstattung mit Ressourcen, die sie für die Belohnung oder Bestrafung der Interaktionspartner in Beziehungen einsetzen können.

Bourdieu stellt eine ‚alternative’ Konzeptualisierung von Ressourcen vor. Im Vordergrund stehen dabei die verschiedenen Kapitalsorten (ökonomisches, kulturelles, soziales Kapital, vgl. dazu auch Kurs ‚Theorien sozialer Ungleichheit’, Kapitel 6)

Auf welche Weise lassen sich die Kapitalsorten ineinander konvertieren und welche Risiken können dabei auftreten? TEIL 1 von 2

Ökonomisches Kapital: Geld oder ähnliche Werte, die in Geld umgewandelt werden können. Ist in hohem Maße konvertierbar: Ressourcen (wirtschaftliche Möglichkeiten wie Wertpapiere, Unternehmen) können gekauft werden (jedoch nicht Schulabschlüsse, künstliche Anerkennung oder wissenschaftlichen Ruf). Ökonomisches Kapital schafft in anderen sozialen Feldern günstige Bedingungen für eine Karriere (man kann Zeit und Geld in eine Laufbahn stecken). Risiken sind Fehlinvestition (Falsche Wertpapiere) oder auch Inflation (Wertverlust).

Soziales Kapital: Beziehungen, Gruppenzugehörigkeiten, Netzwerke, bietet breite Möglichkeiten der Konversion (Übertritt) und Investition, gute Netzwerke sind dabei eine wichtige Bedingung in vielen sozialen Feldern. Stellt eine wichtige Bedingung für Karriere dar (Wissenschaft: Ko-Autorenschaften, Zitationswerke,  Wirtschaft: „Old Boys- Netzwerke“, Mentoren in Unternehmen). Hohes Risiko: Hierbei ist die Wahl der richtigen Beziehungen (auswählen und pflegen) wesentlich, da sonst die Gefahr der Beziehungsfalle (Undankbarkeit) oder Freundschaftsfalle (Verpflichtung zur Unterstützung auch wenn eigener Schaden entsteht) droht. Wo soziale Beziehungen in andere Ressourcen umgemünzt werden, kann der Geruch der Korruption entstehen (wenn Freunde Verwandte in Leitungspositionen gehoben werden, Aufträge zugeschanzt werden, (Geruch der Korruption).

 

Auf welche Weise lassen sich die Kapitalsorten ineinander konvertieren und welche Risiken können dabei auftreten? TEIL 2

Kulturelles Kapital: a) Inkorporiertes kulturelles Kapital (=erlernte Fähigkeiten und Dispositionen, die durch investierte Zeit und Geld dem Körper einverleibt werden können) ist nicht direkt konvertierbar, aber eine wichtige Voraussetzung für den Erwerb von Bildungstiteln und ökonomischen Gratifikationen (Entschädigungen). Voraussetzung: Vorhandensein von Bildungszertifikaten! Risiko dabei ist: Wissen ist veraltet, Wertverlust durch Migration, Fehlinvestition (Computerspiel-Fachmann hat nur wenige Möglichkeiten, dieses am Arbeitsmarkt einzusetzen). Die Problematik ist, dass das Wissen Teil der eigenen Identität ist und damit die Gefahr von Identitätsverlust bei Entwertung droht.

b) Objektiviertes kulturelles Kapital (Musikinstrumente, Gemälde, Bücher) kann gut auf Märkten getauscht und konvertiert werden, jedoch besteht ein höheres Risiko für Fehlinvestitionen als beim ökonomischen Kapital! (Unsicherheit über zukünftige Wertentwicklung ist bei Kulturgütern viel größer).

c) Institutionalisiertes kulturelles Kapital (Bildungstitel, Zertifikate, Schulabschlüsse) hat relativ breite Möglichkeiten der Konversion und Investition, sofern Bildungszertifikate am Arbeitsmarkt nachgefragt werden (Gefahr der Bildungsinflation: bei zu viele Bildungszertifikaten nimmt die Nachfrage und Bildungsrendite ab, womit Einkommen und höhere Berufspositionen nicht mehr garantiert sind).

Symbolisches Kapital: ergibt sich aus der Ausstattung einer Person mit den anderen Kapitalformen oder auch aus der wahrgenommenen Ausstattung, womit es insofern eine hohe Ähnlichkeit mit dem Begriff Prestige hat.

Welches sind die wichtigsten (institutionellen) Bereiche, in denen die Ressourcen ‚Bildung/Wissen’ und ‚Einkommen’ in modernen Gesellschaften verteilt werden?

Das wichtigste institutionelle Feld der Allokation, also der Verteilung der Ressource ‚Bildung/Wissen‘ ist das Bildungssystem, aber der Einfluss der Familien und sozialen Beziehungen der Akteure sind nicht zu vernachlässigen.

Wichtig für die Verteilung der Ressource ‚Geld/Einkommen‘ sind verschiedene wirtschaftliche Märkte, wie der Arbeitsmarkt, der freie Markt (Einkommen aus selbständiger Arbeit) und der Kapital- und Immobilienmarkt (Einkünfte aus schon bestehendem Vermögen), aber auch der Wohlfahrtsstaat (Transferleistungen wie Renten, Pensionen, Arbeitslosengeld).

Einkommen werden nicht nur auf verschiedenen Märkten erzielt oder von staatlicher Seite bezogen, sondern auch in den Privathaushalten verteilt. Nicht Erwerbstätige werden meist durch den Partner unterstützt, genauso wie noch im Haushalt lebende Kinder.

Es gibt zentrale institutionelle Felder für die Verteilung (Allokation) von Ressourcen:

  • wirtschaftliche Märkte (Leistungsprinzip, funktionalistische Ungleichheitstheorie, Theorie des rationalen Handelns)
  • Bildungssystem (Kindergarten, Schule, Universität...)
  • private Haushalte (wer hat Kontrolle über monetäre Ressourcen?, Art der gemeinsamen Ressourcen)
  • Wohlfahrtsstaat (Art der Einnahmequellen)

Die Verteilung erfolgt nach unterschiedlichen Prinzipien und Mechanismen.

Humankapitaltheorie

Erläutern Sie den Begriff des Humankapitals.

Das Humankapital besteht aus dem erworbenen Wissen und den Fähigkeiten eines Arbeitnehmers und ist von zentraler Bedeutung für die Humankapitaltheorie. Diese geht davon aus, dass Arbeitnehmer sich in ihrer Produktivität unterscheiden. Damit basiert soziale Ungleichheit auf unterschiedlicher Leistung bzw. Produktivität und entsprechender Entlohnung.

Im Zentrum der Humankapitaltheorie steht die Bedeutung von erworbenem Wissen und Fähigkeiten = Humankapital.

In welcher Weise wird durch das Humankapital die „neoklassische Arbeitsmarkttheorie“ erweitert? 

Der Markt ist in der neoklassischen Arbeitsmarkttheorie (Produktivität aller Arbeitnehmer werden als gleich angenommen) die zentrale Arena, in der die Verteilung von Dienstleistungen, Gütern und anderen Ressourcen stattfindet. Soziale Ungleichheit entsteht durch unterschiedlich hohe Arbeitslöhne, welche auf unterschiedlicher Leistung bzw. Produktivität basieren und führt zu einer Ungleichheit der Arbeitslöhne.

Die Ergänzung ist darin zu sehen, dass die Humankapitaltheorie eine Erklärung für ungleiche Belohnung gibt. Diese liegt darin begründet, dass Unternehmen ein Interesse an Gewinnmaximierung haben und sich daher um möglichst produktive Arbeitnehmer bemühen, womit durch die Konkurrenz der Unternehmen die Belohnung der produktiven Arbeitnehmer steigt.